Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 30.08.2023, Az.: 8 A 381/21

Herdenschutzhund; Hundehaltung zur Berufsausübung; Hundesteuer; örtliche Aufwandsteuer; Pferdebetrieb; Satzungshoheit; Vertrauensschutz; Wirtschaftlichkeit; Wolfsübergriffe

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
30.08.2023
Aktenzeichen
8 A 381/21
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2023, 43090
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGBRAUN:2023:0830.8A381.21.00

Amtlicher Leitsatz

Keine Steuerbefreiung für Herdenschutzhunde auf einem Pferdebetrieb zum Schutz der Pferde vor Wolfsübergriffen.

  1. 1.

    Wer Pferde mit Gewinnerzielungsabsicht züchtet und ausbildet, muss dabei Hunde nicht zwingend zum Schutz vor Wolfsrissen einsetzen. Die Entscheidung, die Pferde durch Herdenschutzhunde bewachen zu lassen, beruht deshalb nicht auf rein betriebswirtschaftlichen, sondern (auch) auf persönlichen Gründen. Werden die Hunde auch im privaten Interesse gehalten, handelt es sich um eine steuerpflichtige persönlich bedingte Hundehaltung (im Gegensatz zur ausschließlich beruflich bzw. gewerblich bedingten Hundehaltung).

  2. 2.

    Aktuell besteht - noch - keine Pflicht der Kommunen, angesichts der zunehmenden Gefährdung durch Wölfe eine Befreiungs- oder Ermäßigungsreglung für Herdenschutzhunde von Nutztierhaltern in ihre Hundesteuersatzung aufzunehmen.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann eine Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des festzusetzenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 972,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Hundesteuerfestsetzung durch die Beklagte.

Die Klägerin ist M.sc. Pferdewissenschaftlerin und B.sc. Agrarwissenschaftlerin sowie Trainerin der Lizenzstufe B im Westernreiten (EWU). Sie betreibt auf der Hofstelle unter der Anschrift "G., A-Stadt" einen Pferdezucht- sowie Pferdeausbildungsbetrieb und erteilt auch Reitunterricht. Eigenen Angaben zufolge hält sie auf ihrem Hof regelmäßig etwa zehn Pferde, darunter mehrere Kleinpferde und Ponys für den Kinderreitunterricht.

Im August 2010 meldete sie einen neun Wochen alten Australian Shepherd bei der Beklagten zur Hundesteuer an. Für diesen zahlte sie jährlich eine Hundesteuer von 99,- €. Seit dem Jahr 2015 hielt die Klägerin außerdem zwei französische Pyrenäenberghunde. Bei den beiden letztgenannten Hunden handelt es sich nach den Angaben der Klägerin um Herdenschutzhunde einer Arbeitslinie aus der Zucht des Heidschnuckenbetriebs H. aus I..

Mit E-Mail vom 21.01.2015 wandte sich die Klägerin an die Beklagte und teilte mit, sie habe die beiden Pyrenäenberghunde aus Sicherheitsgründen als Herdenschutz- und Wachhunde angeschafft. Da sich die Zahl der Einbrüche in der Gegend (insbesondere auch der Diebstahl von wertvollen Sätteln) in letzter Zeit angehäuft habe, würde sie sich in der Alleinlage in J. nicht mehr ausreichend gesichert fühlen. Außerdem habe es im letzten Spätsommer mehrere Fälle von brutaler Pferdequälerei gegeben, sodass sie ihren wertvollen Pferdebestand, der in einer Herde gehalten werde, vor menschlichen Übergriffen von Tierquälern schützen wolle. Zudem erwarte sie im Rahmen ihrer Pferdezucht demnächst Nachwuchs und wolle die kleinen Fohlen vor dem Wolf, der auch im Harz auf dem Vormarsch sei, schützen. Da es sich um reine Arbeitshunde (Hof- und Herdenschutz) handele, die sie nicht zum privaten Vergnügen halte, beantrage sie eine Steuerbefreiung.

Unter dem 29.06.2015 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass ihre Hundesteuersatzung grundsätzlich eine Steuerbefreiung für den vorliegenden Sachverhalt nicht vorsehe. Nach Prüfung der Rechtsprechung und einem Vergleich mit Hundesteuersatzungen anderer niedersächsischer Gemeinden habe sich keine eindeutige Rechtslage ergeben. Im speziellen Fall der Klägerin werde jedoch als Einzelfallentscheidung dem Antrag auf Befreiung von der Hundesteuer entsprochen. Dabei werde der Argumentation der Klägerin gefolgt, dass die angeschafften Hunde lediglich dem Schutz des Pferdebestandes und allein gewerblichen Zwecken dienen würden. Auf die Ausgabe von Hundesteuermarken werde verzichtet, weil sich die Hunde nach Angaben der Klägerin ausschließlich auf dem eigenen Grundstück aufhalten würden. Sollte sich diesbezüglich irgendeine Änderung ergeben, sei dies unverzüglich anzuzeigen, weil dann die Hunde wieder steuerlich zu erfassen wären.

Nachdem die Klägerin bis zum 30.06.2021 für die beiden Hunde keine Steuern zahlen musste, setzte die Beklagte - für die Klägerin überraschend - mit streitgegenständlichem Bescheid vom 23.07.2021 für die beiden Herdenschutzhunde für den Zeitraum vom 01.07.2021 bis 31.12.2021 ausgehend von einer jährlichen Hundesteuer von 141,- (für den zweiten) bzw. 183,- € (für jeden weiteren Hund) einen Betrag von 70,50 € bzw. 91,50 € fest.

Hiergegen erhob die Klägerin mit E-Mail vom 30.07.2021 "Einspruch" und teilte mit, an den Umständen der Hundehaltung habe sich im Vergleich zu der im Jahr 2015 getroffenen Einzelfallentscheidung nichts geändert. Die beiden Pyrenäenberghunde würden weiterhin ausschließlich zum Schutz der Pferde eingesetzt und damit ausschließlich gewerblichen Zwecken dienen. Ihre Hunde würden ihre Pferde vor dem Wolf ebenso wie gegen Übergriffe menschlicher Tierquäler schützen. Sie bitte deshalb darum, den Hundesteuerbescheid gemäß den Vorjahren entsprechend abzuändern.

Die Beklagte teilte ihr mit Schreiben vom 12.08.2021 mit, sie könne ihrem Antrag auf Befreiung von der Hundesteuer nicht entsprechen. Sie orientiere sich nunmehr an einem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 19.01.2021 (4 ZB 20.1217), wonach Herdenschutzhunde von der Hundesteuer zu befreien seien, wenn sie nahezu ausschließlich zu Betriebszwecken gehalten, sie entsprechend eingesetzt würden und wenn die Haltung zu diesem Zweck rentabel sei. Danach würden zu den zu Erwerbszwecken gehaltenen Hunden zum Beispiel die Hunde eines Züchters oder Berufsjägers zählen. Schon aus Gründen der Abgabengerechtigkeit könne die Steuerbefreiung nur in Betracht kommen, wenn die Erwerbsabsicht bei der Haltung des Hundes objektiv eindeutig im Vordergrund stehe. Bei der Frage der Notwendigkeit des Einsatzes von Herdenschutzhunden sei eine wirtschaftliche Abwägung zu treffen hinsichtlich der Kosten der Anschaffung und Unterhaltung von Herdenschutzhunden einerseits und der voraussichtlich entstehenden Schäden durch Beutegreifer andererseits. Dass der Einsatz von Herdenschutzhunden zum Schutz von Herden, die sich auf eingezäunten Weiden aufhalten, nicht in diesem Sinne notwendig sei, ergebe sich schon daraus, dass der Einsatz dieser Hunde nicht die Regel sei, sondern Pferde-, Kuh- und Schafherden im allgemeinen ohne Herdenschutzhunde im Freien gehalten würden.

Am 26.08.2021 hat die Klägerin Klage erhoben.

Mit Bescheid vom 12.01.2022 setzte die Beklagte gegenüber der Klägerin die Hundesteuer für das Jahr 2022 auf insgesamt 423 € fest, wovon 99 € auf den ersten Hund, 141 € auf den zweiten und 183 € auf den dritten Hund entfielen.

Hiergegen hat die Klägerin am 14.02.2022 ebenfalls Klage erhoben, die zunächst unter dem Aktenzeichen 8 A 44/22 geführt wurde. Mit Beschluss vom 19.08.2022 hat die Berichterstatterin beide Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Die Klägerin trägt zur Begründung vor:

Herdenschutzhunde würden von Seiten der Landwirtschaftskammer zum Schutz von im Freien gehaltene Nutztieren gegen Wolfsübergriffe empfohlen. Erste Wolfssichtungen im Bereich A-Stadt habe es bereits im Jahr 2016 gegeben; ferner sei es ab dem Jahr 2017 zu ersten Nutztierrissen in K. und L. gekommen. Dementsprechend seien ihre beiden Herdenschutzhunde 24 Stunden pro Tag und sieben Tage pro Woche bei der Pferdeherde im Freien und würden ausschließlich zum Schutz der Pferdeherde eingesetzt. Das Land Niedersachsen fördere auf der Grundlage der Richtlinie über die Gewährung von Billigkeitsregelungen und Zuwendungen zur Minderung oder Vermeidung von durch den Wolf verursachten wirtschaftlichen Belastungen in Niedersachsen (Richtlinie Wolf) nach Ziff. III.2.1.2 Herdenschutzhunde bei der Haltung von Nutztieren. Dabei würden zwei oder mehr Herdenschutzhunde gefördert, nach Ziff. 2.3.3 ausschließlich die Rassen Pyrenäenberghund und Maremmano-Abruzzese. Damit habe das Land Niedersachsen erkannt, dass das Gefährdungspotenzial insbesondere durch den Wolf hoch und ein Aufstellen von Wolfsschutzzäunen teilweise logistisch nicht möglich sei. Diese Situation stelle sich auch bei ihr - der Klägerin - so dar. Ein sicherer Schutz vor Wolfsrissen sei nur durch Herdenschutzhunde sichergestellt. Da sie beide Hunde ausschließlich zu Erwerbszwecken nutze, falle die Hundehaltung nicht in den Anwendungsbereich der Hundesteuersatzung.

Mit Änderungsbescheid vom 28.09.2022 setzte die Beklagte die Hundesteuer für das Jahr 2022 hinsichtlich des dritten Hundes auch gegenüber dem Ehemann der Klägerin als Gesamtschuldner fest. Daraufhin hat die Klägerin mit Anwaltsschriftsatz vom 28.10.2022 angekündigt, ihre Klage zu erweitern und zu beantragen, ihren Ehemann als Kläger zu 2 in das Verfahren einzubeziehen.

Sie ist der Ansicht, die gesamtschuldnerische Steuerfestsetzung sowie deren Höhe sei nicht ansatzweise nachvollziehbar. Der Ehemann der Klägerin selbst sei nicht Halter der Herdenschutzhunde. Der Pferdezuchtbetrieb werde ausschließlich von ihr - der Klägerin - betrieben, die Herdenschutzhunde würden ausschließlich zum Schutz der betrieblichen Pferdeherde eingesetzt und dort auch gehalten. Sie bestreite, dass sie die Herdenschutzhunde mit an ihren neuen Wohnsitzort genommen habe. Sie betreibe ihre berufliche Tätigkeit weiterhin auf der Hofstelle "G.". Die Pferde, auf deren Haltung sie für die Aufrechterhaltung ihrer beruflichen Tätigkeit angewiesen sei, würden weiterhin dort auf den Weiden gehalten. Zum Beweis dafür, dass sich die Herdenschutzhunde seit dem Jahr 2014 dauerhaft auf dem Pferdebetrieb als Herdenschutzhunde aufhalten würden, hat die Klägerin verschiedene schriftliche Bestätigungen vorgelegt. Lediglich im Winter 2020/2021 seien ihre beiden Hunde erkrankt, sodass sie während der kalten Wintertemperaturen in den Nächten der Monate Januar bis März mit zum Wohnsitz genommen und gesund gepflegt worden seien. Insgesamt seien sie nur wenige Wochen aus der Herde genommen worden. Aufgrund welcher Erkenntnisse die Beklagte davon ausgehe, dass sich die Hunde am neuen Wohnort dauerhaft befinden würden, sei ihr - der Klägerin - im Übrigen nicht mitgeteilt worden. Sie hätte insoweit zumindest eine vorherige Anhörung erwartet.

Auf Nachfrage hat die Klägerin mit Anwaltsschriftsatz vom 12.06.2023 erläutert, dass es sich bei ihrem Betrieb in A-Stadt J. um einen Aussiedlerhof in Alleinlage handele. Aktuell würden acht bis zehn Pferde auf ihrem Pferdezucht- und Ausbildungsbetrieb gehalten. Da für sie die artgerechte Pferdehaltung oberste Priorität habe, seien die Pferde ganzjährig in Offenstallhaltung untergebracht und hätten im Sommer zusätzlichen Weidegang auf den angrenzenden Flächen. Sie hätten jederzeit Zugang zum Stall, wo sie Schutz vor Regen, Insekten und Sonne finden würden. Da die Pferde ihre wirtschaftliche Existenz seien, habe sie bereits im Jahr 2014 entschieden, die Pferde durch Herdenschutzhunde adäquat zu schützen. Ihre Turnierpferde würden einen nicht unerheblichen finanziellen Wert jeweils bis zu 20.000 € haben. In der Scheune sei der Hauptliegeplatz der Hunde mit ihren Körben und ihrer Futterstelle eingerichtet. Sie hätten von dort aus die beste Übersicht und jederzeit Zugang zu allen Herden. Eine Fläche von 2,5 ha, die beweidet würde, sei wolf- und hundesicher eingezäunt. Innenliegend befände sich als "Herzstück" des Hofes das Wohnhaus ihrer - der Klägerin - Eltern und das Offenstallgebäude einschließlich Scheune, Toilette sowie Sattelkammer. Bisher habe sie - die Klägerin - alle Kosten für ihre Hunde wie Zaunaufbau, Futter, Tierarzt, Versicherungen selbstständig getragen, obwohl es im Jahr 2016 die erste Wolfssichtung auf einer Bildkamera in J. gegeben habe. Im Jahr 2022 sei im Harz ein Wolfsrudel bestätigt worden. Nachfragen bei zwei schafhaltenden Betrieben aus den Landkreisen M. und N. hätten ergeben, dass beide Betriebe seit mehreren Jahren Herdenschutzhunde halten würden, sie Zuschüsse für den Zaunbau sowie die Anschaffung der Hunde von der Landwirtschaftskammer erhalten hätten und alle Hunde selbstverständlich steuerbefreit seien. Anfang Juni 2023 sei in zwei benachbarten Ortschaften jeweils ein Hund innerorts wahrscheinlich von einem Raubtier tot gebissen worden. Zusätzlich habe es vermehrt Wolfssichtungen von Jagdausübungsberechtigten gegeben, eine davon etwa zwei Kilometer entfernt von ihrem Betrieb. Aus diesem Anlass habe sie die Zaunsicherheit nochmals verschärft. Aus der Nachbarschaft habe sie erfahren, dass die Hündin des Nachbarn in der "O." aktuell eine Steuerbefreiung von der Beklagten erhalte, weil sich die "O." in Alleinlage befinde. Die "O." liege etwa 800 m von ihrem ebenfalls allein gelegenen Hof entfernt.

Die Klägerin beantragt,

die Bescheide der Beklagten vom 23.07.2021 und vom 12.01.2022 (in Höhe von 324,00 €) in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 28.09.2022 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie erwidert:

Die Klägerin sei bis Anfang des Jahres 2021 in A-Stadt, "G." gemeldet gewesen. Mitte des Jahres 2021 habe sie geheiratet und sei mit ihren Hunden zu ihrem Ehemann in die "A-Straße" in A-Stadt gezogen, während ihre Pferde auf dem Betriebsgelände verblieben seien. Die Entfernung zwischen beiden Grundstücken betrage 6,4 km. Da die Hunde im Bereich der "A-Straße" sowohl auf dem Grundstück der Klägerin als auch auf der Durchgangsstraße (P.) frei herumgelaufen seien, sei anzunehmen, dass die Klägerin die Hunde mit an ihren neuen Wohnort genommen habe. Darüber sei die Steuerabteilung informiert worden. Die Klägerin habe versäumt, die häuslichen Veränderungen und auch die Mitnahme der Hunde in der Steuerabteilung anzuzeigen. Da aufgrund der räumlichen Distanz die beiden Pyrenäenberghunde nicht mehr ausschließlich bzw. weitgehend als Herdenschutzhunde eingesetzt werden könnten, seien sie ab 01.07.2021 erstmalig von Amts wegen neu zur Hundesteuer veranlagt worden.

Zu dem Schriftsatz vom 12.06.2023 entgegnet die Beklagte, dass das auf dem Betriebsgrundstück der Klägerin befindliche unbewohnte Gebäude vom nächsten bewohnten Gebäude ("Q.") nur 68,15 m entfernt sei und sich deshalb nicht in Alleinlage befinde. Deshalb seien die Voraussetzungen für die Ermäßigung der Hundesteuer nach § 5 Abs. 2 der Hundesteuersatzung nicht gegeben. Auf dem benachbarten Grundstück mit der Adresse "R." werde ebenfalls eine Reitanlage unter dem Namen "S." betrieben. Eine telefonische Rückfrage bei den Betreibern dieser Anlage habe ergeben, dass dort die Pferde ebenfalls Tag und Nacht auf den eingezäunten Weiden gehalten würden. Herdenschutzhunde würden dort jedoch nicht zum Einsatz kommen, und ein Übergriff von Wölfen sei nicht bekannt. Telefonische Nachfragen auf den Reiteranlagen in A-Stadt-T. und A-Stadt-U. hätten das gleiche Ergebnis gebracht. Den Nachbarn unter der Anschrift "V." sei nur zeitweise eine Steuerermäßigung nach § 5 Abs. 2 der Hundesteuersatzung gewährt worden, weil das Nachbarhaus "W." nach Veräußerung unbewohnt sei und zur Zeit renoviert werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie den Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Bescheide der Beklagten vom 23.07.2021 und vom 12.01.2022 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in eigenen Rechten nach § 113 Abs.1 Satz 1 VwGO. Der Änderungsbescheid vom 28.09.2022 kann sie schon deshalb nicht in eigenen Rechten verletzen, weil mit ihm keine weitere Steuer festgesetzt, sondern ihr Ehemann als Gesamtschuldner neben ihr zur Hundesteuer für den dritten Hund herangezogen wird.

Rechtsgrundlage für die Hundesteuerbescheide der Beklagten sind §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1, 3 Abs. 1 des Niedersächsischen Kommunalabgabengesetzes (NKAG) i.V.m. der Hundesteuersatzung der Beklagten vom 21.09.2005 i.d.F. der 3. Änderungssatzung vom 01.01.2019 (im Folgenden "Satzung" genannt). Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 der Satzung unterliegt der Steuerpflicht, wer einen Hund oder mehrere Hunde in seinem Haushalt, Betrieb, seiner Institution oder Organisation für Zwecke der persönlichen Lebensführung aufgenommen hat (Hundehalterin/Hundehalter). Halten mehrere Personen gemeinschaftlich einen Hund oder mehrere Hunde, so sind sie Gesamtschuldner (§ 2 Abs. 2 Satz 2 der Satzung). Alle in einem Haushalt aufgenommenen Hunde gelten als von ihren Haltern gemeinsam gehalten (§ 2 Abs. 2 Satz 1 der Satzung). Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 der Satzung wird die Steuer nach der Anzahl der gehaltenen Hunde bemessen. Sie beträgt jährlich gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a) für den ersten Hund 99,- €, Buchst. b) für den zweiten Hund 141,- € und Buchst. c) für jeden weiteren Hund 183,- €.

Materiell-rechtliche Bedenken gegen die grundsätzliche Erhebung einer Hundesteuer durch die Satzung sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Bei der Hundesteuer handelt es sich um eine örtliche Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a Grundgesetz (GG), die an die Aufnahme eines Hundes in den Haushalt eines Steuerpflichtigen anknüpft und einen Aufwand für die private Einkommensverwendung besteuert (vgl. ausführlich: VG Gelsenkirchen, U. v. 19.05.2020 - 18 K 5422/17 -, juris Rn. 20 ff. m.w.N.). Mit der Formulierung "Aufnahme des Hundes in den Haushalt, Betrieb usw. für Zwecke der persönlichen Lebensführung" begrenzt die Satzung den Steuergegenstand auf die Hundehaltung zu privaten Zwecken. Das Halten von Hunden geht über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinaus und erfordert einen - wenn auch unter Umständen nicht erheblichen - zusätzlichen Vermögensaufwand. Daraus folgt bereits begrifflich, dass die rein gewerbliche Hundehaltung die Gemeinde nicht zur Erhebung der Hundesteuer berechtigt, weil es sich bei ihr nicht um ein persönliches Lebensbedürfnis handelt (vgl. VG Gelsenkirchen aaO, VG Trier, U. v. 15.05.2008 - 2 K 976/07.TR -, juris Rn. 18 ff.). Das Halten eines Hundes zu Erwerbszwecken ist demnach kein Halten im hundesteuerrechtlichen Sinne (so auch Freese in: Rosenzweig/Freese/von Waldthausen, NKAG, Loseblatt, Stand: 10/2020, § 3 Rn. 106 m.w.N.).

Wesentlich für die Abgrenzung der steuerpflichtigen persönlichen gegenüber der steuerfreien, ausschließlich beruflich bzw. gewerblich bedingten Hundehaltung ist die nach außen hin hinreichend dokumentierte und regelmäßig vom Hundehalter im Einzelfall zu belegende Zielrichtung einer Haltung zu ausschließlich gewerblichen Zwecken (vgl. VG Gelsenkirchen aaO m.w.N.). Nur dann, wenn ein gehaltener Hund nicht persönlichen Zwecken dient, fehlt es an einer Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf und an einer Ermächtigung für die Besteuerung durch die Gemeinde. Maßgeblich für die Abgrenzung der gewerblichen Hundehaltung von der Zuordnung zum persönlichen Lebensbereich ist der erwerbswirtschaftliche Zweck der Haltung der Tiere. Eine Mischnutzung, d. h. eine Haltung von Hunden, die sowohl beruflichen Zwecken als auch privaten Interessen dient, steht der Steuerfreiheit entgegen. Ist die Hundehaltung zur Berufsausübung oder für den Betrieb nicht unabdingbar notwendig, so ist Voraussetzung für die Annahme einer Haltung zu "Erwerbszwecken" neben der nahezu ausschließlichen beruflichen/betrieblichen Verwendung die Wirtschaftlichkeit der zu diesem Zweck gehaltenen Hunde. Eine Wirtschaftlichkeit liegt nur dann vor, wenn das durch den Einsatz der Hunde erwirtschaftete Einkommen auf längere Sicht mindestens die Anschaffungs- und Unterhaltungskosten der Hunde deckt. Nur dann dient die Hundehaltung (noch) der Einkommenserzielung und nicht der Einkommensverwendung (vgl. dazu ausführlich: Bay. VGH, B. v. 19.01.2021 - 4 ZB 20.127 -, juris Rn. 19 ff.).

Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen ist die Hundehaltung für den Betrieb der Klägerin weder unabdingbar notwendig noch wirtschaftlich. Die Voraussetzungen einer Heranziehung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 der Satzung der Beklagten sind im hier maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der streitgegenständlichen Bescheide erfüllt, weil die Klägerin zwei (weitere) Hunde in ihrem Betrieb für Zwecke der persönlichen Lebensführung aufgenommen hat. Trotz ihrer umfangreichen schriftlichen Darlegungen und der Vorlage verschiedener Unterlagen sowie ihrer ausführlichen Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung am 30.08.2023 ist ihr der Nachweis, dass sie die zwei Herdenschutzhunde ausschließlich zu gewerblichen Zwecken hält, nicht gelungen. Ihre Entscheidung, die Pferde und die Scheune nebst Sattelkammer durch zwei Herdenschutzhunde bewachen zu lassen, beruht nicht auf rein betriebswirtschaftlichen, sondern auch auf persönlichen Gründen. Die Klägerin hält die beiden Hunde deshalb auch im privaten Interesse und damit im hundesteuerrechtlichen Sinne.

Zwar geht die Kammer davon aus, dass die Klägerin ihren Pferdebetrieb mit Gewinnerzielungsabsicht betreibt und die Pferde ihre wirtschaftliche Existenz ausmachen. Auf ihrer Homepage (X.) wirbt sie damit, dass sie einen Trainingsstall betreibt (mit Pferdeausbildung, Anreiten von Jungpferden und Vorstellung von Kundenpferden auf Turnieren) sowie mobilen Unterricht (Reitunterricht, Training von speziellen Turnierdisziplinen, Bodenarbeit, Freiarbeit, Verladetraining) und Lehrgänge (Reitkurse, Bodenarbeitskurse, Zeichenkurse, Seminare zu Pferdehaltung, Pferdefütterung und Pferdegesundheit) anbietet. Für die von ihr danach angebotenen Leistungen ist der Einsatz von zwei Herdenschutzhunden nicht zwingend notwendig.

Aus ihrem Internetauftritt ergeben sich bereits keine Anhaltspunkte dafür, dass ihre Pferde oder bei ihr eingestellte (Kunden-)Pferde in einer Herde dauerhaft auf der Weide gehalten werden. Ebenso finden sich keine Hinweise darauf, dass sie Pferde züchtet und die Zuchtstuten mit ihren Fohlen täglich 24 Stunden außerhalb des Stalls hält. Obgleich die Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 30.08.2023 anschaulich und überzeugend beschrieben hat, dass und weshalb die artgerechte Pferdehaltung in einem Offenstall für sie oberste Priorität hat, spricht diese Haltungsform nicht dagegen, dass sich die Pferde zwar tagsüber auf der Weide aufhalten, aber über Nacht in den Stall kommen. Können die zu schützenden Pferde im Stall untergebracht werden, ist eine Bedrohung durch den Wolf oder menschliche Tierquäler so gut wie ausgeschlossen, und es bedarf keines Einsatzes von Herdenschutzhunden.

Selbst wenn die Pferde der Klägerin 24 Stunden am Tag im Sommer wie im Winter auf der Weide gehalten werden sollten, ist der Einsatz von den Hunden der Klägerin als Herdenschutzhunde zwar nützlich, aber nicht zwingend erforderlich, weil sie in eingezäunten Bereichen auf Koppeln gehalten werden (vgl. dazu: VG München, U. v. 12.01.2023 - M 10 K 19.5083 -, juris Rn. 20 m.w.N. zur Unterscheidung von Hütehunden, die zur Bewachung von Herden auf freien Weiden ohne eingrenzende Zäune gehalten werden und Herdenschutzhunden, die Herden schützen, die sich auf eingezäunten Weiden aufhalten). Die Klägerin hat selbst vorgetragen, ihre Weiden wolf- und hundesicher eingezäunt zu haben.

Die Hundehaltung der Klägerin ist außerdem nicht wirtschaftlich. Die Klägerin hat sich zwar darauf berufen, ihre Pferde hätten teilweise einen Wert von bis zu 20.000 €, was für sie im Falle eines Wolfsangriffs zu einem erheblichen finanziellen Verlust führen würde, der durch den Einsatz der Herdenschutzhunde vermieden werden könnte. Abgesehen davon, dass derartige Verluste durch den - allerdings auch mit Kosten verbundenen - Abschluss entsprechender (Pferde-)Versicherungen abgedeckt werden könnten, ist eine Wirtschaftlichkeit der Hundehaltung angesichts der hierfür aufzubringenden Kosten nicht ersichtlich. So hat die Klägerin selbst angegeben, nicht unerhebliche Aufwendungen für die Anschaffung, die Ausbildung und die Haltung (Futter, Versicherung, Impfung, Tierarzt) ihrer Hunde zu haben. Setzt man pro Hund jährliche Unterhaltungskosten von 2.000 € an, so hätte die Klägerin darlegen müssen, dass durch den Einsatz der beiden Hunde Schäden an den auf ihrem Betrieb gehaltenen Pferden von jährlich über 4.000 € vermieden würden. Ihr Vortrag, im Jahr 2016 habe es die erste Wolfssichtung in J. gegeben, im Jahr 2022 sei im Harz ein Wolfsrudel bestätigt worden und Anfang Juni 2023 sei in zwei benachbarten Ortschaften jeweils ein Hund innerorts wahrscheinlich von einem Wolf totgebissen worden, liefert keine konkreten Anhaltspunkte für die Vermeidung von Schäden in einer solchen Größenordnung auf ihrem Betrieb. Mangels anderweitiger Angaben geht die erkennende Kammer deshalb davon aus, dass die Kosten für die Anschaffung und Unterhaltung der beiden Herdenschutzhunde der Klägerin dauerhaft höher sind, als das durch ihre Haltung und ihren Einsatz erwirtschaftete Einkommen.

Auch aus dem Einwand der Klägerin, dass nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung der Beklagten Jagdgebrauchshunde von Hobbyjägern steuerbefreit seien, folgt unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten (Art. 3 Abs. 1 GG) kein Anspruch auf Steuerbefreiung ihrer Hunde. Die Beklagte war nicht verpflichtet, einen Steuerbefreiungs- oder -ermäßigungstatbestand in ihrer Satzung zu schaffen, der im Falle der Klägerin zur Anwendung kommt.

Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang eine Gemeinde eine Ermäßigung oder Befreiung von der Hundesteuer vorsieht, liegt in ihrem pflichtgemäßen Ermessen. Eine rechtliche Verpflichtung besteht nicht; vielmehr kann die Gemeinde aufgrund ihres Selbstverwaltungsrechtes (Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 57 Abs. 1 Nds. Verfassung) frei entscheiden, welche Form der Regelung sie wählt. Bei der Ausübung ihrer Satzungsbefugnis haben die Kommunen aufgrund der kommunalen Satzungs- und Finanzhoheit einen großen Gestaltungsspielraum, der gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist (vgl. § 114 Satz 1 VwGO). Das eingeräumte normative Ermessen wird erst dann rechtswidrig ausgeübt, wenn die getroffene Entscheidung in Anbetracht des Zweckes der Ermächtigung schlechterdings unvertretbar oder unverhältnismäßig ist. Nur die Einhaltung dieser äußersten Grenzen der satzungsgeberischen Freiheit ist vom Gericht nachzuprüfen. Von dem ihr eingeräumten Gestaltungsspielraum hat die Beklagte hier in rechtmäßiger Weise Gebrauch gemacht.

Der Klägerin ist zwar darin beizupflichten, dass die Steuerbefreiung in § 5 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung der Beklagten auf Antrag für das Halten von "Jagdgebrauchshunden, die eine Jagdeignungsprüfung abgelegt haben und jagdlich verwendet werden (nur 1 Hund je Jäger)" nicht die Berufs-, sondern die Hobbyjäger privilegiert, denn die Jagdhundehaltung eines Berufsjägers ist aus oben genannten Gründen als berufsbedingte Hundehaltung bereits nicht hundesteuerpflichtig. Obgleich die Haltung der beiden Herdenschutzhunde der Klägerin dem Schutz ihrer Pferde dienen soll und damit ihrem Gewerbebetrieb zugute kommt, wird sie gegenüber dem steuerbefreiten Hobbyjäger nicht in einer Weise benachteiligt, die schlechterdings unvertretbar oder unverhältnismäßig ist.

Wie bereits ausgeführt verfügt der Satzungsgeber bei der Schaffung von Ausnahmennormen im Abgabenrecht über ein besonders weites Ermessen. Er darf hierbei festlegen, welchen Personenkreis er begünstigt und die Begünstigung gleichzeitig an die Erfüllung besonderer Bedingungen knüpfen. So könnte sich die - auf einen Jagdhund pro Jäger beschränkte - Privilegierung von Jagdgebrauchshunden privater Jäger damit begründen lassen, dass die Jagd dem Tier- sowie dem Naturschutz und damit dem Allgemeininteresse dient. Dies mag der Klägerin zwar als ungerecht erscheinen, weil sie ihre Hunde als Herdenschutzhunde für ihre Pferde, die sie nicht als Hobbyreiterin, sondern berufsbedingt hält, einsetzt. Gleichwohl muss sie sich darauf verweisen lassen, dass bei Massenerscheinungen wie der Erhebung von Steuern eine Pauschalierung zulässig ist und dabei auftretende Härten hinzunehmen sind. Insbesondere kommt es nicht darauf an, ob der Satzungsgeber im Einzelfall die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Lösung gefunden hat (vgl. Henke in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Loseblatt, Stand März 2022 § 3 Rn. 120 m.w.N.).

Eine Pflicht zur Privilegierung von Herdenschutzhunden gegenüber Hunden, die aus Liebhaberei im privaten Haushalt gehalten werden, ergibt sich für die Beklagte auch nicht zwingend daraus, dass es in Niedersachsen in den letzten Jahren vermehrt zu Wolfsübergriffen gekommen ist, und durch Nutztierrisse für Tierhalterinnen und Tierhalter erhebliche wirtschaftliche Belastungen entstehen können. Zwar hat die niedersächsische Landesregierung - worauf die Klägerin zutreffend hinweist - die Problematik erkannt und in der "Richtlinie über die Gewährung von Billigkeitsregelungen und Zuwendungen zur Minderung oder Vermeidung von durch den Wolf verursachten wirtschaftlichen Belastungen in Niedersachsen (Richtlinie Wolf)" Ersatzleistungen für durch den Wolf verursachte Schäden an Tieren unter bestimmten Voraussetzungen vorgesehen. Allerdings geht auch die "Richtlinie Wolf" von einer grundsätzlich bestehenden Hundesteuerpflicht aus, denn Ziff. 2.3.3 lautet wie folgt: "Nicht förderfähig sind Folgekosten, insbesondere Futter, Hundesteuer, Versicherung, Tierarztkosten sowie für die Ausbildung der Hunde und deren Halterinnen und Halter" (RdErl. MU, Nds. MBl. 2022, 1750 ff.). Der Vollständigkeit halber weist die erkennende Kammer darauf hin, dass die Klägerin nach Ziff. 4.2. der Richtlinie Wolf wohl nicht einmal erfolgreich Zuwendungen nach den Nummern 2.1.1. und 2.1.2. für Vorrichtungen zum vorbeugenden Schutz von Nutztieren vor Wolfsübergriffen und die Anschaffung von Herdenschutzhunden beantragen könnte, weil die dort genannten Voraussetzungen auch unter Berücksichtigung ihrer Angaben nicht vorliegen dürften.

Nach alledem ist die Entscheidung der Beklagten gegen eine Steuerbefreiung für Herdenschutzhunde von Nutztierhaltern (Pferde, Schafe, Rinder) in ihrer Satzung mit der Begründung, ein Übergriff von Wölfen sei in ihrem Bereich nicht bekannt, und die Reitanlagen in A-Stadt-T., A-Stadt-U. sowie auf dem benachbarten Grundstück R. würden für ihre ebenfalls ganztägig auf der Weide gehaltenen Pferde keine Herdenschutzhunde einsetzen, nicht schlechterdings unvertretbar und benachteiligt die Klägerin nicht unangemessen.

Der für die Klägerin überraschende Wegfall der über einen Zeitraum von sechs Jahren gewährten Steuerbefreiung für die beiden Herdenschutzhunde bedeutet auch keinen Verstoß der Beklagten gegen Treu und Glauben. Soweit die Klägerin darauf vertraut hat, ihre Hunde würden dauerhaft von der Steuer befreit, ist dieses Vertrauen nicht schutzwürdig. Vielmehr steht es der Beklagten frei, die bisher gegenüber der Klägerin angewandte Praxis, die sie aufgrund einer geänderten Sichtweise nunmehr für rechtswidrig hält, für die Zukunft zu ändern. Nach ständiger Rechtsprechung des Eufach0000000030s kann eine Verwaltungspraxis ohne Verstoß gegen Vertrauensschutzaspekte jederzeit aus sachgerechten Erwägungen für die Zukunft geändert werden, auch wenn die Betroffenen gegenüber der bisherigen Praxis benachteiligt werden (vgl. BVerwG, B. v. 26.06.2007 - 1 WB 12/07 -, juris Rn. 29; VGH Baden-Württemberg, B. v. 17.12.2018 - 6 S 2448/18 -, juris Rn. 16 m.w.N.). Der Beklagten kann insbesondere nicht verwehrt werden, ihre Verwaltungspraxis zu ändern oder sogar aufzugeben, wenn sich die Verwaltungspraxis als rechtswidrig erweist und/oder für eine Änderung bzw. Aufgabe der Verwaltungspraxis sachlich einleuchtende Gründe vorliegen (vgl. VG Gelsenkirchen, B. v. 15.10.2018 - 20 K 2276/18 -, juris Rn. 42). Dass die Klägerin durch die Zahlung der Hundesteuer für ihre beiden Herdenschutzhunde in eine wirtschaftlich unerträgliche Situation gerät, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

Die erkennende Kammer weist allerdings - wie bereits in der mündlichen Verhandlung am 30.08.2023 angesprochen - darauf hin, dass die Beklagte im Rahmen ihrer Satzungshoheit ihre Sichtweise ändern und zukünftig zugunsten von Nutztierhaltern auf die zunehmende Gefahr von Wolfsübergriffen reagieren könnte, indem sie eine Befreiungs- oder Ermäßigungsregelung für Herdenschutzhunde in ihre Hundesteuersatzung aufnimmt. Die Klägerin könnte dies - sofern nicht schon geschehen - durch entsprechende Eingaben gegenüber den kommunalen Entscheidungsträgern der Beklagten anregen.

Schließlich liegt auch keine Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG vor, weil - nach dem Vorbringen der Klägerin - andere Kommunen in demselben Landkreis (M.) und im Landkreis N. Herdenschutzhunde von der Hundesteuer befreien. Der Gleichbehandlungsanspruch aus Art. 3 Abs. 1 GG besteht nur gegenüber dem nach der Kompetenzverteilung konkret zuständigen Träger öffentlicher Gewalt. Kompetenzträger für den Erlass einer kommunalen Steuersatzung ist nach § 3 Abs. 1 Satz NKAG die Beklagte als Gemeinde. Als Gemeindesteuer hat die Hundesteuer nur innerhalb des Gemeindebereichs den Gleichheitssatz zu wahren. Es ist somit verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Belastung der Abgabepflichtigen nicht in allen Gemeinden gleich groß ist (vgl. Nds. OVG, U. v. 20.06.2018 - 9 LB 124/17 -, juris Rn. 135). Vielmehr folgt aus der Satzungshoheit als Bestandteil der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie aus Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 57 Abs. 1 Nds. Verfassung, dass die Beklagte von ihrer Kompetenz zur Rechtsetzung ohne erforderliche Berücksichtigung der Regelungen übriger Kommunen Gebrauch machen kann (so auch VG Lüneburg, U. v. 09.03.2017 - 2 A 40/16 -, juris Rn. 34).

Auch der Ermäßigungstatbestand in § 5 Abs. 2 der Satzung der Beklagten, wonach die Steuer auf Antrag auf 50 % für das Halten eines Hundes zu ermäßigen ist, der zur Bewachung von Gebäuden benötigt wird, welche von dem nächsten bewohnten Gebäude mehr als 200 m entfernt liegen, ist nicht erfüllt. Das nächste bewohnte Gebäude liegt nach den unwidersprochenen Angaben der Beklagten nur 68,15 m entfernt ("Q."). Soweit die Klägerin beanstandet, die Hündin des Nachbarn in der "O." erhalte eine Steuerbefreiung, hat die Beklagte erwidert, es handele sich nur um eine vorübergehend gewährte Steuerermäßigung nach § 5 Abs. 2 der Hundesteuersatzung, weil das Nachbarshaus "W." nach Veräußerung derzeit unbewohnt sei und renoviert werde. Auch diese Begründung hat die Klägerin nicht in Zweifel gezogen.

Soweit die Klägerin den Änderungsbescheid der Beklagten vom 28.09.2022 in das Verfahren einbezogen hat, enthält dieser Bescheid, der sich auf den Zeitraum vom 01.08.2022 bis 31.12.2022 und den dritten Hund, für den schon mit streitgegenständlichen Bescheid vom 12.01.2022 eine Jahressteuer von 183 € festgesetzt worden ist, bezieht, gegenüber der Klägerin keine weitere Beschwer. Anders als in den Bescheiden vom 23.07.2021 und vom 12.01.2022 hat die Beklagte nunmehr den Ehemann der Klägerin als Gesamtschuldner für den genannten Zeitraum anteilig zur Hundesteuer mit herangezogen. Obgleich der Ehemann der Klägerin entgegen der Ankündigung im Schriftsatz vom 28.10.2022 nicht gegen diesen Änderungsbescheid Klage erhoben hat, weist die Kammer der Vollständigkeit halber darauf hin, dass sie dazu neigt, von einer alleinigen Steuerpflicht der Klägerin nach § 2 Abs. 1 Satz 1 der Satzung der Beklagten auszugehen. Nach ihren glaubhaften Ausführungen hält die Klägerin die Herdenschutzhunde in dem von ihr allein geführten Betrieb in A-Stadt, "G." und nicht in ihrem privaten Haushalt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr.11 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 3 GKG. Er beläuft sich nach § 52 Abs. 3 Satz 2 GKG auf den dreifachen Jahresbetrag der Hundesteuerfestsetzung für die beiden Pyrenäenberghunde ((141 € + 183 €) x 3 = 972 € (324 € x 3)).