Landgericht Aurich
Beschl. v. 28.03.2011, Az.: 4 S 160/10
Beschluss einer Wohnungseigentümerversammlung über Reparatur von Fenstern verstößt nicht gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung; Vorliegen eines Verstoßes gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung durch den Beschluss einer Wohnungseigentümerversammlung über die Reparatur von Fenstern; Subsidiarität einer Leistungsklage auf Zustimmung zu bestimmten Verwaltungsmaßnahmen im Verhältnis zu einer Beschlussfassung der dafür primär zuständigen Eigentümerversammlung
Bibliographie
- Gericht
- LG Aurich
- Datum
- 28.03.2011
- Aktenzeichen
- 4 S 160/10
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2011, 16968
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGAURIC:2011:0328.4S160.10.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Emden - 24.06.2010 - AZ: 5 C 675/08
Rechtsgrundlagen
- § 21 Abs. 4 WEG
- § 29 Abs. 3 WEG
- § 46 Abs. 1 WEG
In der Wohnungseigentumssache
...
hat die 4. Zivilkammer des Landgerichts Aurich
durch
den Vizepräsidenten des Landgerichts R. als Vorsitzenden und
die Richter am Landgericht H. und U. als beisitzende Richter
gemäß § 522 Abs. 2 ZPO
am 28. März 2011
beschlossen:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Emden vom 24.6.2010 - 5 C 675/08 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Der Streitwert wird auf 11500,-- EUR festgesetzt.
Gründe
Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg.
Durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27.07.2001 hat der Gesetzgeber den Gerichten zwingend aufgegeben, über nicht aussichtsreiche Berufungen im Wege dieser vereinfachten Erledigungsmöglichkeit zu entscheiden (vgl. Gesetzesbegründung, Bundestagsdrucksache 14/4722, S. 56, 60, 97), sofern nicht die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Rechtsfortbildung bzw. die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung erfordern.
Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts.
Das Amtsgericht hat die seiner Entscheidung zugrundeliegenden Feststellungen fehlerfrei getroffen. Es sind weder konkrete Anhaltspunkte ersichtlich, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten, noch liegen im Berufungsrechtszug zu berücksichtigende neue Tatsachen vor. Das angefochtene Urteil ist zutreffend:
Der Kläger und die Beklagte zu 2) sind Wohnungseigentümer der Wohnung Nr. 40 des Aufteilungsplans zur Teilungserklärung vom 08.06.1979.
Beim Amtsgericht Emden hat der Kläger ursprünglich die Erklärung der Ungültigkeit der Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 28.09.2008 zu 5/2008, 6/2008, 8/2008 (Unterpunkt 1.3. und 1.5.), 10/2008, 13/2008 (soweit die Müllbeseitigung betroffen ist), 14/2008 bis 19/2008 sowie die Verpflichtung der Beklagten zum Austausch der Fensterelemente der Sondereigentumseinheit 40, zur Beauftragung eines Gutachters zur Überwachung der Fassadensanierung und zur Erteilung einer Rüge an den Verwalter und den Verwaltungsbeirat begehrt. Mit Schriftsätzen vom 19.06.2009 und 17.12.2009 sowie in der mündlichen Verhandlung vom 10.06.2010 hat der Kläger den Rechtsstreit hinsichtlich der Anfechtung der Beschlüsse 5/2008 und 8/2008 sowie bezüglich des Verpflichtungsantrages zur Beauftragung eines Sachverständigengutachters teilweise für erledigt erklärt. Diesen Teilerledigungserklärungen haben die Beklagten in den mündlichen Verhandlungen vom 02.07.2009 und 10.06.2010 bzw. mit Schriftsätzen vom 13.01.2010 und 06.01.2010 zugestimmt.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
die zu den Tagesordnungspunkten der Wohnungseigentümerversammlung vom 28.09.2008 nachfolgend ergangenen Beschlüsse:
- 1.
Beschluss 6/2008 zu TOP 4.4
- 2.
Beschluss 10/2008 zu TOP 4.7
- 3.
Beschluss 13/2008 zu TOP 6, soweit in der Abrechnung 2007 vom 04.09.2007 die Einzelposition Müllbeseitigung aufgeführt wird,
- 4.
Beschluss 14/2008 zu TOP 6, soweit für die Rücklagenabrechnung 2007 im Kontoauszug 47,00002 Fenstereinbaukosten für den Fenstereinbau von Wohnungen des C1-Typs, Wohnungen 6, 30, 80, 90, 94 aufgeführt werden
- 5.
Beschluss 15/2008 zu TOP 6.1
- 6.
Beschluss 16/2008 zu TOP 7
- 7.
Beschluss 17/2008 zu TOP 7
- 8.
Beschluss 18/2008 zu TOP 7
- 9.
Beschluss 19/2008 zu TOP 8
für ungültig zu erklären, ferner
- 1.
den Beklagten aufzugeben, entgegen dem Beschluss 6/2008, einen Austausch des gesamten Fensterelements der Wohnung 40, wie bei den Wohnungen 48, 82, 96 und 98 vorzunehmen, zuzustimmen,
- 2.
den Beklagten aufzugeben, entgegen dem Beschluss 15/2008, gemäß Tagesordnungspunkt 6.1 der Versammlung vom 28.09.2008 dem Verwaltungsbeirat und dem Verwalter eine Rüge zu erteilen, zuzustimmen.
Das Amtsgericht Emden hat durch Urteil vom 24.06.2010 die Klage abgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger auferlegt.
Gegen das ihm am 28.06.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23.07.2010 Berufung eingelegt und sein Rechtsmittel nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 28.09.2010 am 28.09.2010 begründet.
Der Kläger beantragt,
- 1.
unter Abänderung des am 24.06.2010 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Emden, Aktenzeichen 5 C 675/08
- a)
den Beschluss 6/2008 zu TOP 4.4
- b)
den Beschluss 15/2008 zu TOP 6.1
für ungültig zu erklären, ferner
- c)
den Beklagten aufzugeben, entgegen dem Beschluss 6/2008, einen Austausch des gesamten Fensterelements der Wohnung 40, wie bei den Wohnungen 48, 82, 96 und 98 vorzunehmen, zuzustimmen;
- d)
den Beklagten aufzugeben, entgegen dem Beschluss 15/2008 gemäß Tagesordnungspunkt 6.1 der Versammlung vom 28.09.2008 dem Verwaltungsbeirat und dem Verwalter eine Rüge zu erteilen, zuzustimmen;
- 2.
unter Abänderung der Kostenentscheidung des am 24.06.2010 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Emden, Aktenzeichen 5 C 675/08
- a)
den Beklagten die Kosten der erledigten Anfechtung des Beschlusses 5/2008 unter 1.5 aufzutragen
- b)
den Beklagten die Kosten der erledigten Anfechtung des Beschlusses 8/2008 aufzutragen.
Die Beklagten zu 1) beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Berufung ist unbegründet. Im Einzelnen:
1. Beschluss zum Tagesordnungspunkt 6/2008
Dieser Beschluss, das Fensterelement der Wohnung Nr. 40 - soweit notwendig - durch die Firma B. reparieren zu lassen, widerspricht nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung im Sinne § 21 Abs. 4 WEG und ist deshalb nicht für ungültig zu erklären:
Der Kläger hat binnen der Klagebegründungsfrist gemäß § 46 Abs. 1 S. 2 WEG bis zum 28.11.2008 mit Schriftsatz vom gleichen Tag zu diesem Beschluss im wesentlichen nur vorgetragen, die beschlossene Maßnahme entspreche nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, weil die Reparatur mit Kosten von mehr als 2.285,99 EUR nur unerheblich günstiger sei als ein Austausch des Fensterelements, was 3.909,60 EUR kosten werde.
Diese Auffassung des Klägers trifft nicht zu. Zunächst einmal ergibt sich bereits aus dem Protokoll der Eigentümerversammlung vom 28.09.2008 zu den Beschlüssen 5/2008 und 6/2008 deutlich, dass sich die Eigentümerversammlung mit der Frage Austausch oder Reparatur der Fensterelemente intensiv auseinandergesetzt hat und sie sich dabei von dem sachkundigen Tischlermeister B. und dem Verwalter hat beraten lassen, die vor der Beschlussfassung die Fensterelemente im Hinblick auf Austausch oder Reparatur begutachtet hatten. Insbesondere bei dem Tischlermeister, der sowohl den Einbau neuer Fensterelemente anbietet, als auch Fensterelemente repariert, ist ein Eigeninteresse an der Beurteilung des Fensterelements zur Wohnung Nr. 40 des Aufteilungsplans nicht ersichtlich. Dementsprechend ist es unter dem Gesichtspunkt der Pflicht der Gemeinschaft zur ordnungsgemäßen Verwaltung nicht zu beanstanden, dass sich die Eigentümerversammlung je nach dem Zustand der Fensterelemente entsprechend den Empfehlungen des sachkundigen Tischlermeisters B. und des Verwalters in 4 Wohnungen (Beschluss 5/2008) für einen Austausch und für die Wohnung des Klägers für eine Reparatur des Fensterelements entschieden hat.
Das Vorbringen des Klägers, ein Austausch des Fensterelements sei nur unerheblich teurer als die Reparatur trifft auch nicht zu. Wie sich aus dem vom Kläger selbst vorgelegten Angebot des Tischlers B. vom 6.7.2002 an den Kläger ergibt ( der Tischler hatte das Fenster selbst innen und außen geprüft), war seinerzeit das Fensterelement selbst ohne Mängel, die Reparatur der Verschleißteile sollte 1491,75 EUR kosten. Selbst wenn eine Reparatur, wie der Kläger behauptet, nunmehr mehr als 2.285,99 EUR kosten würde (die Beklagten zu 1. halten Kosten in Höhe von ca. 1.800,00 EUR für erforderlich) kostet ein Austausch jedenfalls mehr als 5.000,00 EUR, wie sich aus dem Angebot der Firma B. vom 04.12.2008 für die gleichartigen Fensterelemente der Wohnungen 58, 82, 96 und 98 (Beschluss 5/2008) ergibt. Soweit der Kläger - worauf er in der Berufungsinstanz zu Recht hinweist - binnen der Klagebegründungsfrist zudem vorgetragen hat, eine neues Fenster müsse nach heutigen Vorschriften einen besseren K-Wert haben als das eingebaute führt dies nicht zu einer anderen Beurteilung, denn eine Reparatur der bereits eingebauten Fensterelemente ist zulässig und widerspricht angesichts des Kostenunterschieds nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung.
Soweit die Berufung nunmehr vorträgt,
- 1.
es müsse eine Kosten/Nutzenanalyse über einen Zeitraum von 10 Jahren durchgeführt werden,
- 2.
an der Hausnordseite seien mit Ausnahme der Einheit des Klägers alle Fensterelemente erneuert worden,
- 3.
das alte Fensterelement sei auch fehlerhaft eingebaut,
- 5.
der defekte Lüftungsschlitz lasse sich nicht reparieren,
und deshalb verstoße der Beschluss gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung, handelt es sich um nach Ablauf der Klagebegründungsfrist nachgeschobene auf weiteres Tatsachenvorbringen gestützte Anfechtungsgründe, die - auch nach Würdigung des Klägervorbringens im Schriftsatz vom 3.3.2011 - nicht zu berücksichtigen sind, § 46 Abs. 1 S. 2 WEG (vgl. Niedenführ, WEG, 12. Auflage, § 46 Randnummer 58).
2. Beschluss zum Tagesordnungspunkt 15/2008
Die Ablehnung des Antrags des Klägers, dem Verwaltungsbeirat und dem Verwalter eine Rüge zu erteilen, weil die Jahresabrechnung entgegen § 9 Abs. 2 der Teilungserklärung der Gemeinschaft nicht bis zum 30.06. des Folgejahres erstellt worden sei, widerspricht nicht ordnungsgemäßer Verwaltung im Sinne § 21 Abs. 4 WEG, so dass dieser Beschluss nicht für ungültig zu erklären ist:
Eine Rüge für den Verwaltungsbeirat kommt von vornherein nicht in Betracht. Der Verwaltungsbeirat erstellt nicht die Jahresabrechnung, sondern hat diese gemäß § 29 Abs. 3 WEG nur inhaltlich vorzuprüfen. Ihm obliegt auch nicht die Rüge einer etwaigen Pflichtverletzung des Verwalters, zuständig dafür ist allein die Eigentümerversammlung.
Eine Rüge für den Verwalter, d.h. eine ihm ausgesprochene Missbilligung seines Verhaltens, die Jahresabrechnung erst nach dem 30.06. des Folgejahres vorzulegen, war ebenfalls nicht geboten. Nicht nur dem Amtsgericht, sondern auch dem Beschwerde- und Berufungsgericht ist aus diversen Streitigkeiten des Klägers mit der Gemeinschaft bekannt, dass die Gemeinschaft seit Jahren der Beachtung der Frist in § 9 Abs. 2 der Teilungserklärung keine Beachtung schenkt, wofür offenbar sachliche Gründe ausschlaggebend sind. Denn es sind zahlreiche Gründe denkbar, warum sich die Erstellung der Jahresabrechnung über den 30.06. des Folgejahres hinaus verzögert. Beispielsweise handelt es sich vorliegend um eine sehr große Abrechnungseinheit mit 114 Sondereigentumseinheiten, gegen die gerichtsbekannt der Kläger seit Jahren im erheblichen Umfang - vergleichbar mit diesem Verfahren - klagt. Das Protokoll der Eigentümerversammlung vom 28.09.2008 weist allein 10 Verfahren für den Berichtszeitraum auf, über die der Verwalter Bericht zu erstatten hatte. Zudem fallen - wie gerichtsbekannt aus den Vorjahren - in der Wohnungseigentümergemeinschaft erhebliche bauliche Instandsetzungen an, die gerichtsbekannt zum einen auf den Inseln nur aufwendig gelöst werden können und zudem vom Kläger stets regelmäßig bis ins Detail einer kritischen Prüfung unterzogen werden, so dass für den Verwalter ein erheblicher Arbeitsanfall anfällt - wie dies auch aus Punkt 3) der Tagesordnung deutlich wird - so dass sich auch aus diesem Grund die Erstellung der Jahresabrechnung verzögert haben kann.
Bevor die Gemeinschaft das Für und Wider einer Abrechnung bis zum 30.06. des Folgejahres nicht einmal erörtert und dem Verwalter Gelegenheit gibt, die Gründe für die der Teilungserklärung widersprechende Abrechnungspraxis darzulegen, kommt die Erteilung einer Rüge nicht in Betracht.
3. Anträge, den Beklagten aufzugeben,
a) entgegen dem Beschluss 6/2008 einen Austausch des gesamten Fensterelements der Wohnung 40, wie bei den Wohnungen 48, 82, 96 und 98 vorzunehmen, zuzustimmen;
b) den Beklagten aufzugeben, entgegen dem Beschluss 15/2008 gemäß Tagesordnungspunkt 6.1. der Versammlung vom 28.09.2009 dem Verwaltungsbeirat und dem Verwalter eine Rüge zu erteilen, zuzustimmen.
Die Berufung ist auch insoweit unbegründet.
Beide Leistungsanträge sind unbegründet bzw. unzulässig. Dem Kläger fehlt teilweise das Rechtschutzbedürfnis. Denn eine Leistungsklage auf Zustimmung zu bestimmten Verwaltungsmaßnahmen ist subsidiär zu einer Beschlussfassung der dafür primär zuständigen Eigentümerversammlung. Soweit es um die Mitwirkung der übrigen Wohnungseigentümer an einer ordnungsgemäßen Verwaltung geht, muss sich der Kläger vor Anrufung des Gerichts um eine Beschlussfassung in der Eigentümerversammlung bemühen. Denn wegen des Selbstorganisationsrechts der Wohnungseigentümergemeinschaft ist ein Rechtschutzinteresse für eine Klage auf Durchführung einer Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung gemäß § 21 Abs. 4 WEG nur dann gegeben, wenn der Kläger im Rahmen des möglichen und zumutbaren vergeblich versucht, die Maßnahme durch Beschluss der Wohnungseigentümer herbeizuführen. Der vorherigen Einschaltung der Eigentümerversammlung bedarf es lediglich dann nicht, wenn mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Beschluss nicht zustande kommen wird, etwa wegen der Stimmrechtsverhältnisse nicht mit einer Beschlussfassung zu rechnen ist oder ohne eine weitere Aufklärung feststeht, dass der klagende Wohnungseigentümer ohnehin keine Mehrheit in der Eigentümerversammlung finden wird. War die Eigentümerversammlung mit der Angelegenheit befasst und hat sie den Antrag abgelehnt, so muss der Wohnungseigentümer diesen Negativbeschluss anfechten und zugleich Klage auf Durchsetzung des Anspruchs aus § 21 Abs. 4 WEG durch richterliche Gestaltung nach § 21 Abs. 8 WEG erheben. Für eine Leistungsklage auf Zustimmung derjenigen, die den Antrag abgelehnt haben, fehlt in der Regel das Rechtschutzbedürfnis, wenn das Beschlussverfahren abgeschlossen ist (so Bärmann, WEG, 11. Auflage, § 21 Randnummer 56).
Zu der Anfechtungsklage des Klägers gegen die Beschlussfassung zum Tagesordnungspunkt 15/2008 ist bereits oben ausgeführt, dass die Nichterteilung einer Rüge für den Verwaltungsbeirat und den Verwalter den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung im Sinne § 21 Abs. 4 WEG nicht widerspricht. Dementsprechend hat der Kläger auch keinen Anspruch gegen die Beklagten auf Zustimmung zur Erteilung einer Rüge.
Zu der Anfechtungsklage des Klägers gegen die Beschlussfassung zum Tagesordnungspunkt 6/2008 ist ebenfalls bereits oben ausgeführt, dass die Beschlussfassung aus den Gründen, die der Kläger rechtzeitig binnen der Klagebegründungsfrist des§ 46 Abs. 1 S. 2 WEG vorgetragen hat den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung nicht widerspricht. Dementsprechend hat der Kläger aus diesem Klagegrund auch keinen Anspruch gegen die Beklagten auf Zustimmung zum Austausch der Fensterelemente.
Soweit der Kläger seine Leistungsklage auf Klagegründe stützt, die er im Rahmen seiner Anfechtungsklage nicht binnen der Klagefrist gemäß § 46 Abs. 1 S. 2 WEG vorgetragen hat, wie
- 1.
es müsse eine Kosten/Nutzenanalyse über einen Zeitraum von 10 Jahren durchgeführt werden,
- 2.
an der Hausnordseite seien mit Ausnahme der Einheit des Klägers alle Fensterelemente erneuert worden,
- 3.
das alte Fensterelement sei auch fehlerhaft eingebaut,
- 4.
der defekte Lüftungsschlitz lasse sich nicht reparieren,
fehlt der Leistungsklage das Rechtschutzbedürfnis, soweit der Kläger diese Gründe im Rahmen seiner Anfechtungsklage rechtzeitig hätte vortragen können, da dann im Falle seines Obsiegen einem zugleich gestellten Leistungsantrag ohne weiteres hätte entsprochen werden können.
Soweit der Kläger die Gründe nicht fristgemäß gemäß § 46 Abs. 1 S. 2 WEG vortragen konnte, etwa weil ihm die Gründe nach Fristablauf erst bekannt geworden sind bzw. sie erst entstanden sind (der Kläger differenziert insoweit nicht) (z.B. das Fenster sei irreparabel geworden), hat sich wegen des Selbstorganisationsrechts der Gemeinschaft zunächst die Eigentümerversammlung mit der Frage auseinanderzusetzen, ob sie wegen dieser Gründe an dem Beschluss 6/2008 festhalten will oder nunmehr auch den Austausch befürwortet. Im Leistungsklageverfahren kann das Gericht nicht feststellen, wie die Eigentümerversammlung auf diese neue Argumentation des Klägers reagiert. Wegen ihrer Subsidiarität ist die Leistungsklage deshalb unzulässig. Der Kläger muss erst eine Entschließung der Eigentümerversammlung abwarten und dann ggf. auch anfechten, um diesen dann mit dem Leistungsantrag zu verbinden.
5. Kostenentscheidung
Das Amtsgericht hat im angefochtenen Urteil über die Kosten des übereinstimmend für erledigten Teils des Rechtsstreits entschieden, ferner mit der Hauptsache über die Kosten des nicht für erledigt erklärten Teils. Die Anfechtung dieser Kostenentscheidung durch das Rechtsmittel der Berufung ist gem. § 99 Abs. 1 ZPO nur zulässig, wenn auch die Entscheidung zur Hauptsache mit der Berufung angefochten wird (vgl. Zöller, ZPO, 28. Auflage, § 99 Randnummer 13). Aus der vom Kläger im Schriftsatz vom 3.3.2011 zitierten Rechtsprechung folgt nichts anderes. Der Kläger hat nicht die Hauptsacheentscheidung, sondern nur einen Teil der Hauptsacheentscheidung angefochten. Somit ist die Anfechtung der Kostenentscheidung unzulässig.
Die Kostenentscheidung des Berufungsverfahrens folgt aus § 97 I ZPO.
6. Streitwert.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 49 a GKG wie folgt festgesetzt:
1. | Anfechtung TOP 6 /2008 auf das geschätzte Eigeninteresse von | 5000,-- EUR |
---|---|---|
2. | Anfechtung TOP 15/2008 auf das geschätzte Eigeninteresse von | 500,-- EUR |
3. | Leistungsantrag c) (Fensterelement) auf das geschätzte Eigeninteresse von | 5000,-- EUR |
4. | Leistungsantrag d) (Rügeerteilung) auf das geschätzte Eigeninteresse von | 500,-- EUR |
5. | Abänderung der Kostenentscheidung auf das geschätzte Eigeninteresse von | 500,-- EUR |
insgesamt somit auf | 11500,-- EUR |