Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 13.04.2005, Az.: 1 A 309/04
Rechtmäßigkeit eines negativen Bauvorbescheides für die Zulassung von Windkraftanlagen; Raumbedeutsamkeit der Anlage; Versagung der im Außenbereich privilegierten Anlage; Wirksamkeit einer Veränderungssperre
Bibliographie
- Gericht
- VG Stade
- Datum
- 13.04.2005
- Aktenzeichen
- 1 A 309/04
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2005, 12477
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGSTADE:2005:0413.1A309.04.0A
Rechtsgrundlagen
- § 35 Abs. 3 BauGB
- § 3 ROG
- § 14 Abs. 1 BauGB
Verfahrensgegenstand
Bauvorbescheid
Prozessführer
Herr A., B.
Prozessgegner
Stadt Stade,
vertreten durch den Stadtdirektor, Hökerstraße 2, 21682 Stade
Redaktioneller Leitsatz
Eine hinreichende Konkretisierung des künftigen Inhaltes eines Bebauungsplanes ist in der Regel gegeben, wenn die zukünftige Nutzung des Gebietes der Art nach im Wesentlichen festgelegt ist oder jedenfalls ansatzweise erkennbar wird. In einem solchen Fall ist der Erlass einer Veränderungssperre rechtmäßig. Diese erfasst dann auch die Genehmigungsfähigkeit der möglicherweise auch aus anderen Gründen rechtswidrigen Errichtung von Windkraftanlagen.
In der Verwaltungsrechtssache
hat das Verwaltungsgericht Stade - 1. Kammer -
auf die mündliche Verhandlung vom 13. April 2005
durch
den Präsidenten des Verwaltungsgerichts Schmidt,
den Richter am Verwaltungsgericht Steffen,
den Richter Clausen sowie
die ehrenamtlichen Richter C. und D.
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu festzusetzenden Kosten abzuwenden, soweit nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen einen negativen Bauvorbescheid der Beklagten vom 17. Juli 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Lüneburg vom 2. Februar 2004.
Der Kläger teilte der Beklagten am 22. Mai 2003 mit, dass er beabsichtige auf einem gepachteten Grundstück auf dem Hahnberg in E., Flurstück 117/13 der Flur 2, das im Eigentum eines Herrn F. aus G. steht, ein bis zwei Windenergieanlagen zu errichten. Dabei sollte es sich um kleinere, nicht raumbedeutsame Windenergieanlagen handeln.
Der Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 27. Mai 2003 mit, dass in Stade weitere Windkraftanlagen nicht zugelassen würden. Es sei in Bützfleth eine Fläche dafür bauleitplanerisch gesichert. Die in Stade noch verbleibenden Megawattleistungen seien durch eine raumordnerische Vereinbarung an die Gemeinde Agathenburg übertragen wurden. Weitere Windkraftanlagen können daher nicht privilegiert sein.
Am 4. Juni 2003 reichte der Kläger eine Bauvoranfrage bei der Beklagten für dieses Vorhaben ein, wobei er aus Kostengründen darum bat, zunächst die Errichtung einer Einzelanlage zu prüfen. Die Nabenhöhe solle bis 40 m, die Gesamthöhe bis 65 m betragen. Das Vorhaben entspreche den Vorgaben des Regionalen Raumordnungsprogramms des Landkreises Stade von 1999, dem aktuellen Flächennutzungsplan und sei gut erschlossen, weil sich in der Nähe ein 20 KV-Netz befinde. Mit den geplanten Gewerbegebieten würden sich die Windenergieanlagen gut vertragen. Das Vorhaben sei baurechtlich privilegiert, sodass ein Rechtsanspruch auf die Baugenehmigung bestehe, soweit öffentliche Interessen nicht entgegenstünden. Mit einer Nabenhöhe von weniger als 40 m sei das Vorhaben auch nicht als raumbedeutsam anzusehen, zumal in der Nähe befindliche Hochspannungsleitungen und Masten des EWE-Umspannwerkes sowie zwei Sendemasten das Landschaftsbild prägten. Hinsichtlich der Entfernungen zu Einzelgebäuden, Wohngebäuden, Wäldern oder Gewässern bestünden keine Bedenken.
In der Folgezeit erinnerte der Kläger mehrfach an die Bescheidung seines Antrages und verwies darauf, dass ihn der Hinweis auf die fehlgeschlagene Industrieflächenplanung für die Ansiedlung eines BMW-Werkes, für die dieses Gebiet vorgesehen war, nicht befriedigen könne. Durch Bescheid vom 17. Juli 2003 wurde die Bauvoranfrage negativ beschieden. Das Vorhaben sei städtebaulich unzulässig, weil in Stade weitere Windkraftanlagen nicht zugelassen werden. Eine Fläche in Bützfleth sei bauleitplanerisch gesichert. Die verbleibenden Megawattleistungen seien durch eine raumordnerische Vereinbarung an die Gemeinde Agathenburg übertragen worden.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch durch Schreiben vom 21. Juli 2003 ein. Das aktuelle Regionale Raumordnungsprogramm weise dem Stadtgebiet eine Mindestwindenergieleistung von 10 MW zu. Der aktuelle Flächennutzungsplan der Stadt weise einen Vorrangstandort in Bützfleth aus. Ein weiterer Standort werde aber nicht ausgeschlossen. Die von dem Kläger für seine zwei kleinen Anlagen ausgesuchte Fläche sei bereits Gegenstand einer Windparkplanung der Firma ENERCON gewesen, diese Planung sei jedoch wegen des von der Stadt in Aussicht genommenen Ausbaus des kleinen Flugplatzes nicht weiter verfolgt worden. Im Übrigen bekräftigt der Kläger seine Auffassung, dass es sich bei dem Vorhaben um ein nicht raumbedeutsames handele.
Nach weiteren Mahnungen des Klägers gab die Beklagte den Widerspruch mit Schreiben vom 9. September 2003 an die Bezirksregierung Lüneburg mit folgenden Erläuterungen ab: Die der Stadt insgesamt zugewiesenen 10 MW seien räumlich in Bützfleth durch den Bau von 5 Windkraftanlagen mit einer Gesamtleistung von 5 MW konzentriert worden. Zur Erfüllung der nach dem Regionalen Raumordnungsprogramm für den Landkreis Stade von der Stadt noch zu erbringenden Restleistung von 5 MW sei eine Vereinbarung zur Regelung der Ausweisung von Flächen für Windenergienutzung zwischen der Stadt Stade, der Samtgemeinde Horneburg und dem Landkreis Stade geschlossen worden. Darin habe sich die Stadt verpflichtet, das Konzentrationsgebot zu beachten und auf die Planung weiterer Windenergieanlagen außerhalb des festgelegten Vorrangstandortes in Bützfleth zu verzichten.
Mit Schreiben vom 20. Oktober 2003 bat die Bezirksregierung Lüneburg die Beklagte, über die Abhilfe erneut nachzudenken. Die von der Beklagten getroffene raumordnerische Vereinbarung könne nur für raumbedeutsame und damit nach den Vorschriften des Raumordnungsgesetzes zu beurteilende Windenergieanlagen gelten. Windenergieanlagen seien auch nach den Regionalen Raumordnungsprogrammen hinsichtlich ihrer visuellen Raumbedeutsamkeit im Einzelfall zu beurteilen. Bei einer Nabenhöhe bis zu 40 m könne nicht grundsätzlich von einer Raumbedeutsamkeit ausgegangen werden. Die Frage, ob dies gleichwohl der Fall ist, müsse besonders geprüft werden. Bezüglich der Konzentration sei die Beklagte bei der Flächennutzungsplanung von zwei Vorrangflächen ausgegangen, von denen jedoch nur eine konkret dargestellt worden sei. Ob die Ausschlusswirkung für nicht raumbedeutsame Anlagen auch mit der Ausweisung einer Vorrangfläche erreicht werden sollte, sei unklar.
Mit Schreiben vom 9. Dezember 2003 nahm der Landkreis Stade auf Bitte der Beklagten aus regionalplanerischer Sicht zu dem Vorhaben des Klägers Stellung. Nach dem Regionalen Raumordnungsprogramm für den Landkreis Stade seien Windenergieanlagen in Vorrangstandorten zu konzentrieren. Der beabsichtigte Standort liege nicht in einem derartigen Vorranggebiet, vielmehr sei das betroffene Gebiet als Vorsorgegebiet für Landwirtschaft und für Natur und Landschaft ausgewiesen. Das Vorhaben liege am Rande eines Vorsorgegebietes für Erholung. Nach Ziffer D 3.5 des Regionalen Raumordnungsprogramms seien Anlagen mit einer Nabenhöhe von 40 m und mehr grundsätzlich als raumbedeutsam anzusehen. Höhere Anlagen seien außerhalb der Vorrangstandorte unzulässig. Weiter heißt es:
"Der geplante Standort liegt in einer etwas exponierten Lage bei Hagen-Steinbeck. Die Geestlandschaft ist durch Wiesen und Ackerflächen geprägt. Wenige, die Wirtschaftswege begleitende Hecken und Büsche und vereinzelnde Busch- und Baumgruppen strukturieren die Landschaft. Nach Süden stehen in einer Entfernung höhere Waldbestände. Davor verlaufen vier Hochspannungsfreileitungen. Windenergieanlagen haben in dieser ebenen, wenig strukturieren nicht vorbelasteten Landschaft, eine dominierende Wirkung."
Die grundsätzliche Zielsetzung des Regionalen Raumordnungsprogramms und die Betrachtung der konkreten örtlichen Lage führten dazu, die geplante Anlage als raumbedeutsame Windenergieanlage zu bewerten. Im Übrigen werde das Regionale Raumordnungsprogramm zurzeit geändert, die Planungsabsicht sei bereits veröffentlich worden.
Am 15. Dezember 2003 hat der Rat der Beklagten eine Veränderungssperre für den Bereich des Bebauungsplans Nr. 500 der Stadt Stade beschlossen, weil nach ihrer Ansicht nicht ausgeschlossen werden könne, dass durch Bauvorhaben wie z.B. der Errichtung von Windenergieanlagen im Geltungsbereich des Bebauungsplanes die geordnete Entwicklung eines Industriestandortes mit den dazu gehörigen Straßen-/Ausgleichsflächen nicht mehr gegeben sei. Zur Sicherung der städtebaulichen Zielsetzungen sei daher eine Veränderungssperre bis zum rechtsverbindlichen Abschluss der Bauleitplanung erforderlich. Die Veränderungssperre wurde im Amtsblatt des Landkreises Stade vom 18.12.2003 (Seite 357 ff.) veröffentlicht. Der Rat der Stadt Stade hatte in seiner Sitzung vom 26. Februar 2001 den Aufstellungsbeschluss für die Änderung des Flächennutzungsplanes 2000 sowie für den Bebauungsplan Nr. 500 für das Gebiet der südlichen Grenze der Rollbahn des Stader Flugplatzes, der Harsefelder Landstraße, dem Heidbeck und der östlichen Grenze des Stadtgebietes zwischen EADS und dem Verbindungsweg Dollern/Hagen mit dem Ziel der Entwicklung eines Industriestandortes gefasst. Diese Beschlüsse wurde am 17. März 2001 ortsüblich bekannt gemacht. Der erste Vorentwurf für den Bebauungsplan Nr. 500 wurde im Januar 2001 anlässlich der in Aussicht genommenen Ansiedlung eines BMW-Werkes erstellt. Die etwa 550 ha große Fläche wird dabei überwiegend als Industriegebiet ausgewiesen. Die Fläche, die der Kläger zu nutzen beabsichtigt, befindet sich am südlichen Rand und wird als Grünfläche ausgewiesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 2. Februar 2004 wies die Bezirksregierung Lüneburg daraufhin den Widerspruch des Klägers zurück. Bei der Bewertung käme es nunmehr ausschließlich auf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides an. Das Vorhaben könne jedoch nicht zugelassen werden, weil es von der Veränderungssperre erfasst werde und eine Ausnahmeregelung nicht in Betracht komme, weil eine solche in der Veränderungssperre nicht vorgesehen sei. Der Flächennutzungsplan der Stadt Stade in der zur Aufstellung beschlossenen ersten Änderungsfassung enthält für das Bebauungsplangebiet eine Darstellung von gewerblichen Bauflächen und Industriegebieten. Die erste Änderungsfassung sei zwar noch nicht rechtsverbindlich geworden, die Planungsabsichten, die vorbereitende Planung für Zulassung von großflächigen Industrieansiedlungen zu ermöglichen, seien jedoch hinsichtlich der Nutzungsart eindeutig dargelegt. Die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange habe auch insgesamt ergeben, dass die dem Planungswillen der Stadt Stade entsprechende vorbereitende Bauleitplanung grundsätzlich realisierbar sei. Im Ergebnis sei daher die Bescheidung der Bauvoranfrage durch die Beklagte nicht zu beanstanden.
Der Kläger hat am 16. Februar 2004 Klage erhoben, die er mit einem am 6. April 2004 eingegangenen Schriftsatz begründet hat. Der für die beiden Windenergieanlagen vorgesehene Standort sei sehr windhöffig, abseits gelegen, intensiv landwirtschaftlich genutzt und gut erschlossen. In den ersten Gesprächen sei auch seitens der Beklagten mehr darauf abgestellt worden, dass die Fläche für die Industrie (BMW-Ansiedlung) benötigt werde. Das Vorhaben sei nicht raumbedeutsam, weil die Nabenhöhe lediglich 40 m betrage. Für ein nicht raumbedeutsames Vorhaben gelte die Ausschlusswirkung durch die Ausweisung von Vorranggebieten nicht. Darüber hinaus sei das zweite Vorranggebiet nicht ausgewiesen worden. Die Veränderungssperre sei zur Verhinderung der von ihm geplanten Anlage erlassen worden. Sie sei nicht in zeitlichem Zusammenhang zum B-Plan-Aufstellungsbeschluss ergangen. Nachdem die Standortentscheidung für das BMW-Werk gegen Stade ausgegangen sei, habe sich die Planung ohnehin erübrigt. Die Stadt benötige keinesfalls eine derart große Fläche von nahezu 550 ha für Gewerbeansiedlungen. Vielmehr stünden in der Stadt zahlreiche Gewerbegebiete ungenutzt zur Verfügung. Die von ihm zur Nutzung vorgesehene Fläche befinde sich zudem am äußersten südlichen Rand und sei sehr klein. Im Übrigen hätte zum Zeitpunkt der Antragstellung ein Rechtsanspruch auf die Genehmigung bestanden. Die Mitarbeiter der Beklagten hätten sich pflichtwidrig verhalten, als sie den Antrag so zögerlich behandelt hätten, bis die Veränderungssperre erlassen worden sei.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17. Juli 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 2. Februar 2004 zu verpflichten, ihm einen positiven Bauvorbescheid für die Errichtung von zwei Windenergieanlagen mit einer Nabenhöhe von bis zu 40 m zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie führt aus, die Windkraftanlagen seien raumbedeutsam. Sie könnten nur in Vorrangstandorten zugelassen werden. Ein solcher sei nur in Bützfleth ausgewiesen und die Beklagte habe sich verpflichtet, auf die Planung weiterer Anlagen außerhalb des Vorrangstandortes Stade-Bützfleth zu verzichten. Einer positiven Entscheidung stehe darüber hinaus die Veränderungssperre entgegen. Diese sei wirksam. Dass ein längerer Zeitraum seit dem Aufstellungsschluss für einen Bebauungsplan vergangen sei, sei unschädlich. Die Veränderungssperre diene jedenfalls dazu, die Verwirklichung der betroffenen Planungsabsichten zu schützen. Das Regionale Raumordnungsprogramm des Landkreises sei inzwischen fortgeschrieben worden. Darüber hinaus seien die Planungen für die Kreisstraße 30 weiter betrieben worden, von der voraussichtlichen Trassenführung sei der beantragte Standort der Windanlagen des Klägers betroffen. Daher komme eine Ausnahme nicht in Betracht. Wie viel Fläche die Beklagte im Übrigen für Gewerbeansiedlungen vorhalte, entscheide sie im Rahmen ihrer planerischen Hoheit allein. Soweit der Kläger Schadensersatzansprüche anspricht, sei dafür nicht das Verwaltungsgericht zuständig, sondern das Landgericht.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Streitakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten und der Bezirksregierung Lüneburg Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage hat keinen Erfolg, weil die angefochtenen Bescheide rechtmäßig sind und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzen. Der Kläger hatte jedenfalls zu dem für diese Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, nämlich des Erlasses des Widerspruchsbescheides keinen Anspruch auf den begehrten Bauvorbescheid.
Soweit die Beklagte die ablehnende Entscheidung über den Bauvorbescheid darauf gestützt hat, dass in Stade keine weiteren Windkraftanlagen zugelassen werden könnten, weil bauplanerisch nur eine Fläche in Bützfleth für derartige Anlagen gesichert sei, während die verbleibenden Megawattleistungen durch eine raumordnerische Vereinbarung an die Gemeinde Agathenburg übertragen worden seien, kann dem nicht gefolgt werden. Die zwischen der Beklagten, der Samtgemeinde Horneburg und dem Landkreis Stade getroffene raumordnerische Vereinbarung vom 28. September, 26. Oktober bzw. 26. November 2001, mit der dem Konzentrationsgebot, das in Ziffer B 3.505 des Regionalen Raumordnungsprogramms 1999 festgeschrieben wurde, Geltung verschaffen werden sollte, stützt sich auf die Vorschriften des Nieders. Gesetzes über Raumordnung und Landesplanung (NROG vom 18. Mai 2001, Nds. GVBl. S. 301) und das Raumordnungsgesetz (ROG vom 18. August 1997, BGBl. I S. 2081, 2102). Diese Vereinbarung kann daher, worauf bereits die Bezirksregierung Lüneburg hingewiesen hat, nur für raumbedeutsame und damit ebenfalls nach den Vorschriften des Raumordnungsgesetzes zu beurteilende Windenergieanlagen gelten. Bei den Anlagen, die der Kläger plant, handelt es sich nicht um derartige Maßnahmen. Nach dem Regionalen Raumordnungsprogramm 1999 für den Landkreis Stade sind Windenergieanlagen auch hinsichtlich ihrer visuellen Raumbedeutsamkeit im Einzelfall zu beurteilen. Grundsätzlich sind Anlagen mit einer Nabenhöhe von 40 m und mehr als raumbedeutsam anzusehen und außerhalb der Vorrangstandorte unzulässig. Nach der Änderung des Regionalen Raumordnungsprogramms 2004 (S. 31) sind Windenergieanlagen, die eine Größenordnung von 60 m Gesamthöhe und mehr erreichen, auf Grund ihrer Dimension und der damit verbundenen Auswirkung auf andere Vorhaben in der Regel als raumbedeutsame Maßnahme im Sinne des § 3 ROG anzusehen. Der Kläger hatte seinen Antrag von vornherein so gefasst, dass die Nabenhöhe der geplanten Anlagen weniger als 40 m betragen sollte und dass er sich auch hinsichtlich der Gesamthöhe an die Vorgaben des Regionalen Raumordnungsprogramms in der Weise halten würde, dass auch die Gesamthöhe unter dem Maß bleiben soll, das das Raumordnungsprogramm als raumbedeutsam ansehen würde. Danach war die Beklagte gehalten, im Einzelfall eine Prüfung vorzunehmen, ob die Anlage trotz Unterschreitens der vorgegebenen Höhe ausnahmsweise als raumbedeutsam anzusehen ist. Hinsichtlich dieser Prüfung hat sich die Beklagte allein auf eine Stellungnahme des Landkreises Stade gestützt, die allerdings nach Ansicht der Kammer nicht die ausnahmsweise Annahme einer Raumbedeutsamkeit rechtfertigen kann. Diese Stellungnahme erscheint schon in sich widersprüchlich, denn sie sagt einerseits aus, dass in unmittelbarer Nähe des vorgesehenen Standortes vier Hochspannungsfreileitungen verlaufen, dass andererseits in einer derartig ebenen, wenig strukturierten, und nicht vorbelasteten Landschaft Windenergieanlagen eine dominierende Wirkung hätten.
Für den Fall, dass die Anlage nicht raumbedeutsam ist, könnte die Versagung der im Außenbereich privilegierten Anlage nur auf einen entgegenstehenden Belang im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB gestützt werden. In einem solchen Fall wäre eine Abwägung der Interessen des Klägers an der Errichtung der privilegierten Anlagen gegenüber der Durchsetzung des entgegenstehenden Belanges vorzunehmen. Eine Stützung auf die beabsichtigte Konzentrationswirkung des Flächennutzungsplanes reicht in diesem Fall nicht. Dabei muss noch berücksichtigt werden, dass die Beklagte bei der Aufstellung des Flächennutzungsplanes noch von zwei Vorrangflächen ausgegangen ist , um die Ausschlusswirkung zu erzielen. Lediglich eine Vorrangfläche wurde dann in Stade-Bützfleth konkret dargestellt. Die Darstellung der zweiten Fläche ist nach Abschluss der raumordnerischen Vereinbarung unterblieben. Ob ein Planungswille der Beklagten tatsächlich besteht, dass mit der Ausweisung der einen Vorrangfläche die Ausschlusswirkung auch für nicht raumbedeutsamer Anlagen erzielt werden soll, ist offen. Andererseits stünde dem Kläger ein Anspruch auf den begehrten positiven Bescheid noch nicht ohne Weiteres zu, weil die Prüfung der möglichen entgegenstehenden Belange und die erforderliche Abwägung noch nicht erfolgt ist. In diesem Zusammenhang dürfte zum Beispiel die geplante Umgehungsstraße von der geplanten Bundesautobahn zur Harsefelder Straße eine Rolle spielen.
Die Kammer hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung entschieden, keine Ortsbesichtigung vornehmen, um sich insoweit eigene, gesicherte Erkenntnisse zu verschaffen, weil es für die Entscheidung dieses Rechtsstreits nicht darauf ankommt, ob die geplante Anlage im Einzelfall als raumbedeutsam anzusehen ist, weil die von der Beklagten erlassene Veränderungssperre vom 15. Dezember 2003 nach Ansicht der Kammer jedenfalls noch rechtmäßig ist.
Die Wirksamkeit einer Veränderungssperre setzt nach § 14 Abs. 1 BauGB neben dem Planaufstellungsbeschluss lediglich voraus, dass ein Bedürfnis zur Sicherung der Planungen für die künftigen Planbereiche besteht. Da eine Veränderungssperre die Gemeinde nach der gesetzgeberischen Zielsetzung in die Lage versetzen soll, planerische Vorstellungen umzusetzen, ist es auch nicht erforderlich, dass die Planung bereits einen Stand erreicht hat, der nahezu den Abschluss des Verfahrens ermöglicht (BVerwG, Urteil vom 10. September 1976, BVerwGE 51, 121). Es genügt vielmehr, dass sich aus dem Planaufstellungsbeschluss oder weiteren Verfahrensschritten wenigstens ansatzweise erkennen lässt, was Inhalt des zukünftigen Bebauungsplanes sein soll (BVerwG, Beschlüsse vom 5. Februar 1990 - 4 B 191.89 -, Buchholz 406.11, § 15 BauGB Nr. 6 und vom 27. April 1992 - 4 NB 11.92 -, Buchholz 406.11, § 17 BauGB Nr. 5). Das schließt es aus, bereits ein detailliertes und abgewogenes Planungskonzept zu fordern (BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 1993 - 4 NB 40.93 -, Buchholz 406.11, § 14 BauGB Nr. 23). Unzulässig ist dagegen eine Veränderungssperre, wenn sich der Inhalt der beabsichtigten Planung im Zeitpunkt des Erlasses noch in keiner Weise absehen lässt oder wenn der Bebauungsplan einer positiven Planungskonzeption entbehrt und der Förderung von Zielen dient, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind, oder wenn rechtliche Mängel schlechterdings nicht behebbar sind. Allein das Ziel, ein bestimmtes Vorhaben zu verhindern, genügt nicht für den Erlass einer Veränderungssperre, die Gemeinde muss vielmehr bereits positive planerische Vorstellungen entwickelt haben (BVerwG, Beschluss vom 5. Februar 1990, NVwZ 1990, 558). Eine derart hinreichende Konkretisierung des künftigen Planinhaltes ist in der Regel gegeben, wenn die zukünftige Nutzung des Gebietes der Art nach im Wesentlichen festgelegt ist oder jedenfalls ansatzweise erkennbar wird (BVerwG, Beschluss vom 15. August 2000 - 4 NB 34.00 -, BRS 64, Nr. 109; Lemmel in Berliner Kommentar zum BauGB, § 14 Rdnr. 9, m.w.N.). Diesen Vorgaben entspricht der Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan Nr. 500 der Beklagten, denn es ist in ihm eindeutig der Planungswille erkennbar, hier ein Industriegebiet zu entwickeln.
Soweit der Kläger insoweit in der mündlichen Verhandlung auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Februar 2004 ( 4 CN 13.03, NVwZ 2004, 984f = BauR 2004, 1256f ) Bezug genommen hat, in der eine Veränderungssperre für nichtig erklärt wurde, durch die ein künftiger Bebauungsplan für große Teile eines Gemeindegebietes, nämlich 560 ha, gesichert werden sollte, kann dies nicht die Annahme der Nichtigkeit im vorliegenden Fall begründen. Die tragenden Gründe beruhten nämlich keinesfalls auf der Größe des Gebietes, sondern darauf, dass der künftige Inhalt des Bebauungsplanes im Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre nicht in einem Mindestmaß konkretisiert und absehbar war. "Die nachteiligen Wirkungen der Veränderungssperre wären - auch vor dem Hintergrund des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG - nicht erträglich, wenn sie zur Sicherung einer Planung dienen sollte, die sich in ihrem Inhalt nach in keiner Weise absehen lässt." Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist es dagegen, wie in der Entscheidung weiter ausgeführt wird, notwendig, aber auch ausreichend, dass die Gemeinde im Zeitpunkt des Erlasses einer Veränderungssperre zumindest Vorstellungen über die Art der baulichen Nutzung besitzt, sei es dass sie einen bestimmten Baugebietstyp, sei es, dass sie nach den Vorschriften des § 9 Abs. 1 BauGB festsetzbare Nutzungen ins Auge gefasst hat. Daran fehlte es in dem seinerzeit entschiedenen Fall. Es handelte sich vielmehr um eine reine Negativplanung zur Verhinderung bestimmter Vorhaben. Derartige Umstände sind im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben.
Fraglich ist hier allein, ob der Planungswille der Beklagten zur Entwicklung eines Industriegebietes, der allein durch die Bewerbung als BMW-Standort entstanden war, zwischenzeitlich durch die Entscheidung, jenes Werk an einem anderen Ort zu errichten, obsolet geworden ist. Die Tatsache allein, dass zwischenzeitlich etwas mehr als zwei Jahre vergangen waren, konnte die Beklagte allerdings nicht an dem Erlass der Veränderungssperre hindern. Ein längerer Zeitraum zwischen dem Bebauungsplan - Aufstellungsbeschluss nach § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB und dem Beschluss über die Veränderungssperre nach § 16 Abs. 1 BauGB - ist nämlich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unschädlich (BVerwG, Beschluss vom 8. Januar 1993 - 4 B 298.92 -, BRS 55 Nr. 96). Dies gilt selbst dann, wenn dieser Zeitraum länger als die längst mögliche Sperre ist (BVerwG, Beschluss vom 24. Juni 1992 - 4 NB 19.92 -, BRS 54 Nr. 73 m.w.N.). Allerdings weist das Bundesverwaltungsgericht in der Entscheidung vom 8. Januar 1993 darauf hin, dass der Aufstellungsbeschluss dann keine geeignete Grundlage mehr für eine durch den Erlass der Veränderungssperre zu sichernde Bauleitplanung sein kann, wenn der Inhalt des Aufstellungsbeschlusses der tatsächlichen und planerisch zu bewältigenden Lage nicht (mehr) gerecht wird. Insoweit könnte sich die Veränderungssperre als Sicherungsmittel inzwischen als ungeeignet erweisen, weil sich das aus dem Aufstellungsbeschluss ersichtliche Planungsziel im Wege planerischer Feststellung nicht erreichen lässt (OVG Lüneburg, Urteil vom 26. August 2004 - 1 KN 236/03 -). Andererseits war die Planung der Beklagten hier zunächst eindeutig hinreichend konkretisiert und nicht allein darauf gerichtet, andere geplante Maßnahmen zu verhindern. Dass die tatsächliche Verwirklichung der Planung jedenfalls in der ursprünglich vorgesehenen Form sich zwischenzeitlich eher als Hoffnung erweist, die sich möglicherweise zu keinem Zeitpunkt verwirklichen lassen wird, ändert an der ursprünglichen Rechtmäßigkeit der Planung nichts. Diese Tatsache wird allerdings im Rahmen einer Entscheidung über die Verlängerung der Veränderungssperre an Bedeutung gewinnen. Schon im Hinblick auf die Eigentumsgarantie des Art. 14 Grundgesetz muss der Gefahr begegnet werden, dass die Veränderungssperre zu einer unzulässigen Umgehung von positiven Genehmigungsentscheidungen missbraucht wird.
Dies war hier allerdings zum Zeitpunkt der von der Beklagten getroffenen Entscheidung noch nicht der Fall. Vielmehr war der Beklagten ein geraumer Zeitraum einzuräumen, um Entscheidungen darüber zu treffen, wie das Gebiet künftig überplant werden soll. Es ist auch bislang noch nicht davon auszugehen, dass die Beklagte ihre Absicht, ein weiteres größeres Industriegebiet für Stade zu entwickeln, aufgegeben hätte. Vielmehr hat die Beklagte insoweit in der mündlichen Verhandlung anhand ihrer derzeit in der Entwicklung befindlichen Pläne ausführlich dargestellt, dass diese Planung weiterhin betrieben wird. Dabei wird die bereits bezeichnete Umgehungsstraße zugleich als Erschließungsstraße für das Industriegebiet gestaltet. Dass die Beklagte dabei insbesondere im südlichen Bereich des Plangebietes, in dem sich das Grundstück befindet, auf dem der Kläger sein Vorhaben verwirklichen will, einen Grüngürtel plant, ändert nichts an der Erforderlichkeit einer Veränderungssperre auch für diesen Bereich. Dies ergibt sich schon daraus, dass derartige Bereiche im Zusammenhang mit der Ausweisung von Industriegebieten zwingend erforderlich sind. Zum anderen steht die Planung im Einzelnen ebenso wie der Verlauf der Umgehungsstraße derzeit noch nicht im Einzelnen fest. Diese Planung zu ermöglichen, ist aber gerade der Sinn der Veränderungssperre, die somit derzeit dem Vorhaben des Klägers entgegensteht.
Die Klage kann daher keinen Erfolg haben und war mit der sich aus § 154 Abs. 1 VwGO ergebenden Kostenfolge abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 VwGO, 708 , 711 ZPO.
Streitwertbeschluss:
Der Streitwert wird auf 15.000,00 Euro festgesetzt.
Steffen
Clausen