Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 14.09.2000, Az.: 6 A 52/00
Aramäer; Assyrer; assyrische Volkszugehörigkeit; Christen; politische Verfolgung; Religionszugehörigkeit; Syrien
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 14.09.2000
- Aktenzeichen
- 6 A 52/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2000, 41207
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- Art 16a Abs 1 GG
- § 51 Abs 1 AuslG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Keine politische Verfolgung assyrischer Christen in Syrien.
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens; Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden nicht erhoben.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann eine Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand:
Der Kläger ist syrischer Staatsangehöriger assyrischer Volks- und christlicher Religionszugehörigkeit. Er reiste nach eigenen Angaben mit dem Flugzeug am 12./13.12.1997 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Seinen am 17.12.1997 gestellten Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter begründete er im Wesentlichen wie folgt:
Er habe zur assyrisch-demokratischen Bewegung (Saouar) gehört. In dem Gebiet, in dem die Assyrer lebten, habe die syrische Regierung vor dem assyrischen Dorf Tel Tawilh einen Staudamm für den Fluss Kabur errichtet. Nach dem Bau dieses Staudammes hätten die Assyrer kein Wasser mehr zur Bewässerung der Felder erhalten. Der Antragsteller habe das trockene Flussbett fotografiert und Flugblätter hergestellt. Im April 1997 hätten die Sicherheitsbehörden das Haus des Antragstellers durchsucht. Man habe die Bilder gefunden. Der Antragsteller sei vom 15.04.1997 bis 15.06.1997 in Haft genommen worden. Man habe ihn freigelassen, da man nicht festgestellt habe, dass er Mitglied dieser Bewegung gewesen sei. Im 8. Monat habe er von den drei namentlich genannten Abteilungsvorsitzenden der Bewegung den Auftrag erhalten, an der Sprengung des Staudammes mitzuwirken. Der Sprengstoff sei im 9. Monat gekommen. Es sei auch ein Spezialist entsandt worden, der die Sprengung habe leiten sollen. Aufgabe des Antragstellers sei es gewesen, mit dem Pick-up seiner Familie zu dem Staudamm zu fahren; neben ihm und dem genannten Spezialisten seien noch drei weitere Personen beteiligt gewesen. Der Staudamm sei jedoch streng bewacht worden. Es sei den Attentätern nicht gelungen, zu dem Staudamm vorzudringen und die Sprengung durchzuführen. Außerdem habe der Parlamentsabgeordnete der Assyrer die drei Führer der genannten Bewegung denunziert. Auch die Gruppe sei denunziert worden. Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes seien zur Familie des Antragstellers gekommen. Der Antragsteller sei dann am 11.09.1997 aus Syrien geflohen und zunächst nach Beirut gegangen, von wo aus er die Lage beobachtet und gewartet habe, bis er einen gefälschten Reisepass erhalten habe. Telefonisch habe er von seiner Familie erfahren, dass die Sicherheitsbehörden weiter nach ihm suchen würden. Der Antragsteller sei dann von Beirut aus nach Frankfurt geflogen.
Mit Bescheid vom 07.07.1998 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge den Antrag als unbegründet ab und stellte fest, dass Abschiebungshindernisse nach §§ 51 Abs. 1 und 53 AuslG nicht gegeben seien. Außerdem forderte die Behörde den Kläger zur Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland innerhalb eines Monats nach Unanfechtbarkeit der ablehnenden Entscheidung auf und drohte für den Fall, dass dieser Anordnung nicht fristgerecht nachgekommen werde, die Abschiebung nach Syrien oder in ein aufnahmebereites sonstiges Land an.
Gegen den am 09.07.1998 zugestellten Bescheid hat der Kläger am 10.07.1998 Klage erhoben.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Bundesamtes vom 07.07.1998 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen sowie festzustellen, dass die Voraussetzungen der §§ 51 Abs. 1 und 53 AuslG vorliegen.
Die Beklagte beantragt (schriftlich),
die Klage abzuweisen.
In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger ergänzende Ausführungen gemacht. Insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift vom 14.09.1998 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte dieses Verfahrens, sowie auf die beigezogene Akte 4 A 4002/93 (Verfahren u.a. eines Onkels des Klägers), auf die Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie auf die den Beteiligten bekannte Liste der in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage, über die das Gericht trotz Ausbleibens von Beteiligten verhandeln und entscheiden konnte, da es in der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen hat (§ 102 Abs. 2 VwGO), ist nicht begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat weder einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16a Abs. 1 GG noch auf die Feststellung durch die Beklagte, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 oder des § 53 AuslG vorliegen.
Es kann mit Blick auf die in das Zeugnis des Onkels gestellten Angaben ebenfalls als wahr unterstellt werden, dass der Kläger tatsächlich auf dem Luftweg und nicht über einen sicheren Drittstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 2 GG in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist. Doch auch wenn dies zu seinen Gunsten unterstellt wird, so dass die in dieser Vorschrift genannten Einschränkungen nicht zum Tragen kommen (und die andernfalls erforderliche Beweisaufnahme entbehrlich ist), kann er nicht als Asylberechtigter anerkannt werden.
Das Individualgrundrecht des Art. 16 a Abs. 1 GG begründet einen Anspruch auf Anerkennung als politisch Verfolgter für den, der selbst politische Verfolgung erlitten oder zu befürchten hat. Voraussetzung ist, dass dem Asylbewerber in seinem Heimatland gezielt Rechtsverletzungen von beachtlicher Intensität in Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale zugefügt wurden oder solche ihm drohten, d.h. aus Gründen, die in seiner politischen oder religiösen Grundüberzeugung, seiner Volkszugehörigkeit oder in anderen Merkmalen liegen, welche sein Anderssein prägen (BVerfG, Beschl. vom 10.07.89, BVerfGE 80, 315, 335). Ergibt sich die Gefahr eigener politischer Verfolgung des Asylbewerbers nicht aus gegen ihn selbst gerichteten Maßnahmen des Verfolgerstaates, so kann sie sich auch aus gegen Dritte gerichteten Maßnahmen ergeben, wenn diese Dritten wegen eines asylerheblichen Merkmals verfolgt werden, das er mit ihnen teilt, oder wenn er sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und Wiederholungsträchtigkeit vergleichbaren Lage befindet. Die Gefahr einer Gruppenverfolgung setzt eine bestimmte Verfolgungsdichte voraus. Hierfür muss eine so große Vielzahl von Eingriffshandlungen in asylrechtlich geschützte Rechtsgüter festgestellt sein, dass sich daraus für jeden Gruppenangehörigen ohne weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit ableiten lässt (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. vom 24.09.92 - NVwZ 1993, 192; Urt. vom 05.07.94 -BVerwGE 96, 200; Urt. vom 30.04.96 - 9 C 171.95 -, BVerwGE 101, 134; vom 09.09.97 - 9 C 43.96 -, DVBl. 1998, 274; Nds. OVG, Urt. vom 29.06.98 11 L 5510/97). Asyl steht darüber hinaus grundsätzlich auch demjenigen zu, der sein Heimatland unverfolgt verlassen hat, wenn er sich auf einen Nachfluchtgrund berufen kann. Ein Anspruch auf Asyl scheidet allerdings aus, soweit dem Betreffenden in seinem Heimatland eine inländische Fluchtalternative zur Verfügung steht (vgl. BVerfG, Beschl. vom 10.07.89, aaO, 343 u. vom 10.11.89, BVerfGE 81, 58; BVerwG, Urt. vom 10.05.94, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr.170).
Das Gericht hat nicht die Überzeugung gewinnen können, dass der Kläger in Syrien einer individuellen Verfolgung ausgesetzt war oder ihm eine solche droht.
Es ist Sache des Asylbewerbers, die Gründe für seine Furcht vor politischer Verfolgung schlüssig vorzutragen. Dazu hat er unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung, ergibt, dass bei verständiger Würdigung politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht (st. Rspr. des BVerwG, vgl. etwa Beschl. vom 18.09.89,- InfoAusIR 1988, 350). Hierzu gehört, dass der Asylbewerber zu den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten Asylanspruch lückenlos zu tragen. Ein im Laufe des Asylverfahrens sich widersprechendes oder sich steigerndes Vorbringen kann die Glaubwürdigkeit des Asylsuchenden in Frage stellen. Ändert der Asylsuchende in seinem späteren Vortrag sein früheres Vorbringen, so muss er überzeugende Gründe darlegen, weshalb sein früheres Vorbringen falsch gewesen ist, will er nicht den Eindruck der Unglaubwürdigkeit erwecken (vgl. BVerwG, Beschl. vom 26.10.98 - 9 B 405.89 - InfoAusIR 1990, 38; Beschl. vom 21.07.89 - 9 B 239/89 -, Buchholz 402.24 § 1 AsylVfG Nr. 113). Zwar spricht nicht jede Widersprüchlichkeit im Vortrag eines Asylbewerbers zugleich auch gegen seine Glaubwürdigkeit. Vielmehr ist bei der Wertung seiner Aussage zu berücksichtigen, dass sich Missverständnisse aus Verständigungsproblemen ergeben haben können und dass zwischen Asylantragstellung, der Anhörung im Verwaltungsverfahren, der schriftlichen Klagebegründung sowie ggf. der persönlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor Gericht jeweils größere Zeiträume liegen können. Auch dürfen die besonderen Schwierigkeiten, denen Asylbewerber aus anderen Kulturkreisen bei der Darstellung ihrer Verfolgungsgründe besonders dann ausgesetzt sind, wenn sie über einen geringen Bildungsstand verfügen, nicht außer Acht gelassen werden. Grundlegende, für das Verlassen des Heimatlandes und den Asylantrag maßgebende Umstände im individuellen Lebensweg des Asylbewerbers bleiben jedoch im Normalfall zumindest in ihren wesentlichen Einzelheiten in Erinnerung. Widersprüche und Ungereimtheiten, die sich hierauf beziehen, machen das Vorbringen des Asylbewerbers zu seinem persönlichen Verfolgungsschicksal in der Regel insgesamt unglaubwürdig. Vor allem für diejenigen Umstände, die den eigenen Lebensbereich des Asylbewerbers betreffen, ist ein substantiierter, im Wesentlichen widerspruchsfreier Tatsachenvortrag zu fordern. Dabei ist die wahrheitsgemäße Schilderung einer realen Verfolgung erfahrungsgemäß gekennzeichnet durch Konkretheit, Anschaulichkeit und Detailreichtum.
Nach diesen Kriterien hat der Kläger eine individuelle Vorverfolgung nicht glaubhaft gemacht. Bereits seine Angaben zu den angeblich von ihm entfalteten allgemeinen politischen Aktivitäten sind farblos geblieben (er habe Fotos vom Flussbett gemacht, diese ins Ausland verschickt und Flugblätter verteilt) und haben nicht den Eindruck erwecken können, eine Schilderung von Selbsterlebtem zu sein. Dies gilt auch hinsichtlich der (schon beim Bundesamt hinsichtlich des Anlasses - Auffinden von Flugblättern und Fotos, Befragung nur wegen der Fotos - auffällig unsicheren) Angaben des Klägers zu der angeblichen Verhaftung und zweimonatigen Inhaftierung, von der er sogar behauptet hat, die erst aber immerhin in der mündlichen Verhandlung erwähnte Folter habe er beim Bundesamt nicht mitgeteilt, weil er sie als nicht so schlimm, sondern als normal empfunden habe. Noch weitergehende Steigerungen enthalten die Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung zu dem angeblichen Vorhaben, den Staudamm zu sprengen. Abgesehen davon, dass die entsprechenden Schilderungen des Klägers in hohem Maße lebensfremd und naiv wirken, muss die Glaubhaftigkeit seines gesamten Vorbringens schon an den nachfolgend aufgezeigten Widersprüchen bzw. Steigerungen im Zusammenhang mit dem in das Zentrum seiner Fluchtgeschichte gerückten Angaben zur beabsichtigten Staudammsprengung scheitern. Der Kläger hat gegenüber dem Bundesamt der Sache nach angegeben, dass sein Tatbeitrag sich darauf beschränkt habe, die an dem Anschlag Beteiligten mit seinem Pick-up zum Staudamm zu fahren ("Ich war als Fahrer dabei"). Auf die Frage, warum sie die Sprengung nicht sofort nach Erhalt des Sprengstoffes ausgeführt hätten, hat der Kläger beim Bundesamt ausdrücklich geantwortet, sie hätten nicht zum Staudamm kommen können, da die Sicherheitskontrollen dort sehr streng gewesen seien. Auf Nachfrage, weshalb er angegeben habe, schon bei der ersten Nachfrage des Sicherheitsdienstes ("zum Glück") nicht zu Hause gewesen zu sein, sondern sich in dem arabischen Dorf G. versteckt zu haben, hat der Kläger ausdrücklich geantwortet: "Wie ich bereits sagte, konnten wir mit dem Sprengstoff nicht zu dem Staudamm kommen, da die Sicherheitsvorschriften sehr streng waren. Bei den drei Personen, die unsere Abteilung in Syrien führten, ist Sprengstoff gefunden worden. Ich hatte dann Angst, dass sie meinen Namen preisgeben würden und habe mich versteckt". Diese erste Schilderung ist schon deshalb nicht schlüssig, weil nicht nachvollziehbar ist, wie der "im 9. Monat" zur Sprengung übergebene Sprengstoff bei den drei Abteilungsvorsitzenden (der Kläger hat ihre Namen wie folgt angegeben: Y. T., B. S. u. A. A.), nicht aber bei einem Mitglied der Gruppe gefunden werden konnte, die unmittelbar für die Durchführung der Sprengung vorgesehen war und zu der neben dem Kläger und dem Führer der Ortsgruppe (Dr. D.) noch drei weitere Personen gehört hätten, deren Namen der Kläger mit A. O., A. S. u. N. A. angegeben hat. Noch schwerer wiegt indessen, dass der Kläger insbesondere in diesem Zusammenhang in der mündlichen Verhandlung eine dem widersprechende Version behauptet hat. Danach will er den Sprengstoff am 04. oder 05. September 1997 "aus dem Nord-Irak" bzw. von dem Lehrer des Ortes namens M. K. und einem Mitglied der Ortsgruppe namens Ja. B. (warum er diese Personen nicht schon beim Bundesamt erwähnt hat, bleibt unerfindlich) erhalten und zunächst in einem Haus am Dorfrand versteckt haben. Erst nach Erhalt des Sprengstoffes habe er erfahren, dass die Sprengung für den 07.09.1997 geplant gewesen sei. Der beim Bundesamt überhaupt nicht erwähnte Lehrer, dem nach den Schilderungen in der mündlichen Verhandlung indessen eine für den Kläger zentrale Rolle zukommt, habe ihm dann am Morgen des 07.09.1997 eröffnet, dass die Aktion vorläufig nicht durchgeführt und der Sprengstoff an einem anderen Ort gelagert werden solle, den der Kläger später erfahren werde (von den Gründen für die Verschiebung des Unternehmens hat der Kläger insoweit nichts berichtet; nach seiner jüngsten Schilderung muss ihn die nunmehr eher in den Zusammenhang mit der auch erwähnten Denunziation gerückte Verschiebung überrascht haben; zuvor hat er indessen - unvermittelt - angegeben, nach der Übergabe des Sprengstoffes an ihn habe man festgestellt, dass der Staudamm stark bewacht werde). Nach dieser Anweisung des Lehrers will der Kläger den Sprengstoff auf seinen Pick-up geladen und auf die Mitteilung des Zielortes gewartet haben. Stattdessen habe ihm der Lehrer seinen Neffen mit der Nachricht gesandt, er solle sich sofort verstecken. Später sei dann der gesamte für das Unternehmen vorgesehene Sprengstoff (ein Packet von 2 bis 3 kg Gewicht) auf seinem Wagen gefunden worden. Dass er bei anderen gefunden worden sei, habe er gegenüber dem Bundesamt nicht gesagt. Die aufgezeigten erheblichen Widersprüche, die sich nicht nur hinsichtlich der Angaben zum Fundort des (nach den Angaben des Klägers einzigen) Sprengstoffes, sondern auch bezüglich der Angaben zu den beteiligten Personen sowie zum Handlungsablauf (was er getan und warum er sich zunächst in dem arabischen Dorf versteckt hat) ergeben haben, lassen sich nicht auflösen und insbesondere auch nicht mit einer Fehlerhaftigkeit der Niederschrift des Bundesamtes erklären. Der Kläger hat durch seine Unterschrift ausdrücklich bestätigt, dass er die ihm ohne Verständigungsschwierigkeiten rückübersetzten Angaben gemacht habe, und Anhaltspunkte dafür, dass diese verfälscht in die Niederschrift aufgenommen worden sind, behauptet der Kläger selbst nicht. Sie können auch nicht lediglich auf unwesentliche Nuancen reduziert werden, zumal auch der Verlauf der Flucht vom Kläger unschlüssig und widersprüchlich dargestellt worden ist.
Da sonach nicht angenommen werden kann, dass der Kläger in Syrien überhaupt politisch tätig gewesen und so oder auf andere Weise den dortigen Sicherheitsbehörden aufgefallen ist, kann auch nicht angenommen werden, dass ihm wegen seines Onkels R. H. Gefahr droht, der zusammen mit seiner Ehefrau bereits seit 1988 in Deutschland lebt und aufgrund des Urteils des erkennenden Gerichts vom 01.09.1994 (4 A 4002/93) als Asylberechtigter anerkannt worden ist. Hinweise auf sonstige Gefährdungen des Klägers ergeben sich aus diesem Verfahren seines Onkels nicht und auch der Kläger hat nicht geltend gemacht, wegen dieses (oder eines anderen) Verwandten verfahrenserhebliche Schwierigkeiten gehabt zu haben.
Unter Berücksichtigung der vorliegenden Erkenntnismittel kann ferner nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger in Syrien als Christ unmittelbar oder mittelbar staatlicher politischer (religiöser) Verfolgung ausgesetzt war, noch Anhaltspunkte dafür bestehen, dass er künftig solche Verfolgung zu befürchten hätten. Dies macht er selbst nicht geltend. Nach den vorliegenden Erkenntnissen (insbesondere den Lageberichten des Auswärtigen Amtes, vom 19.07.2000 und vom 13.01.1999, der Gutachten des Deutschen Orient-Instituts vom 30.06.1999 an das VG Gießen und vom 19.04.1996 an das VG Ansbach sowie der Stellungnahme von amnesty international an das VG Schleswig vom 02.09.1993) bestehen keinerlei Anzeichen für offene Diskriminierung von Christen durch syrische Stellen. Verfassung und Ideologie des syrischen Regimes respektieren auch die christliche Bevölkerungsminderheit, deren Anteil an der Gesamtbevölkerung des Landes derzeit knapp 10 %, d.h. rd. 1,4 Mio. Menschen beträgt. Viele christliche Kirchen verfügen über ein eigenes Bildungssystem vom Kindergarten bis zum Priesterseminar. Sie haben eigenen Grundbesitz und betrachten sich häufig als die ältesten syrischen Institutionen überhaupt. Dies gilt vor allem für die syrisch-orthodoxe Kirche, welche sich zudem auch als ein Teil des Staates darstellt. Zahlreiche Christen bekleiden hohe Stellungen im Wirtschafts- und Staatsdienst. Christen sind u.a. im Kabinett und in der sog. Volkskammer vertreten. Insgesamt spielen die Christen Syriens im politischen, sozialen und wirtschaftlichen Leben ihres Landes eine bedeutende und einflussreiche Rolle. Sie bewerten ihre Lage überwiegend selbst als gut (vgl. auch Deutsches Orient-Institut vom 04.08.1993 an das VG Münster; Deutsches Orient-Institut vom 14.07.1993 an das VG Koblenz). Das Regime versucht jeden Eindruck der Benachteiligung zu vermeiden, insbesondere wenn es um die Verfolgung von an Christen begangenen Straftaten geht. Wo es Anlass zu Klagen gibt, geht dies in den meisten Fällen auf versteckte Diskriminierungen zurück, die in dem komplizierten gesellschaftlichen Miteinander unterschiedlicher Religionsgemeinschaften auftreten und die auch nach der Einschätzung von amnesty international die Intensität von Menschenrechtsverletzungen nicht erreichen.
Auch die Zugehörigkeit zur Gruppe der Assyrer, die regelmäßig mit der christlichen Religionszugehörigkeit verbunden ist, rechtfertigt für sich genommen - wie sich auch aus Vorstehendem ergibt - nicht die Annahme einer erhöhten Verfolgungsgefahr; ethnische Minderheiten werden als solche in Syrien nicht verfolgt (Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 19.07.2000).
Auch im Übrigen ist nicht erkennbar, dass der Kläger bei einer Rückkehr nach Syrien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit politischer Verfolgung zu rechnen hätten. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des erkennenden Gerichts, dass weder allein der Auslandsaufenthalt noch die Asylantragstellung zu einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit für eine politische Verfolgung bei einer Rückkehr nach Syrien führen, sofern der Betroffene - wie hier - sich nicht in herausragender Weise politisch betätigt hat. Aus den Lageberichten des Auswärtigen Amtes (z. B. vom 24.01.2000) ergibt sich, dass die Einreise abgeschobener Antragsteller ohne Anhaltspunkte für eine politische Betätigung weitgehend unbehelligt verläuft und die Asylantragstellung als solche oder ein längerer Auslandsaufenthalt für sich in der Regel keine Anknüpfungspunkte für ein erhöhtes Interesse der Geheimdienste sind. Aus den der Kammer vorliegenden Auskünften von amnesty international (z.B. vom 20.06.1996 an das VG Koblenz) ergibt sich im Ergebnis nichts anderes. Darin wird nämlich insoweit übereinstimmend mit den Angaben des Auswärtigen Amtes ausgeführt, dass mit zielgerichteter politischer Verfolgung in der Regel dann gerechnet werden muss, wenn sich jemand aktiv politisch oppositionell oder anderweitig regimekritisch verhält. Darüber hinaus wird zwar auch angeführt, dass syrische Asylantragsteller bei der Abschiebung gefährdet seien, von staatlichen Stellen verfolgt zu werden, da sie einem eingehenden Verhör durch die Einwanderungs- und Sicherheitsbehörden unterzogen werden. Andererseits wird dargelegt, dass die abgeschobenen Asylantragsteller dann in ein Haft- und Verhörzentrum in Damaskus gebracht werden, wo sie spätestens gefährdet sind, gefoltert zu werden, wenn sich bei der Überprüfung der Verdacht auf eine regimekritische Haltung oder frühere oppositionelle Betätigung ergibt. Bei der Befragung am Flughafen sei es hingegen lediglich nicht ausgeschlossen, dass es zu Misshandlungen durch Schläge oder zu anderen Maßnahmen komme. Aus dieser Stellungnahme kann daher nicht die erforderliche beachtliche Wahrscheinlichkeit für eine politisch motivierte Verfolgung bei einer Rückkehr nach Syrien für diejenigen Personen entnommen werden, die nicht in dem Verdacht einer regimekritischen Haltung stehen. Übereinstimmend hiermit gibt das Deutsche Orient Institut (z. B. Auskunft an das Verwaltungsgerichts Ansbach vom 08.05.1995) an, dass selbst staatenlose Kurden aus Syrien allein wegen ihrer Asylantragstellung keine Bestrafung zu erwarten hätten, da die staatlichen Organe Syriens die Bedeutung eines Asylverfahrens durchaus realistisch einschätzen könnten und das Asylverfahren in den Augen der syrischen Staatsorgane für nicht bereits in ihrem Heimatland politisch Verfolgte eben dieselbe Bedeutung habe wie in den Augen der Asylbewerber, nämlich die einer Formalie.
Der Antrag, die Beklagte zur Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG zu verpflichten, ist ebenfalls nicht begründet.
Nach § 51 Abs. 1 AuslG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Auch wenn das in § 51 AuslG geregelte Abschiebungsverbot sich in seinen Voraussetzungen im Prinzip mit denen der politischen Verfolgung im Sinne des Art. 16 a Abs. 1 GG deckt (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.01.1994, InfAuslR 1994, 196 [BVerwG 18.01.1994 - BVerwG 9 C 48/92]), betrifft der Anwendungsbereich von § 51 Abs. 1 AuslG vorrangig die Fälle, in denen wegen der - hier nicht einschlägigen - freiwilligen Aufgabe anderweitiger Verfolgungssicherheit gemäß § 27 AsylVfG oder wegen selbst geschaffener subjektiver Nachfluchtgründe im Sinne des § 28 AsylVfG der Asylanspruch scheitert (vgl. BVerfG, Beschl. v. 26.11.86, BVerfGE 74, 51, 67). Die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG liegen jedoch nicht vor. Dem Kläger droht in Syrien - wie ausgeführt - politische Verfolgung nicht.
Abschiebungshindernisse im Sinne des § 53 AuslG sind ebenfalls nicht ersichtlich.
Da das Bundesamt den Kläger zu Recht nicht als Asylberechtigten anerkannt hat und er keine Aufenthaltsgenehmigung besitzt, musste die Behörde ihn gemäß §§ 34 f. AsylVfG zur Ausreise auffordern und die Abschiebung androhen.
Die Klage ist deshalb mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO und § 83 b Abs. 1 AsylVfG abzuweisen. Die Nebenentscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.