Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 07.09.2000, Az.: 6 A 179/99
Anliegergebrauch; Baugenehmigung; Freisitz; Gaststättenerlaubnis; Gemeingebrauch; Gemeinverträglichkeit; Nachbarklage; Sondernutzungserlaubnis
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 07.09.2000
- Aktenzeichen
- 6 A 179/99
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2000, 41862
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 18 StrG ND
- Art 14 Abs 1 GG
- § 114 VwGO
- Art 2 Abs 2 GG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Sondernutzungserlaubnis für einen Freisitz vor einer Gaststätte. Nachbarklage und Bedeutung von Baugenehmigung und Gaststättenerlaubnis für die Sondernutzung.
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann eine Vollstreckung durch die Vollstreckungsgläubiger durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils festgesetzten Vollstreckungsbetrages abwenden, sofern nicht die Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in jeweils derselben Höhe leisten.
Tatbestand:
Der Beigeladene betreibt auf dem Grundstück R.straße 13 in Seesen seit 1979 eine Gaststätte. Der Kläger ist Eigentümer des in geschlossener Bauweise angrenzenden Nachbargrundstücks, das an der der Gaststätte zugewandten Grenze über eine Toreinfahrt verfügt. Der Kläger nutzt die Zufahrt, die im Gehwegbereich mit Verbundsteinpflasterung versehen und in der Nähe des Fahrbahnrandes trichterförmig ausgestaltet ist, zur Durchfahrt für seinen im rückwärtigen Grundstücksbereich abgestellten Pkw.
Nach einem im Jahr 1985 durchgeführten Umbau der Gaststätte wurde dem Beigeladenen von der Beklagten zusätzlich zu der Gaststättenkonzession die Erlaubnis erteilt, für das Aufstellen von Pflanzkübeln und 3 Tischen mit jeweils 4 Stühlen den 4,10 m breiten Gehweg vor der Gaststätte zu nutzen. In der Nebenbestimmung (Nr. 3 der Gaststättenerlaubnis vom 12. Dezember 1985) war angeordnet worden, für den Fußgängerverkehr eine Durchgangsbreite von 1,20 m freizuhalten. Der Freisitz war außerdem bauordnungsrechtlich vom Landkreis Goslar genehmigt worden.
Mit Bescheid vom 14. Mai 1998 erteilte die Beklagte dem Beigeladenen widerruflich und bis zum 13. Mai 2000 befristet eine Sondernutzungserlaubnis für das Aufstellen von Tischen, Stühlen und Blumenkästen vor der Gaststätte auf einer Fläche, für die der Landkreis Goslar mit Bescheid vom 9. April 1999 außerdem eine baurechtliche Genehmigung zur Errichtung eines Freisitzes erteilte. Mit Änderungsbescheid vom 7. Mai 1999 ergänzte die Beklagte die von ihr erteilte Sondernutzungserlaubnis dahingehend, dass die Anordnung des Freisitzes nach Maßgabe eines beigefügten Lageplans mit einer Durchgangsbreite von 1,80 m für den Fußgängerverkehr zu erfolgen habe. Im Hinblick auf diese Sachlage hob die Beklagte schließlich mit einem weiteren Bescheid vom 15. Juli 1999 die Nebenbestimmung Nr. 3 der Gaststättenerlaubnis vom 12. Dezember 1985 ersatzlos auf.
Bereits im Mai 1998 hatte sich der Kläger an die Beklagte gewandt und beanstandet, dass der neben seiner Grundstückszufahrt aufgestellte Tisch auf dem Gehweg vor der Gaststätte des Beigeladenen nicht dem baurechtlich genehmigten Standort entspreche, im Bereich seiner Grundstückszufahrt stehe und bei einer Nutzung in der Zeit nach 22.oo Uhr unzumutbarer Lärm entstehe. Mit Schreiben vom 29. April 1999 erhob der Kläger außerdem Widerspruch gegen den Baugenehmigungsbescheid des Landkreises Goslar vom 9. April 1999; am 21. Mai 1999 richtete der Kläger einen solchen Rechtsbehelf auch gegen den Bescheid der Beklagten vom 7. Mai 1999, mit dem die Sondernutzungserlaubnis vom 14. Mai 1998 für den Freisitz geändert worden war.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Juli 1999 wies die Beklagte den gegen die Sondernutzungserlaubnis vom 7. Mai 1999 erhobenen Rechtsbehelf als unbegründet zurück. Auf Antrag des Beigeladenen ordnete die Beklagte außerdem am 18. August 1999 die sofortige Vollziehung der Sondernutzungserlaubnis vom 7. Mai 1999 an.
Am 29. Juli 1999 hat der Kläger vor dem Verwaltungsgericht Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor:
Der Beigeladene verfüge hinsichtlich der mit einer Sondernutzungserlaubnis freigegebenen Fläche auf dem Bürgersteig nicht über eine gaststättenrechtliche Konzession. Die Sondernutzungserlaubnis gestatte außerdem nicht das Aufstellen von Pflanzkübeln und Sonnenschirmen, weil diese nicht in dem von der Erlaubnis in Bezug genommenen Lageplan verzeichnet seien. Außerdem werde die angeordnete Durchgangsbreite nicht eingehalten. Der Mindestabstand betrage nur 1,50 m. Bei der geringen Durchgangsbreite werde er bei dem Zugang zu seinem Grundstück aus westlicher Richtung auf dem Gehweg behindert. Die Sonnenschirme ragten in den Straßenraum. Im Bereich der Freifläche könnten an den am Straßenrand haltenden Pkw die Beifahrertüren zum Aussteigen nicht geöffnet werden. Durch den an seiner Grundstückszufahrt aufgestellten Tisch werde er in besonderem Maße betroffen. Bei einem Zurücksetzen des Stuhles gerieten die dort sitzenden Gäste in den Zufahrtbereich, so dass - insbesondere bei alkoholisierten Gästen - nicht nur Personenschäden, sondern, wenn er im Eingangsbereich mit dem Pkw halte, auch an seinem Fahrzeug Sachschäden entstehen könnten. Auch Kinder, die den Gehweg mit dem Roller oder Fahrrad benutzten, seien im Bereich der Tischreihen gefährdet. Durch den angrenzenden Freisitz werde ihm bei der Ausfahrt auf die Straße die Sicht versperrt. Die Einengung der Zufahrt durch den Gaststättenfreisitz empfinde er als Ungleichbehandlung im Verhältnis zu anderen - vor allem gewerblichen - Grundstückseigentümern, deren Zufahrten im gesamten Bereich der abgesenkten Bordsteinkante freizuhalten seien. Wenngleich während der laufenden Saison der Freisitz nur mit 3 Tischen, zeitweise auch nur mit 2 Tischen betrieben worden sei, sei dies belanglos, weil eine Nutzung des Gehwegbereichs mit 7 Tischen angestrebt werde. Die Sondernutzungserlaubnis führe außerdem zu einer erheblichen Störung der Nachtruhe. Die Entfernung zu seinem Schlafzimmerfenster betrage nur etwa 4,5 bis 5 m. Die üblicherweise lauten Gespräche von Gaststättenbesuchern in den Abendstunden seien besonders störend. Hierfür sei nicht maßgeblich, dass andere Nachbarn Beschwerden nicht erhoben hätten. Nach 22.oo Uhr gebe es für den Betrieb eines Freisitzes in Niedersachsen keine rechtliche Grundlage. Um 22.oo Uhr beginne die Nachtruhe. Gaststätten verursachten durch an- und abfahrende Fahrzeuge ohnehin zusätzliche Lärmstörungen. Deshalb müssten vermeidbare Lärmimmissionen vermieden werden. Ein Beweis dafür, dass die Grenzwerte der TA-Lärm überschritten worden seien, sei schon deshalb nicht möglich, weil die dort geregelten Grenzwerte nicht für Freiluftgaststätten Geltung hätten.
Der Kläger beantragt,
die Sondernutzungserlaubnis der Beklagten vom 7. Mai 1999 i.d.F. ihres Widerspruchsbescheides vom 14. Juli 1999 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie entgegnet:
Die Konzession für das Restaurant sei im Jahre 1985 mit einer straßenrechtlichen Nebenbestimmung versehen worden, nach der der Gehweg bis zu einer Breite von
1,20 m habe benutzt werden können. Diese Nebenbestimmung sei am 15. Juli 1999 aufgehoben worden. Die nach der aktuellen Sondernutzungserlaubnis vorgesehene Durchgangsbreite auf dem Gehweg sei ausreichend, auch wenn sie nur 1,50 m betragen sollte. Maßgebend für die einzuhaltende Durchgangsbreite sei die textliche Festsetzung in dem Bescheid und in den dort in Bezug genommenen Unterlagen. Die vom Kläger behaupteten Verstöße gegen die Sondernutzungserlaubnis, sofern sie überhaupt vorgekommen seien, begründeten keinen Anspruch des Klägers, behördlicherseits hiergegen einzuschreiten. Die Belange des Klägers seien bei der in ihrem Ermessen stehenden Entscheidung über die Sondernutzungserlaubnis umfassend berücksichtigt worden. In Anbetracht der Durchfahrtbreite von 2,44 m und eines Abstands der Zufahrt von 0,58 m von der Grundstücksgrenze zum Haus Rosenstraße 13 sei dem Kläger die Nutzung seiner Grundstückszufahrt ohne Weiteres möglich. Der Kläger sei schon aufgrund des regen Fußgängerverkehrs in der Innenstadt gehalten, beim Verlassen des Grundstücks mit dem Pkw Vorsicht walten zu lassen. Die Sorgfaltspflicht werde durch den Freisitzbetrieb nur geringfügig erhöht, was ihm zuzumuten sei. Die Tische des Freisitzes seien in Anbetracht der Witterung nur an wenigen Tagen des Jahres bis in die späten Abendstunden nutzbar. Die von den Gästen ausgehenden Geräusche beschränkten sich auf die Gespräche. Seit den 13 Jahren des Freisitzbetriebes sei es von anderen Anwohnern bisher noch nie zu Beschwerden gekommen. Auch bei Überprüfungen seien weder unzulässige Lärmimmissionen noch Behinderungen festgestellt worden.
Der Beigeladene beantragt ebenfalls,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor:
Durch die ihm erteilte Sondernutzungserlaubnis werde weder die Nutzung des Grundstücks des Klägers noch der Gemeingebrauch unzulässig eingeschränkt. Die vom Kläger geltend gemachte Lärmbelästigung sei schon deshalb nicht gegeben, weil er eine Speisegastwirtschaft betreibe und die Gäste meistens nicht bis in die Nachtstunden im Freien säßen. Zu störendem Lärm sei es in der Vergangenheit nicht gekommen. Konkrete Fälle habe der Kläger nicht benennen können. Auch werde nicht genau angegeben, wann der Kläger die von ihm geltend gemachten Unbequemlichkeiten auf dem Weg zu seinem Grundstück aus westlicher Richtung im Bereich des Freisitzes erlitten habe. Die in der Sondernutzungssatzung der Beklagten festgelegte Durchgangsbreite von 1,50 m für Fußgänger werde eingehalten.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage, über die mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte, hat keinen Erfolg.
Es ist bereits zweifelhaft, ob die Klage zulässig ist. Gegen einen Verwaltungsakt mit Doppelwirkung, bei dem ein begünstigender Verwaltungsakt wie die hier angefochtene Sondernutzungserlaubnis vom 7. Mai 1999 zugleich Rechtswirkungen gegenüber einem Dritten erzeugt, ist der Dritte nur dann klagebefugt im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO, wenn er substantiiert geltend macht, dass mit dem Verwaltungsakt Rechtsvorschriften verletzt werden, die zumindest auch seinem Schutz zu dienen bestimmt sind, und er hierdurch in eigenen Rechten betroffen ist (Redeker/von Oertzen, VwGO, 12. Aufl., RN 16 m.w.N.). Der Kläger macht lediglich allgemein geltend, dass die Art der Gestaltung und Anordnung des Freisitzes vor der Gaststätte des Beigeladenen zu Behinderungen führe und er als Anlieger bei der Nutzung der Zufahrt zu seinem Grundstück wie auch durch die von den Gästen des Freisitzes ausgehenden Gespräche in den Nachtstunden in untragbarer Weise belästigt werde. Das in Bezug auf eine tatsächliche Beeinträchtigung des Klägers unsubstantiiert gebliebene und mit konkreten Vorfällen nicht belegte Vorbringen des Klägers lässt eine Verletzung eigener Rechte als nicht wahrscheinlich erscheinen. Die Frage der Klagebefugnis kann jedoch letztlich dahingestellt bleiben, weil die Klage jedenfalls in der Sache ohne Erfolg bleibt. Die Sondernutzungserlaubnis der Beklagten vom 7. Mai 1999 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 14. Juli 1999 lässt Ermessensfehler nicht erkennen und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§§ 113 Abs. 1 Satz 1, 114 VwGO).
Nach § 18 Abs. 1 Satz 1 und 2 NStrG ist die Benutzung einer Straße über den Gemeingebrauch hinaus Sondernutzung und bedarf der Erlaubnis der dafür zuständigen Behörde. Eine solche Sondernutzungserlaubnis darf nur auf Zeit oder Widerruf erteilt und kann mit Bedingungen und Auflagen verbunden werden (§ 18 Abs. 2 NStrG). Die Erteilung einer entsprechenden Erlaubnis steht im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde und hat eine Gemeinverträglichkeit der Sondernutzung zur Voraussetzung (Wendrich, NStrG, 3. Aufl., § 18 RN 3; Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl., Seite 660 f.). Hieraus folgt, dass bei der Ausübung des Ermessens die Belange des Straßenbaus, des Schutzes der Straße, die Belange der Straßenanlieger sowie die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs gegen die Interessen desjenigen abzuwägen sind, der die Erlaubnis zu einer Nutzung der Straße über den Gemeingebrauch hinaus begehrt. Schutzgut der straßenrechtlichen Erlaubnispflicht für Sondernutzungen ist insbesondere das öffentliche Interesse an der Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs sowie am Schutz des Straßenbildes. Ein weiterer Schutzzweck der Erlaubnis für die Sondernutzung am Straßengelände ist das öffentlich-rechtliche Bedürfnis, zeitlich und örtlich gegenläufige Interessen verschiedener Straßenbenutzer auszugleichen, wobei diese Ausgleichsfunktion auch unabhängig von den Gründen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs zu einer Begrenzung bestimmter Sondernutzungen führen kann, wenn sachliche Gründe es rechtfertigen (BVerwG, Beschl. v. 12.8.1980, DÖV 1981, 226 [BVerwG 12.08.1980 - BVerwG 7 B 155.79]; OVG Lüneburg, Urt. v. 17.9.1997, 7 L 4944/96 m.w.N.). Hieraus ergibt sich, dass § 18 NStrG grundsätzlich nicht nachbarschützend, sondern in erster Linie dem öffentlichen Interesse zu dienen bestimmt ist. Da die Verteilungs- und Ausgleichsfunktion der Sondernutzungserlaubnis auch eine Berücksichtigung der Belange der Straßenanlieger zum Inhalt hat, hat der betroffene Anlieger jedoch zumindest einen Anspruch darauf, dass die Behörde bei ihrer Entscheidung seine schutzwürdigen Interessen nicht willkürlich außer Acht lässt. Die Klage eines Straßenanliegers gegen die einem Dritten erteilte Sondernutzungserlaubnis kann hiernach nur dann Erfolg haben, wenn das subjektive Recht des Anliegers auf freie Ermessensausübung verletzt und er dadurch tatsächlich in einer subjektiven Rechtsposition betroffen ist.
Nach diesen Grundsätzen steht dem Kläger ein Abwehrrecht gegen die dem Beigeladenen erteilte Sondernutzungserlaubnis nicht zu. Die Beklagte hat weder die gesetzlichen Grenzen des ihr für eine solche Entscheidung eingeräumten Ermessens überschritten noch von dem Ermessen in einer dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht (§ 114 VwGO).
Das Aufstellen von Tischen, Stühlen und Blumenkübeln (wie auch von Sonnenschirmen) auf der Gehwegfläche vor dem Restaurant des Beigeladenen ist eine Nutzung der Straße über den Gemeingebrauch hinaus, die als Sondernutzung einer entsprechenden Erlaubnis der Beklagten bedarf (vgl. auch: Nr. 7 der Sondernutzungssatzung der Beklagten vom 25. November 1998/ABl Landkreis Goslar 1998, 603). Aus der der Sondernutzungserlaubnis vom 7. Mai 1999 beigefügten Anlage ist zu ersehen, dass die Beklagte die Belange der Straßenanlieger sowie die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs berücksichtigt und mit den gegenläufigen Interessen des Beigeladenen an der gewerblichen Nutzung eines Teils des Gehwegfläche abgewogen hat. Dies wird in den Hinweisen zur Verwendung von Tischen bestimmter Größen deutlich, mit denen die einzuhaltende Durchgangsbreite von 1,50 m um weitere 30 cm auf 1,80 m erweitert werden kann und der Eingangsbereich zur Gaststätte nicht durch einen Stuhl teilweise verstellt wird.
Soweit der Kläger geltend macht, dass die Beklagte bei der Abwägung vor allem seine schutzwürdigen Interessen außer Acht gelassen habe, kann weder eine Eigentumsverletzung (Artikel 14 GG) noch eine Verletzung der körperlichen Unversehrtheit (Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 GG) festgestellt werden. Artikel 14 GG gewährt grundsätzlich Schutz nur vor unmittelbaren Eingriffen in die Substanz des Eigentums, dagegen regelmäßig nicht vor Nachteilen, die durch straßenrechtliche Veränderungen in der Umgebung entstehen. Ausnahmsweise ist eine Rechtsverletzung dann möglich, wenn die Situation, in der sich das Eigentum des klagenden Anliegers befindet, schwer und unerträglich betroffen wird. Ein solches Abwehrrecht aus Artikel 14 Abs. 1 GG ist insbesondere bei einer Verletzung des geschützten Kernbereichs des Anliegergebrauchs gegeben (vgl. BVerwG, Urt. v. 6.12.1996, Buchholz 406.11 § 127 BauGB Nr. 85 m.w.N.). Der gegenüber dem schlichten Gemeingebrauch gesteigerte Anliegergebrauch reicht allerdings nur so weit, wie eine angemessene Nutzung des Grundeigentums die Benutzung der Straße erfordert. Dabei ist nicht jede Nutzung angemessen, zu der das Grundeigentum Gelegenheit bietet, sondern nur das, was aus dem Grundstück und seiner sowohl nach der Rechtslage als auch nach den tatsächlichen prägenden Gegebenheiten, insbesondere der Situation der Umgebung, als anerkennenswertes Bedürfnis hervorgeht. Dieser durch Artikel 14 GG vermittelte Schutz des Anliegergebrauchs erstreckt sich daher in der Regel nur auf den notwendigen Zugang des Grundstücks zu einer Straße und seiner Erreichbarkeit von ihr (BVerwG, Urt. v. 8.9.1993, DVBl. 1994, 345 [BVerwG 08.09.1993 - BVerwG 11 C 38/92] m.w.N.).
Eine Eigentumsbeeinträchtigung des Klägers ist hiernach nicht ersichtlich. Eine unmittelbare Betroffenheit seines Eigentums ist schon deshalb nicht gegeben, weil die dem Beigeladenen erteilte Sondernutzungserlaubnis den Kläger nicht in der Form einer direkten Inanspruchnahme seines Grundstücks trifft. Auch die vorgegebene Grundstückssituation, insbesondere die Anbindung an die Straße, wird durch die Sondernutzungserlaubnis nicht nachhaltig verändert. Der Anliegergebrauch des Klägers wird nicht in seinem Kernbereich betroffen. Der Kläger hat auch weiterhin die Möglichkeit, über die vor seinem Haus angelegte Zufahrt sein Grundstück mit dem Pkw zu erreichen und zu verlassen. Die Bewirtung der Tische erfolgt nicht über die im Bereich der Zufahrt gelegene Gehwegfläche, sondern über die dem Restaurant vorgelagerte Fläche, so dass eine Beeinträchtigung unter diesem Gesichtspunkt ausscheidet. Die Bestuhlung des zur Grundstückseinfahrt hin aufgestellten Tisches hält den bis zum Rand der Zufahrt gemessenen Abstand von 0,58 m ein. Soweit der Kläger tatsächlich im Einzelfall aufgrund eines verschobenen Standortes des an seiner Grundstücksgrenze angeordneten Tisches einmal gehalten sein sollte, besondere Vorsicht gegenüber den dort sitzenden Restaurantgästen walten zu lassen und notfalls bis zu einem Verrücken dieses Tisches und/oder der Stühle zu warten, handelt es sich um eine Beeinträchtigung des An- und Abfahrverkehrs unterhalb der Schwelle eines schweren und unzumutbaren Eingriffs in den Anliegergebrauch, den der Kläger hinzunehmen hat. Bereits nach dem eigenen Vorbringen des Klägers stellen sich solche Abläufe eher als bloße Befürchtungen, statt als wiederholt eingetretene und jederzeit erneut zu erwartende Vorkommnisse dar.
Soweit der Kläger hinsichtlich der von den Gästen des Freisitzes ausgehenden Gespräche in den späten Abendstunden eine unzumutbare Immissionsbetroffenheit geltend macht, ist eine Verletzung seines Rechts auf körperliche Unversehrtheit aus Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht ersichtlich. Das diesbezügliche Vorbringen des Klägers beschränkt sich auf die Wiedergabe subjektiver Befindlichkeiten und ist in seiner Pauschalität nicht geeignet, hinreichende Anhaltspunkte für eine unzumutbare Lärmbeeinträchtigung zu geben. Schon deshalb sieht das Gericht keine Veranlassung, diesem Vorbringen weiter nachzugehen.
Soweit der Kläger schließlich in Bezug auf die Gestaltung und Nutzung des Freisitzes vor der Gaststätte des Beigeladenen die erteilte baurechtliche Genehmigung sowie die gaststättenrechtliche Erlaubnis als unzureichend beanstandet, ist ein Ermessensfehler der Beklagten ebenfalls nicht zu erkennen. Weder die Baugenehmigung noch die dem Beigeladenen erteilte gaststättenrechtliche Erlaubnis entfalten präjudizierende Wirkung für die Erteilung oder Nichterteilung der Sondernutzungserlaubnis (vgl. hierzu: BVerwG, Urt. v. 17.10.1989, GewA 1990, 29; VGH München, Urt. v. 15.7.1999, 8 B 98.2161). Die Ermessensausübung bei der Erteilung einer straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis hat sich in erster Linie an den Auswirkungen auf die widmungsgemäße Nutzung der Straße und die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs sowie auch an sonstigen unmittelbar auf den Straßengrund bezogenen sachlichen Erwägungen zu orientieren, wobei auch städtebauliche Belange zu berücksichtigen sind, sofern sie einen sachlichen Bezug zur Straße haben (VGH Mannheim, Beschl. v. 14.10.1996, NVwZ-RR 1997, 679 m.w.N.). Die zuständige Straßenbaubehörde kann daher ungeachtet der Entscheidungen der Baugenehmigungsbehörde und der für die Erteilung der Gaststättenerlaubnis zuständigen Stelle über die Sondernutzungserlaubnis befinden (VGH München, Urt. v. 15.7.1999, a.a.0., m.w.N.).
Die Klage ist nach alledem mit der Kostenfolge aus den §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO abzuweisen. Im Hinblick darauf, dass der zu dem Verfahren notwendig Beigeladene einen Klageantrag gestellt und sich damit dem Risiko der Kostentragung nach § 154 Abs. 3 VwGO unterworfen hat, entspricht es der Billigkeit, ihm einen Anspruch auf Erstattung seiner außergerichtlichen Kosten zuzuerkennen. Die Nebenentscheidungen im Übrigen beruhen auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.