Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 16.11.2016, Az.: L 2 R 328/16

Neuberechnung einer gewährten Altersrente unter Abänderung des Rentenbescheides; Entrichtung von Beiträgen nach einem höheren als dem tatsächlich in der Teilzeitphase gezahlten Arbeitsentgelt; Wahlrecht bzgl. der Rentenberechnung mit oder ohne "Hochrechnung"; Rentenberechnung; Beitragspflichtiges Entgelt; Altersteilzeit; Hochrechnungs-Verfahren; Sozialrechtlicher Herstellungsanspruch; Berücksichtigung von Aufstockungsbeträgen bei Altersteilzeit bei der Beitragsbemessung in der gesetzlichen Rentenversicherung; Anforderungen an die Belehrung eines Versicherten über das durch § 194 Abs. 1 SGB VI eröffnete Wahlrecht im Hinblick auf die Heranziehung der Beiträge bei der Rentenberechnung

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
16.11.2016
Aktenzeichen
L 2 R 328/16
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2016, 31263
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2016:1116.L2R328.16.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Hannover - 15.03.2016 - AZ: S 44 R 163/14

Redaktioneller Leitsatz

1. Grundsätzlich ist der Rentenversicherungsträger nicht verpflichtet, die nach § 194 Abs. 1 Satz 3 SGB VI "hochgerechnete" Altersrente im Nachhinein aus dem tatsächlich während des Hochrechnungszeitraums erzielten Entgelt neu zu berechnen.

2. Dies folgt aus § 70 Abs. 4 Satz 2 SGB VI, wonach die tatsächliche beitragspflichtige Einnahme "für diese Rente außer Betracht" bleibt, soweit der Rentenversicherungsträger nach § 194 Abs. 1 Satz 3 SGB VI eine voraussichtliche beitragspflichtige Einnahme errechnet (hochgerechnet) hat.

3. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Rechtsfolge der Wahl des "Hochrechnungs-Verfahrens" nach § 194 Abs. 1 Satz 1 und 3 SGB VI bestehen jedenfalls dann nicht, wenn sich der Rentenantragsteller nach gehöriger Aufklärung hierfür entscheidet.

4. Jedoch steht einem Rentenberechtigten aber jedenfalls dann ein Herstellungsanspruch zu, wenn er über das erläuterte Wahlrecht (hier: Rentenberechnung mit oder ohne "Hochrechnung") vor seiner Entscheidung über dessen Folgen fehlerhaft aufgeklärt worden ist und dadurch einen Schaden in der Form erleidet, dass die aufgrund der fehlerhaften Belehrung gewählte "Hochrechnung" zu einem geringeren Rentenbetrag geführt hat, als ihm ohne eine solche Hochrechnung zugestanden hätte.

Tenor:

Das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 15. März 2016 und der Bescheid der Beklagten vom 19. September 2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16. Januar 2014 werden aufgehoben.

Die Beklagte wird verpflichtet, die dem Kläger seit Mai 2013 gewährte Altersrente unter Abänderung des Rentenbescheides vom 5. Februar 2013 mit der Maßgabe neu zu berechnen, dass für den Beitragszeitraum Februar bis April 2013 an Stelle des bislang berücksichtigten beitragspflichtigen Entgelts in Höhe von 15.719 EUR ein solches in Höhe von 16.142 EUR in Ansatz gebracht wird.

Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers aus beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Im vorliegenden Verfahren begehrt der am 30. April 1950 geborene Kläger eine Neuberechnung der ihm von dem beklagten Rentenversicherungsträger mit Bescheid vom 5. Februar 2013 in anfänglicher Höhe von monatlich 1.958,35 EUR brutto ab dem 1. Mai 2013 zuerkannten Altersrente für schwerbehinderte Menschen.

Bei der Berechnung der Höhe dieser Rente hat die Beklagte im Rahmen einer sog. Hochrechnung für die Monate von Februar bis April 2013 ein beitragspflichtiges Entgelt in Höhe von 15.719 EUR in Ansatz gebracht. Diesen Betrag hat die Beklagte errechnet (vgl. Bl. 31 Verwaltungsvorgänge), indem sie das vom Arbeitgeber gemeldete versicherungspflichtige Entgelt für den Zeitraum Januar 2012 bis Dezember 2012 zu 11/12 und damit in Höhe eines Betrages von 57.493,33 EUR mit dem gemeldeten Entgelt für Januar 2013 in Höhe von 5.381 EUR addiert und diese Summe durch vier geteilt hat.

Der bis zum 30. April 2007 bei der Firma H. beschäftigte Kläger trat in Umsetzung eines entsprechenden Sozialplans mit Wirkung zum 1. Mai 2007 in die Dienste der I. GmbH. Diese vereinbarte mit ihm im Vertrag vom 21. August 2006 (Bl. 16 ff. Verwaltungsvorgänge) die Begründung eines Altersteilzeitverhältnisses mit der Maßgabe, dass der Kläger in der sog. Arbeitsphase vom 1. Mai 2007 bis zum 30. April 2010 im Durchschnitt weiterhin die vorausgegangene wöchentliche Arbeitszeit erbringen und in der nachfolgenden Freistellungsphase vom 1. Mai 2010 bis zum 30. April 2013 vollständig von der Pflicht zur Erbringung von Arbeitsleistungen freigestellt werden sollte.

Für den gesamten Zeitraum der Altersteilzeit vom 1. Mai 2007 bis zum 30. April 2013 war im Ausgangspunkt nach Art. 2 § 4 des Vertrages ein hälftiges Arbeitsentgelt vereinbart worden, welches jedoch gemäß Art. 2 § 5 gemäß § 3 Altersteilzeitgesetz (AltTZG) auf 81 % des vor der Altersteilzeitphase erzielten Entgelts aufgestockt wurde.

Art. 2 § 5 des Vertrages sah ferner vor, dass die PEAG GmbH zusätzliche Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung mindestens in Höhe des Betrages zu entrichten hatte, der auf die Differenz zwischen 90 % des Bruttovollzeitarbeitsentgeltes und dem Beitrag für die Altersteilzeit entfällt, wobei die Höhe des insoweit maßgeblichen Bruttovollarbeitsentgeltes auf den Betrag der Beitragsbemessungsgrenze zur Rentenversicherung begrenzt sein sollte.

In Umsetzung dieser Vereinbarung hat die J. GmbH dem Kläger in dem (zur sog. Freistellungsphase zählenden) Zeitraum Januar 2012 bis April 2013 fortlaufend monatliche Bruttozahlungen in Höhe von jeweils 4.578,64 EUR erbracht.

Rentenrechtlich galt 2012 eine monatliche Beitragsbemessungsgrenze in Höhe von 5.600 EUR. Entsprechend den erläuterten vertraglichen Bestimmungen hat die J. GmbH für die ersten vier Monate dieses Jahres entsprechend Beiträge zur Rentenversicherung nach einem Einkommen in Höhe von 90 % dieses Betrages, d.h. nach einem beitragspflichtigen Einkommen in Höhe von 5.040 EUR erbracht.

Aufgrund eines Fehlers bei der Berechnung der zu erbringenden Beitragsleistungen hat die J. GmbH von Mai 2012 an - bei unverändert gebliebenen Gehaltszahlungen in Höhe von monatlich 4.578,64 EUR brutto - Beiträge zur Rentenversicherung nach einem monatlichen beitragspflichtigen Einkommen in Höhe von 5.320 EUR (entsprechend 95 % der Beitragsbemessungsgrenze) entrichtet. Unter Berücksichtigung der zum 1. Januar 2013 wirksamen Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze auf monatlich 5.800 EUR entrichtete sie ab Januar 2013 sogar - bei weiterhin unverändert gebliebenen Gehaltszahlungen in Höhe von monatlich 4.578,64 EUR brutto - Beiträge nach einem beitragspflichtigen Einkommen von 5.380,72 EUR (weiterhin entsprechend 95 % der - zum 1. Januar 2013 angehobenen - Beitragsbemessungsgrenze, vgl. wegen der Einzelheiten das Schreiben der J. vom 15. August 2013 mit Anlagen, Bl. 33 ff. GA, welches der Kläger in der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung überreicht hat). Die J. GmbH hat nach Erkennen der fehlerhaften Berechnung erklärt, dass von ihr keine Korrektur der tatsächlich erbrachten Beitragszahlungen gewünscht werde.

Mit Schreiben vom 25. August 2013 (Bl. 80 Verwaltungsvorgänge) hatte der Kläger bei dem beklagten Rentenversicherungsträger eine - geringfügige, nach seinen Berechnungen 36 Cent im Monat ausmachende - Erhöhung der zuerkannten Rente im Hinblick darauf beantragt, dass an Stelle des von der Beklagten im Rahmen der erläuterten "Hochrechnung" für die Monate von Februar bis April 2013 in Ansatz gebrachten beitragspflichtigen Entgelts in Höhe von 15.719 EUR das tatsächlich vom Arbeitgeber der Beitragsentrichtung zugrunde gelegte Entgelt von 16.142,16 EUR heranzuziehen sei.

Dieses Begehren lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 19. September 2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16. Januar 2014 mit der Begründung ab, dass der im Rahmen der mit Zustimmung des Klägers vorgenommenen Hochrechnung ermittelte Betrag nach den Vorgaben des § 194 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) bindend sei.

Die dagegen vom Kläger am 14. Februar 2014 erhobene Klage hat das Sozialgericht Hannover mit Urteil vom 15. März 2016, dem Kläger zugestellt am 28. Mai 2016, abgewiesen. Nach den Vorgaben des § 70 Abs. 4 SGB VI blieben Abweichungen für die Rentenberechnung außer Betracht, die sich bei einem Vergleich der tatsächlich erzielten beitragspflichtigen Einnahmen mit den durch den Rentenversicherungsträger errechneten voraussichtlichen beitragspflichtigen Einnahmen ergäben. Beratungsfehler der Beklagten seien nicht festzustellen.

Mit der am 24. Juni 2016 eingelegten Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er verlange, dass er eine Rente nach Maßgabe der für ihn tatsächlich entrichteten Beitragszahlungen erhalte.

Der Kläger beantragt,

  1. 1.

    das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 15. März 2016 und den Bescheid der Beklagten vom 19. September 2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16. Januar 2014 aufzuheben und

  2. 2.

    die Beklagte zu verpflichten, die ihm seit Mai 2013 gewährte Altersrente unter Abänderung des Rentenbescheides vom 5. Februar 2013 mit der Maßgabe neu zu berechnen, dass für den Beitragszeitraum Februar bis April 2013 an Stelle des bislang berücksichtigten beitragspflichtigen Entgelts in Höhe von 15.719 EUR ein solches in Höhe von 16.142 EUR in Ansatz gebracht wird.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige - insbesondere Rentenbezugszeiträume von mehr als einem Jahr betreffende - Berufung ist begründet. Die Beklagte ist nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zu verpflichten, die dem Kläger seit Mai 2013 gewährte Altersrente unter Abänderung des Rentenbescheides vom 5. Februar 2013 mit der Maßgabe neu zu berechnen, dass für den Beitragszeitraum Februar bis April 2013 an Stelle des bislang berücksichtigten beitragspflichtigen Entgelts in Höhe von 15.719 EUR ein solches in Höhe von 16.142 EUR in Ansatz gebracht wird.

1. Der Monatsbetrag der Rente ergibt sich, wenn die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen EP, der Rentenartfaktor und der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden (§ 63 Abs. 6, § 64 SGB VI). Die Höhe der Rente richtet sich vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen (§ 63 Abs. 1 SGB VI). Dabei wird das in den einzelnen Kalenderjahren durch Beiträge versicherte Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen in EP umgerechnet (§ 63 Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Die Versicherung eines Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens in Höhe des Durchschnittsentgelts eines Kalenderjahres (gemäß Anlage 1 zum SGB VI) ergibt einen vollen Entgeltpunkt (§ 63 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Dabei ist für das Kalenderjahr des Rentenbeginns und für das davor liegende Kalenderjahr das von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats bekannt gemachte vorläufige Durchschnittsentgelt (§ 69 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI) zugrunde zu legen (§ 70 Abs. 1 Satz 2 SGB VI; vgl. dazu und zum Folgenden: BSG, Urteil vom 12. Dezember 2011 - B 13 R 29/11 R -, BSGE 110, 8).

Gemäß § 194 Abs. 1 Satz 1 SGB VI in der hier maßgeblichen, ab 1.1.2008 geltenden Fassung des Zweiten Gesetzes zum Abbau bürokratischer Hemmnisse insbesondere in der mittelständischen Wirtschaft (2. HemAbbG) vom 07.09.2007 (BGBI I 2246) haben Arbeitgeber auf Verlangen des Rentenantragstellers die beitragspflichtigen Einnahmen für abgelaufene Zeiträume frühestens drei Monate vor Rentenbeginn (oder zu einem späteren Zeitpunkt vor Rentenbeginn) gesondert zu melden. Erfolgt eine derartige gesonderte Meldung, errechnet der Rentenversicherungsträger bei Anträgen auf Altersrente die voraussichtlichen beitragspflichtigen Einnahmen für den verbleibenden Beschäftigungszeitraum bis zum Rentenbeginn für bis zu drei Monate nach den in den letzten zwölf Kalendermonaten gemeldeten beitragspflichtigen Einnahmen (§ 194 Abs. 1 Satz 3 SGB VI). Weicht die tatsächlich erzielte beitragspflichtige Einnahme von der durch den Rentenversicherungsträger errechneten voraussichtlichen beitragspflichtigen Einnahme ab, bleibt sie für diese Rente außer Betracht (§ 70 Abs. 4 Satz 2 SGB VI).

Zur Sicherstellung der beschleunigten Erstfeststellung einer Altersrente und zur Gewährleistung eines nahtlosen Übergangs vom Arbeitsentgelt zur Altersrente hatte der Gesetzgeber nach dem von 1992 bis 2007 geltenden Recht in § 194 Abs. 1 Satz 1 SGB VI idF des Rentenreformgesetzes 1992 (RRG 1992) vom 18.12.1989 (BGBI I 2261) - im Wesentlichen inhaltsgleich die bis dahin geltenden Vorschriften des § 1401 Abs. 1 Satz 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) und § 123 Abs. 1 Satz 1 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) - bestimmt, dass der Arbeitgeber auf Verlangen des Versicherten das voraussichtliche (beitragspflichtige) Arbeitsentgelt für die Zeit bis zum Ende der Beschäftigung bis zu drei Monaten im Voraus zu bescheinigen hatte, wenn von dem Versicherten für die Zeit danach eine Rente wegen Alters beantragt wurde. Bei der Ermittlung des voraussichtlichen (beitragspflichtigen) Arbeitsentgelts hatte der Arbeitgeber voraussehbare beitragspflichtige Einmalzahlungen zu berücksichtigen (§ 194 Abs. 1 Satz 2 SGB VI idF des RRG 1992). Wenn für den vorauszubescheinigenden Zeitraum die Höhe des (beitragspflichtigen) Arbeitsentgelts nicht vorhersehbar war, hatte der Arbeitgeber das vorauszubescheinigende Arbeitsentgelt nach dem in den letzten sechs Monaten erzielten (beitragspflichtigen) Arbeitsentgelt zu berechnen (Satz 3 aaO). Weicht das tatsächlich erzielte (beitragspflichtige) Arbeitsentgelt von dem vorausbescheinigten ab, blieb es für diese Rente außer Betracht (§ 70 Abs. 4 Satz 2 SGB VI idF des RRG 1992; auch nach den Vorgängervorschriften des § 1401 Abs. 1 Satz 3 RVO und § 123 Abs. 1 Satz 3 AVG (in ihren zuletzt geltenden Fassungen vom 01.01.1989 bis 31.12.1991) war für die Rentenberechnung ein von der Eintragung in der Entgeltvorausbescheinigung abweichendes Einkommen nicht zu berücksichtigen; vgl. zu § 123 Abs. 1 Satz 3 AVG: BSG vom 16.11.1995 - BSGE 77, 77 [BSG 16.11.1995 - 4 RA 48/93] = SozR 3-2200 § 1401 Nr. 1 (unter Aufgabe von BSG vom 19.10.1977 - BSGE 45, 72 [BSG 19.10.1977 - 4 RJ 151/76] = SozR 2200 § 1401 Nr. 1), wonach bei einem Abweichen des tatsächlich erzielten Entgelts von dem vorausbescheinigten der Rentenversicherungsträger auf Verlangen des Rentenberechtigten verpflichtet, im Übrigen berechtigt war, den Zahlbetrag insoweit abzuändern; vgl. ebenfalls BSG, aaO).

Das 2. HemAbbG vom 7.9.2007 (aaO) hat die insbesondere von den Arbeitgebern als zu aufwändig kritisierte Regelung in § 194 Abs. 1 SGB VI (idF des RRG 1992) mit dem Ziel geändert, die Arbeitgeber von der Verpflichtung zu entlasten, durch eine Entgeltvorausbescheinigung die voraussichtlichen beitragspflichtigen Arbeitsentgelte des Rentenantragstellers bis zum Ende seiner Beschäftigung zu ermitteln. Vielmehr sollte zukünftig bei Anträgen auf Altersrente "auf Verlangen" des Rentenantragstellers nunmehr der Rentenversicherungsträger die beitragspflichtigen Arbeitsentgelte für den verbleibenden Beschäftigungszeitraum bis zum Rentenbeginn für bis zu drei Monate vorausberechnen, und zwar auf der Grundlage der in den letzten zwölf Kalendermonaten vom Arbeitgeber gemeldeten beitragspflichtigen Arbeitsentgelte (vgl. Gesetzentwurf eines 2. HemAbbG, BT-Drucks 16/4391 Satz 18, 25, 40).

Dementsprechend trat mit Wirkung ab 1.1.2008 an die Stelle der Entgeltvorausbescheinigung des Arbeitgebers dessen "auf Verlangen" des Rentenantragstellers entstehende Verpflichtung zur Abgabe einer gesonderten Meldung der beitragspflichtigen Einnahmen für abgelaufene Zeiträume frühestens drei Monate vor Rentenbeginn (§ 194 Abs. 1 Satz 1 SGB VI) und damit korrespondierend die Verpflichtung des Rentenversicherungsträgers bei Anträgen auf Altersrente und Vorliegen einer gesonderten Meldung des Arbeitgebers zur Berechnung ("Hochrechnung") der voraussichtlichen beitragspflichtigen Einnahmen für den verbleibenden Beschäftigungszeitraum bis zum Rentenbeginn für bis zu drei Monate ("Hochrechnungszeitraum") nach den in den letzten zwölf Kalendermonaten gemeldeten beitragspflichtigen Einnahmen (§ 194 Abs. 1 Satz 3 SGB VI). Das "Verlangen" des Rentenantragstellers bezieht sich daher zum einen auf die Meldung der bisher im laufenden Kalenderjahr schon bezogenen und abgerechneten, aber noch nicht gemeldeten beitragspflichtigen Einnahmen durch seinen Arbeitgeber und zum anderen auf die Hochrechnung der voraussichtlichen beitragspflichtigen Einnahmen für den verbleibenden Beschäftigungszeitraum bis zum Rentenbeginn durch den Rentenversicherungsträger und darauf, dass dieses Hochrechnungsergebnis bei der Berechnung der Altersrente berücksichtigt wird (vgl. ebenfalls BSG, aaO, mwN).

Damit hatte der Arbeitgeber nicht mehr in jedem Einzelfall zu prüfen und zu bescheinigen, ob vorausgesehen werden konnte, welches beitragspflichtige Entgelt der Antragsteller vor Rentenbeginn noch erzielen würde, sondern konnte sich auf die automatisierte Meldung bereits gezahlter Entgelte beschränken.

Im vorliegenden Fall hat die Arbeitgeberin die Abgabe der gesonderten Meldung für den Monat Januar 2013 mit einem beitragspflichtigen Arbeitsentgelt in Höhe von 5.381 Euro mit der Übermittlung ihrer Jahresmeldung über das beitragspflichtige Arbeitsentgelt des Klägers für das Jahr 2012 in Höhe von 62.720 Euro verbunden. Diese gemeldeten beitragspflichtigen Arbeitsentgelte hat die Beklagte bei der "Hochrechnung" rechnerisch richtig in der Form berücksichtigt, dass sie für die Monate Februar bis April 2013 ein Viertel der Summe von (vgl. § 123 Abs. 3 SGB VI) 11/12 des genannten Jahresbetrages von 62.720 EUR (entsprechend 57.493,33 EUR) und des für Januar 2013 gemeldeten Betrages von 5.381 EUR in Ansatz gebracht, mithin ein Viertel des Betrages von 62.874,33 EUR, im Ergebnis ergab sich damit der Betrag von 15.719 EUR

2. Tatsächlich hat der Arbeitgeber jedoch für die drei von der "Hochrechnung" betroffenen Monate Februar bis April 2013 Beiträge nach einem beitragspflichtigen Einkommen von 16.142,16 EUR und damit nach einem (etwas) höheren Betrag als dem im Rahmen der "Hochrechnung" ermittelten Betrag von 15.719 EUR entrichtet.

Diese höheren Beiträge sind auch rechtswirksam entrichtet worden.

Eine "Gehaltserhöhung" des Klägers, wie von diesem in der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung gemacht worden ist (anders allerdings sein Vortrag in der Berufungsschrift), hat es nicht gegeben. Der Kläger hat jedenfalls von Anfang 2012 bis April 2013 fortlaufend ein Bruttogehalt in Höhe von 4.578,64 EUR bezogen.

Dem Arbeitgeber ist lediglich ein Berechnungsfehler bei der Umsetzung der vertraglichen Vereinbarungen unterlaufen. Art. 2 § 5 des o.g. Vertrages sah vor, dass die nunmehr beigeladene J. GmbH zusätzliche Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung mindestens in Höhe des Betrages zu entrichten hatte, der auf die Differenz zwischen 90 % des Bruttovollzeitarbeitsentgeltes und dem Beitrag für das Altersteilzeitgesetz entfällt, wobei die Höhe des insoweit maßgeblichen Bruttovollarbeitsentgeltes auf den Betrag der Beitragsbemessungsgrenze zur Rentenversicherung begrenzt sein sollte. Da das Bruttovollzeitentgelt des Klägers vor Beginn der Altersteilzeit mit monatlich 5.663 EUR 2012 die damalige monatliche Beitragsbemessungsgrundlage von 5.600 EUR noch etwas überschritten hatte, hatte die Beigeladene Rentenversicherungsbeiträge nach einem beitragspflichtigen (fiktiven) Einkommen von 90 % des genannten Betrages, mithin nach 5.040 EUR zu entrichten.

Irrtümlich hatte die Arbeitgeberin jedoch ab Mai 2012 Beiträge nach einem versicherungspflichtigen Einkommen von 5.320 EUR (entsprechend 95 % an Stelle der vertraglich vereinbarten 90 % der Beitragsbemessungsgrundlage) entrichtet.

Dieser Irrtum auf Seiten der Arbeitgeberin nahm den tatsächlich gezahlten Beiträgen jedoch auch insoweit nicht ihre Rechtswirksamkeit, wie sie das vertraglich geschuldete Ausmaß überschritten haben. Abweichend von dem in §§ 161, 162 Nr. 1 SGB VI normierten Grundsatz, wonach ein Arbeitgeber für die bei ihm abhängig Beschäftigten Rentenversicherungsbeiträge nach Maßgabe des jeweiligen Arbeitsentgelts (bis zur Beitragsbemessungsgrenze) zu entrichten hat, eröffnet ihm die Ausnahmevorschrift des § 163 Abs. 5 SGB VI in Fallgestaltungen der (auch im vorliegenden Fall getroffenen) Vereinbarung von Altersteilzeit im Sinne des Altersteilzeitgesetzes die Möglichkeit zur Entrichtung von Beiträgen nach einem höheren als dem tatsächlich in der Teilzeitphase gezahlten Arbeitsentgelt.

Diesbezüglich schreiben §§ 163 Abs. 5 SGB VI, 3 Abs. 1 Nr. 1b AltTZG lediglich Mindestbeträge der Erhöhung (als Voraussetzung insbesondere für eine Inanspruchnahme von Leistungen der Bundesagentur für Arbeit gemäß § 4 AltTZG) vor. Der Arbeitgeber ist jedoch berechtigt, auch höhere Rentenversicherungsbeiträge zu entrichten; lediglich die Beitragsbemessungsgrenze begrenzt dieses Recht (vgl. Verbandskommentar, § 163 SGB VI, Rn. 6).

Angesichts des insoweit klaren Gesetzeswortlauts im Sinne der Vorgabe lediglich eines Mindesterhöhungsbetrages (vgl. gilt auch "mindestens" ein Betrag ) in § 163 Abs. 5 SGB VI sieht der Senat auch unter Berücksichtigung eines davon offenbar abweichenden arbeitsgerichtlichen Verständnisses (BAG, Urteil vom 27. Juli 2010 - 1 AZR 67/09 -, Rn. 17, ; Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13. August 2015 - 5 Sa 156/15 -, Rn. 40, ) keinen Anlass, die Entrichtung von die Mindestvorgaben des Gesetzes überschreitenden Rentenversicherungsbeiträgen durch den Arbeitgeber in den Monaten ab Mai 2012 als rechtswidrig zu beurteilen.

Der Gesetzgeber hat auch im Übrigen in § 3 AltTZG dem Arbeitgeber nur Mindestvorgaben bezüglich des Ausmaßes des dem Arbeitnehmer zu gewährenden Teilausgleiches für die mit der Inanspruchnahme von Altersteilzeit verbundenen finanziellen Nachteile vorgegeben. Auch vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, dass er mit den Regelungen in § 163 Abs. 5 SGB VI, 3 Abs. 1 Nr. 1b AltTZG nicht nur Mindestvorgaben für den Teilausgleich der rentenrechtlichen Nachteile, sondern - abweichend vom Gesetzeswortlaut - zugleich auch Höchstvorgaben festschreiben wollte.

Da die von der Arbeitgeberin entrichteten höheren Beiträge insgesamt rechtmäßig entrichtet worden sind, fehlte bereits die tatbestandliche Grundlage, um eine Beanstandung auszusprechen; erst recht ist eine von Seiten der Beklagten nicht erklärt worden

3. Grundsätzlich ist der Rentenversicherungsträger allerdings nicht verpflichtet, die nach § 194 Abs. 1 Satz 3 SGB VI "hochgerechnete" Altersrente im Nachhinein aus dem tatsächlich während des Hochrechnungszeitraums erzielten Entgelt neu zu berechnen. Dies folgt aus § 70 Abs. 4 Satz 2 SGB VI, wonach die tatsächliche beitragspflichtige Einnahme "für diese Rente außer Betracht" bleibt, soweit der Rentenversicherungsträger nach § 194 Abs. 1 Satz 3 SGB VI eine voraussichtliche beitragspflichtige Einnahme errechnet (hochgerechnet) hat (vgl. ebenfalls BSG, aaO, mwN).

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Rechtsfolge der Wahl des "Hochrechnungs-Verfahrens" nach § 194 Abs. 1 Satz 1 und 3 SGB VI bestehen jedenfalls dann nicht, wenn sich der Rentenantragsteller nach gehöriger Aufklärung (s hierzu unter 4.) hierfür entscheidet. Angesichts der im Regelfall nicht übermäßigen Einwirkungen auf die Rentenhöhe kann dem aufgeklärten Rentenversicherten die freie Wahl darüber überlassen bleiben, ob er sich für die Hochrechnung und damit eine möglichst sichere Nahtlosigkeit des Übergangs vom regelmäßigen Arbeitsentgelt auf die Altersrente mit dem Risiko einer geringen Rentenminderung entscheidet oder ob er auf einer Rentenberechnung auf Grundlage aller tatsächlich erzielten beitragspflichtigen Arbeitsentgelte mit dem Risiko eines hinausgezögerten Beginns der regelmäßigen Rentenzahlung besteht (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2011, aaO).

4. Jedoch steht einem Rentenberechtigten aber jedenfalls dann ein Herstellungsanspruch zu, wenn er über das erläuterte Wahlrecht (hier: Rentenberechnung mit oder ohne "Hochrechnung") vor seiner Entscheidung über dessen Folgen fehlerhaft aufgeklärt worden ist und dadurch einen Schaden in der Form erleidet, dass die aufgrund der fehlerhaften Belehrung gewählte "Hochrechnung" zu einem geringeren Rentenbetrag geführt hat, als ihm ohne eine solche Hochrechnung zugestanden hätte (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2011, aaO; vgl. dort auch zu Fallgestaltungen, in denen sich der Versicherte gerade für die Vornahme der erläuterten "Hochrechnung" entscheiden wird, weil eine solche für ihn - zulasten der Versichertengemeinschaft - zu einer höheren Rente als nach Maßgabe der tatsächlich in den letzten drei Arbeitsmonaten zu erwartenden Beitragszahlungen führen wird). Als Rechtsfolge ist ein solcher Herstellungsanspruch in Fallgestaltungen der vorliegend zu beurteilenden Art, in denen sich die "Hochrechnung" zu Lasten des Versicherten auswirkt, auf die Neuberechnung der Rente nach Maßgabe der tatsächlich in den letzten drei Monaten vor Rentenbeginn erfolgten Beitragszahlungen gerichtet.

Zwar macht der der Rentenfestsetzung zugrunde zu legende Hochrechnungszeitraum mit höchstens drei Kalendermonaten (vor Beginn der Altersrente) nur einen geringen Bruchteil des gesamten Versichertenlebens aus und beeinflusst damit die Rentenhöhe nur sehr eingeschränkt. Dennoch ist nicht auszuschließen, dass sich ein Versicherter - bei genauer Kenntnis der Rechtsfolgen - dazu entschließt, den Beschleunigungseffekt einer Hochrechnung nicht wahrzunehmen und dadurch möglicherweise auf einen nahtlosen Übergang vom Arbeitsentgelt in die Altersrente (durch Erteilung des Rentenbescheids bereits vor Ende des Beschäftigungsverhältnisses) zu verzichten. Dies gilt umso mehr, als angesichts der "nachschüssigen" Zahlung aller nach dem 01.04.2004 beginnenden Renten (§ 118 Abs. 1 i.V.m. § 272a Abs. 1 SGB VI) dem Rentenversicherungsträger (im Gegensatz zur bis dahin geltenden Rechtslage) ein Monat länger zur Verfügung steht, um die Altersrente für den ersten Monat nach Rentenbeginn anzuweisen (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2011, aaO).

Zur sachgerechten Ausübung des Wahlrechts bedarf es auf Seiten des Versicherten der Kenntnis der jeweiligen Vor- und Nachteile der erläuterten Hochrechnung. Dies bedingt namentlich, dass die vom Rentenversicherungsträger übermittelten Informationen korrekt und verständlich sind. Für den im Rentenversicherungsrecht nicht kundigen Versicherten muss insbesondere aufgrund der Informationen des Rentenversicherungsträgers klar erkennbar werden, dass eine Hochrechnung nur "auf Verlangen des Rentenantragstellers" erfolgt (vgl. den klaren Wortlaut des § 194 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Auch muss aus der Beratung mit hinreichender Deutlichkeit hervorgehen, dass mit der Entscheidung für die "Hochrechnung" ein "Neufeststellungsverbot" in dem Sinne verbunden ist, dass es bei einem Abweichen des "hochgerechneten" beitragspflichtigen Arbeitsentgelts von dem später (vom Arbeitgeber gemeldeten) tatsächlich erzielten beitragspflichtigen Arbeitsentgelt dennoch fortdauernd bei der bisherigen Berechnung der Altersrente verbleibt (vgl. zum Vorstehenden BSG, Urteil vom 12. Dezember 2011, aaO).

Im vorliegenden Fall wies die Beratung der Beklagten durchgreifende Mängel auf, aufgrund derer der Kläger sich in einem Irrtum über die Auswirkungen der gewünschten "Hochrechnung" befand. Bei zutreffender Aufklärung hätte er keine solche "Hochrechnung" gewünscht. Daraus ergibt sich die Verpflichtung der Beklagten, zur Neuberechnung der Altersrente nach Maßgabe der tatsächlich für die letzten drei Kalendermonate vor Rentenbeginn erbrachten Beitragszahlungen.

a) Das Rentenantragsformular enthielt diesbezüglich in dem vorgedruckte Text folgende Hinweise: "Ich willige ein (sofern ich unter Abschnitt Sonstige Angaben - Arbeitsentgelt/Vorruhestandsgeld nichts anderes bestimmt habe), dass der Rentenversicherungsträger zur Beschleunigung des Rentenverfahrens frühestens drei Monate vor Rentenbeginn eine Meldung der beitragspflichtigen Einnahmen für abgelaufene Zeiträume vom Arbeitgeber anfordert, für den weiteren Zeitraum ggf. bis zum Rentenbeginn die entsprechenden voraussichtlichen beitragspflichtigen Einnahmen (maximal für drei Monate) hochrechnet und diese der Rentenberechnung zugrunde legt. Mir ist bekannt, dass sich eine Hochrechnung im Vergleich zu einer Berechnung der Rente auf Basis der tatsächlich erzielten Entgelte nachteilig auswirken kann. Das kann der Fall sein, wenn in den letzten zwölf Kalendermonaten vor dem Hochrechnungszeitraum eine Entgelterhöhung lag Die hochgerechneten Entgelte werden der jetzt beantragten Rente dauerhaft zugrunde gelegt, auch wenn sich die Hochrechnung nachteilig auswirkt."

Dieser schriftliche Text war schon nicht geeignet, den Rentenantragsteller mit der gebotenen Deutlichkeit über das erläuterte Wahlrecht zu informieren, zumal sich ihm nach Maßgabe der schriftlichen Textfassung nicht einmal hinreichend klar erschloss, was genau in diesem Zusammenhang mit einer "Bestimmung" im "Abschnitt Sonstige Angaben - Arbeitsentgelt/Vorruhestandsgeld" gemeint sein sollte. Es gibt in dem Antrag zwar einen Abschnitt "Sonstige Angaben" in dem Formular, wobei sich im Unterabschnitt 10.4 "Bei Antrag auf Altersrente/Knappschaftsausgleichsleistungen" sieben Untergliederungsziffern finden, darunter auch der seinerseits sechs Fragen beinhaltende - keine eigenständige Überschrift erkennen lassende - Unterpunkt 10.4.1, in dem unter anderem nach beitragspflichtigen Einnahmen bis zum Rentenbeginn und ebenfalls unter anderem danach gefragt wird, ob "Vordruck R250" (ein dem Rentenantragsteller gar nicht geläufiger Begriff) durch den Rentenversicherungsträger angefordert "werden soll".

Im Ergebnis war der objektive Gehalt der schriftlichen Erläuterungen in dem Antragsformular eher dazu geeignet, die Existenz des vom Gesetzgeber vorgesehenen Wahlrechts zu verdunkeln als den Rentenantragsteller darüber sachgerecht zu informieren.

Dies gilt umso mehr, als in dem Formular die Wahlmöglichkeit gerade nicht - etwa durch Ankreuzoptionen - in einer sonst üblichen Weise klar zum Ausdruck gebracht worden ist. Überdies ist der zitierte inhaltlich nicht hinreichend verständliche Hinweis in einen Abschnitt eingefügt worden, in dem der Antragsteller insbesondere die Richtigkeit seiner tatsächlichen Angaben zu bestätigen hat, also Erklärungen abgeben soll, von denen der Rentenantragsteller annehmen muss, dass es keine andere sinnvolle Wahl gibt, als die Erklärung zu unterschreiben.

Immerhin ist bezüglich dieses Mangels zu konstatieren, dass insoweit eine Korrektur im Rahmen der mündlichen Beratung erfolgt ist. Das eigene Vorbringen des Klägers macht deutlich, dass er sich nach den mündlichen Erläuterungen der Mitarbeiterin der Deutschen Rentenversicherung darüber im Klaren war, dass er sich für oder auch gegen die "Hochrechnung" entscheiden könne.

b) Dagegen ist ein Beratungsfehler im Ergebnis in der Form verblieben, dass der Kläger über den Inhalt der vorzunehmenden sog. "Hochrechnung" unzutreffend informiert worden ist.

Der allgemeine Sprachgebrauch versteht unter einer Hochrechnung die Abschätzung eines "wahrscheinlichen" Endergebnisses im Sinne einer von einzelnen bekannten Teilergebnissen ausgehenden Berechnung (und Abschätzung) des wahrscheinlichen Endergebnisses (vgl. etwa http://www.duden.de/rechtschreibung/Hochrechnung).

Eine ernsthafte "Hochrechnung" beinhaltet nach dem allgemeinen Sprachverständnis im Ausgangspunkt, dass die im Rahmen der Abschätzung herangezogenen Teilwerte danach gewichtet werden, mit welcher Wahrscheinlichkeit sie Rückschlüsse auf das hochzurechnende Ergebnis zulassen. Nur auf dieser Basis kann von einem "wahrscheinlichen" Endergebnis im Sinne des allgemeinen Sprachverständnisses gesprochen werden.

Eine solche "Hochrechnung" im eigentlichen Sinne sah jedenfalls in ihrem Ausgangspunkt auch noch die erläuterte frühere bis 2007 maßgebliche Rechtslage vor; der Gesetzgeber hat jedoch seit 2008 wegen des damit verbundenen Aufwandes davon abgesehen. Nunmehr soll lediglich das in den letzten zwölf Monaten vor Beginn des (maximal drei Monate umfassenden) abzuschätzenden Zeitraums tatsächlich erzielte beitragspflichtige Einkommen herangezogen werden, ohne dass weiter hinterfragt, ob es im Einzelfall - etwa unter Berücksichtigung erfolgter oder abzusehender Gehaltsänderungen - überhaupt wahrscheinlich ist, dass das beitragspflichtige Einkommen in den "hochzurechnenden Monaten" der Höhe nach dem Einkommen in den vorausgegangenen zwölf Monaten übereinstimmt.

Dieses durchschnittliche Einkommen der vorausgegangenen zwölf Monate soll bei einer entsprechenden Ausübung des Wahlrechts gerade unabhängig davon maßgeblich sein, inwieweit es mit dem mit Wahrscheinlichkeit für den bis zu dreimonatigen "Hochrechnungszeitraum" zu erwartenden Einkommen übereinstimmt. Entgegen den schriftlichen Hinweisen in dem Antragsformular wird gerade nicht (einzelfallbezogen) die Höhe der "voraussichtlichen" Einnahmen im "Hochrechnungszeitraum" ermittelt, sondern es wird - ohne jede weitere inhaltliche - Prüfung der Durchschnittswert der vorausgegangenen zwölf Monate herangezogen, und zwar gerade unabhängig von einer weiteren Klärung der Frage, ob im Einzelfall überhaupt "voraussichtlich" eine gleichbleibend hohe Entrichtung von Rentenversicherungsbeiträgen bis zum Ablauf des "Hochrechnungszeitraums" zu erwarten ist.

Der Kläger hat hingegen die schriftlichen Hinweise der Beklagten im Antragsformular und die damit insoweit übereinstimmenden mündlichen Erläuterungen der Beraterin bei der Aufnahme seines Antrages dahingehend verstanden, dass entsprechend dem allgemeinen Sprachgebrauch eine Hochrechnung im Sinne des allgemeinen Sprachgebrauchs vorgenommen werde, bei der die im Einzelfall nach Maßgabe aller bekannten Umstände mit Wahrscheinlichkeit "voraussichtlich" zu erwartenden Einnahmen ermittelt werden.

c) Darüber hinaus hat die Beraterin der Deutschen Rentenversicherung bei der Aufnahme des Rentenantrages auch versäumt, den Kläger darauf hinzuweisen, dass in seinem Fall aufgrund der Gestaltung des Arbeitsverhältnisses auf jeden Fall mit einer für ihn nachteiligen "Hochrechnung" zu rechnen sei.

Dem bei der Rentenantragstellung vorgelegten Altersteilzeit-Arbeitsvertrag in Verbindung mit dem im Rentenkonto des Klägers erfassten Versicherungsverlauf musste die Beraterin entnehmen, dass die Arbeitgeberin für den Kläger Beiträge in Höhe von 90 % der Beitragsbemessungsgrenze zu entrichten hatte. Bei der am 23. Januar 2013 erfolgten Aufnahme des Rentenantrages musste ihr ferner bekannt sein, dass eben diese Beitragsbemessungsgrenze zum 1. Januar 2013 angehoben worden war. Mithin war für sie auch erkennbar, dass voraussichtlich für die Monate Februar bis April 2013 höhere Beitragszahlungen erbracht werden würden, als dies im Durchschnitt der Monate Februar 2012 bis Januar 2013 erfolgt war.

Gleichwohl hat die Beraterin von einer entsprechenden Aufklärung des Klägers abgesehen. Mangels eigener Fachkunde vermochte der Kläger dies natürlich erst recht nicht zu erkennen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), sind nicht gegeben.-