Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 22.05.2001, Az.: 6 A 567/00

Ablehnung; Befangenheit; Sachverständiger

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
22.05.2001
Aktenzeichen
6 A 567/00
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2001, 39292
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Gründe

1

Der Antrag bleibt ohne Erfolg. Es liegen keine Gründe vor, die geeignet sind, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des zum Sachverständigen bestellten Dr. O. zu rechtfertigen.

2

Ein Sachverständiger kann wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden (§ 42 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 54 Abs. 1 VwGO), da er aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden kann (§ 406 Abs. 1 Satz 1 ZPO i.V.m. § 98 VwGO). Die Ablehnung setzt einen Grund voraus, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Sachverständigen zu rechtfertigen (§ 42 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 54 Abs. 1 VwGO). Gründe für ein solches Misstrauen sind gegeben, wenn ein Beteiligter von seinem Standpunkt aus bei vernünftiger, objektiver Betrachtung davon ausgehen kann, dass der Sachverständige sein Gutachten nicht unvoreingenommen erstellen werde. Es kommt nicht darauf an, ob der Sachverständige tatsächlich parteilich oder befangen ist oder sich selbst für befangen oder unbefangen hält. Entscheidend ist allein, ob ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit des Sachverständigen zu zweifeln (für die Richterablehnung: BVerfG, Beschluss vom 15.09.1998, NJW 1999, 132 [BVerfG 15.09.1998 - 2 BvE 2/93] und vom 05.02.1997, BVerfGE 95, 189 (191); BVerwG, Beschluß vom 25.11.1997, NVwZ-RR 1999, 74 (75) [BVerwG 25.11.1997 - BVerwG 4 B 179.97]; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 26.04.2000 - A 13 S 2896/97; für den Sachverständigen: BGH, Beschluss vom 15.04.1975, NJW 1975, 1363 [BGH 15.04.1975 - X ZR 52/75]; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 15.05.2000 - 3 S 1036/00). Die rein subjektive Besorgnis, für die bei Würdigung der Tatsachen vernünftigerweise kein Grund ersichtlich ist, reicht zur Ablehnung nicht aus (BVerwG, Beschluss vom 25.11.1997 a.a.O.).

3

Entgegen der bei vernünftiger Betrachtung nicht nachvollziehbaren Besorgnis des Klägers könnte eine Befangenheit eines Sachverständigen nicht bereits aus dem Umstand geschlossen werden, dass er aus Syrien stammt  und der selben Religion angehört, wie der dortige Staatspräsident. Gegen einen solchen Rückschluss spricht schon der Umstand, dass auch diese Herrscherfamilie nicht ohne Differenzen auskommt, wie die Tatsache zeigt, dass der Bruder des verstorbenen Hafiz Al Assad, Rifaat Al Assad, im Exil in Frankreich lebt. Unabhängig davon hat der Sachverständige auch die Richtigkeit der auf Vermutungen gegründeten Unterstellung bestritten, ohne dazu ins Einzelne gehen zu müssen und ohne dadurch einen sonstigen Anlass zur Besorgnis seiner Befangenheit geliefert zu haben.

4

Auch aus der Tatsache, dass der im Übrigen für die Echtheitsprüfung von arabischen Urkunden öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige den Dienstsiegelabdruck für eine Fälschung hält, ohne im Einzelnen darzulegen, mit welcher Wahrscheinlichkeit und ggf. in welchen Fällen (ausnahmsweise) Dienstsiegel des syr. Innenministeriums gebraucht wurden, die nicht präzise sind, begründet ein beachtliches Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Sachverständigen nicht. Für das Ergebnis der Begutachtung ist es nicht allein auf diese Frage angekommen. Der Sachverständige hat insbesondere auch auf Fehler des Abdrucks hingewiesen, die sich als Folge einer missglückten Reproduktion darstellen. Er musste deshalb die vom Kläger bzw. seinem Prozessbevollmächtigen aufgeworfene Frage nicht vertiefen.