Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 13.09.2000, Az.: 7 B 210/00

Anspruch auf fehlerfreie Teilhabe am Bewerberauswahlverfahren um die Besetzung eines Beförderungsdienstpostens; Wahrnehmung der Dienstgeschäfte des Schulleiters; Dienstposten des Leiters der Berufsbildenden Schulen; Anspruch auf Übernahme in ein öffentliches Amt; Auswahlermessen hinsichtlich der Auswahl der Bewerber; Verletzung allgemein gültiger Bewertungsregeln bei der Auswahl der Bewerber; Gesamtbewertungen der beiden Bewerber; Wichtigkeit des Anforderungsprofils eines zu besetzenden Dienstpostens bei der Bewerberauswahl; Maßstab des Anforderungsprofils im Einzelfall

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
13.09.2000
Aktenzeichen
7 B 210/00
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2000, 32207
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGBRAUN:2000:0913.7B210.00.0A

Fundstelle

  • SchuR 2005, 85-87 (Volltext)

Verfahrensgegenstand

Beförderung

In der Verwaltungsrechtssache
...
hat das Verwaltungsgericht Braunschweig - 7. Kammer -
am 13. September 2000
beschlossen:

Tenor:

Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig untersagt, den Dienstposten des Leiters der Berufsbildenden Schule III in Braunschweig (A 16 BBes0), bis zum Ablauf einer angemessenen Frist von mindestens zwei Wochen nach Zustellung eines begründeten Bescheides, mit dem über den Widerspruch vom 2.6.2000 entschieden worden ist, an Studiendirektor zu übertragen und auch keine sonstigen Schritte zu unternehmen, die den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers vereiteln könnten.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich eventuell entstandener außergerichtlicher Kosten des Beigeladenen.

Gründe

1

Mitte Dezember 1998 bewarb sich der 1948 geborene Antragsteller um die im Schulverwaltungsblatt 11/98 ausgeschriebene Stelle eines Schulleiters (0berstudiendirektor A 16) an der Schule "Berufsbildende Schulen III" (BBS III) in Braunschweig. Der Antragsteller bekleidet seit Februar 1994 das Amt des ständigen Vertreters (A 15 + Z) des Leiters dieser Schule und wurde von der Bezirksregierung Braunschweig mit Eintreten der Vakanz dieser Stelle ab 1.2.99 bis zu deren Wiederbesetzung mit der Wahrnehmung der Dienstgeschäfte des Schulleiters der BBS III betraut.

2

Mitte Januar 1999 bewarb sich der 1955 geborene Beigeladene auf dieselbe Stelle. Der Beigeladene ist seit Juli 1997 im Range eines Studiendirektors (A 15) als schulfachlicher Koordinator an der BBS I in tätig, nachdem er dies Amt bereits seit August 1996 wahrgenommen hatte.

3

Beide Bewerber waren von der Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe an, der Antragsteller wurde 1977 Assessor, der Beigeladene 1985, als Lehrkräfte stets an derselben Schule tätig. Jedoch war die Verwendung des Beigeladenen an der BBS I in zweimal durch Abordnungen an den Antragsgegner unterbrochen, und zwar zunächst ab Dezember 1989 für 26 Monate, sodann noch einmal vom 1. Februar 93 bis zum 31.7.96 (= 3 1/2 Jahre).

4

Die Anlassbeurteilungen beider Bewerber fielen sehr gut (1,0) aus. Diejenige für den Antragsteller wurde in der Bezirksregierung Braunschweig unter dem 5.7.99 erstellt, diejenige für den Beigeladenen wurde von der Bezirksregierung Lüneburg unter dem 10.5.99 gefertigt.

5

Für die Besetzung des streitbefangenen Dienstpostens wurde sodann bei dem Antragsgegner eine dreiköpfige Auswahlkommission gebildet, bestehend aus dem Referatsleiter 403 MK, dem Schulabteilungsleiter der Bezirksregierung Braunschweig sowie dem Schuldezernenten der Stadt Braunschweig als Schulträgerin. Das Auswahlgespräch mit beiden Bewerbern fand am 18.11.99 statt. Die anschließende anonyme Bewertung beider Bewerber durch die Mitglieder der Auswahlkommission ergab 26 Punkte für den Beigeladenen, 25 Punkte für den Antragsteller. Dennoch schlug die Auswahlkommission mehrheitlich vor, den Antragsteller zu ernennen.

6

In der hiernach unter dem 28.1.00 vom Referat 404 (MK) verfassten Ministervorlage wurde jedoch in Abweichung vom Votum der Auswahlkommission vorgeschlagen, den Beigeladenen zu ernennen. Dieser sei wegen der um einen Punkt höheren Gesamtpunktzahl als der bessere Bewerber beurteilt worden und habe durch seine Tätigkeit in der Schulverwaltung eine größere Berufserfahrung als der Antragsteller, der nur eine einzige Schule kenne. Schon als Auszubildender und Referendar sei er in der BBS III in Braunschweig tätig gewesen. Mobilität und Flexibilität würden bei ihm daher vermisst. - Die Ministerin stimmte der Vorlage am selben Tag zu.

7

Mit Erlass, der das Datum 5.7.99 trägt, jedoch mit Stempel der Absendestelle des Antragsgegners "4.2.00" versehen ist und am 7.2.00 bei der Bezirksregierung Braunschweig einging, gab der Antragsgegner bekannt, dass der Beigeladene für den Dienstposten des Schulleiters der BBS III in Braunschweig vorgesehen sei. Er forderte die Bezirksregierung auf, nunmehr die in § 45 Abs. 2 NSchG vorgesehene Benehmensherstellung mit der Schule und dem Schulträger zu der ministeriellen Entscheidung herbeizuführen. Dies geschah durch die Bezirksregierung unter dem 21.2.00, wobei sie jeweils darauf hinwies, dass das Nds. Kultusministerium mit Erlass vom 5.7.99 mitgeteilt habe, der Beigeladene sei für den Dienstposten vorgesehen.

8

Sowohl die Schule nach Beschluss ihrer Gesamtkonferenz als auch der Schulträger widersprachen der vorgesehenen Besetzung der Stelle mit dem Beigeladenen und sprachen sich nachdrücklich für den Antragsteller aus. Dies gab die Bezirksregierung Braunschweig dem Antragsgegner am 17.4.00 bekannt.

9

Ungeachtet dessen verfügte dieser jedoch unter dem 2.5.00 die Dienstpostenübertragung an den Beigeladenen sowie dessen Einweisung in die zugehörige Planstelle, beides mit Wirkung ab 1.8.00. Zugleich kündigte er dem Beigeladenen nach erfolgreicher Erprobung seine Beförderung zum 0berstudiendirektor an.

10

Bereits zuvor, nämlich in Heft 5 des Schulverwaltungsblattes vom 1.5.00, hatte der Antragsteller die Koordinatorenstelle des Beigeladenen bei der BBS I in Celle als "frei zum 1.8.00" erneut ausgeschrieben.

11

Der die Bewerbung des Antragstellers ablehnende Bescheid erging ebenfalls unter dem 2.5.00, wurde jedoch erst am 25.5.00 abgesandt und ging dem Antragsteller am 30.5. in seiner Dienststelle zu: Man habe sich für den Beigeladenen wegen dessen höherer Punktezahl im Bewertungsergebnis der Auswahlkommission und wegen dessen auch in der Schulverwaltung gesammelter Berufserfahrung als den geeigneteren Bewerber entschieden; der Dienstposten werde in Kürze übertragen werden.

12

Hiergegen richtet sich der am 5.6.00 bei Gericht eingegangene Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit welcher der Antragsteller seinen Anspruch auf fehlerfreie Teilhabe am Bewerberauswahlverfahren gerichtlich sichern lassen will.

13

Er beantragt,

dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig bis zum Ablauf einer angemessenen Frist von mindestens 2 Wochen nach Zustellung eines begründeten Bescheides, mit dem über den Widerspruch vom 2.6.2000 entschieden worden ist, zu untersagen, den Dienstposten des Leiters der Berufsbildenden Schulen III in Braunschweig, bewertet nach A-16 BBes0, an Herrn Joachim zu übertragen und auch keine sonstigen Schritte zu unternehmen, die den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers vereiteln könnten.

14

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.

15

Der Antragsteller habe weder einen Anordnungsgrund noch einen Anordnungsanspruch. Der Beigeladene sei eindeutig besser qualifiziert als er, habe jener doch seine Reform- und Innovationsfähigkeit in mehrjähriger Tätigkeit bei der obersten Schulbehörde unter Beweis gestellt. Demgegenüber lasse der Antragsteller Flexibilität und Mobilität vermissen, da er vom Referendariat an nur eine einzige Schule kenne. - Die Entscheidung für den Beigeladenen sei nicht vor der Zustimmung der Ministerin Ende Januar 00 getroffen worden. Dass der Erlass, worin diese Entscheidung bekannt gegeben wurde, das Datum 5.7.99 trage, beruhe auf einem Computerversehen. Es habe sich um einen Musterbrief gehandelt, bei dem versehentlich das Datum nicht aktualisiert worden sei.

16

Der Beigeladene stellt keinen Antrag.

17

II.

Der gemäß § 123 VwG0 zulässige Antrag richtet sich auf Erlass einer Sicherungsanordnung gemäß Satz 1 dieser Vorschrift; denn der Antragsteller will seinen aus Artikel 33 Abs. 2 GG resultierenden Anspruch auf fehlerfreie Teilhabe am Bewerberauswahlverfahren um die Besetzung eines Beförderungsdienstpostens gerichtlich sichern lassen.

18

Der Antrag ist auch begründet. Die Voraussetzungen, unter denen eine gerichtliche Sicherungsanordnung zu treffen ist, liegen vor: Der Anspruch des Antragstellers bedarf der gerichtlichen Sicherung. Es besteht die konkrete Gefahr, dass er anderenfalls infolge der vom Antragsgegner beabsichtigten Beförderung des Beigeladenen untergehen würde.

19

Die Sache ist eilbedürftig und bedarf bereits jetzt einer Entscheidung. Der sog. Anordnungsgrund liegt vor; er ist schon darin zu sehen, dass der Antragsgegner beabsichtigt, dem Beigeladenen den zu besetzenden Dienstposten "in Kürze" zu übertragen. Soweit der Antragsgegner das Vorliegen eines Anordnungsgrundes unsubstantiiert leugnet, bezieht er sich offenbar darauf, dass die Beförderung des Beigeladenen erst sechs Monate nach der Dienstpostenübertragung stattfinden kann (§ 14 Abs. 2 Nr. 4 NBG). - Hierauf kann es jedoch nicht ankommen. Unabhängig davon, wie die Rechtsfrage hier zu beantworten wäre, ob dem Beigeladenen aus einer nur sechsmonatigen Wahrnehmung der Schulleiterstelle ein Bewährungsvorsprung erwachsen könnte, dürften die tatsächlichen Begleitumstände bei einem nur vorübergehenden Einsatz des Beigeladenen in Braunschweig sowohl für diesen als auch für den Antragsteller unzumutbar sein und das Schulklima an der BBS III empfindlich trüben. Im Übrigen ist die Planstelleneinweisung des Beigeladenen bereits in Kürze vorgesehen.

20

Der Antragsteller hat auch einen zu sichernden Anordnungsanspruch. Nach Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte. Zwar gewähren weder Art. 33 Abs. 2 GG noch die zu seiner Konkretisierung ergangenen beamtenrechtlichen Vorschriften einen Anspruch auf Übernahme in ein öffentliches Amt (BVerwG Urt. v. 20.10.1983 NVwZ 84, 1248; BVerfG, Urt. v. 22.5.1975 - BVerfGE 39, 334 [BVerfG 22.05.1975 - 2 BvL 13/73]), doch folgt aus ihnen ein Anspruch des Beamten darauf, dass über seine Einstellung bzw. seine Übernahme nach pflichtgemäßem Ermessen entschieden wird. - Dieser Anspruch des Antragstellers wird durch die beabsichtigte Beförderung des Beigeladenen verletzt.

21

Die Entscheidung des Antragsgegners für den Beigeladenen ist rechtsfehlerhaft zustande gekommen.

22

Zunächst sprechen erdrückende Indizien dafür, dass überhaupt kein Auswahlermessen ausgeübt wurde und die Entscheidung für den Beigeladenen vollkommen unabhängig von der Bewerbung des Antragstellers gefallen ist.

23

Die Vergabe des seit 1.2.99 vakanten Beförderungsdienstpostens an den Beigeladenen war offenbar bereits im Juli 99 im Hause des Antragsgegners "beschlossene Sache" und wurde mit Erlass vom 5.7.999 bereits aktenkundig vorbereitet. Dieser an die Bezirksregierung Braunschweig gerichtete kurze Erlass wurde zwar im Hause des Antragsgegners bis Februar 00 zurückgehalten. Dessen ungeachtet existierte er bereits. Die im Umgang mit Computern erfahrene Kammer ist sachverständig genug, um die Behauptung des Antragsgegners, bei der Datumsangabe "5.7.99" habe es sich um einen Schreibfehler gehandelt, indem bei einem Musterbrief die Aktualisierung des Datums vergessen worden sei, als reine Schutzbehauptung zu werten. Der Text des Erlasses ist vollkommen individuell gehalten; eine Verwendbarkeit als Musterbrief ist ausgeschlossen.

24

Zweifel sind auch an der Richtigkeit des handschriftlichen, offenbar auf einem Telefonat mit dem Antragsgegner beruhenden Vermerks angebracht, mit welchem das Datum des Erlasses angeblich am 14.2.00 in "4.2.00" geändert wurde: Am 14.2.00 war der Erlass bereits mit ursprünglichem Datum bei der Bezirksregierung, die ihn dann unter dem 21.2.00 noch mit seinem ursprünglichen Datum "5.7.99" umsetzte. Wäre das Datum tatsächlich eine Woche vorher geändert worden, fragt sich, warum dies nicht von der Bezirksregierung berücksichtigt wurde.

25

Dass hier unabhängig von der Bewerbung des Antragstellers agiert wurde, zeigt sich weiterhin an der befremdenden Eile, mit der man daran ging, die Stelle des Beigeladenen in wieder zu besetzen: Der Antragsgegner schrieb diese Stelle als frei aus, bevor er den Antragsteller über die Ablehnung seiner Bewerbung für Braunschweig informiert hatte. Zwischen dem Ausgabedatum des Schulverwaltungsblattes und dem Zugang des Ablehnungsbescheides bei dem Antragsteller liegen 30 Tage. Dies vermittelt den Eindruck, dass die Bewerbung des Antragstellers von dem Antragsgegner als nebensächlich behandelt wurde. Es wurde dem Zufall überlassen, ob der Antragsteller durch die Lektüre des Schulverwaltungsblattes oder durch ablehnenden Bescheid Kenntnis vom Misserfolg seiner Bewerbung erlangte. Anders als z.B. bei einer infolge Eintrittes in den Ruhestand frei gewordenen Stelle war die Stelle in bei ihrer Ausschreibung eben noch nicht frei.

26

Die Entscheidung des Antragsgegners für den Beigeladenen ist jedoch auch dann rechtsfehlerhaft zustande gekommen und im Rahmen eines vorläufigen Rechtsschutzverfahrens aufzuhalten, wenn man - unabhängig von allem soeben Gesagten - unterstellt, dass ihr Auswahlüberlegungen zwischen beiden Konkurrenten zugrunde gelegen haben.

27

Als Akt wertender Erkenntnis unterliegt eine Auswahlentscheidung grundsätzlich nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Sie kann materiell-rechtlich nur darauf überprüft werden, ob die Verwaltung ihren Beurteilungsfreiraum verkannt hat, ob sie von unrichtigem Sachverhalt ausgegangen ist, ferner darauf, ob sie ihrer Entschließung sachfremde Erwägungen zugrunde gelegt oder dabei allgemein gültige Bewertungsregeln verletzt hat.

28

Der letztgenannte gerichtlich feststellbare Verstoß liegt hier vor: Die Auswahl zugunsten des Beigeladenen verletzt, so wie sie aktenkundig zum Ausdruck kommt, anerkannte Bewertungsregeln. Sowohl das Neutralitätsgebot als auch der Gleichbehandlungsgrundsatz verlangen, dass bei einer Bewerberauswahl die Vor- und Nachteile beider Bewerber einander quasi emotionslos gegenüber gestellt und gegeneinander abgewogen werden.

29

Hiergegen wurde verstoßen: Es geht nicht an, aus der beruflichen Vita des Beigeladenen die dort vorhandenen eignungsrelevanten Vorteile hervorzuheben, gleiche positive Hilfskriterien aus der Vita des Antragstellers aber zu verschweigen, wie dies im Vorlagebericht vom 28.1.00 an die Ministerin geschieht: Erwähnt wird dort, dass der Beigeladene in unterschiedlichen Funktionen in der Schule tätig war. Verschwiegen wird, dass dies auch auf den Antragsteller zutrifft, indem dieser z.B. die Schülerdatenerfassung auf EDV umstellte und beim Schulträger Mitglied einer Projektgruppe "ADV in Schulsekretariaten" war. Unterdrückt wird ferner der für das Amt außerordentlich eignungsrelevante Umstand, dass der Antragsteller seit November 95 stellvertretendes Mitglied im Berufsbildungsausschuss der Handwerkskammer und seit Mai 98 außerdem ordentliches Mitglied im Berufbildungsausschuss der Industrie- und Handelskammer ist.

30

Ebenso wenig geht es an, eher negative Hilfskriterien aus der Vita des Antragstellers hervorzuheben, die gleichen Umstände in der Vita des Beigeladenen aber zu verschweigen. Auch dies ist hier geschehen, indem vorgetragen wird, der Antragsteller "kenne" von seinem Referendariat an nur eine Schule. Damit wird suggeriert, der Beigeladene "kenne" deren mehr. Tatsächlich war der Beigeladene, wie er in seinem Lebenslauf angibt, als Lehrer ausschließlich an der BBS I in tätig, und waren beide Bewerber während ihres Vorbereitungsdienstes dem staatlichen Studienseminar in zugewiesen.

31

Als Verstoß gegen anerkannte Bewertungsregeln muss es weiterhin gesehen werden, wenn der Antragsgegner davon ausgeht, der Beigeladene sei von der Auswahlkommission als der Bessere beurteilt worden und dies seiner Auswahl zugrunde legt. Wenn bei maximal 36 möglichen Gesamtpunkten die Gesamtbewertungen der beiden Bewerber um nur einen Punkt differieren, so kommt in einer derart kleinen Differenz das Unwägbare des Beurteilungsspielraumes zum Ausdruck, wie er aus der Persönlichkeit oder momentanen Stimmung der Beurteiler fließt und unmessbar bleibt, da er nicht mit Gewissheit reproduzierbar ist.

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Schließlich ist zu beanstanden, dass in den Auswahlüberlegungen nicht zur Kenntnis genommen wird, dass der Antragsteller über eine abgeschlossene praktische Berufsausbildung als Bankkaufmann verfügt. Die hieraus gewonnene praktische Erfahrung auf einem derjenigen Berufsfelder, zu deren Ausfüllung gerade berufsbildende Schulen erziehen sollen, hätte unbedingt der mehrjährigen Verwaltungserfahrung des Beigeladenen in der obersten Schulbehörde gegenüber gestellt werden müssen. Es hätten Erwägungen darüber angestellt werden müssen, ob nicht das Anforderungsprofil gerade des hier streitbefangenen Dienstpostens eines Leiters einer Berufsbildenden Schule eher von einem Bewerber mit abgeschlossener Lehre erfüllt werden kann als von einem Bewerber ohne solche Praxisnähe, aber mit breiter Erfahrung in der obersten Schulverwaltung.

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Die Wichtigkeit des Anforderungsprofil eines zu besetzenden Dienstpostens bei der Bewerberauswahl ist von der obergerichtlichen Rechtsprechung bereits wiederholt betont worden. Es wurde darauf hingewiesen, dass eine günstigere Eignungsprognose am Maßstab des Anforderungsprofils im Einzelfall sogar einen Leistungsvorsprung aufgrund anderer Kriterien ausgleichen kann (vgl. 0 VG Münster, Beschl. v. 14.12.99 (12 B 1304/99), IÖD 00/196; Hessischer VGH, Beschl. v. 16.6.98 (1 Tz. 45/98), Hess. VGH-Rechtsprechung 99, 33 bis 34).

34

Nach allem ist die getroffene Beförderungsauswahl fehlerhaft. Der begehrte vorläufige Rechtsschutz steht dem Antragsteller zu.

35

Die Kostenentscheidung zu Lasten des Antragsgegners ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwG0.

Dr. Allner
Krause
Hartermann