Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 25.01.2005, Az.: 8 U 84/04
Anspruch auf Rückzahlung geleisteter Rentenversicherungsprämien nach Auskunft über die Höhe ermittelter Rückkaufswerte; Wirksamkeit der für die Berechnung des Rückkaufswertes geltenden Versicherungsbedingungen; Möglichkeit einer ergänzenden Vertragsauslegung bei Unwirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) und Folgen eines durchgeführten Treuhänderverfahrens
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 25.01.2005
- Aktenzeichen
- 8 U 84/04
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2005, 36193
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2005:0125.8U84.04.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hildesheim - 13.04.2004 - AZ: 3 O 5/04
Rechtsgrundlagen
- § 176 Abs. 1 VVG
- § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB
- § 6 AGBG
- § 172 VVG
Fundstelle
- VersR 2005, 535-536 (Volltext mit amtl. LS)
In dem Rechtsstreit ...
hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
auf die mündliche Verhandlung vom 17. Dezember 2004
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ....... sowie
die Richter am Oberlandesgericht ....... und .......
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Kläger gegen das am 13. April 2004 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages vorläufig abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung ihrerseits Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 6.637,32 EUR (bis zu 7.000 EUR).
Gründe
1.
Die Kläger fordern im Wege der Stufenklage zunächst Auskunft über die bei Ermittlung der Rückkaufswerte der bei der Beklagten unterhaltenen drei Rentenversicherungen (wovon zwei auf den Kläger zu 2. entfallen) abgezogenen Abschlusskosten und Stornoabzüge; sie beabsichtigen, nach Auskunftserteilung Zahlungsansprüche auf weitere Beträge - insbesondere hinsichtlich der geleisteten und noch nicht erstatteten Prämien von insgesamt noch 6.637,32 EUR - zu verfolgen. Jeweils am 12. Mai 1999 erteilte die Rechtsvorgängerin der Beklagten für drei ab 1. Juni 1999 laufende Rentenversicherungen unter Einbeziehung der damaligen Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Rentenversicherung (AVB Bl 10 ff. d.A.) die Versicherungsscheine. Auf die vorgelegten Versicherungsvertragsunterlagen wird Bezug genommen (Bl. 60 ff., 73 ff., 79 ff. d.A.). Auf die Tabellen der Rückkaufswerte (Bl. 63, 78, 84 d.A.) wird hingewiesen. Nachdem der Bundesgerichtshof vergleichbare Klauseln in Lebensversicherungsverträgen anderer Versicherer (§§ 6 Abs. 3, 15 AVB), für unwirksam erklärt hatte (BGH vom 9. Mai 2001 - IV ZR 121/00 und IV ZR 138/99 -), führte die Beklagte ein Treuhänderverfahren mit dem Ziel der Klauselersetzung nach § 172 Abs. 2 VVG durch. Mit dem vorgelegten Schreiben vom 10. Dezember 2001 (Bl. 75 d.A.), welches den Klägern unstreitig zuging, teilte die Beklagte den Klägern das Ergebnis dieses Verfahrens (Bl. 64 f. d.A.) mit. Die Kläger kündigten die Verträge mit Schreiben vom 15. August 2002 unter Rückforderung der geleisteten Beiträge (Bl. 14 d.A.). Die Beklagte teilte mit Schreiben vom 3. September 2002 (Bl. 15 ff. d.A.) auf Aufforderung die Rückkaufswerte von insgesamt 3.252,34 EUR mit. Die Kläger forderten nach teilweiser Verrechung dieses Betrages auf Prämienrückstände und nach Zahlung des Restbetrages die nunmehr mit der Klage verfolgten Auskünfte und die Rückzahlung der restlichen Prämien (von insgesamt 9.889,66 EUR, somit voraussichtlich bis zu 6.637,32 EUR). Die endgültige Bezifferung wollen die Kläger nach Auskunfterteilung (über evtl. abzusetzende Abschlusskosten und Abzüge) vornehmen.
Mit Urteil vom 13. April 2004 hat das Landgericht Hildesheim die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, dass mangels eines Zahlungsanspruchs auch kein Auskunftsanspruch in Betracht komme. Gemäß § 176 VVG sei nur der unter Vornahme von Abzügen errechnete Rückkaufswert zu erstatten, der jedoch jeweils die von der Beklagten festgestellten und - nach teilweiser Verrechnung mit Prämienrückständen - hinsichtlich des Restbetrages erstatteten Beträge nicht übersteige. Die angegriffenen Klauseln seien, soweit sie unwirksam gewesen seien, zumindest wirksam ersetzt worden. Selbst wenn das Klauselersetzungsverfahren nach § 172 VVG nicht entsprechend auf Rentenversicherungen anwendbar sein sollte, sei die Änderung mangels Widerspruches Vertragsinhalt geworden. Die neuen Klauseln seien transparent im Hinblick auf die verrechneten Abschlusskosten und sonst abgezogenen (Verwaltungs-)Kosten und enthielten den erforderlichen Hinweis auf die dem Versicherungsschein beigefügte Tabelle. Die Ermittlung der Rückkaufswerte sei nicht zu beanstanden und entspreche § 176 VVG.
Hinsichtlich der erstinstanzlich getroffenen tatsächlichen Feststellungen und wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und der erstinstanzlich gestellten Anträge sowie wegen des weiteren Inhalts der Entscheidung des Landgerichts im Einzelnen wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Mit ihrem gegen das Urteil des Landgerichts gerichteten Rechtsmittel verfolgen die Kläger ihre erstinstanzlichen Anträge weiter und tragen dazu, unter Wiederholung und Vertiefung ihres Sachvortrages erster Instanz, ergänzend vor. Sie meinen, die vorgenommenen Abzüge seien nicht gerechtfertigt. Die Abzüge vorsehenden Regelungen in §§ 6 Abs. 3, 15 AVB seien unwirksam, sie hätten den Klägern gegenüber das Ausmaß der wirtschaftlichen Nachteile bei einer Kündigung oder Beitragsfreistellung nicht annähernd klar dargestellt. Ausgehend von der Anwendbarkeit des Ersetzungsverfahrens nach § 172 Abs. 2 VVG auf die Rentenversicherung hätten die unwirksamen Klauseln dennoch nicht wirksam ersetzt werden können, weil dies zu einer Aushöhlung des Verbraucherschutzes führe und dadurch in die Vertragsfreiheit und damit in verfassungsrechtlich gewährleistete Rechte der Kläger eingegriffen werde. Die Kläger hätten die Verträge möglicherweise nicht geschlossen, wenn ihnen die neuen Klauseln von Anfang an bekannt gewesen wären. Die aufgrund der Nichtigkeit der Klauseln in §§ 6 Abs. 3, 15 AVB entstandene Lücke könne auch nicht im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung wieder geschlossen werden, insbesondere könne keine mit den unwirksamen Klauseln inhaltsgleiche Regelung geschaffen werden. Dies widerspreche dem Parteiwillen der Kläger, die in Kenntnis der Art und Weise der Berechnung der Rückkaufswerte gegebenenfalls eine andere Geldanlage gewählt hätten.
Die Kläger beantragen,
- 1.
den Klägern in prüfbarer und belegter Form Auskunft zu erteilen,
- a)
mit welchen Abschlusskosten (gem. § 15 AVB-A...) und welchem Abzug (gem. § 6 Abs. 3 AVB-A...) sie den Zeitwert gemäß § 176 Abs. 3 VVG des mit der Klägerin zu 1 abgeschlossenen Rentenversicherungsvertrages Nr. ....... sowie der mit dem Kläger zu 2 abgeschlossenen Rentenversicherungsverträge Nr. ....... und Nr. ....... belastet hat,
- b)
welche Höhe der nach Kündigung der vorgenannten Verträge jeweils auszuzahlende Betrag ohne die unter a) genannten Belastungen per 1. September 2002 gehabt hätte.
- 2.
einen weiteren Betrag zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. September 2002 an die Klägerin zu 1 bezüglich der Versicherungsnummer ....... sowie an den Kläger zu 2 bezüglich der Versicherungsnummern ....... sowie ....... zu zahlen, wobei diese Beträge nach Erteilung der Auskünfte gemäß Ziff. 1) beziffert werden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
2.
Die Berufung der Kläger ist zulässig. Das Rechtsmittel hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht im Ergebnis weder auf Rechtsfehlern noch rechtfertigen fehlerhafte Tatsachenfeststellungen eine andere Entscheidung (§§ 513, 529, 546, 561 ZPO).
Der geltend gemachte Auskunftsanspruch ist als Hilfsanspruch nicht begründet, da es, hinsichtlich der angegriffenen Verrechnung von Abschlusskosten auf die zu erstattenden Beiträge (insgesamt bis zu 4% der Beiträge) und von Abzügen (Stornokosten/Verwaltungskosten) in Höhe von bis zu 10%, schon zum Grunde an einem Anspruch auf Rückzahlung weiterer Versicherungsprämien fehlt (§ 176 Abs. 1 VVG, § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB).
a)
Es ist davon auszugehen, dass den Versicherungsverträgen für die Berechnung des Rückkaufwertes unter Berücksichtigung von Abschlusskosten nach den §§ 6 Abs. 3 und 15 AVB, in der von der Rechtsvorgängerin der Beklagten verwendeten Fassung der Versicherungsbedingungen (Bl. 10 ff. d.A.), eine nicht ausreichend transparente und damit gemäß § 9 AGBG unwirksame Regelung zugrunde lag. Entsprechende Allgemeine Versicherungsbedingungen eines anderen Versicherers hat der BGH (Urteile v. 09.05.2001 AZ. IV ZR 121/00, VersR 2001, 839 und IV ZR 121/00 VersR 2001, 841) als unwirksam eingestuft, insbesondere, da eine für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer transparente Regelung der anfänglichen Abzüge für Stornogebühren und Abschlusskosten von den eingezahlten Prämien angesichts der verstreuten Regelungen fehle und ein Hinweis auf die Rückkaufwertetabelle im Versicherungsschein auch nicht vorhanden gewesen sei. Dies führt allerdings nicht zur Gesamtnichtigkeit der Verträge.
b)
Nach § 6 Abs. 1 AGBG (a.F.), auf den gemäß Art. 229 § 5 Abs. 1 S. 1 EGBGB abzustellen ist, weil alle Versicherungsscheine vom 12. Mai 1999 datieren und die Verträge auf jeden Fall vor dem 1. Januar 2003 durch schriftliche Kündigung der Kläger vom 15. August 2002 beendet worden sind, bleibt ein Vertrag bei Unwirksamkeit einzelner Klauseln im Übrigen wirksam, soweit sich daraus nicht eine unzumutbare Härte für eine Vertragspartei ergibt. Ob eine unzumutbare Härte vorliegt, ist im Wege der Interessenabwägung zu ermitteln. Zu berücksichtigen sind dabei nicht nur etwaige nachteilige Veränderungen der vertraglichen Austauschbedingungen, sondern auch das berechtigte Interesse der einen oder anderen Vertragspartei an der Aufrechterhaltung des Vertrages.
Infolge des gesetzlich festgeschriebenen Ausnahmecharakters von § 6 Abs. 3 AGBG gegenüber § 6 Abs. 1 AGBG müssen besondere Gründe vorliegen, wenn die Ausnahmevorschrift eingreifen soll. Die Unwirksamkeit einzelner Klauseln reicht deshalb nicht aus, soweit gemäß § 6 Abs. 2 AGBG der Vertrag durch dispositives Recht, einschließlich einer Anpassung des Vertrages im Wege ergänzender Vertragsauslegung an die geänderten Verhältnisse, einen für beide Teile interessengerechten Inhalt erhalten kann.
Eine ergänzende Vertragsauslegung ist auch bei einer Unwirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht ausgeschlossen (BGH 13.11.1997 - IX ZR 289/96 = NJW 1998, S. 450 (451) [BGH 13.11.1997 - IX ZR 289/96][BGH 13.11.1997 - IX ZR 289/96]; BGH 1.2.1984 - VIII ZR 54/83 = BGHZ 90, 69 (73, 74) [BGH 01.02.1984 - VIII ZR 54/83]; BGH 22.1.1992 - IV R 59/91 = BGHZ 117, 92 (98, 99) [BGH 22.01.1992 - IV ZR 59/91]; BGH 3.1.1999 - VII ZR 269/98 = NJW 2000, S. 1110 (1114) [BGH 03.11.1999 - VIII ZR 269/98][BGH 03.11.1999 - VIII ZR 269/98], vgl. allgemein Palandt/Heinrichs, 64. Aufl. 2005, Rdnr. 7 ff. zu § 306 BGB). Es ist nicht Sinn und Zweck des § 6 AGBG, dem Kunden durch den ersatzlosen Fortfall von Klauseln Vorteile zu verschaffen, die das Vertragsgefüge einseitig zu seinen Gunsten verschieben, bis hin zu einer Unentgeltlichkeit der von der Beklagten vorgehaltenen Leistung. Soweit die Kläger vortragen, dass ihnen infolge der ursprünglichen Intransparenz der Klauseln die Möglichkeit genommen worden sei, im Vorfeld des Vertragsschlusses andere Geldanlagen vergleichend in Erwägung zu ziehen, mit der Folge, dass sie möglicherweise vom Abschluss der Rentenversicherungen bei der Beklagten Abstand genommen hätte, rügen sie einen Umstand, der im Rahmen der Prüfung einer möglichen Vertragsanpassung keine Beachtung finden kann. Die Klägermachen insofern Umstände geltend, die nicht die Angemessenheit einer Vertragsanpassung betreffen, sondern die Frage eines Vertragsschlusses überhaupt.
c)
Vorrangige Vereinbarungen über den Vertragsinhalt, die eine Vertragsanpassung ausschließen könnten, haben die Parteien nicht getroffen. Der weitergehenden Ansicht des Landgerichts, dass die geänderten Bedingungen von den Klägern mangels Widerspruches sogar schlüssig akzeptiert worden seien, istallerdings nicht zu folgen, zumal diese den Klägern jedenfalls nicht nur Vorteile brachten (Prölss VVG, 27 Aufl. 2004, Vorbem. I Rdnr. 25) und eine den Klägern teils nachteilige Billigung der geänderten Bedingungen diesen daher nicht unterstellt werden kann.
d)
Einer ergänzenden Vertragsauslegung bedarf es allerdings insoweit nicht, als schon das Gesetz, wie mit dem § 172 Abs. 2 VVG, ein bestimmtes Verfahren zur Anpassung von Versicherungsverträgen vorsieht. Insofern konkretisiert § 172 VVG das nach § 6 Abs. 2 AGBG anzuwendende Vorgehen, wobei der Prüfungsmaßstab des § 6 Abs. 2 AGBG bzw. nach § 306 Abs. 2 BGB (n.F.) auch im Treuhänderverfahren zu beachten ist. Die Beklagte hat mit dem von ihr gemäß § 172 Abs. 2 VVG veranlassten Treuhänderverfahren die infolge der Nichtigkeit der beiden Vertragsklauseln entstandene Lücke rückwirkend, auf eine für die Klägerzumutbare Weise, diesen gegenüber wirksam geschlossen. Das Treuhänderverfahren ist für alle Arten der Lebensversicherung, einschließlich der Rentenversicherung anwendbar und nach zutreffender wohl überwiegender Ansicht im Hinblick auf die vom Gesetzgeber angestrebte umfassende Regelung in § 172 Abs. 2 VVG (trotz der Einschränkung in Absatz 1 der Vorschrift für Risiken mit ungewisser Leistungspflicht) - zumindest entsprechend - auch bei Risiken mit sicherer Einstandpflicht des Versicherers anwendbar (vgl. dazu Prölss/Kolhosser VVG, 27. Aufl. 2004, Rdnr. 3 vor § 159 VVG und Rdnr. 30 zu § 172 VVG m.w.N., OLG Braunschweig VersR 2003, 1520 ff. 1521) [OLG Braunschweig 08.10.2003 - 3 U 69/03].
Soweit vertreten wird, dass eine Durchführung des Treuhänderverfahrens jedenfalls dann zu unterbleiben habe, wenn der Versicherungsvertrag bereits gekündigt ist (vgl. Prölss/Kolhosser VVG, a.a.O., Rdnr. 28 zu § 172 VVG), kommt es darauf hier nicht an, weil das Ergebnis des Treuhänderverfahrens den Klägern bereits mit Schreiben vom 10. Dezember 2001 mitgeteilt wurde und die Kündigung erst mit Schreiben vom 15. August 2002 erfolgte.
e)
Der Anwendbarkeit des Treuhänderverfahrens nach § 172 Abs. 2 VVG steht nicht entgegen, dass die Unwirksamkeit der ursprünglichen Vertragsklausel auf fehlender Transparenz beruhte. Der Ansicht des Landgerichts Hannover im Urteil vom 12. Juni 2003 - 19 S 108/02 - (Bl. 162 ff. d.A.) ist nicht zu folgen. Eine solche Einschränkung folgt, zumindest bei vorwiegend lediglich formellen Defiziten, weder aus dem Gesetz noch ist eine Anpassung sonst - insbesondere nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragauslegung - insofern ausgeschlossen.
f)
Das Verfahren nach § 172 Abs. 2 VVG begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, soweit durch die Regelung die Vertragsfreiheit der Kläger und damit der Schutzbereich des Art. 2 Abs. 1 GG betroffen ist.
Art. 2 Abs. 1 GG schützt die freie Entfaltung der Persönlichkeit. Die aus der all-gemeinen Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG folgende Vertragsfreiheit istjedoch nicht vorbehaltlos gewährleistet. Sie findet ihre Schranken gemäß Art. 2 Abs. 1 GG in der verfassungsmäßigen Ordnung. Darunter sind alle Rechtsnormen zu verstehen, die formell und materiell mit der Verfassung übereinstimmen. Bedenken bestehen im Hinblick auf § 172 Abs. 2 VVG bei zutreffender verfassungskonformer Auslegung nicht. Aufgrund der zu stellenden Anforderungen im Prüfungsverfahren nach § 172 Abs. 2 VVG soll Willkür gerade ausgeschlossen werden. Der Treuhänder hat sich bei der Ausübung der Ersetzungsbefugnis im Rahmen des bei Kenntnis der Klauselnichtigkeit zu vermutenden beiderseitigen Parteienwillens zu halten. Der Sinn und Zweck der Vorschrift besteht darin, Rechts-sicherheit bei einer Klauselnichtigkeit für eine Vielzahl von Verträgen durch eine abgewogene Regelung zu ermöglichen. Nur in diesem engen Rahmen handelt es sich um eine einseitige Klauselersetzungsmöglichkeit des Versicherers, welche die Vertragsfreiheit des Versicherungsnehmers somit nicht unverhältnismäßig einschränkt.
g)
Die Voraussetzungen einer Durchführung des Treuhänderverfahrens waren hier gegeben. Die Beklagte hatte davon auszugehen, dass die §§ 6 Abs. 3, 15 AVB in der ursprünglichen Fassung unwirksam waren, nachdem der Bundesgerichtshof (BGH, Urteile v. 09.05.2001 AZ. IV ZR 121/00, VersR 2001, 839 und IV ZR 121/00 VersR 2001, 841) dies in Bezug auf entsprechende Klauseln anderer Versicherer festgestellt hatte. Infolge der Unwirksamkeit der Klauseln wurde deren Ersetzung zur Fortführung des Vertrages notwendig, da gesetzliche Regeln insofern sonst nicht eingreifen. Der Regelungsgehalt des § 176 Abs. 3 VVG reicht allein nicht aus, um die durch die Nichtigkeit der §§ 6 Abs. 3, 15 AVB a.F. entstandene Vertragslücke zu schließen. Der dort enthaltenen Regelung ist nämlich nur zu entnehmen, dass der Rückkaufswert sich nach den "anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik" für den Schluss der laufenden Versicherungsperiode als Zeitwert der Versicherung berechnet, jedoch nicht, nach welchen Kriterien dies zu erfolgen hat.
Die an die Stelle der nichtigen Klauseln getretene neue Regelung der §§ 6, 15 AVB ist, ausgehend von den vom Bundesgerichtshof in seinen Entscheidungen vom 9. Mai 2001 (a.a.O.) aufgestellten Grundsätzen, nunmehr ausreichend transparent. § 6 Abs. 3 AVB (n.F.) enthält nunmehr zusätzlich, zur Klarstellung drohender Nachteile und zur Verdeutlichung anfangs geringer Rückkaufswerte bei Kündigung, folgenden Zusatz:
"Die Kündigung der Versicherung ist mit Nachteilen verbunden. In der Anfangszeit Ihrer Versicherung ist wegen der Verrechnung von Abschlusskosten nach dem Zillmerverfahren (vgl. § 15) kein Rückkaufswert vorhanden. Der Rückkaufswert erreicht auch in den Folgejahren nicht unbedingt die Summe der eingezahlten Beiträge. Nähere Informationen zum Rückkaufswert und zu seiner Höhe können Sie der ihrem Versicherungsschein beigefügten Tabelle entnehmen".
Die Regelung in § 15 AVB (n.F.) wurde zudem um zwei Absätze ergänzt, in denen zum einen das sogenannte Zillmerverfahren und seine Folgen wie folgt erläutert werden:
"Das beschriebene Verrechnungsverfahren hat wirtschaftlich zur Folge, dass zunächst keine Beiträge zur Bildung einer beitragsfreien Rente oder für einen Rückkaufswert vorhanden sind". Dem steht nicht entgegen, dass die Klauseln nicht die konkreten Abschlusskosten (inklusive der Vermittlungsprovisionen) aufführen. Ein detaillierter Nachweis dieser Kosten ist nicht zu fordern, zumal diese von Fall zu Fall schwanken. Aus der dem Versicherungsschein anliegenden Tabelle ging im Übrigen bereits hinreichend deutlich hervor, dass ein Rückkaufswert erstmals ab dem 1. Juni 2000 zu erwarten war.
h)
Die allgemeinen Angriffe der Berufung gegen das Klauselersetzungsverfahren, insbesondere dass überhaupt Abschlusskosten auf die zu erstattenden Beiträge (insgesamt bis zu 4% der Beiträge) und der Stornokosten von bis zu 10% angerechnet werden, erweisen sich somit insgesamt als nicht begründet.
Dass die Beklagte der Höhe nach nicht entsprechend ihren ersetzten, nunmehr wirksamen, Bedingungen abgerechnet habe, machen die Kläger, die nur allgemein den Abzug jeglicher Abschluss- und Stornokosten angreifen, dagegen gar nicht konkret (im Sinne eines jedenfalls verfolgten "minus") geltend, wie in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich erörtert worden ist. Einer Auseinandersetzung mit den Einzelheiten der Abrechnung bedurfte es unter diesen Umständen nicht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision ist zuzulassen, weil es um Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung geht, die für eine Vielzahl von Fällen entscheidungserheblich sein können.
Hinsichtlich der Anwendbarkeit des Treuhänderverfahrens (zur Ersetzung unwirksamer Klauseln bei der Rentenversicherung) sind Fragen aufgeworfen worden, die noch nicht höchstrichterlich entschieden sind (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).
Zudem erscheint, vor dem Hintergrund der vertretenen unterschiedlichen Rechtsansichten und im Hinblick auf eine Vielzahl zu den aufgeworfenen Rechtsfragen, nach Angaben der Beklagten, bereits anhängiger Revisionsverfahren (vgl. Bl. 182 d.A.), eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung auch in dieser Sache erforderlich (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).