Verwaltungsgericht Stade
Beschl. v. 11.04.2005, Az.: 4 B 20/05

Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage; Vorliegen einer unbilligen Härte; Heranziehung zu Deichverbandsbeiträgen

Bibliographie

Gericht
VG Stade
Datum
11.04.2005
Aktenzeichen
4 B 20/05
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2005, 12138
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGSTADE:2005:0411.4B20.05.0A

Verfahrensgegenstand

Deichverbandsbeiträge 2004,
hier: Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO

Prozessführer

Frau A.

Rechtsanwältin B.

Prozessgegner

C.

Rechtsanwälte D.

In der Verwaltungsrechtssache
hat das Verwaltungsgericht Stade - 4. Kammer -
am 11. April 2005
beschlossen:

Tenor:

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes vom 6. Januar 2005 wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 54,55 EUR festgesetzt.

Gründe

1

Die Antragstellerin wendet sich - teilweise als Erbin ihres verstorbenen Ehemannes - gegen zwei Bescheide des Antragsgegners vom 15. November 2004, durch die sie für die in der Stadt E. gelegenen Grundstücke F. 10 und G. 27 einerseits sowie G. 97, F. 19 und G. 28 andererseits zu Deichverbandsbeiträgen für das Jahr 2004 in Höhe von 111,52 EUR bzw. 106,68 EUR herangezogen wurde. Gegen diese Beitragsbescheide legte die Antragstellerin durch Schreiben vom 16. November 2004 Widerspruch ein und hat, nachdem ihre Anträge auf Aussetzung der Vollziehung vom 1. Dezember 2004 durch Schreiben des Antragsgegners vom 15. Dezember 2004 abgelehnt worden waren, am 6. Januar 2005 bei Gericht die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes beantragt. Zur Begründung macht sie im Wesentlichen geltend, dass es an einer gesetzlichen Ermächtigung fehle, ihre Grundstücke (alle über NN + 5 m und zum Teil über NN + 6 m gelegen) zu veranlagen, weil die Verordnung der Bezirksregierung Lüneburg über die Festlegung des geschützten Gebietes des H. vom 5. Februar 2004 gegen § 2 Abs. 4 Nds. Deichgesetz (NDG) verstoße. § 2 Abs. 4 NDG lege zwingend fest, dass Schutzdeiche lediglich dem Schutz vor Wasser dienten, das wegen Sperrung eines Tidegewässers nicht abfließen könne. Folglich bestimme sich das geschützte Gebiet ausschließlich nach diesem Vorgang und nicht mehr nach der voraussichtlichen Höhe einer Sturmflut. Deshalb verbiete es sich, die speziell für Hauptdeiche maßgebenden Höhenlinien auf Schutzdeiche zu übertragen, und dies nur aus dem Grunde, weil die Zuständigkeit für die Grenzfestsetzung in § 9 NDG nicht geregelt sei.

2

Der nach § 80 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 6 Satz 1 VwGO zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.

3

Nach § 80 Abs. 5 in Verbindung mit Abs. 4 Satz 3 VwGO kann das Gericht bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten die aufschiebende Wirkung von Widerspruch oder Anfechtungsklage anordnen, wenn bei summarischer Prüfung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentlichen Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

4

Gemessen an diesen Vorgaben ist zum einen weder vorgetragen noch ersichtlich, dass durch die sofortige Vollziehung der streitigen Heranziehungsbescheide des Antragsgegners für die Antragstellerin Nachteile entstehen könnten, die über die eigentliche Zahlung der geforderten Deichverbandsbeiträge in Höhe von insgesamt 218,20 EUR hinausgehen und die - bei einem späteren (etwaigen) Obsiegen in der Hauptsache - nicht oder nur schwer wieder gutzumachen sind, das heißt, Anhaltspunkte für das Vorliegen einer unbilligen Härte im Sinne des § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO sind nicht gegeben. Zum anderen bestehen für die Kammer nach summarischer Prüfung aber auch keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Beitragsbescheide vom 15. November 2004. Dazu im Einzelnen:

5

Rechtsgrundlage für die Heranziehung der Antragstellerin zur Zahlung von Deichverbandsbeiträgen sind die §§ 1 ff. des Nds. Deichgesetzes (NDG) in der seit dem 1. Januar 2004 maßgeblichen Fassung (vgl. Bekanntmachung vom 23.02.2004, Nds. GVBl. S. 83), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 5. November 2004 (Nds. GVBl. S. 417), in Verbindung mit der am 16. Februar 2004 in Kraft getreten Verordnung der Bezirksregierung Lüneburg über die Festlegung des geschützten Gebietes des H. vom 5. Februar 2004 (Amtsbl. Lbg Nr. 4 v. 15.02.2004) und der am 2. September 2004 in Kraft getretenen Verordnung der Bezirksregierung Lüneburg über die Widmung und Entwidmung von Deichen im Bereich des H. und des I. in den Landkreisen J. und K. vom 10. August 2004 (Amtsbl. Lbg Nr. 16 v. 01.09.2004) sowie die §§ 32 ff. der rückwirkend zum 1. Januar 2004 in Kraft getretenen Satzung des H. in L., Landkreis M., vom 1. April 2004 (Amtsbl. Lk Cux v. 15.04.2004, S. 181) in der Fassung der Berichtigung vom 6. Mai 2004 (Amtsbl. Lk Cux v. 06.05.2004, S. 211).

6

Nach § 32 Abs.1 der Satzung haben die Mitglieder dem Antragsgegner die Beiträge zu leisten, die zur Erfüllung seiner Aufgaben und Verbindlichkeiten und zu einer ordentlichen Haushaltsführung erforderlich sind. Mitglieder des Antragsgegners sind (unter anderem) die Deichpflichtigen (§ 4 Abs. 1 der Satzung). Dies sind gemäß §§ 9 Abs. 1, 6 Abs. 1 NDG die zur gemeinschaftlichen Deicherhaltung verpflichteten Eigentümer (und Erbbauberechtigten) aller im Schutz der Deiche und Sperrwerke gelegenen Grundstücke (geschütztes Gebiet). Die verbindliche Festlegung der Grenzen des geschützten Gebietes und damit des Verbandsgebietes (vgl. auch § 2 der Satzung) sowie des Kreises der Deichpflichtigen erfolgt nach § 9 Abs. 2 bis 5 NDG durch Verordnung der Deichbehörde (bis zum 31.12.2004: Bezirksregierung Lüneburg). Da es sich bei dem Antragsgegner um einen am 1. Januar 2004 (neu) gegründeten (vgl. § 37a Abs. 1 NDG) Deichverband handelt, dem gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 NDG in Verbindung mit Nr. 16 der Anlage zu dieser Vorschrift die Erhaltung der Hauptdeich-Strecken "N. vom O. bis zur Gemeindegrenze P.; linker Q. vom R. bis zum N." obliegt, richtet sich die Festlegung des geschützten Gebietes nach § 9 Abs. 2 NDG, das heißt, die Grenzen sind nach der für den jeweiligen Deichverband in der Anlage zu § 7 Abs. 1 NDG durch den Gesetzgeber bestimmten Höhenlinie über NN (hier: 6 m) festzulegen. Dies ist im vorliegenden Fall durch § 1 der Verordnung der Bezirksregierung Lüneburg vom 5. Februar 2004 mit der Folge umgesetzt worden, dass die fünf Grundstücke der Antragstellerin - auch soweit sie ganz oder teilweise über NN + 6 m liegen (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 2 NDG "Zum geschützten Gebiet gehören auch die Bodenerhebungen, die von geschütztem Gebiet umschlossen sind.", so genannte Insellage) - zu dem Verbandsgebiet des Antragsgegners gehören und die Antragstellerin daher dem Grunde nach beitragspflichtig ist. Dem gegenüber kommt dem Umstand, dass der Antragsgegner neben der Erhaltung von Hauptdeich-Strecken, also von Deichen, die dem Schutz eines Gebietes vor Sturmflut zu dienen bestimmt sind (§ 1 Abs. 1 NDG), gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 NDG auch für die Erhaltung der innerhalb seines Verbandsgebietes belegenen und durch Verordnung der Bezirksregierung Lüneburg vom 10. August 2004 gewidmeten Schutzdeiche, bei denen es sich nach § 7 Abs. 4 NDG um Deiche oberhalb eines Sperrwerks, die dem Schutz eines Gebietes vor Wasser zu dienen bestimmt sind, das wegen der Sperrung des Tidegewässers nicht abfließen kann, handelt, zuständig ist, für die Festlegung des geschützten Gebietes keine Bedeutung zu. Diese "Annexzuständigkeit"ändert nichts daran, dass der Antragsgegner ein Deichverband nach § 7 Abs. 1 NDG ist und sich daher das geschützte Gebiet allein nach der in der Anlage zu dieser Vorschrift bestimmten Höhenlinie richtet. Lediglich in den Fällen, in denen die Erhaltung von Schutzdeichen nicht einem Deichverband nach § 7 Abs. 1 NDG obliegt, ist gemäß §§ 7 Abs. 3, 9 Abs. 4 NDG die Grenze des geschützten Gebietes nach dem zu erwartenden höchsten Wasserstau des Tidegewässers unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten festzulegen. Daher kommt es für die Bestimmung des geschützten Gebietes hier auch nicht auf das tatsächliche Maß der Schutzdeiche stromaufwärts von dem Sperrwerk bis zu der S. Straße sowie auf die Anzahl und das Volumen der im Stadtgebiet von E. vorhandene Überschwemmungsbecken an.

7

Darüber hinaus vermag auch der Verweis der Antragstellerin auf die Entscheidungen des erkennenden Gerichts (Urt. v. 29.09.2000 - 3 A 1984/99 -) und des Nds. Oberverwaltungsgerichtes (Urt. v. 19.12.2002 - 7 LB 3372/01 -) zu keinem anderen Ergebnis zu führen, weil diese Urteile Anlass für den Gesetzgeber gewesen sind, das NDG in wesentlichen Teilen zu ändern, und dies insbesondere zu den seit dem 1. Januar 2004 geltenden Regelungen der §§ 2 Abs. 4 NDG, 7 Abs. 1, 9 Abs. 2 NDG geführt hat, sodass sich die Maßgeblichkeit der gerichtlichen Entscheidungen und ihre Aussagekraft allein auf die frühere Rechtslage bezieht. Dies erschließt sich gerade auch aus der Begründung zu dem Gesetzentwurf vom 21. August 2003 (Drucksache 15/360), in der es unter anderem heißt:

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A. Allgemeiner Teil

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I. Anlass und Ziele

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...

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Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) hat in seinem Urteil vom 19.12.2002 (7 LB 3372/01) die Qualifizierung von Deichen oberhalb eines Sperrwerks behandelt und beanstandet, dass die Deiche als Hauptdeiche, also für den Sturmflutschutz bestimmt, gewidmet waren, obwohl das Sperrwerk die Funktion hat, vor Sturmfluten und erhöhten Tiden zu schützen. Das Gericht hat den Deichen vornehmlich den Charakter von Hochwasserschutzanlagen zugesprochen, da sie Gefahren beherrschen sollen, die auf den Oberflächenwasserzustrom zurückzuführen sind. Da die Deiche nach Auffassung des OVG nicht als Hauptdeiche zu qualifizieren sind, könne ihnen nicht das geschützte Gebiet zugeordnet werden, das in der Verordnung der Bezirksregierung nach § 6 Abs. 2 NDG nach dem Bemessungswasserstand am Sperrwerk in entsprechender Höhe bestimmt war. Eine Qualifizierung als Hochwasserdeiche würde zu einer erheblichen Verkleinerung des geschützten Gebietes führen, das für die Mitgliedschaft und die Finanzierung der Deichverbände maßgeblich ist.

12

Deichbehörden und Deichverbände sind seit Jahren davon ausgegangen, dass die Deiche oberhalb von Sperrwerken Teile eines Sturmflutschutzsystems sind, das den Hauptdeichen zuzuordnen ist. Die Deiche waren vor der Errichtung der Sperrwerke Hauptdeiche und haben nach dem Bau der Anlagen die Funktion, bei einem sturmflutbedingten Sperren des Sperrwerks das aus dem Hinterland zufließende Wasser zu speichern. Diese Bewertung hat aber im Gesetz nicht hinreichend Ausdruck gefunden. Erforderlich ist es, die zum Sturmflutschutzsystem gehörenden Deiche oberhalb von Sperrwerken von den Hochwasserdeichen abzugrenzen und sie mit den Hauptdeichen in ein funktional zusammenhängendes einheitliches Finanzierungssystem einzubeziehen, das als Einheit die Sturmflutsicherheit gewährleistet und für das die Unterhaltungskosten von allen Verbandsmitgliedern zu tragen sind. ...

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...

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B. Besonderer Teil

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Zu Nummer 7 (Anmerkung der Kammer: betrifft § 7 Abs. 1 NDG n.F.)

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Satz 2 begründet den Finanzierungszusammenhang zwischen der Erhaltung des Hauptdeichs und der Erhaltung der damit zusammenhängenden Schutzdeiche. Letztere Deiche sind Teile eines Sturmflutschutzsystems, das außerdem aus dem Hauptdeich und dem Sperrwerk besteht. ... Hauptdeiche und Schutzdeiche bilden nach dem Willen des Gesetzgebers eine Einheit. Sie sind von allen Mitgliedern des Deichverbandes zu finanzieren. ...

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...

20

Die Regelung in Buchstabe d (betrifft § 7 Abs. 3 NDG n.F.) ist erforderlich, weil einem Deichverband ausschließlich die Erhaltung eines Schutzdeiches obliegen kann, wenn sich der zugeordnete Hauptdeich nicht auf dem Gebiet des Landes Niedersachsen befindet.

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zu Nummer 9 (betrifft § 9 Abs. 2 NDG n.F.)

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24

Nach dem eingefügten neuen Absatz 2 legt die obere Deichbehörde die (rückwärtigen) Grenzen des durch Hauptdeiche geschützten Gebietes durch Verordnung nach den vom Gesetz für jeden Deichverband bestimmten Höhenlinien fest. Mit der Grenzziehung des geschützten Gebietes wird bestimmt, wer als Mitglied eines Deichverbandes zur Deicherhaltung herangezogen wird. Das Gesetz gibt nicht mehr wie bisher den oberen Deichbehörden die Möglichkeit, bei der Grenzziehung die örtlichen Gegebenheiten in der Weise zu berücksichtigen, dass z.B. Bodengestalt, Rauigkeit des Geländes und Entfernungen im geschützten Gebiet für die Entscheidung Bedeutung erlangen.

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Das Gesetz knüpft an die Regelungen und Grundüberzeugungen an, die seit Bestehen der Deiche im Küstenraum eine Deichpflicht der Grundstückseigentümer im deichgeschützten Gebiet vorsehen. Rechtlich war die sich aus den regionalen Gegebenheiten ergebende Überflutungsgefahr, wenn kein Deichschutz vorhanden wäre, der Ansatzpunkt (Lüders-Leis, Niedersächsisches Deichgesetz, § 6 Anm. 3).

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Bei der Bestimmung des geschützten Gebietes können nicht bestimmte Deichbruchszenarien oder sogar die Wahrscheinlichkeit zu Grunde gelegt werden, dass der Deich bei einer Sturmflut an bestimmten Stellen bricht und daran ein Überflutungsszenario geknüpft wird. Ersteres würde die Festlegung von Bemessungsdeichbrüchen und Bemessungsüberflutungsszenarien voraussetzen. Hierzu müsste eine fachliche Festlegung auf die Breite des Deichbruchs erfolgen, die den Berechnungen für das Überflutungsszenario zu Grunde gelegt wird, wobei der Bemessungsdeichbruch und das Bemessungsüberflutungsszenario für jeden Abschnitt des Hauptdeiches zu Grunde gelegt werden müsste. Beim Bemessungsüberflutungsszenario käme es zusätzlich auf die Anzahl und Stärke der hintereinander erfolgenden Sturmfluttiden, die Bodengestalt des geschützten Gebiets, seine Rauigkeit (Bewuchs, Bebauung pp.) und die Entwässerungssituation durch Gewässer an. Diese Faktoren haben Auswirkungen auf die Fragen, wie weit das Gebiet überflutet wird und inwieweit zwischen Sturmfluttiden das eingeströmte Wasser wieder abfließen kann. Hierfür gibt es in Wissenschaft und Praxis derzeit keine belastbaren Annahmen, die einer normativen Regelung zu Grunde gelegt werden könnten. Das Überflutungsszenario für bestimmte Stellen des Deiches würde zusätzlich auf einer zeitgebundenen Risikoanalyse aufbauen, deren Voraussetzungen durch bauliche Deicherhöhungs- und -verstärkungsmaßnahmen in Frage gestellt würden.

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Die Begrenzung des geschützten Gebiets folgt den Höhenlinien, die sich an der Höhe des maßgebenden Sturmflutwasserstandes vor dem Hauptdeich oder dem Sperrwerk orientieren. Diese Festlegung beruht auf der Vorstellung, dass bei einer künftig nicht mehr erfolgenden Erhaltung der Bestand der Hauptdeiche nach und nach verloren geht und tendenziell ein Zustand eintritt, der dem ohne Bedeichung entspricht. Dieser ist dadurch gekennzeichnet, dass die Küstenlinie dem Spiel der Kräfte des Meeres ausgesetzt sein würde. Dies hätte zur Folge, dass sich im geschützten Gebiet Buchten und Rinnen bilden, die das Hinterland des Hauptdeiches bei Sturmfluten als Transferwege des Seewassers einer wesentlich stärkeren Überflutung aussetzen würden, als diese bei einem einzelnen Deichbruch bei ansonsten geschlossener Deichlinie einträte. Dieser Zustand kann abhängig von dem nicht vorhersehbaren Sturmflutgeschehen bei Nichterhaltung der Hauptdeiche auch relativ kurzfristig entstehen. Längerfristig kann nicht ausgeschlossen werden, dass im Küstengebiet sogar Bereiche überflutet werden, die oberhalb des Bemessungswasserstandes für den Hauptdeich liegen.

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Bei bereits im Grundsätzlichen bestehender Unmöglichkeit der hinreichenden Bestimmung der ggf. ablaufenden künftigen Entwicklungen ist es nahe liegend, den räumlichen Schutzbereich der Hauptdeiche nach der Höhe des maßgebenden Sturmflutwasserstandes vor dem Hauptdeich, dem für den Deich geltenden Bemessungswasserstand, festzulegen. Grundstücke, die unterhalb der Höhe des maßgebenden Sturmflutwasserstandes liegen, sind bei einer abwägenden Bewertung unter Berücksichtigung tendenzieller Entwicklungsszenarien bei Nichterhaltung der Hauptdeiche sturmflutgefährdet. dies gilt insbesondere im Hinblick auf den zusätzlich noch zu berücksichtigenden Wellenauflauf.

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Zu Nummer 19 (betrifft § 37a NDG n.F.)

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Zur Gewährleistung des Finanzierungszusammenhangs zwischen Hauptdeich und Schutzdeich nach § 7 Abs. 1 Satz 2 müssen durch Absatz 1 (betrifft § 37a Abs. 1 NDG n.F.) im Bereich T. zwei neue Deichverbände gegründet werden. Es werden die U. (Verbandsgebiet: links der V.) IV sowie die Deichverbände W. X.Y. I, II und III (Verbandsgebiet: rechts der V.) jeweils zu einem Deichverband zusammengefasst. ...

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...

33

Aus der vorstehend wiedergegebenen Begründung wird ferner auch deutlich, dass die Festlegung des geschützten Gebietes bei Deichverbänden im Sinne des § 7 Abs. 1 NDG allein nach dem maßgebenden Sturmflutwasserstand vor dem Hauptdeich und ohne Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten durch den Gesetzgeber nicht willkürlich erfolgt ist, sondern auf sachlichen und fachlichen Erwägungen beruht, sodass für das Gebiet des Antragsgegners die Bestimmung einer Höhenlinie von NN + 6 m - jedenfalls bei summarischer Prüfung im Eilverfahren - keinen rechtlichen Bedenken begegnet.

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Schließlich ist nur noch festzustellen, dass ausgehend von der grundsätzlichen Beitragspflicht der Antragstellerin die jeweilige Festsetzung der Deichverbandsbeiträge für die streitigen fünf Grundstücke der Höhe nach ebenfalls nicht zu beanstanden sein dürfte, zumal der Antragsgegner durch § 33 Abs. 6 der Satzung den unterschiedlichen Vorteilslagen (z.B. Flächen unter oder über NN + 6 m) hinreichend Rechnung getragen hat und im Übrigen konkreten Einwendungen zum Beitragsmaßstab bzw. zur Beitragshöhe von der Antragstellerin auch nicht erhoben worden sind

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. [...].

Streitwertbeschluss:

Der Streitwert wird auf 54,55 EUR festgesetzt.

[D]ie Streitwertfestsetzung erfolgt gemäß §§ 53 Abs. 3, 52 Abs. 2 GKG, wobei für das Eilverfahren 1/4 des Hauptsachstreitwertes von 218,20 EUR, also 54,55 EUR, in Ansatz zu bringen sind.

Schröder
Teichmann-Borchers
Clausen