Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 22.06.2010, Az.: 2 U 15/10

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
22.06.2010
Aktenzeichen
2 U 15/10
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2010, 40163
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:2010:0622.2U15.10.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Oldenburg - 14.12.2009 - AZ: 13 O 864/09

Fundstellen

  • BauR 2011, 895
  • IBR 2011, 191

In dem Rechtsstreit

...

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ... auf die mündliche Verhandlung vom 08.06.2010 für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 14.12.2009 verkündete Urteil des Landgerichts Oldenburg wie folgt abgeändert:

  2. 1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 39.775,59 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. Februar 2009 zu zahlen.

  3. 2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 1.419,19 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. Februar 2009 zu zahlen.

  4. 3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

  1. 4. Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der im Berufungsrechtszug angefallenen Kosten des Nebenintervenienten trägt der Beklagte. Die erstinstanzlich angefallenen Kosten der Nebenintervention trägt der Nebenintervenient.

  1. 5. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

  2. 5. Die Revision wird nicht zugelassen.

  3. 6. Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 48.004,64 € festgesetzt.

Gründe

1

I.

Gegenstand des Rechtsstreites ist ein auf Werklohnzahlung gerichteter Anspruch.

2

Ende des Jahres 2007 beauftragte der Beklagte die Klägerin mit Umbaumaßnahmen an einer Immobilie in Wilhelmshaven, in welcher ein Einkaufsmarkt betrieben wurde. Das Objekt hatte der Beklagte bereits zuvor an eine Grundstückgesellschaft veräußert, der gegenüber er sich verpflichtet hatte, den Markt entsprechend den Vorstellungen der Mieterin, der Firma A..., zu erweitern und so die Voraussetzungen für eine Verlängerung des Mietvertrages mit dieser Firma um weitere 10 Jahre zu schaffen. Auf der Grundlage einer durch den Nebenintervenienten, den Architekten S..., erstellten, an einer Baubeschreibung der Fa. A... orientierten Leistungsbeschreibung schlossen die Parteien einen auf Vornahme der entsprechenden Umbauarbeiten gerichteten Werkvertrag, in welchem ein Pauschalpreis von 267.750,- € brutto vereinbart wurde.

3

Auch im Rahmen der Objektüberwachung setzte der Beklagte den Architekten S..., den er mit der Durchführung und Bauaufsicht für das in Rede stehende Objekt beauftragt hatte, ein. Der Nebenintervenient, der bereits seit etwa 20 Jahren Tätigkeiten für den Beklagten ausübte, verfügte über eine ihm erteilte Architektenvollmacht, nach deren Wortlaut er bevollmächtigt war, den Beklagten in sämtlichen Angelegenheiten bezüglich dessen Bauvorhaben zu vertreten. Die am 01.07.2007 erteilte Vollmacht sollte vorbehaltlich eines durch den Beklagten oder dessen Erben erklärten Widerrufs über den Tod des Beklagten hinaus wirksam sein. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Vollmacht vom 01.07.2007 - Bd. I Bl.114 d. A. - verwiesen.

4

Die Arbeiten wurden am 29.07.2008 durch den Beklagten im Beisein des Architekten abgenommen, wobei lediglich Vorbehalte wegen weniger, vorliegend nicht streitbefangener Mängel erklärt wurden.

5

Die vereinbarte Pauschalvergütung von 267.750,- € beglich der Beklagte bis auf einen Restbetrag von 6.487,49 €. Darüber hinaus erfolgte am 26.09.2008 eine Zahlung über 10.000,- €, welche nach Darstellung des Beklagten durch seine Tochter veranlasst wurde, die irrigerweise angenommen habe, nur durch eine derartige Zahlung eine ohnedies unzulässige Eintragung einer weiteren Handwerkersicherungshypothek abwenden zu können.

6

Die Klägerin begehrt den noch ausstehenden Restbetrag von 6.487,49 € sowie eine Vergütung für Zusatzaufträge in Höhe von insgesamt 43.288,10 € abzüglich der Zahlung über 10.000,- €, mithin noch 39.775,59 €.

7

Die Klägerin hat bereits erstinstanzlich behauptet, ihr seien durch den hierzu bevollmächtigten Architekten S... im Namen des Beklagten Zusatzaufträge in einem Gesamtvolumen von 43.288,10 € mündlich erteilt worden. Hintergrund dieser Aufträge sei einerseits gewesen, dass durch den Architekten nach der Baubeschreibung der Firma A... erforderliche Positionen bei der Erstellung des Leistungsverzeichnisses übersehen und deshalb nachträglich beauftragt worden seien, andererseits, dass die Firma A... Änderungen der ursprünglich geplanten Bauausführung begehrt habe, welche der Architekt aufgegriffen habe. Hinsichtlich der Einzelheiten wird zum einen auf die Rechnungen vom 17.09.2008 mit den Beleg Nr. 253 und 254 - Bd. I Bl. 28 - 31 d. A. -, welchen eine Aufspaltung der nach Darstellung der Klägerin beauftragten Zusatzarbeiten in solche, welche durch den Architekten versehentlich bei der Ausschreibung nicht berichtigt wurden, sowie in solche, welche auf Zusatzanforderungen der Firma A... während der Bausphase zurückzuführen sind, zu Grunde liegt, verwiesen, sowie andererseits auf Kapitel 3 , Titel 3.1 bis 3.3 der Schlussrechnung vom 08.08.2008 - Bd. I Bl.61-66 d. A., in welcher die Zusatzaufträge untergliedert nach solchen, welche sich auf Umbauarbeiten des Eingangsbereich beziehen (11.876,41 € brutto), sowie solche, welche eine Erweiterung des Lagers und der Rampe betreffen (33.610,71 € brutto) abzüglich von Minderkosten in Höhe von 2.199,02 € brutto enthalten sind.

8

Im Zuge eines am 25.07.2008 seitens ihres Mitarbeiters Koopmann mit dem Architekten S... geführten Gespräches sei über die Vergütung der einzelnen Zusatzaufträge Einvernehmen erzielt worden. Entsprechende Vergütungsforderungen seien in die Schlussrechnung aufgenommen worden.

9

Der Beklagte hat demgegenüber die Erteilung der Zusatzaufträge ebenso wie eine Bevollmächtigung des Nebenintervenienten bestritten. Im Übrigen beruft er sich auf die Nichteinhaltung einer vertraglich vereinbarten Schriftform für die Erteilung von Nachtragsaufträgen, welche ebenfalls zur Folge habe, dass kein Vergütungsanspruch bestehe. Hinsichtlich der Einzelheiten wird insoweit auf die besonderen Angebots- und Vertragsbedingungen Bd. I Bl. 7 d. A. verwiesen.

10

Hilfsweise hat der Beklagte in Höhe von 5.000,- € die Aufrechnung gegenüber der Klageforderung mit einer von ihm behaupteten Schadensersatzforderung über 5.076,54 € erklärt. Er hat diesbezüglich vorgetragen, infolge verspäteter Fertigstellung durch die Klägerin habe die vorgesehene Mieterhöhung von monatlich 1.422,- € netto von der Firma A... nicht bereits wie beabsichtigt vom April, sondern erst vom August 2008 an gefordert werden können, so dass ein Mietausfall über drei Monate hin entstanden sei.

11

Die Klägerin hat bestritten, für die verzögerte Fertigstellung verantwortlich zu sein. Nach ihrer Darstellung hat die Verzögerung ihre Ursache in der Erbringung der nachträglich vereinbarten Zusatzleistungen.

12

Mit am 14.12.2009 verkündetem Urteil hat das Landgericht Oldenburg die Klage abgewiesen.

13

In seiner Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass es aufgrund der glaubhaften Angaben des Nebenintervenienten zwar davon überzeugt sei, dass er sämtliche Zusatzaufträge ereilt habe, er hierzu jedoch nicht bevollmächtigt gewesen sei. Die Architektenvollmacht sei eng auszulegen, zur Erteilung von mit unmittelbaren wirtschaftlichen Konsequenzen verbundenen Aufträgen im Namen des Beklagten sei der Nebenintervenient nicht befugt gewesen. Im Übrigen berechtige die Vollmacht keinesfalls dazu, Aufträge zur Beseitigung eigener Fehler zu erteilen. Hinsichtlich derjenigen Positionen, welche er versehentlich nicht in das Leistungsverzeichnis aufgenommen habe, habe der Architekt demzufolge ohnedies keine Nachtragsaufträge erteilen dürfen. Die Voraussetzungen einer Anscheins- oder Duldungsvollmacht seien ebenfalls nicht gegeben. Auch habe der Beklagte die Auftragserteilung nachträglich weder ausdrücklich noch konkludent genehmigt. Auch aus einer Geschäftsführung ohne Auftrag ließen sich Ansprüche nicht herleiten.

14

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vortrages der Parteien sowie der angefochtenen Entscheidung wird gemäß § 540 Abs. 1 Ziffer 1 ZPO auf das landgerichtliche Urteil verwiesen.

15

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren weiter verfolgt.

16

Sie ist der Auffassung, für die durch das Landgericht vorgenommene einschränkende Auslegung der erteilten Vollmacht bestehe kein rechtfertigender Grund. Vielmehr sei der Nebenintervenient zur Erteilung der Zusatzaufträge grundsätzlich berechtigt gewesen. Auf die Einhaltung des Schriftformerfordernisses habe er in Ausübung der Vollmacht angesichts der Dringlichkeit des Bauvorhabens verzichtet. Die Höhe der Vergütung sei durch ihn nachträglich gebilligt worden. Abgesehen davon sei dem Beklagten die Erteilung der Zusatzaufträge auch deshalb zuzurechnen, weil die Voraussetzungen einer Duldungsvollmacht gegeben seien und er diese zudem im Rahmen einer Besprechung am 11. September 2008 nachträglich genehmigt habe. Im Übrigen habe das Landgericht auch einen auf eine Geschäftsführung ohne Auftrag gegründeten Anspruch zu Unrecht verneint. Letztlich lasse sich die klägerische Forderung aus einer ungerechtfertigten Bereicherung herleiten.

17

Die Klägerin beantragt,

  1. 1.

    den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 39.775,59 € nebst 8 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 290.02.2009 zu zahlen.

    1. 2.

      Den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin weitere 1.419,19 € nebst 8 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 20. Februar 2009 zu zahlen.

18

Der Streitverkündete hat sich den Berufungsanträgen der Klägerin angeschlossen.

19

Der Beklagte beantragt,

  1. die Berufung zurückzuweisen,

20

Der Beklagte verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung. Er ist der Auffassung, die Interessenlage der Beteiligten gebiete eine einschränkende Auslegung der Vollmacht. Der Beklagte habe ein besonders ausgeprägtes Interesse daran gehabt, eine weitere Erhöhung der Baukosten zu verhindern, da diese bereits von vorneherein nur teilweise in den Kaufpreis eingeflossen seien. Dies sei dem Nebenintervenienten und in Grundzügen auch der Klägerin bekannt gewesen. Außerdem seien formelle Zusatzaufträge zu keinem Zeitpunkt unter Benennung der Kosten ausformuliert, vielmehr sei von Fall zu Fall auf der Baustelle über Forderungen der Firma A... entschieden worden.

21

Dass den Forderungen der Klägerin überhaupt Mehrleistungen zugrunde liegen, bestreitet er. Er behauptet, die Klägerin habe willkürlich hin und hergerechnet, wie sich bereits daran zeige, dass sie in der ursprünglichen Gesamtrechnung vom 17.09.2008 zusätzliche Leistungen mit nur insgesamt 24.527,95 € berechnet habe, nach Aufteilung der Leistungen in von vornherein absehbare Mehrkosten und solche, welche auf zusätzliche Anforderungen der Firma A... zurückgehen, es dann aber zu einer nicht nachvollziehbaren Erhöhung der Zusatzkosten um etwa 6.000,- € gekommen sei.

22

Die Willkürlichkeit der Berechnung offenbare sich auch beispielhaft an diversen Positionen. Für die Höherführung des Verblendmauerwerks im Bereich der Rinne sei ein Quadratmeterpreis von 75,19 € angesetzt worden, obwohl für die Grundposition aus der Ausschreibung lediglich ein solcher von 20,86 € vereinbart gewesen sei. Die zusätzlich in Rechnung gestellte Versteifung der Laibungen links und rechts eines Durchbruchs zum Laden, welche Kosten aufwerfe, die nahezu genauso hoch wie die der Grundleistungen seien, seien nicht nachvollziehbar. Die Erforderlichkeit der Öffnungen einer Paneelwand für die Herstellung einer neuen Türöffnung sei bereits aus der Baubeschreibung und der damit verbundenen Begehung, gegebenenfalls auch aus den Vorgaben der Firma A... erkennbar gewesen. Warum diese Kosten in Höhe von 1.522,52 € aufwerfen können, sei nicht nachvollziehbar.

23

Er nimmt in Abrede, dass die berechneten Leistungen bei verständiger Würdigung der Ausschreibungsunterlagen überhaupt als Zusatzleistungen anzusehen seien. Vielmehr seien die Änderungen und Mehrleistungen im Grundsatz bereits in der Baubeschreibung der Firma A... angelegt gewesen. So etwa sei eine als nachträgliche Änderung in Rechnung gestellte Verschiebung der Schneckenverdichteröffnung nicht nachvollziehbar, da die Schneckenpresse mit Sicherheit von vornherein habe versetzt werden müssen. Auch sei es selbstverständlich, dass die Baustelle auf irgendeine Weise angesichts der bei laufendem Betrieb durchgeführten Arbeiten gesichert werden müsse, so dass die Erforderlichkeit eines Einbruchsschutzes für den Teilabbruch des Daches von Beginn an erkennbar gewesen sei.

24

Dazu, von der Einhaltung des Formerfordernisses abzusehen, sei der Nebenintervenient im Übrigen aufgrund der ihm erteilten Vollmacht keinesfalls berechtigt gewesen. Ein Verzicht auf selbiges sei auch nicht ersichtlich.

25

Eine zunächst eingelegte, auf Zahlung von 8.229,05 € nebst Zinsen gerichtete Widerklage, deren Erhebung als Einlegung einer Anschlussberufung auszulegen ist, hat der Beklagte im Verhandlungstermin zurückgenommen. Die mit der Widerklage geltend gemachte Forderung setzte sich einerseits aus dem bereits erstinstanzlich hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Verzögerungsschaden von 5.076,54 €, andererseits aus einem Rückforderungsanspruch in Höhe von 3.152,51 € betreffend die nach Auffassung des Beklagten in dieser Höhe ohne Rechtsgrund geleistete Zahlung über 10.000,- € zusammen.

26

Die Berufung ist zulässig und in der Sache im Wesentlichen begründet.

27

Der Nebenintervenient hat die streitgegenständlichen Zusatzaufträge Namens und in Vollmacht des Beklagten erteilt. Im Zuge seiner zeugenschaftlichen Vernehmung durch das Landgericht hat er bestätigt, sämtliche seitens der Klägerin als Zusatzarbeiten in Rechnung gestellten Leistungen als solche nachträglich in Auftrag gegeben zu haben. Er hat angegeben, bei den unter der Belegnummer 253 mit rund 20.000,- € netto berechneten Leistungen habe es sich um Arbeiten gehandelt, deren Erforderlichkeit zwar der Baubeschreibung der Firma A... von Beginn an habe entnommen werden können, welche er jedoch versehentlich in das Leistungsverzeichnis, das der Ausschreibung zugrunde gelegt worden sei, nicht aufgenommen habe. Bei den der Rechnung mit der Belegnummer 254 über 15.764,- € zugrundeliegenden Arbeiten handele es sich demgegenüber um solche, welche infolge zusätzlicher Anforderungen seitens der Firma A... erforderlich geworden seien. Auch die diesbezüglichen Zusatzaufträge habe er erteilt. Die Angaben des Nebenintervenienten hat das Landgericht als glaubhaft angesehen. Es sind auch keine Umstände ersichtlich, welche geeignet wären, die Richtigkeit seiner Darstellung in Zweifel zu ziehen. Vielmehr spricht alles dafür, dass der Nebenintervenient, der sich durch seine Angaben selbst der Gefahr einer Inanspruchnahme seitens des Beklagten aussetzt, die Geschehnisse wahrheitsgemäß geschildert hat. Auch die Parteien haben dies nicht in Frage gestellt.

28

Die ihm erteilte Vollmacht erstreckte sich entgegen der Auffassung des Landgerichts auch auf die Erteilung dieser Aufträge. Allerdings trifft es zu, dass eine im Zusammenhang mit der Bauleitung erteilte Architektenvollmacht mit Rücksicht auf den Schutz des Bauherren einschränkend auszulegen ist, auch wenn sie nicht ausdrücklich inhaltlich beschränkt wurde. Von einer umfassenden Vollmachtserteilung kann nur ausgegangen werden, wenn sich ein dahingehender Wille des Bauherrn aus seiner Erklärung oder den Umständen zweifelsfrei ergibt (BGH BauR 1978, 139; OLG Stuttgart BauR 1994, 789; Werner/Pastor-Werner Der Bauprozess, 12. Auflage, Rz. 1079). Gerade vorliegend lassen jedoch sowohl die Formulierung der Vollmacht als auch die sonstigen Umstände keinen Zweifel daran, dass eine umfassende Vollmacht erteilt werden sollte, die auch hinsichtlich der Erteilung von Zusatzaufträgen keinen Einschränkungen unterliegt. Die in Rede stehende Vollmacht wurde nicht, wie dies regelmäßig geschieht, im Zusammenhang mit der Übertragung der Bauleitung für ein feststehendes, konkretes Bauvorhaben erteilt, sondern vielmehr im Hinblick auf eine Mehrzahl, nicht näher konkretisierter Vorhaben. Ihr Inhalt unterscheidet sich ebenso wie die für ihre Erteilung ausschlaggebenden Umstände in gravierender Weise von der üblicherweise mit einer Bauleitung einhergehenden Vollmachterteilung. Der Nebenintervenient war zum Zeitpunkt der Vollmachtserteilung bereits seit etwa 20 Jahren für den Beklagten tätig war. Die Vollmacht wurde zeitlich unbegrenzt erteilt und sollte nach ihrem ausdrücklichen Inhalt über den Tod des Beklagten hinaus weiterhin Geltung entfalten. Sie war ausdrücklich weit gefasst, indem sie sämtliche Angelegenheiten im Zusammenhang mit den Bauvorhaben des Beklagten erfasste. Soweit in ihr ausgeführt wurde, dass sie sich "insbesondere" auch auf das Auftreten gegenüber Behörden erstrecke, kann hierin eine Einschränkung ihres Umfanges nicht gesehen werden. Bei den Bauvorhaben des Beklagten handelte es sich zudem um solche außergewöhnlichen Umfanges. Die Tatsache, dass der Beklagte schon deshalb daran interessiert war, die Baukosten möglichst gering zu halten, weil er diese nicht im vollen Umfange auf den Kaufpreis aufschlagen konnte, vermag eine einschränkende Auslegung der ganz allgemein für eine Vielzahl noch nicht konkretisierter Bauvorhaben erteilten Vollmacht nicht zu begründen. Dass sie der Klägerin nicht vorgelegt wurde und nicht bekannt war, führt ebenso wenig zu einer Beschränkung ihres Umfanges.

29

Die Vollmacht bedarf auch aus sich heraus keiner Einschränkung dahingehend, dass sie sich nicht auf Zusatzaufträge, die der Beseitigung eigener Arbeitsfehler des Architekten dienen, erstrecke. Eine derartige Einschränkung, die sich einzig aus Inhalt und Zweck des Grundgeschäftes herleiten ließe, ist jedenfalls im vorliegenden Fall nicht geboten. Die durch den Nebenintervenienten versehentlich nicht in die Leistungsbeschreibung aufgenommenen Arbeiten sind ungeachtet dessen im Zuge der Umbaumaßnahmen erforderlich gewesen. Sie hätten auch bei ordnungsgemäßer Planung nicht vermieden werden können, sondern lediglich bereits in einem früheren Stadium in den Leistungsumfang einbezogen werden müssen. Ein Architekt ist selbst nicht zur Vornahme fehlerhaft nicht in die Planung einbezogener Arbeiten im Rahmen einer Naturalrestitution verpflichtet, er schuldet lediglich Schadensersatz. Demnach hätte der Nebenintervenient die notwendigen Arbeiten nicht im eigenen Namen vergeben müssen; der Bauherr kann sie vielmehr nur von einem Bauunternehmer gegen Vergütung erlangen.

30

Die wirksame Erteilung der Aufträge scheitert auch nicht an der Übergehung der in den allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbarten Schriftform. Vertraglich vereinbarte Schriftformklauseln können zwischen den Parteien jederzeit konkludent und formfrei aufgehoben werden (vgl. BGH WM 81, 121). Dies gilt auch für Klauseln der vorliegenden Art (vgl. Werner/Pastor - Werner a.a.O. Rz. 1160; Brandenburgisches OLG NJW RR 2001, 1673). Die Aufhebung kann stillschweigend dadurch erfolgen, dass die Beteiligten die Geltung der formlos getroffenen Vereinbarung übereinstimmend wollen, selbst wenn sie an das Schriftformerfordernis nicht gedacht haben (vgl. BGH BGHR 2003, 150; BGH WM 82, 902). Ein derartiger Verzicht kann durch den Vertreter erklärt werden. Eine dem entgegen stehende Einschränkung der über eine übliche Architektenvollmacht weit hinausgehenden Vollmacht ist vorliegend nicht geboten. Das Verhalten des Nebenintervenienten kann nur als konkludenter Verzicht auf die Einhaltung des Formerfordernisses gewertet werden.

31

Soweit der Beklagte durch den Hinweis darauf, dass die Klägerin an der Ausschreibung zunächst erfolglos teilgenommen, dann aber den Auftrag nach Reduzierung ihres Angebotes aufgrund persönlicher Vorsprache doch noch erhalten habe, andeutet, dass sie ihre Preise zum Zwecke der Auftragserteilung reduziert, im nachhinein aber versucht habe, das ursprüngliche Preisniveau durch angebliche Zusatzaufträge wieder zu erreichen, mangelt es diesem Vortrag an hinreichender Substanz. Anhaltspunkte für ein betrügerisches Vorgehen oder ein kollusives Zusammenwirken im Verein mit dem Nebenintervenienten sind nicht ersichtlich. Entgegen der Ansicht des Beklagten lassen sich der Berechnung der Klägerin auch keine Schwankungen entnehmen, welche auf eine willkürliche Rechnungstellung hindeuten. Bei der Rechnung vom 17.09.2008, mit welcher insgesamt 24.527,95 € beansprucht wurden, handelt es sich um die diejenige mit der Belegnummer 253. Unter demselben Datum wurde eine zweite Rechnung mit der Belegnummer 254 über weitere 18.760,15 € erteilt. Hinsichtlich des Umfangs und der Kosten der Zusatzaufträge entsprechend die Positionen aus den beiden Rechnungen exakt denjenigen, die auch in das Angebot Nr. 4762 vom 25.07.2008 - insoweit wird auf Bd. I Bl.12-18 d. A. verwiesen - und die Schlussrechnung vom 08.08.2008 aufgenommen wurden. Lediglich die gegenzurechnenden Minderkosten differieren in dem genannten Angebot und den Rechnungen, wobei der Klagforderung allerdings der für den Beklagten günstigere Betrag von 2.199,02 € aus der Schlussrechnung vom 08.08.2008 zugrunde gelegt worden ist.

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Aus den glaubhaften Angaben des Nebenintervenienten ergibt sich auch, dass er diese Zusatzaufträge zumindest konkludent zu den seitens der Klägerin angesetzten Einheitspreisen erteilt hat. Er hat bestätigt, alle streitgegenständlichen Zusatzarbeiten in Auftrag gegeben zu haben, woraus sich das aus den Rechnungen ersichtliche Volumen ergeben habe. Später seien die Rechnungen von ihm geprüft worden. Sodann sei eine Besprechung im Büro der Klägerin abgehalten worden, anlässlich derer die Rechnungen durchgesprochen und mehr und Minderleistungen erörtert worden seien. Soweit der Beklagte mit der Berufungserwiderung vereinzelt beanstandet, dass die Preisgestaltung nicht nachvollziehbar sei, stellt sich sein Vortrag als pauschal und unsubstantiiert dar. Zudem erweist er sich als neu und verspätet gem. § 531 Abs.2 ZPO, da er bereits erstinstanzlich hätte angebracht werden können und müssen.

33

Der Nebenintervenient hat in seiner Vernehmung des Weiteren bestätigt, dass sämtliche Zusatzarbeiten tatsächlich auch ausgeführt worden sind. Das Werk wurde insgesamt am 29.07.2008 durch den Beklagten im Beisein des Nebenintervenienten abgenommen. Das erstinstanzlich angebrachte pauschale Bestreiten der Leistungserbringung seitens des Beklagten erweist sich schon mit Rücksicht auf die Abnahme als unzureichend. Soweit er beispielhaft konkreten Vortrag angebracht hat, mangelt es diesem an der erforderlichen Klarheit und Substantiierung.

34

Dass sich die Notwendigkeit diverser den Nachtragsaufträgen zugrundeliegender Arbeiten bereits aus der Baubeschreibung der Firma A... ergab, steht zwischen den Parteien grds. außer Streit, führt jedoch nicht zu einer Herabsetzung des Vergütungsanspruches. Wie der Nebenintervenient ausgeführt hat, ist die Aufnahme dieser Positionen in die Leistungsbeschreibung unterblieben. Dass diese Unvollständigkeit unbemerkt blieb, unterfällt nicht vorrangig der Verantwortlichkeit der Klägerin. Durch die ergänzende Beauftragung wurden insoweit wirksame Vergütungsansprüche begründet.

35

Nicht anders verhält es sich, soweit der Beklagte behauptet, die Arbeiten seien bereits vom Ursprungsauftrag erfasst gewesen. Die uneingeschränkte Beauftragung als Nacharbeit gegen zusätzliche Vergütung begründet jedenfalls in der Regel einen Anspruch, der nicht dadurch entfällt, dass der Ursprungsvertrag eine Auslegung zulässt, nach welcher die Leistungen ohnehin geschuldet waren. Abgesehen davon lässt sich dem pauschalen, mit kaum aussagekräftigen Beispielen untermauerten Vortrag auch nicht nachvollziehbar entnehmen, dass das Verständnis des fachkundigen Nebenintervenienten, der selbst die Ausschreibung vorgenommen hat, vom Umfang des Leistungsverzeichnisses unzutreffend wäre. Außerdem erweist sich das Vorbringen als neu und gem. § 531 Abs.2 ZPO verspätet.

36

Die Klagforderung ist nicht in Höhe eines Teilbetrages von 5.000,- € aufgrund der seitens des Beklagten erklärten Hilfsaufrechnung erloschen. Ein Schadensersatzanspruch wegen verzögerter Bauausführung steht dem Beklagten nicht zu, da eine verbindliche Fertigstellungsfrist nicht vereinbart worden ist. Ausweislich des Bauvertrages war lediglich eine Fertigstellung "ca." in der 18 Kalenderwoche 2008 nach Terminplan geschuldet. Zwar hat die Klägerin nachfolgend einen Bauzeitenplan vorgelegt, ausweislich dessen das Bauvorhaben im April 2008 in der 15. Kalenderwoche abgeschlossen werden sollte, doch stellt sich die vertragliche Vereinbarung auch unter Berücksichtigung dieses Bauzeitenplanes als nicht ausreichend bestimmt dar. Ein Mietausfall über drei Monate hin ist im Übrigen nicht nachvollziehbar, weil die erhöhte Miete nach Bekundung des Zeugen E... von der Fa. A... ohnedies erst ab Juni 2008 gezahlt werden sollte. Darüber hinaus hat der Beklagte nicht hinreichend substantiiert dargetan, dass die Verzögerung durch die Klägerin verursacht worden ist. Letztlich mangelt es an einer nachvollziehbaren Darlegung des Schadenseintrittes, da das Mietobjekt zum Zeitpunkt der Durchführung der Umbauarbeiten bereits veräußert worden war und nicht ersichtlich ist, dass dem Beklagten die nach Fertigstellung des Objektes geschuldeten Mietzahlungen noch zustanden.

37

Die Klägerin hat Anspruch auf Verzinsung ihrer Forderung vom 20.02.2009 an, da die Zahlung des offenen Restbetrages gegenüber dem Beklagten unter Fristsetzung bis zum 20.02.2009 angemahnt worden ist. Ein Verzinsungsanspruch besteht gemäß § 288 Abs. 1 Satz 2 jedoch lediglich in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz. Aus dem klägerischen Sachvortrag ergibt sich nicht, ob der Beklagte die Umbaumaßnahmen lediglich im Rahmen seiner Vermögensverwaltung hat durchführen lassen oder aber im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit, so dass das Vorliegen der Voraussetzungen des § 288 Abs.2 BGB nicht festgestellt werden kann.

38

Des Weiteren hat die Klägerin Anspruch auf Erstattung der durch die außergerichtliche Tätigkeit ihrer Prozessbevollmächtigten entstandenen Kosten in Höhe von 1.419,19 €. Der Beklagte war bei Beauftragung der Prozessbevollmächtigten mit der vorprozessualen Geltendmachung der Ansprüche am 13.12.2008 bereits durch eine von der Klägerin übersandte Mahnung vom 29.10.2008 in Verzug geraten. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Mahnschreiben Bd. I Bl.69 d. A. verwiesen.

39

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2, 516 Abs.3 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Ziffer 10, 711 ZPO. Der nicht nachgelassene Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 09.06.2010 gibt weder Anlass zu einer abweichenden rechtlichen Beurteilung noch zum Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung.

40

Der Schriftsatz des Nebenintervenienten vom 07.05.2010 enthält keinen für die Auslegung der erteilten Vollmacht entscheidenden, neuen Vortrag. Im Übrigen ist dem Beklagten auch in ausreichender Weise Gelegenheit zur Stellungnahme eröffnet worden.

41

Den Regelungen der §§ 2 Ziff. 6. und 8. VOB/B kommt angesichts der getroffenen Vereinbarungen im vorliegenden Fall unabhängig von der Frage, ob die VOB/B wirksam einbezogen ist, keine Bedeutung zu.