Verwaltungsgericht Stade
Beschl. v. 06.04.2005, Az.: 6 D 287/05

Teilweise übereinstimmende Erledigungserklärung des Vollstreckungsverfahrens; Wartefrist für Kostenfestsetzungsbeschlüsse

Bibliographie

Gericht
VG Stade
Datum
06.04.2005
Aktenzeichen
6 D 287/05
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2005, 12139
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGSTADE:2005:0406.6D287.05.0A

Fundstellen

  • AGS 2006, 99-100 (Volltext mit amtl. LS)
  • NVwZ-RR 2005, VI Heft 7 (amtl. Leitsatz)
  • NVwZ-RR 2006, 743 (Volltext mit amtl. LS)

Verfahrensgegenstand

Vollstreckung aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss

Prozessführer

Die A.

Rechtsanwalt B.

Prozessgegner

Landesamt für Soziales, Jugend und Familie (Landessozialamt, Außenstelle Lüneburg), Auf der Hude 2, 21339 Lüneburg

In der Vollstreckungssache
hat das Verwaltungsgericht Stade - 6. Kammer -
am 6. April 2005
beschlossen:

Tenor:

Soweit die Beteiligten das Vollstreckungsverfahren teilweise übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Vollstreckungsverfahren eingestellt.

Im Übrigen wird der Antrag auf Vollstreckung abgelehnt.

Die Vollstreckungsgläubigerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

1

Nachdem die Beteiligten übereinstimmend das Vollstreckungsverfahren teilweise in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist es insoweit in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.

2

Im Übrigen hat der Vollstreckungsantrag der Vollstreckungsgläubigerin keinen Erfolg. Die von der Vollstreckungsgläubigerin geltend gemachten Gebühren in Höhe von 35,50 EUR sind nicht erstattungsfähig, weil sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in der Zwangsvollstreckung nicht notwendig waren (§ 167 VwGO i.V.m. § 788 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 i.V.m. § 91 ZPO). Der Vollstreckungsantrag war verfrüht.

3

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts muss dem Vollstreckungsschuldner vor Einleitung des Vollstreckungsverfahrens nach § 170 VwGO Gelegenheit gegeben werden, die Vollstreckung durch freiwillige Leistung abzuwenden. Hierzu muss der Gläubiger ihm eine angemessene Frist einräumen, deren Länge sich nach den Umständen des Einzelfalles richtet (Beschluss vom 10. Dezember 1998 - 2 BvR 1516/93 -, NJW 1999, 778-779). Die Fristdauer ist in der Verwaltungsgerichtsordnung nicht geregelt. Die für Kostenfestsetzungsbeschlüsse geltende Wartefrist von zwei Wochen nach § 173 VwGO i.V.m. § 798 ZPO ist hier eingehalten. § 882 a ZPO, wonach zur Zwangsvollstreckung gegen eine Körperschaft des öffentlichen Rechts eine Mahnfrist von vier Wochen einzuhalten ist, findet im Bereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit keine Anwendung (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 63. Aufl. 2005, RdNr. 15 zu § 882 a ZPO). Die bei Behörden angemessene Zahlungsfrist für die Begleichung von Rechtsanwaltskosten dürfte in der Regel - mindestens - einen Monat betragen. Falls die Überweisung an den Gläubiger aber die Bereitstellung außerplanmäßiger Haushaltsmittel erfordert, kann die Frist u.U. auch sechs Wochen ausmachen (BayVGH, Beschluss vom 2. März 2004 -13 A 01.2055 -, BayVBl 2004, 571, BVerfG, Beschluss vom 5. März 1991 - 1 BvR 44/83 - NJW 1991,2758 - 2759).

4

Ausgehend von diesen Grundlagen war die Einleitung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen bei Anrufung des Gerichts am 14. Februar 2005 nicht "notwendig" im Sinne des § 788 Abs. 1 Satz 1 ZPO, weil der Vollstreckungsantrag zu früh gestellt worden ist. Der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 30. Dezember 2004 ist der Rechtsnachfolgerin der Bezirksregierung Lüneburg am 18. Januar 2005 zugestellt worden. Der Vollstreckungsantrag der Vollstreckungsgläubigerin datiert bereits vom 11. Februar 2005 und ist bei Gericht am 14. Februar 2005 - also schon vor Ablauf von vier Wochen nach Zustellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses eingegangen, ohne dass die Vollstreckungsgläubigerin den Vollstreckungsschuldner gemahnt hätte und ohne dass eine besondere Dringlichkeit für eine Vollstreckung deutlich gemacht worden wäre. Die Frist von einem Monat nach Zustellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses, nach deren Ablauf die Anrufung des Gerichts regelmäßig erst "notwendig" ist, war noch nicht abgelaufen. Außerdem war die Hauptforderung am 14. Februar 2005 bereits beglichen; der Betrag ist schon am 11. Februar 2005 überwiesen worden.

5

Die "Notwendigkeit" einer Zwangsvollstreckung kann auch nicht deshalb angenommen werden, weil der Vollstreckungsschuldner die Zahlung der Zinsen erst am 23. Februar 2005 angewiesen hat, und in diesem Zeitpunkt die Monatsfrist nach Zustellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses abgelaufen war. Der Vollstreckungsantrag ist nicht in die Zulässigkeit "hineingewachsen". Ob eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme notwendig ist, beurteilt sich nach dem Zeitpunkt der Antragstellung bei Gericht und nicht nach einem späteren Zeitpunkt (VG Lüneburg, Beschluss vom 25. März 2003 - 3 D 1/03, zitiert nach juris; Zöller ZPO, 23. Aufl. 2002, § 788 RdNr. 9 a). Deshalb kommt es nicht darauf an, wie sich die Verhältnisse nach dem 14. Februar 2005 weiter entwickelt haben.

6

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 2 VwGO.

Gärtner
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Reccius