Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 17.04.1989, Az.: 7 WLw 46/88
Abfindungsanspruch des Hoferben; Abfindungsvereinbarung in einem Hofübergabevertrag
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 17.04.1989
- Aktenzeichen
- 7 WLw 46/88
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1989, 16003
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:1989:0417.7WLW46.88.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Stade - 29.07.1988 - AZ: 24 LwH 31/88
Rechtsgrundlagen
- § 13 Abs. 9 Satz 2 HöfeO
- § 328 Abs. 2 BGB
- § 12 Abs. 1 HöfeO
- § 12 HöfeO
Verfahrensgegenstand
Abfindungsforderung aus Hofübergabevertrag
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Eine Abfindungsvereinbarung in einem Hofübergabevertrag stellt einen echten Vertrag zugunsten Dritter im Sinne des § 328 Abs. 1 BGB dar.
- 2.
Bei einem Hofübergabevertrag ist das Vorhandensein eines dem abfindungsberechtigten Miterben deutlich erkennbaren Änderungsvorbehaltes zu verlangen, anderenfalls das vertraglich geregelte oder sich aus dem Gesetz ergebende Abfindungsrecht nicht zum Nachteil des abfindungsberechtigten Miterben wieder geändert werden kann.
- 3.
Bei einem Hofübergabevertrag besteht ein schutzwürdiges Interesse des abfindungsberechtigten Miterben daran, daß ein etwaiger Änderungsvorbehalt in dem Hofübergabevertrag für den Abfindungsberechtigten klar erkennbar zum Ausdruck kommt.
In der Landwirtschaftssache
hat der Senat für Landwirtschaftssachen des Oberlandesgerichts Celle
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ...,
den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Landgericht ... als Berufsrichter
sowie die Landwirte ... und ... als ehrenamtliche Richter
am 17. April 1989
beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgerichts - Stade vom 29. Juli 1988 wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsgegner. Er hat dem Antragsteller auch die notwendigen Auslagen des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Beschwerdewert: 30.000 DM.
Gründe
I.
Die Beteiligten sind Brüder. Ihre Eltern ... und ..., die in Gütergemeinschaft lebten, waren Eigentümer des im Grundbuch von ... Band 9 Blatt 231 verzeichneten, für den Obstanbau geeigneten Hofes zur Größe von etwa 8 ha. Der Hofvermerk ist seit dem 25. November 1953 eingetragen. Zuvor war ein Erbhofvermerk im Grundbuch eingetragen.
Ursprünglich sollte den Hof der Antragsteller erhalten. Nachdem dieser im Jahre 1969 nach Auseinandersetzungen mit seinen Eltern den Hof, auf dem er bis dahin mitgearbeitet hatte, verlassen hatte, übertrugen die Eltern den Hof durch notariellen Übergabevertrag vom 1. Mai 1971 (UR-Nr. 104/1971 Notar ... in ...) im Wege vorweggenommener Erbfolge auf den Antragsgegner. In Ziff. IX des Vertrages ist folgende Bestimmung enthalten:
"Die Auszahlung von Abfindungsbeiträgen an die weichenden Erben ist so zu regeln:
...
2. An ... zahlt der Übernehmer 30.000 DM spätestens nach dem Tode des Letzt lebenden der Übergeber."
Die Hofübergabe erfolgte am 1. Juni 1971. Nach Genehmigung des Übergabevertrages durch das Landwirtschaftsgericht ... am 24.5.1972 ist der Antragsgegner am 7.8.1972 in das Grundbuch als Hofeigentümer eingetragen worden. Am 18.3.1974 schlossen die Eltern der Beteiligten mit dem Antragsgegner einen weiteren notariellen Vertrag (UR-Nr. 171/1974 Notar ... in ...) Darin hoben sie die Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung der Abfindung von 30.000 DM auf und vereinbarten, daß der Antragsgegner an den Antragsteller keine Geldleistungen zu erbringen habe.
Die Mutter der Beteiligten ist im Jahre 1985, der Vater im Jahre 1987 verstorben. Der Antragsteller begehrt die Zahlung der im Hofübergabevertrag festgelegten Abfindung von 30.000 DM. Er hat vorgetragen: Für seine Mitarbeit auf dem Hof habe er nur ein geringes Entgelt erhalten, das nicht angemessen gewesen sei. Um ihn zum Verzicht auf die Geltendmachung rückständigen Lohnes zu bewegen, hätten ihm die Eltern den Hofübergabevertrag im Entwurf zur Kenntnisnahme und Unterzeichnung ausgehändigt. Mit dem Vertrag habe er deshalb ein eigenes Forderungsrecht erworben, das ihm ohne seine Zustimmung nicht wieder habe entzogen werden können.
Der Antragsteller hat beantragt,
den Antragsgegner zu verurteilen, an den Antragsteller 30.000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 15.1.1988 zu zahlen.
Der Antragsgegner hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er hat die Auffassung vertreten, die nachträgliche Änderung des Übergabevertrages sei wirksam, da dem Antragsteller kein eigenes Forderungsrecht zugestanden habe. Ferner hat sich der Antragsgegner auf Verjährung berufen.
Das Landwirtschaftsgericht hat mit dem angefochtenen Beschluß, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, den Antragsgegner verurteilt, an den Antragsteller einen Betrag von 30.000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 15.1.1988 zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die nachträgliche Verfügung über den Abfindungsanspruch des Antragstellers sei unzulässig gewesen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragsgegners. Er wiederholt und vertieft seine Ansicht, daß sich aus dem Hofübergabevertrag kein eigener Abfindungsanspruch für den Antragsteller herleiten lasse. Zur Begründung behauptet er, daß die Eltern der Beteiligten ursprünglich eine Abfindungszahlung an den Antragsteller nicht vorgesehen hätten, da dieser zwei Jahre zuvor den Hof verlassen und die Eltern bei der Bewirtschaftung im Stich gelassen habe. Dementsprechend sei der Antragsteller später durch notarielle Urkunde des Notars ... (UR-Nr. ...) enterbt worden. Die Abfindungszahlung sei nur auf seinen - des Antragsgegners - Vorschlag in den Vertrag aufgenommen worden, da man sich einig gewesen sei, diese Regelung jederzeit wieder ändern zu können. Dem Antragsteller stünde ein Abfindungsanspruch aber auch deshalb nicht zu, weil er - der Antragsgegner - die Eltern bis zu ihrem Tode unterhalten und Leistungen in Höhe von insgesamt 268.000 DM erbracht habe.
Der Antragsgegner beantragt,
den Beschluß des Amtsgerichts ... vom 29.7.1988 aufzuheben und den Antrag zurückzuweisen.
Der Antragsteller beantragt,
die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
Er tritt den Ausführungen des Antragsgegners im einzelnen entgegen und behauptet, die Eltern hätten von Anfang an auf einer Abfindungsregelung in dem Vertrag bestanden, da sie mit der Abfindungszahlung auch rückständigen Lohn haben vergüten wollen.
Die Grundakten von ... Band ... Blatt ... haben dem Senat informationshalber vorgelegen.
II.
Die sofortige Beschwerde ist nach §§ 9, 22 Abs. 1 LwVG, 20, 22 FGG zulässig, aber nicht begründet. Das Landwirtschaftsgericht hat den Antragsgegner zu Recht zur Zahlung der geltend gemachten Abfindung verurteilt.
Dem Antragsteller steht aus dem Hofübergabevertrag vom 1. Mai 1971 ein Anspruch gegen den Antragsgegner als Hofübernehmer auf Zahlung von 30.000 DM zu. Dieser Anspruch ist durch den notariellen Vertrag vom 18. März 1974 nicht erloschen.
Das Landwirtschaftsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß der genehmigte Hofübergabevertrag einen echten Vertrag zugunsten des Antragstellers im Sinne der §§ 328 ff darstellt, soweit darin sich der Antragsgegner verpflichtet hat, dem Antragsteller eine Abfindung von 30.000 DM zu zahlen. Ob der Antragsteller aus dem Übergabevertrag einen eigenen Anspruch erwerben sollte, ist in Ermangelung einer besonderen vertraglichen Bestimmung nach § 328 Abs. 2 BGB aus den Umständen, insbesondere dem Zweck des Vertrages zu entnehmen, wobei die Auslegungsregeln der §§ 329 ff BGB zu beachten sind. Nach § 330 Satz 2, 2. Alternative BGB ist im Zweifel anzunehmen, daß der Dritte, dem bei einer Vermögens- oder Gutsübernahme von dem Übernehmer eine Leistung zum Zwecke der Abfindung versprochen wird, das Recht unmittelbar erwerben soll. Davon ist auch im vorliegenden Fall auszugehen. Selbst wenn die Eltern der Beteiligten ursprünglich eine Abfindungsregelung zugunsten des Antragstellers nicht in den Vertrag aufnehmen wollten, spricht dies nicht gegen die Erlangung eines eigenen Anspruchs des Antragstellers. Denn ihm hätte - anders als in den sonstigen Fällen des Vertrages zugunsten Dritter - auch dann ein eigener Abfindungsanspruch gegen den Antragsgegner zugestanden, wenn der Hofübergabevertrag hierzu keine Regelung enthalten hätte. Als sogenannter weichender Erbe hätte er nämlich kraft Gesetzes eine Abfindung nach § 12 Abs. 1 HöfeO beanspruchen können. Hierauf hätte auch die spätere Enterbung des Antragstellers im Jahre 1986 keinen Einfluß gehabt, da mit Übertragung des Hofes im Jahre 1972 der Erbfall zugunsten des Antragstellers als eingetreten galt (§ 17 Abs. 2 HöfeO). Die spätere Enterbung des Antragstellers konnte daher von vornherein nur hoffreies Vermögen des Erblassers zum Gegenstand haben. Die Abfindungsregelung in dem Hofübergabevertrag stellt unter diesen Umständen nur eine Festlegung der Höhe des bereits kraft Gesetzes entstehenden Abfindungsanspruchs des Antragstellers sowie im übrigen eine Fälligkeitsregelung dar. Der Frage, aus welchen Gründen sich die Eltern der Beteiligten zu einer Aufnahme der Abfindungsregelung in den Vertrag entschlossen haben, kommt deshalb im Rahmen der Bestimmung des Rechtscharakters des Vertrages als echter Vertrag zugunsten Dritter keine entscheidende Bedeutung zu. Da der Antragsgegner weitere Umstände, die gegen die Einräumung eines eigenen Abfindungsanspruchs für den Antragsteller sprechen könnten, nicht dargetan hat, ist entsprechend dem Grundsatz, daß im Zweifel eine Abfindungsvereinbarung in einem Hofübergabevertrag einen echten Vertrag zugunsten Dritter im Sinne des § 328 Abs. 1 BGB darstellt (vgl. Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery, HöfeO, 8. Aufl. 1978, § 17 Rdn. 91; Faßbender/Hötzel/Pikalo, HöfeO, § 17 Rdn. 61 m.w.N), davon auszugehen, daß der Antragsteller einen eigenen Abfindungsanspruch erworben hat. Aus diesem Grund kann letztlich auch dahinstehen, ob dem Antragsteller, wie dieser behauptet, der Entwurf des Hofübergabevertrages zur Kenntnisnahme und Zustimmung zugeleitet worden war.
Mangels anderweitiger vertraglicher Bestimmung ist der Abfindungsanspruch nach § 17 Abs. 2 HöfeO in dem Zeitpunkt der Übertragung des Hofes, d. h. mit der Eintragung des Antragsgegners als Eigentümer im Grundbuch (vgl. die Nachweise bei Stöcker in Wöhrmann/Stöcker, Landwirtschaftserbrecht, 4. Aufl., § 17 Rdn. 65) entstanden. Die Umschreibung ist am 7.8.1972 erfolgt. Lediglich die Fälligkeit der Zahlung ist in dem Vertrag bis zum Tode des letzt lebenden Elternteils hinausgeschoben, so daß der Anspruch erst im Jahre 1987 nach dem Tode des Vaters der Beteiligten fällig geworden ist.
Entgegen der Ansicht des Antragsgegners ist der Abfindungsanspruch nicht durch den notariellen Vertrag vom 18. März 1974 wieder erloschen. Soweit darin die Eltern der Beteiligten und der Antragsgegner die Abfindungsverpflichtung einverständlich wieder aufgehoben haben, stünde zwar der Wirksamkeit dieses Vertrages nicht schon seine fehlende Genehmigung durch das Landwirtschaftsgericht gemäß § 17 Abs. 3 HöfeO entgegen. Da der Übergabevertrag durch die Eintragung der Hofübertragung im Grundbuch bereits vollzogen war und die Vertragsänderung lediglich eine schuldrechtliche Verpflichtung betraf, bedurfte es einer solchen Genehmigung nicht (vgl. Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery a.a.O. § 17 Rdn. 126; Lange Grundstücksverkehrsgesetz, 2. Aufl. 1964, § 2 Anm. 13 m.w.N.). Der Änderungsvertrag vom 18. März 1974 ist jedoch deshalb unwirksam, weil er der - nicht erteilten - Zustimmung des Antragstellers bedurft hätte. Denn grundsätzlich kann einem Dritten bei einem Vertrag zu seinen Gunsten das für ihn einmal entstandene Recht nicht mehr durch eine nachträgliche Vereinbarung der Vertragsparteien entzogen werden (vgl. BGH WM 1974, 14, 15; Soergel-Hadding, 11. Aufl. § 328 Rdn. 72; RGRK-Ballhaus, § 328 Rdn. 22). Soweit der Antragsteller hiergegen einwendet, daß ein Hofübergeber nicht schlechtergestellt werden dürfe als ein letztwillig Verfügender, der sein Testament jederzeit unbeschränkt widerrufen könne, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Denn nach § 17 Abs. 2 HöfeO gilt im Falle der Übergabe des Hofes an einen hoferbenberechtigten Abkömmling der Erbfan zugunsten der anderen Abkömmlinge bereits mit dem Zeitpunkt der Übertragung des Hofes als eingetreten, so daß der Übergeber nach diesem Zeitpunkt über sein Hofvermögen auch nicht mehr durch Testament anderweitig verfügen kann.
Der Zustimmung des Antragstellers hätte der Änderungsvertrag vom 18. März 1974 allerdings dann nicht bedurft, wenn sich die Eltern der Beteiligten und der Antragsgegner eine Änderung der Abfindungsverpflichtung vorbehalten hätten (§ 328 Abs. 2 BGB). Zwar behauptet der Antragsgegner erstmals im zweiten Rechtszug unter Beweisantritt, die Vertragsparteien hätten einen derartigen Vorbehalt in Gegenwart des Notars erklärt. Eine solche Erklärung wäre jedoch allein nicht geeignet gewesen, den Vertragsparteien das Recht zur nachträglichen Aufhebung des Abfindungsanspruchs einzuräumen. Denn die Möglichkeit einer Änderung des Übergabevertrags wäre in diesem Falle für den Antragsteller nicht erkennbar gewesen, da der Vorbehalt selbst nur mündlich erfolgt ist und im übrigen der Antragsteller hiervon unstreitig auch nicht in Kenntnis gesetzt worden ist. Es kann in diesem Zusammenhang dahinstehen, ob bei einem Vertrag zugunsten Dritter der Vorbehalt der Vertragsparteien, das durch den Vertrag begründete Recht des Dritten auch ohne dessen Zustimmung nachträglich wieder aufzuheben oder zu ändern, zu seiner Wirksamkeit in jedem Falle in einer für den Dritten erkennbaren Art. und Weise erklärt sein muß (so wohl Staudinger/Kaduk, 12. Aufl. § 328 Rdn. 117; zweifelnd Soergel-Hadding a.a.O., § 328 Rdn. 73). Zumindest bei einem Hofübergabevertrag ist jedoch das Vorhandensein eines dem abfindungsberechtigten Miterben deutlich erkennbaren Änderungsvorbehaltes zu verlangen, anderenfalls das vertraglich geregelte oder sich aus dem Gesetz ergebende Abfindungsrecht nicht zum Nachteil des abfindungsberechtigten Miterben wieder geändert werden kann (vgl. OLG Schleswig, RdL 1960 S. 128, 129; Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery a.a.O., § 17 Rdn. 91). Dies gebietet schon der Grundsatz der Rechtssicherheit. Nur dann, wenn der abfindungsberechtigte gesetzliche Erbe weiß, daß der in dem Übergabevertrag festgelegte Abfindungsanspruch unter Umständen noch zu seinen Ungunsten nachträglich geändert werden kann, indem etwa die Abfindungssumme herabgesetzt oder gar - wie hier - der Anspruch als solcher ersatzlos aufgehoben wird, ist er in der Lage, in dem für den Eintritt des fiktiven Erbfalls maßgeblichen Zeitpunkt der Hofübertragung (§ 17 Abs. 2 HöfeO) eine sachgerechte Entscheidung zu treffen, ob er die Abfindungsregelung trotz der Möglichkeit einer späteren Änderung hinnimmt oder stattdessen die Erbschaft ausschlägt und seinen Pflichtteilsanspruch in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Abfindungsbetrages nach § 12 HöfeO geltend macht. Anderenfalls würde der gesetzliche Miterbe, der von dem Änderungsvorbehalt keine Kenntnis hat, unter Umständen einen nicht gerechtfertigten wirtschaftlichen Nachteil erleiden. Hätte er nämlich im Vertrauen auf die Endgültigkeit der vertraglichen Abfindungsregelung von der sofortigen Geltendmachung seines gesetzlichen Pflichtteils abgesehen und würde er jetzt durch für ihn nicht vorhersehbare nachträgliche Änderungen der Abfindungsregelung auf den Pflichtteil gesetzt werden, wäre ihm ein Schaden nicht nur in Höhe des Wertes der ihm bisher entgangenen Nutzung des Abfindungskapitals, sondern auch im Umfange des zwischenzeitlich eingetretenen Geldwertschwundes entstanden.
Dies zeigt deutlich gerade der vorliegende Fall. Hätte der Antragsteller gewußt, daß die Vertragsparteien die im Hofübergabevertrag versprochene Abfindung aufgrund des Änderungsvorbehalts wieder ersatzlos aufheben konnten, hätte er mit Rücksicht auf das für ihn hiermit verbundene Risiko gemäß § 17 Abs. 2 HöfeO bereits im Jahre 1972 seinen gesetzlichen Pflichtteil in Höhe der Hälfte des in § 12 HöfeO a.F. vorgesehenen Abfindungsbetrages verlangen können. Er hätte in diesem Falle bis zum vertraglich vorgesehenen Fälligkeitszeitpunkt, nämlich bis zum Tode des Vaters der Beteiligten im Jahre 1987, schon etwa 15 Jahre lang über das Kapital verfügen, es etwa verzinslich anlegen können. Diese Möglichkeit ist ihm allein deswegen entgangen, weil er berechtigterweise auf die Endgültigkeit der vertraglichen Abfindungsregelung vertraut hat, wobei der inzwischen eingetretene Geldwertschwund den tatsächlichen Schaden noch vergrößert hat.
Diese Umständen zeigen, daß jedenfalls bei einem Hofübergabevertrag ein schutzwürdiges Interesse des abfindungsberechtigten Miterben daran besteht, daß ein etwaiger Änderungsvorbehalt in dem Hofübergabevertrag für den Abfindungsberechtigten klar erkennbar zum Ausdruck kommt. Nach alledem kann deshalb im Ergebnis dahinstehen, ob die Vertragsparteien sich mündlich die Möglichkeit der Änderung des Vertrages vorbehalten haben.
Soweit der Antragsgegner ferner einwendet, er habe die Eltern der Beteiligten bis zu deren Tode unterhalten und hierfür erhebliche finanzielle Aufwendungen gehabt, stellt dieser Umstand unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Grund dar, die Abfindungszahlung an den Antragsteller zu verweigern, zumal der Antragsgegner als Übernehmer des Hofes gemäß Ziff. VII des Hofübergabevertrages ohnehin zu Unterhaltsleistungen an die Eltern verpflichtet war.
Der Abfindungsanspruch ist schließlich nicht verjährt. Nach fast einhelliger Ansicht verjähren Abfindungsansprüche der weichenden Erben mangels einer speziellen Vorschrift gemäß der allgemeinen Bestimmung des § 195 BGB in 30 Jahren, und zwar unabhängig davon, ob sie unmittelbar auf dem Gesetz oder auf einer vertraglichen Vereinbarung beruhen (vgl. Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery a.a.O., § 12 Rdn. 103; Faßbender/Hötzel/Pikalo a.a.O., § 12 Rdn. 43; Wöhrmann, Landwirtschaftsrecht, 2. Aufl., § 12 HöfeO Rdn. 31; anderer Auffassung Stöcker in Wöhrmann/Stöcker, Landwirtschaftserbrecht, 4. Aufl. 1984, § 12 HöfeO Rdn. 116, der die Verjährungsregelung des § 13 Abs. 9 Satz 2 HöfeO entsprechend anwenden will). Auch nach der von Stöcker vertretenen Mindermeinung wäre der Anspruch noch nicht verjährt, da die Abfindung erst mit dem Tode des Vaters der Beteiligten im Jahre 1987 fällig geworden ist und seit diesem Zeitpunkt noch nicht die dreijährige Verjährungsfrist des § 13 Abs. 9 Satz 2 HöfeO verstrichen ist.
Nach alledem war die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 34 Abs. 1, 44 Abs. 1, 45 Abs. 1 Satz 2 LwVG.
Streitwertbeschluss:
Beschwerdewert: 30.000 DM. Der Beschwerdewert bemißt sich nach § 34 Abs. 2 LwVG, § 19 Buchst. d) HöfeVerfO, 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 KostO.