Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 07.09.1999, Az.: 9 L 1171/99
Möglichkeit einer Gemeinde zur Ausrichtung ihrer Gebührenstaffellung zur Benutzung einer Kindertagesstätte am Bruttojahreseinkommen; Berücksichtigung eines sich auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der sorgeberechtigten Person auswirkendes Einkommen bei der Bemessung der Gebühr für die Benutzung einer Kindertagesstätte; Vornahme einer umfassenden Beurteilung der wirtschaftlichen Verhältnisse einer sorgeberechtigten Person bei der Bemessung der Gebührenstaffelung durch die Gemeinde; Mittelbare Erhöhung der Wirtschaftskraft eines Ehegatten durch das Einkommen des anderen Ehegatten; Zulässigkeit typisierender Regelungen bei der Gebührenfestsetzung zur Verwaltungsvereinfachung und Praktikabilität; Beschränkung des Begriffs Familienmitglieder nach § 6 Abs . 6 S. 2 Kindertagesstättensatzung (KiTaS ) auf Mitglieder der "Kernfamilie"; Zusammensetzen der Kernfamilie aus den Eltern und ihren gemeinsamen minderjährigen Kindern sowie den Stiefkindern und Pflegekindern
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 07.09.1999
- Aktenzeichen
- 9 L 1171/99
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1999, 31486
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:1999:0907.9L1171.99.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Braunschweig - AZ: 5 A 5058/97
Rechtsgrundlagen
- § 6 KiTaS
- § 20 KitaG
- § 90 Abs. 1 S. 2 SGB VIII
Fundstellen
- FEVS 2000, 411-422
- FiWi 2001, 250
- GK 2000, 84-85
- Jugendhilfe 2001, 272
- NdsVBl 2000, 87-91
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Eine Satzungsregelung, wonach bei der einkommensabhängigen Staffelung der Gebühr für die Benutzung einer Kindertagesstätte nicht nur das Einkommen der sorgeberechtigten Person, sondern auch dasjenige der im Haushalt lebenden Mitglieder der sog. Kernfamilie berücksichtigt wird, ist mit § 20 KiTaG vereinbar.
- 2.
Soweit § 20 KiTaG die Berücksichtigung des Einkommens der im Haushalt lebenden Mitglieder der Kernfamilie zulässt, hält sich die Vorschrift innerhalb des durch § 90 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII dem Landesgesetzgeber eröffneten Gestaltungsspielraums.
Aus den Gründen
(bearbeitete Fassung)
I.
Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu Gebühren für die Benutzung einer Kindertagesstätte der Beklagten. Die Klägerin ist für ihren Sohn allein sorgeberechtigt; ihr Ehemann ist nicht der Vater ihres Sohnes und diesem gegenüber nicht zu Unterhalt verpflichtet.
Für den Besuch ihrer Kindertagesstätten erhebt die Beklagte Gebühren auf der Grundlage ihrer Satzung über die Aufnahme und Betreuung von Kindern in Tageseinrichtungen - Kindertagesstättensatzung - (KiTaS). Danach ist die Gebühr eine Jahresgebühr, auf die monatliche Abschläge zu entrichten sind. Für den Besuch des Hortes betrug der Abschlag in dem hier maßgeblichen Zeitraum 377,- DM. Die Satzung sieht weiter eine nach dem Bruttojahreseinkommen gestaffelte Ermäßigung der Abschläge vor.
Die Klägerin erhielt für den Besuch der Kindertagesstätte durch ihren Sohn laufend Jugendhilfeleistungen von dem zuständigen Landkreis. Für den hier fraglichen Zeitraum übernahm er Kosten in Höhe von monatlich 221,- DM und überwies den Kostenbetrag unmittelbar an die Beklagte.
Auf Anforderungen der Beklagten legte die Klägerin Nachweise über das von ihr und ihrem Ehemann im Jahre 1995 erzielte Einkommen vor. Danach belief sich ihr Bruttoeinkommen in diesem Jahre auf 26.531,60 DM, dasjenige ihres Ehemannes auf 76.387,07 DM.
Mit dem streitigen Bescheid setzte die Beklagte den monatlichen Abschlag auf 156,- DM unter Berücksichtigung der bereits vom Landkreis gezahlten 221,- DM fest. Bei der Berechnung des maßgeblichen Einkommens addierte er das Bruttoeinkommen der Klägerin und ihres Ehemannes.
Zur Begründung ihres Widerspruchs trug die Klägerin vor, nach § 20 KiTaG dürfe die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nur der Sorgeberechtigten geprüft werden. Da ihr Ehemann nicht Vater des Kindes und für dieses nicht sorgeberechtigt sei, könne nur ihr eigenes Einkommen zugrunde gelegt werden.
Die Klage hatte in erster Instanz Erfolg.
Entscheidungsgründe
Die vom Senat zugelassene Berufung ist begründet. Das verwaltungsgerichtliche Urteil ist zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Die Festsetzung des monatlich von der Klägerin zu entrichtenden Abschlages auf 377,- DM entspricht der von der Beklagten in § 6 Abs. 4 bis 6 KiTaS getroffenen Regelung. Nach § 6 Abs. 4 KiTaS ist die Benutzungsgebühr eine Jahresgebühr, auf die monatliche Abschläge zu entrichten sind. Der in § 6 Abs. 4 KiTaS enthaltenen Tabelle zufolge beträgt dieser Abschlag bei Nutzung der Betreuungsform "Hort" 377,-DM. Mit § 6 KiTaS vereinbar ist weiter, dass die Beklagte diesen Betrag nicht nach der in § 6 Abs. 5 KiTaS geregelten, am Einkommen orientierten Gebührenstaffel ermäßigt hat. Nach § 6 Abs. 5 KiTaS ist eine einkommensabhängige Senkung des Abschlages lediglich für Bruttojahreseinkommen bis zu 100.000,- DM vorgesehen. § 6 Abs. 6 KiTaS bestimmt dabei näher, was unter Bruttojahreseinkommen in diesem Sinne zu verstehen ist. Die Vorschrift hat folgenden Wortlaut:
"Bei den in Abs. 5 aufgeführten Einkommensgrenzen handelt es sich um das im letzten Kalenderjahr vor Beginn des jeweiligen Kindergartenjahres (1. August bis 31. Juli des Folgejahres) erzielte Bruttojahreseinkommen. Bruttojahreseinkommen im Sinne dieser Satzung ist der Gesamtbetrag der Jahreseinkommen der zum Haushalt rechnenden Familienmitglieder. Unter Jahreseinkommen im Sinne dieser Satzung sind alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert ohne Rücksicht darauf, ob sie als Einkünfte im Sinne des Einkommenssteuergesetzes steuerpflichtig sind oder nicht, zu verstehen. Für Einnahmen, die nicht in Geld bestehen (Kost, Waren und andere Sachbezüge), sind die nach § 8 Abs. 2 des Einkommenssteuergesetzes anzusetzenden Werte maßgebend. Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz gilt nicht als Bruttojahreseinkommen."
§ 6 Abs. 7 KiTaS ermöglicht eine weitere Ermäßigung der Gebühr, wenn in der Haushaltsgemeinschaft weitere Kinder leben.
Bei Anwendung dieser Bestimmungen hat die Beklagte zu Recht von einer Ermäßigung des Abschlages abgesehen. Da nach § 6 Abs. 5 Satz 2 KiTaS auf das Bruttojahreseinkommen der zum Haushalt gehörenden Familienmitglieder abzustellen ist, waren nicht nur das von der Klägerin im Jahre 1995 erzielte Einkommen in Höhe von 26.531,60 DM, sondern auch dasjenige ihres Ehemannes in Höhe von 76.387,07 DM sowie die Zahlungen zu berücksichtigen, die der Vater für den Unterhalt seines Sohnes leistete. Insgesamt überstieg damit das nach der Satzung der Beklagten maßgebliche Bruttojahreseinkommen der Familie die Einkommensgrenze, bis zu der nach der Staffel des § 6 Abs. 4 KiTaS eine Ermäßigung zu gewähren ist.
Die der Festsetzung zugrunde liegenden Satzungsbestimmungen der Beklagten stehen auch mit übergeordnetem Recht in Einklang. Sie sind auf der Grundlage der § 5 NKAG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Februar 1992 (NdsGVBl. S. 30) i.V.m. § 20 des Gesetzes über Tageseinrichtungen für Kinder - KiTaG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. September 1995 (NdsGVBl. S. 303) ergangen und inhaltlich mit diesen Vorschriften sowie mit weiterem höherrangigen Recht vereinbar.
Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 NKAG erheben die Gemeinden und Landkreise als Gegenleistung für die Inanspruchnahme öffentlicher Einrichtungen Benutzungsgebühren, soweit nicht ein privatrechtliches Entgelt gefordert wird. Bei der Gebührenbemessung und bei der Festlegung der Gebührensätze können soziale Gesichtspunkte auch zugunsten bestimmter Gruppen von Gebührenpflichtigen berücksichtigt werden (§ 5 Abs. 3 Satz 3 NKAG). Während die Rechtmäßigkeit der Staffelung von Kindergartengebühren vor der Einführung des § 5 Abs. 3 Satz 3 NKAG (idF der Bekanntmachung vom 11. Februar 1992) umstritten war, ist der gemeindliche Satzungsgeber jedenfalls seit diesem Zeitpunkt ermächtigt, die Höhe der Benutzungsgebühren für die Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung einer Kindertagesstätte unter Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte zu bemessen (vgl. Urt. d. Sen. v. 23.11.1994 - 9 L 2038/94 - NVwZ-RR 1995, 468). Seit Inkrafttreten des KiTaG am 1. Januar 1993 hat er dabei die durch § 20 KiTaG aufgestellten inhaltlichen Vorgaben zu beachten. In der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 25. September 1995 hat die Vorschrift folgenden Wortlaut:
"§ 20 ElternbeiträgeDie Gebühren und Entgelte für den Besuch von Kindertagesstätten, kleinen Kindertagesstätten und solchen Kinderspielkreisen, in denen die Kinder wöchentlich mindestens 15 Stunden am Vormittag betreut werden, sind so zu bemessen, dass die wirtschaftliche Belastung für die Sorgeberechtigten zumutbar ist. Die Sätze der Gebühren und Entgelte sollen sich nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Sorgeberechtigten unter Berücksichtigung der Zahl ihrer Kinder richten und gestaffelt werden."
Mit dieser Vorschrift hat der Niedersächsische Landesgesetzgeber von der Berechtigung Gebrauch gemacht, die ihm durch § 90 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII vom 26. Juni 1990 (BGBl. I S. 1163) in der Fassung vom 16. Februar 1993 (BGBl. I S. 239) eröffnet wurde und die auch nach der Neufassung des SGB VIII vom 8. Dezember 1998 (BGBl. I S. 3546) unverändert besteht. Nach § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII können für die Inanspruchnahme von Angeboten der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen nach §§ 22, 24 Teilnehmerbeiträge oder Gebühren festgesetzt werden. Landesrecht kann eine Staffelung der Teilnahmebeiträge und Gebühren, die für die Inanspruchnahme der Tageseinrichtungen zu entrichten sind, nach Einkommensgruppen und Kinderzahl oder der Zahl der Familienangehörigen vorschreiben oder selbst gestaffelte Beträge festsetzen (§ 90 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII).
Mit diesen Regelungen sind die Satzungsbestimmungen der Beklagten vereinbar. Gemessen an § 20 KiTaG kann zunächst nicht beanstandet werden, dass die Beklagte bei der Staffelung ihrer Gebühren an das Bruttojahreseinkommen anknüpft (§ 6 Abs. 6 Satz 1 KiTaS). § 20 KiTaG gibt keinen bestimmten Einkommensbegriff vor. Die Vorschrift enthält lediglich einen Regelungsauftrag und eröffnet den Trägern der Einrichtung einen weiten Entscheidungsspielraum innerhalb des vorgegebenen Rahmens einer Zumutbarkeit der wirtschaftlichen Belastung für die Sorgeberechtigten und der Bemessung der Gebühr nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (Urt. d. Sen. v. 23.11.1994 - 9 L 2038/94 - NVwZ-RR 1995, 468). § 20 KiTaG soll nach dem Willen des Gesetzgebers eine "offene Regelung" darstellen, die es den Trägern ermöglicht, jede ihnen sinnvoll erscheinende Regelung mehr oder weniger differenzierend zu treffen (schriftlicher Bericht zum Gesetzesentwurf eines KiTaG, LT-Drs. 12/4483 S. 15). Die Gemeinden haben, sofern der Landesgesetzgeber keine Einschränkungen vorsieht, deswegen eine große Gestaltungsfreiheit, wenn sie bei der Regelung der Gebühr den maßgeblichen Begriff des Einkommens und damit einen wesentlichen Faktor für die Höhe der Gebühr festlegen. Hierbei fällt auch ins Gewicht, dass die Gebühren im Bereich einer Leistungsverwaltung erhoben werden und die Gebühren grundsätzlich als Leistungsentgelt auszurichten sind. Angesichts des im Gebührenrechts geltenden Prinzips, dass einer gleichen Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung grundsätzlich eine gleichhohe Gebühr entspricht, ist der kommunale Normgeber nicht gehalten, sozialen Gesichtspunkten in dem Sinne Rechnung zu tragen, dass sich bei der Gebührenbemessung die jeweilige wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Gebührenpflichtigen "exakt widerspiegelt"; er darf die Einkommensverhältnisse nur "vergröbernd" berücksichtigen (vgl. Urt. d. Sen. v. 23.11.1994 - 9 L 2038/94 - NVwZ-RR 1995, 468; BVerwG, Beschl. v. 13.4.1994 - 8 NB 4.93 - DVBl 1994, 818). Nach allem sind die Gemeinden durch § 20 KiTaG nicht gehindert, ihre Gebührenstaffelungen an dem Bruttojahreseinkommen auszurichten, ohne Abzugsmöglichkeiten vorzusehen.
Insoweit hält sich § 20 KiTaG auch innerhalb des vorgegebenen bundesrechtlichen Rahmens. § 90 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII legt den Landesgesetzgeber nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht auf einen bestimmten Einkommensbegriff fest. Bundesrecht steht den verschiedenen denkbaren Bestimmungen des maßgeblichen Einkommens nicht entgegen, solange sie an den vom Bundesrecht vorgegebenen Kriterien des Einkommens und der Kinderzahl oder der Familiengröße anknüpfen (BVerwG, Beschl. v. 13.4.1994 - 8 NB 4.93 - DVBl 1994, 818; Beschl. v. 28.10.1994 - 8 B 159.94 - Buchholz 401.84, Benutzungsgebühren Nr. 72; Urt. v. 15.9.1998 - 8 C 25.97 - BVerwGE 107, 188[BVerwG 15.09.1998 - 8 C 25/97]).
§ 6 Abs. 1 Satz 2 KiTaS ist ebenfalls mit dem der Beklagten durch § 20 Sätze 1 und 2 KiTaG eingeräumten Gestaltungsspielraum vereinbar. § 20 KiTaG steht einer Regelung nicht entgegen, wonach bei der Bemessung der Gebühr für die Benutzung einer Kindertagesstätte auch das Einkommen anderer Personen als der Sorgeberechtigten berücksichtigt wird, soweit sich dieses auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der sorgeberechtigten Person auswirkt. Bereits nach ihrem Wortlaut beschränkt die Vorschrift die von den Gemeinden heranzuziehende Grundlage für die Gebührenbemessung nicht auf das Einkommen der Sorgeberechtigten. Maßstab ist vielmehr die Zumutbarkeit der wirtschaftlichen Belastung für die Sorgeberechtigten; die Gebührenstaffelung hat sich weiter an ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auszurichten. Mit Ausnahme des Gebotes, hierbei die Zahl der Kinder zu berücksichtigen, hat der Gesetzgeber dabei darauf verzichtet, Kriterien zur Beurteilung der Zumutbarkeit und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit festzulegen. Insbesondere hat er nicht auf die §§ 11, 28, 76 bzw. 79 ff. BSHG verwiesen, die den Einsatz eigener Mittel sowie den als Bedarfsgemeinschaft zu berücksichtigenden Personenkreis im Bereich des Sozialhilferechts und in entsprechender Anwendung zum Teil auch im Jugendhilferecht (§§ 90 Abs. 4, 93 Abs. 4 SGB VIII) regeln und hierzu allein auf das Einkommen des Hilfesuchenden, seines nicht getrennt lebenden Ehegatten und - soweit er minderjährig ist - auch seiner Eltern zurückgreifen. Die Bestimmung der Faktoren, nach denen sich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit beurteilt, obliegt damit den Gemeinden bzw. anderen Trägern von Kindertagesstätten. Der hierdurch den Einrichtungsträgern eröffnete weite Gestaltungsspielraum entspricht auch dem bereits dargestellten Zweck des Gesetzgebers, eine offene Regelung zu schaffen und die Ausgestaltung im Einzelnen den Trägern der Einrichtung zu überlassen.
§ 20 KiTaG ermöglicht es den Gemeinden, bei der Gebührenstaffelung eine umfassende Beurteilung der wirtschaftlichen Verhältnisse der sorgeberechtigten Person vorzunehmen. Zwar ist die Berücksichtigung anderer Faktoren neben dem Einkommen nicht zwingend. Dem Einrichtungsträger steht es aber frei, noch andere, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des oder der Sorgeberechtigten beeinflussende Kriterien heranzuziehen. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einer Person richtet sich nach der allgemeinen Bedeutung dieses Begriffes nicht allein nach dem von ihr selbst erzielten Einkommen. Dieses bestimmt die Leistungsfähigkeit in wirtschaftlicher Hinsicht u.U. zwar maßgebend, sie wird aber auch durch andere Faktoren, wie das Vermögen oder andere vermögenswerte Vorteile beeinflusst. Auch das Einkommen von Familienangehörigen kann die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einer Person erhöhen. Dies gilt nicht nur, wenn es ihr ganz oder zum Teil zugewendet wird, sondern auch in den Fällen ersparter eigener Aufwendungen. Für die Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit kann deshalb auch das Einkommen anderer im Haushalt liegender Familienmitglieder ein durchaus sachgerechtes Kriterium sein.
Dies gilt jedenfalls, soweit es sich - wie hier - um das Einkommen des Ehegatten der sorgeberechtigten Person handelt, da insoweit jedenfalls Unterhaltsansprüche nach § 1360a BGB bestehen. Entgegen dem Vortrag der Klägerin beschränken sich diese auch nicht auf den Taschengeldanspruch sowie den Anspruch auf Wirtschaftsgeld. Vielmehr sind die für den angemessenen gesamten Lebensunterhalt der Familie erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen. Das Maß des Familienunterhaltes bestimmt sich dabei nach dem, was nach den Verhältnissen beider Ehegatten für die Bedürfnisse der Familie erforderlich ist, wobei das Einkommen beider Ehegatten die Grundlage bildet (zum Vorstehenden: Diederichsen, in: Palandt, BGBl, 58. Aufl. 1999 § 1360a BGB RdNr. 1). Die Wirtschaftskraft eines Ehegatten erhöht sich deswegen zumindest mittelbar auch durch das Einkommen des anderen Ehegatten. Insoweit ist auch ohne Bedeutung, ob der Ehegatte des oder der Sorgeberechtigten für das die Tagesstätte besuchende minderjährige Kind unterhaltspflichtig ist bzw. inwieweit der Ehegatte selbst Schuldner der Kindergartengebühr ist. Eine mittelbare Unterhaltsverpflichtung wird durch die Berücksichtigung seines Einkommens bei der Gebührenbemessung ebenso wenig begründet wie eine eigene Gebührenpflicht. Entscheidend ist vielmehr, dass sich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der sorgeberechtigten Person im Regelfall erhöht, indem sie - unmittelbar oder mittelbar - durch das Einkommen ihres Ehegatten begünstigt ist.
Entsprechend der Struktur und dem Zweck der Gebühren ist dabei unerheblich, ob und in welcher Höhe im Einzelfall solche unmittelbaren oder mittelbaren wirtschaftlichen Vorteile durch das Einkommen des Ehegatten bestehen. Gebühren für die Benutzung von Kindertagesstätten sind zwar keine volle Gegenleistung für die empfangene Leistung, sie sind aber dennoch dazu bestimmt, die dafür erforderlichen Kosten (teilweise) mitzutragen (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 25.4.1997 - 5 C 6.96 - DVBl. 1997, 1438 zu § 90 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII). Die Bemessung der Gebühren erfolgt nicht konkret individuell sondern pauschalierend. Wegen der Vielzahl der Fälle sind dabei aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und der Praktikabilität auch typisierende Regelungen zulässig mit der Folge, dass der kommunale Normgeber auch Ungleichheiten in der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit in Kauf nehmen darf (Urt. d. Sen. v. 23.11.1994 - 9 L 2038/94 - NVwZ-RR 1995, 468; BVerwG, Beschl. v. 13.4.1994 - 8 NB 4.93 - DVBl 1994, 818). Anderes gilt im Rahmen der jugendhilferechtlichen Gewährung von Leistungen wie der Kostenübernahme durch den Jugendhilfeträger gemäß § 90 Abs. 3 SGB VIII, die sich an dem individuellen Bedarf orientieren und bei der Frage der Zumutbarkeit eines eigenen Beitrages an die konkrete und individuelle Leistungsfähigkeit anknüpfen. Insoweit gelten bei Gebührenbemessung einerseits und Gewährung von Jugendhilfeleistungen andererseits unterschiedliche Grundsätze. Deswegen kommt es entgegen der Auffassung der Klägerin für die Auslegung des § 20 KiTaG nicht darauf an, dass der Landkreis W. auf der Grundlage des § 90 Abs. 3 SGB VIII i.V.m. § 90 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 4 SGB VIII bei der Übernahme der Kosten für den Besuch der Kindertagesstätte aus Mitteln der Jugendhilfe allein das Einkommen der Klägerin und ihres Sohnes berücksichtigt hat.
Sachgerecht ist es auch, bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der sorgeberechtigten Person eigenes Einkommen des minderjährigen Kindes heranzuziehen, da dem oder der Sorgeberechtigten im Regelfall insoweit die Verfügungsmacht zusteht.
Inwieweit dies bei Einkommen von anderen, insbesondere erwachsenen Haushaltsangehörigen gilt, ist allerdings fraglich. So hat das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass das Einkommen eines im Haushalt lebenden entfernten Verwandten wohl regelmäßig nicht die Leistungsfähigkeit der sorgeberechtigten Person erhöhen dürfte. Insoweit ist § 6 Abs. 6 Satz 2 KiTaS aber einer Auslegung zugänglich, indem man den hier verwandten Begriff der "Familienmitglieder" auf die Angehörigen der Kernfamilie beschränkt, die nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aus den Eltern und ihren gemeinsamen minderjährigen Kindern sowie den Stief- und Pflegekindern besteht (z.B. BVerfG, Beschl. v. 31.5.1978 - 1 BvR 683/77 - BVerfGE 48, 327; Beschl. v. 30.6.1964 - 1 BvL 16 - 25/62 - BVerfGE 18, 97). Dies entspricht nach dem Vortrag der Beklagten auch deren Praxis.
Unentschieden bleiben kann an dieser Stelle, ob es auch sachgerecht ist, im Falle einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft von einer im Regelfall gesteigerten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Sorgeberechtigten auszugehen, insbesondere, ob sich aus § 122 BSHG ein verallgemeinerungsfähiger Rechtsgedanke ergibt. Eine derartige Fallgestaltung liegt hier nicht vor. Dabei stellte sich insoweit auch vorrangig die durch Auslegung der Satzung der Beklagten zu beantwortende Frage, ob auch ein nicht ehelicher Lebenspartner oder eine Lebenspartnerin "Familienmitglied" im Sinne des § 6 Abs. 6 Satz 2 KiTaS ist.
Nach allem ist dem Satzungsgeber bereits nach dem Wortlaut des § 20 KiTaG die Möglichkeit eröffnet, bei der Beurteilung einer Zumutbarkeit der durch die Gebührenbemessung für die Sorgeberechtigten entstehenden wirtschaftlichen Belastung und der Staffelung der Gebühren nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit neben dem Einkommen der sorgeberechtigten Person auch das Einkommen von Mitgliedern der sog. "Kernfamilie" zu berücksichtigen, d.h. des Ehegatten und der im Haushalt lebenden minderjährigen Kinder.
Auch nach der Vorstellung des Gesetzgebers sollte der Begriff der "wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit" nicht allein auf das Einkommen des Sorgeberechtigten beschränkt sein. Dem Bericht zum Entwurf des KiTaG (LT-Drs. 12/4483 S. 15) lässt sich ersehen, dass der Gesetzgeber von einer Gesamtbetrachtung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Familie ausging. Darin heißt es zur Frage der Berücksichtigung der Kinderzahl:
"Nach einmütiger Auffassung des Ausschusses soll die Zahl der Kinder der Sorgeberechtigten - abweichend von der Entwurfsfassung - kein selbständiges Bemessungskriterium abgegeben. Nur im Rahmen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit hat die Kinderzahl als Bemessungsfaktor mit einzufließen, so dass auf die Finanzkraft der Familie abzustellen ist."
Allerdings ist fraglich, ob der Gesetzgeber andere Konstellationen als die der sog. Normalfamilie überhaupt bedacht hat. Die Begründung der Landesregierung zu ihrem Gesetzesentwurf eines KiTaG (LT-Drs. 12/3280 S. 13) könnte dafür sprechen, dass von vornherein nur eine Heranziehung der Eltern, d.h. der leiblichen Eltern und auch allein die Berücksichtigung ihres Einkommens in Betracht gezogen wurde. Darin heißt es zu § 20:
"Das Land verpflichtet die Träger dazu, die Höhe der Elternbeiträge nach sozialen Gesichtspunkten zu bemessen, da insbesondere der Besuch eines Kindergartens für alle Kinder - unabhängig vom Einkommen der Eltern - möglich sein muss. Deshalb ist auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Eltern bei der Gestaltung der Beiträge entsprechend Rücksicht zu nehmen. Den Trägern wird aber überlassen, den Umfang des zu berücksichtigenden Einkommens festzulegen."
Auch die Überschrift der Norm "Elternbeiträge" könnte dafür sprechen, dass nur an eine Betrachtung des Einkommens der leiblichen Eltern gedacht war.
Angesichts des eindeutigen und offenen Wortlauts der Gesetzesregelung ist es jedoch den Gemeinden durch § 20 KiTaG nicht verwehrt, zur Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Sorgeberechtigten auch auf andere Kriterien als ihr Einkommen, insbesondere auch das Einkommen der Angehörigen der Kernfamilie zurückzugreifen.
Soweit § 20 KiTaG die Berücksichtigung des Einkommens anderer Personen als der Sorgeberechtigten erlaubt, wenn es deren Leistungsfähigkeit erhöht, ist die Vorschrift auch mit der bundesrechtlichen Ermächtigung des § 90 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII vereinbar.
Für die Frage, an wessen Einkommen sich die Staffelung der Gebühren auszurichten hat, lassen sich dem Wortlaut des § 90 Abs. 1 SGB VIII ausdrücklich keine Anhaltspunkte entnehmen. Die Vorschrift nennt lediglich die Bemessungskriterien der Einkommensgruppen und Kinderzahl oder die Zahl der Familienangehörigen. Eine Definition des in dem Begriff "Einkommensgruppen" enthaltenen Begriffs des "Einkommens" im Sinne des § 90 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII erfolgt nicht. § 90 Abs. 4 SGB VIII, der auf §§ 76 bis 79, 84 und 85 BSHG verweist, bezieht sich allein auf § 90 Abs. 2 und 3 SGB VIII.
In der Kommentarliteratur wird die Ansicht vertreten, § 90 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII erlaube es allein, das Einkommen der Eltern bzw. des Kindes selbst zu berücksichtigen. Lebe das Kind nur mit einem Elternteil zusammen, komme es allein auf dessen Einkommen an (vgl. Krug/Grüner/Dalichau, Kinder- und Jugendhilfe, SGB VIII, Lose-Blattsammlung, Stand: 1.4.1999, § 90 Ziff. 3 S. 11; Wiesner/Kaufmann/Mörsberger/Oberloskamp/Struck, SGB VIII § 90 RdNr. 10). Zur Begründung wird dabei auf die Regelungen des § 90 Abs. 3 i.V.m. § 90 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII verwiesen. Danach soll der Teilnahmebeitrag oder die Gebühr auf Antrag ganz oder teilweise erlassen oder vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe übernommen werden, wenn die Belastung den Eltern und dem Kind nicht zuzumuten ist (§ 90 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII). Lebt das Kind oder der Jugendliche nur mit einem Elternteil zusammen, so tritt dieser an die Stelle der Eltern (§ 90 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 90 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII). Für die Feststellung der Zumutbarkeit gelten - soweit Landesrecht keine andere Regelung trifft - Einkommensbegriff und Einkommensgrenzen der §§ 76 bis 79, 84 und 85 BSHG entsprechend (§ 90 Abs. 4 SGB VIII). Daraus, so die angegebene Kommentarliteratur, lasse sich schließen, dass auch bei der Staffelung der Gebühren auf der Grundlage der Ermächtigung nach § 90 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII nur auf das Einkommen der Eltern bzw. eines Elternteils und des Kindes, nicht aber auf das anderer Personen abgestellt werden dürfe (anders ohne Begründung wohl Klügel/David/Berger, Gesetz über Tageseinrichtungen für Kinder in Niedersachsen, 2. Aufl. 1996 § 20 S. 136).
Diese Auslegung entspräche auch den Regelungen der §§ 91 ff. SGB VIIIüber die Heranziehung zu Kostenbeiträgen bei individuellen Jugendhilfeleistungen. Werden solche Leistungen für minderjährige Kinder erbracht, so werden durchgängig nur das Kind selbst und seine Eltern herangezogen. Lebt das Kind nur mit einem Elternteil zusammen, kann neben dem Kind nur dieser herangezogen werden (§ 91 SGB VIII). Der Umfang der Heranziehung richtet sich nach der Zumutbarkeit für diesen Personenkreis (§§ 92, 93 SGB VIII).
Auch die sozialhilferechtlichen Grundsätze bei der Feststellung des Bedarfs für laufende Hilfe zum Lebensunterhalt in den sog. Stiefkinderfällen spräche für eine derartige Beschränkung des bei der Einkommensbeurteilung maßgebenden Personenkreises. Hiernach darf bei der Berechnung des sozialhilferechtlichen Bedarfs (§ 11 Abs. 1 Satz 2 BSHG) unverheirateter minderjähriger Kinder, die in einem Haushalt mit ihrer Mutter und ihrem Stiefvater zusammenleben, nur das Einkommen und Vermögen ihrer Mutter, nicht aber dasjenige des Stiefvaters berücksichtigt werden. Einkommen und Vermögen des Stiefvaters darf nur nach Maßgabe des § 16 BSHG oder nur dann berücksichtigt werden, wenn es der Mutter tatsächlich zugewendet wird und damit ihr Einkommen oder Vermögen erhöht oder zumindest ihren Eigenbedarf mindert (BVerwG, Urt. v. 26.11.1998 - 5 C 37.97 - DVBl 1999, 1110 ).
Die in der Kommentarliteratur vertretenen Auslegung wird jedoch weder der Systematik des § 90 SGB VIII im Vergleich zu den übrigen im 8. Kapitel des SGB VIII getroffenen Kostenregelungen noch dem aus dem Gesetzgebungsverfahren ersichtlichen Zweck der in § 90 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII enthaltenen Ermächtigung an die Landesgesetzgeber gerecht.
§ 90 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII eröffnet dem Landesgesetzgeber einen weiten Ermessens- und Gestaltungsspielraum. Bundesrecht ermöglicht es sogar, die Einkommensverhältnisse vollständig zu vernachlässigen. Es lässt dem Landesgesetzgeber freie Hand, ob er bei Kindertagesstätten von einer Staffelung der Gebühren gänzlich absehen oder ob er und - ggf. - wie er die Einkommenssituation unter Einbeziehung der Kinderzahl oder der Familiengröße berücksichtigen will. § 90 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII gestattet zwar die Staffelung der Gebühren (oder Teilnahmebeiträge) nach Einkommen und Kinderzahl oder Familiengröße, zwingt aber nicht dazu (BVerwG, Beschl. v. 13.4.1994 - 8 NB 4.93 - DVBl 1994, 818; Beschl. v. 28.10.1994 - 8 B 159.94 - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 72; Urt. v. 15.9.1998 - 8 C 25.97 - BVerwGE 107, 188[BVerwG 15.09.1998 - 8 C 25/97]). Wenn es dem Landesgesetzgeber sogar freisteht, auf eine am Einkommen orientierte Staffelung zu verzichten und deswegen keine bundesrechtliche Vorgaben für die Bestimmung des Einkommens bestehen, kann nicht angenommen werden, dass über § 90 Abs. 2 bis 4 SGB VIII eine Bindung des Landesgesetzgebers zu der Frage beabsichtigt ist, ob neben dem Einkommen der Eltern bzw. des Sorgeberechtigten auch dasjenige anderer Mitglieder der Familie berücksichtigt werden kann.
§ 90 Abs. 2 bis 4 SGB VIII gebieten eine derartige Auslegung des § 90 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII ebenfalls nicht. Vielmehr können die Abs. 2 bis 4 des § 90 SGB VIII für die Auslegung des § 90 Abs. 1 SGB III insoweit nicht herangezogen werden. § 90 Abs. 1 einerseits und § 90 Abs. 2 bis 3 SGB VIII andererseits dienen verschiedenen Zwecken und sind dementsprechend nach unterschiedlichen Grundsätzen zu beurteilen. § 90 Abs. 1 SGB VIII ermächtigt durch Satz 1 (unmittelbar) zur Festsetzung von Teilnehmerbeiträgen oder Gebühren und ermöglicht es Landesrecht in Satz 2, auf die Gestaltung der Festsetzung Einfluss zu nehmen (BVerwG, Urt. v. 25.4.1997 - 5 C 6.96 - FEVS 48, 16). Die Festsetzung von Teilnahmebeiträgen oder Gebühren erfolgt - wie sich bereits als strukturelle Vorgabe aus der Verwendung dieser Begriffe in § 90 Abs. 1 SGB VIII ergibt - notwendigerweise pauschalierend (Frankfurter Lehr- und Praxiskommentar zum KJHG/SGB VIII, 3. Aufl. 1999 § 90 RdNr. 7). Anders als bei der Bemessung des Kostenbeitrages nach §§ 91 ff. SGB VIII ist die Frage der konkret individuellen Zumutbarkeit der Kostenbeteiligung bei § 90 SGB VIII kein Gesichtspunkt, der bereits bei der Festsetzung der Teilnahmebeiträge oder Gebühren berücksichtigt werden dürfte. Auch wenn Teilnahmebeiträge oder Gebühren keine volle Gegenleistung und kein volles Entgelt für die in Anspruch genommene Jugendhilfeleistung darstellen, sind sie dennoch dazu bestimmt, die hierfür erforderlichen Kosten mitzutragen. Ihre Festsetzung orientiert sich deshalb in erster Linie an den dem Einrichtungsträger entstehenden Kosten, nicht aber an der individuellen Leistungsfähigkeit des Pflichtigen (zum Vorstehenden: BVerwG, Urt. v. 25.4.1997 a.a.O.; Wiesner/Kaufmann/Mörsberger/Oberloskamp/Struck, SGB VIII § 90 RdNR. 4; Frankfurter Lehr- und Praxiskommentar zum KJHG/SGB VIII, 3. Aufl. 1999, § 90 RdNr. 2).
Dagegen betreffen § 90 Abs. 2 und 3 SGB VIII die Frage, ob und inwieweit die derart pauschalierend bemessenen Gebühren im Hinblick auf das individuelle wirtschaftliche Leistungsvermögen der Empfänger der Förderungsmaßnahmen von dem Träger der Jugendhilfe zu erlassen bzw. wenn er nicht selbst Einrichtungsträger ist, zu übernehmen sind. Erst an dieser Stelle ist im Rahmen des § 90 SGB VIII die konkret individuelle Zumutbarkeit der Kostenbeteiligung von Bedeutung. Ihre Prüfung und Berücksichtigung folgt der Festsetzung nach § 90 Abs. 1 SGB VIII nach und ist von ihr getrennt (zum Vorstehenden: BVerwG, Urt. v. 25.4.1997 a.a.O.). Insofern können die erst bei der Frage des Erlasses bzw. der Kostenübernahme maßgeblichen Kriterien der Zumutbarkeit, d.h. die Orientierung an dem Einkommen der Eltern bzw. eines Elternteils und des Kindes, auch nicht auf die hiervon zu unterscheidende und zu anderen Zwecke vorgenommene Gebührenbemessung übertragen werden. Die in § 90 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII dem Landesgesetzgeber ermöglichte Differenzierung bereits bei der Bemessung der Gebühr bedeutet ebenfalls nicht, dass nach Bundesrecht hierbei zwingend der konkret individuelle Maßstab der Abs. 2, 3 und 4 der Regelung anzulegen ist oder andere darin aufgestellte Kriterien zu berücksichtigen sind. Die nach Landesrecht erfolgende Staffelung der Teilnahmebeiträge und Gebühren beruht zwar auch auf Zumutbarkeitsgesichtspunkten, berücksichtigt aber nur ein Grobraster u.a. nach Einkommensgruppen und schließt eine der Festsetzung von (gestaffelten) Gebühren nachfolgende, konkret individuelle Zumutbarkeitsprüfung mit der Folge nach § 90 Abs. 2 und 3 SGB VIII nicht aus (BVerwG, Urt. v. 25.4.1997 a.a.O.).
Nach der Systematik des Gesetzes führt das in § 90 Abs. 2 bis 4 SGB VIII geregelte Zumutbarkeitserfordernis mithin nicht zu einer Einschränkung des dem Landesgesetzgeber in § 90 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII eröffneten Gestaltungsspielraumes.
Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. März 1999 - 8 B 69.99 - (zitiert nach [...]). Hierin hat das Bundesverwaltungsgericht zwar zur Auslegung des § 90 Abs. 1 SGB VIII auf § 90 Abs. 2 und 3 sowie auf § 91 SGB VIII zurückgegriffen. Es hat ausgeführt, unmittelbar aus dem Gesetz ergebe sich, dass die Ermächtigung des § 90 Abs. 1 SGB VIII eine landesrechtliche Regelung decke, nach der "die Eltern" und damit (nach der bindenden Auslegung des revisiblen Landesrechts durch das Oberverwaltungsgericht) auch der in einem gemeinsamen Haushalt mit der Mutter und dem Kind lebenden nicht ehelichen Vater zahlungspflichtig sei. Der Elternbegriff des § 90 SGB VIII sei zwar nicht in Abs. 1 aber in Abs. 2 und 3 sowie in § 91 SGB VIII erwähnt und gestatte jedenfalls die Heranziehung der in einem Haushalt lebenden leiblichen Eltern unabhängig von der Eheschließung. Der Beschluss befasst sich jedoch nicht mit dem Begriff "Einkommens" bzw. der "Einkommensgruppen" im Sinne des § 90 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII, sondern mit der hier nicht entscheidenden Frage, wer Schuldner einer Gebühr für die Benutzung der Kindertagesstätte sein kann.
Die Gesetzesmaterialien stehen der hier vertretenen Auslegung ebenfalls nicht entgegen. Der ursprüngliche Gesetzesentwurf der Bundesregierung (BT-Drs. 11/5948) sah für alle Leistungen der Jugendhilfe eine einheitliche Kostenregelung vor, die eine Heranziehung insgesamt von der Zumutbarkeit abhängig machte. Im Hinblick auf die Kostenbeteiligung zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen war dabei ausdrücklich eine Heranziehung der Eltern vorgesehen, "soweit ihnen dies aus ihrem Einkommen zuzumuten ist" (§ 82 Abs. 2 des Entwurfs). Dagegen wird in der jetzigen Fassung zwischen allgemeinen Leistungen der Jugendhilfe (§ 90 SGB VIII) und denjenigen zur individuellen Förderung (§ 91 ff. SGB VIII) unterschieden. Nur die zuletzt genannten Vorschriften regeln dabei ausdrücklich, wer heranzuziehen ist und in welchem Umfang dies erfolgt. Die Änderung geht zurück auf eine Anregung des Bundesrates, der meinte, es sei bei bestimmten Leistungen angebracht, die Leistungen davon abhängig zu machen, dass ein zumutbarer 'Eigenanteil erbracht werde (vgl. Jans/Happe/Sauerbier, Kommentar zum KJHG, Vorbemerkungen §§ 90 bis 97a Art. 1 KJHG, S. 3 ff.). Ob auch die Frage, wessen Einkommen im Rahmen der Staffelung nach § 90 SGB VIII zu berücksichtigen ist, abweichend von dem Regierungsentwurf geregelt werden sollte, ist dabei offen, in der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Ausschusses für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit (BT-Drs. 11/6748) heißt es insoweit nur: "Die Kostenregelungen gehen auf die Anregung des Bundesrats zurück. Sie sind das Ergebnis der Beratungen einer Arbeitsgruppe unter Beteiligung der Länder, der kommunalen Spitzenverbände und der Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter und überörtlichen Erziehungsbehörden."
Insgesamt ist davon auszugehen, dass wegen der systematisch unterschiedlichen Ansätze und der verschiedenen Zweckbestimmungen von § 90 Abs. 1 SGB VIII einerseits und § 90 Abs. 2 bis 4 SGB VIII andererseits, sowie der erkennbaren Absicht des Bundesgesetzgebers, dem Landesgesetzgeber einen weitgehenden Gestaltungsspielraum zu gewähren, die in § 90 Abs. 2 bis 4 SGB VIII geregelten Kriterien einer Zumutbarkeit zur Auslegung des § 90 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII nicht heranzuziehen sind und sie dementsprechend die dem Landesgesetzgeber eingeräumte Entscheidungsfreiheit nicht einschränken.
§ 6 Abs. 6 Satz 2 KiTaS ist zuletzt mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Dies gilt auch im Hinblick auf die von der Klägerin gerügte Benachteiligung gegenüber der sog. Normalfamilie, bei der im Regelfall allein das Einkommen zweier Personen zu berücksichtigen sei. Wie sich den vorstehenden Ausführungen ersehen lässt, beruht die Regelung der Beklagten auf sachlichen Erwägungen. Sie ist nicht willkürlich und damit von ihrer weiten Entscheidungsfreiheit gedeckt.
Beschluss
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 14 Abs. 1, 13 Abs. 1 Satz 1 GKG auf 1.872,-- DM festgesetzt. Dies entspricht der auf ein Jahr gerechneten Differenz zwischen dem von der Beklagten erhobenen Abschlag in Höhe von 377,-- DM und dem von der Klägerin erstrebten Abschlag in Höhe von 221,-- DM.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).