Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 03.01.2005, Az.: 6 W 125/04
Anordnung von Testamentsvollstreckung nur für den Erbteil eines von zwei Miterben; Antrag auf Entlassung des Testamentsvollstreckers durch den unbelasteten Erben; Vorliegen eines wichtigen Grundes als Voraussetzung zur Entlassung eines Testamentsvollstreckers; Grobe Pflichtverletzung des Testamentsvollstreckers; Verrücken von Grundstücksgrenzmarkierungen und Kappen von Versorgungsleitungen; Möglichkeit der Vorabbefriedigung aus dem Nachlass; Strafrechtliche Verurteilung des Testamentsvollstreckers und Leistung des Offenbarungseides; Verfügungsbefugnisse des Testamentsvollstreckers
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 03.01.2005
- Aktenzeichen
- 6 W 125/04
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2005, 10099
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2005:0103.6W125.04.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hannover - 26.10.2004 - AZ: 12 T 106/04
Rechtsgrundlagen
- § 561 ZPO
- § 27 Abs. 1 S. 2 FGG
- § 2227 Abs. 1 BGB
- § 2046 Abs. 1 BGB
- § 2046 Abs. 3 BGB
- § 2040 Abs. 1 BGB
- § 2205 S. 2 BGB
Fundstellen
- BBV 2005, 35
- OLGReport Gerichtsort 2005, 112
Amtlicher Leitsatz
Hat der Erblasser Testamentsvollstreckung nur für den Erbteil eines von zwei Miterben angeordnet und beantragt der unbelastete Miterbe die Entlassung des Testamentsvollstreckers, ist das Vorliegen eines wichtigen Grundes für die Entlassung im Lichte der unterschiedlichen Interessen des Antragstellers und belasteten Miterben, der es bei der Testamentsvollstreckung belassen will, zu würdigen.
In der Nachlasssache
hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 vom 3. November 2004
gegen den Beschluss der 12. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 26. Oktober
2004
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht P.,
den Richter am Oberlandesgericht V. und
die Richterin am Oberlandesgericht A.
am 3. Januar 2005
beschlossen:
Tenor:
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der angefochtene Beschluss wird in Nummer 1 seiner Formel dahin berichtigt, dass es statt "26. April 2004" heißt "19. August 2004" (entsprechend § 319 Abs. 1 ZPO).
Beschwerdewert: 3.000,00 EUR.
Die Festsetzung des Beschwerdewerts in dem angefochtenen Beschluss wird in "3.000,00 EUR" geändert.
Gründe
Das Rechtsmittel ist unbegründet.
Die angefochtene Entscheidung beruht zwar auf einer Verletzung des Rechts (§ 27 Abs. 1 Satz 1 FGG), stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO, § 27 Abs. 1 Satz 2 FGG).
I.
Das Amtsgericht, auf dessen Ausführungen das Landgericht sich, um seine Entscheidung zu begründen, bezogen hat, hat das Fehlen eines wichtigen Grundes, den Beteiligten zu 2 aus dessen Amt als Testamentsvollstrecker über den Nachlass der Erblasserin, soweit der Erbteil der Beteiligten zu 3 betroffen ist, zu entlassen, mit einer Begründung verneint, die rechtlicher Prüfung nicht standhält. Die Annahme des Amtsgerichts, der Verstoß des Beteiligten zu 2 gegen Pflichten, die das Landgericht ihm als Testamentsvollstrecker durch Urteil vom 18. August 1997 (20 O 213/95) auferlegt und die er als Testamentsvollstrecker in dem Prozessvergleich vom 26. August 1998 (12 O 218/97) übernommen hat, könne seine Entlassung erst begründen, wenn der Beteiligte zu 1 versucht habe, den Beteiligten zu 2 durch Zwangsvollstreckung zur Erfüllung dieser Pflichten zu bewegen, findet im Recht keine Stütze. Die Entlassung des Beteiligten zu 2 aus seinem Amt wäre, anders als das Amtsgericht meint, kein "Umweg", den Vergleich zu vollstrecken, sondern das Ergebnis der Prüfung, ob der Beteiligte zu 2, indem er von ihm übernommene Pflichten nicht erfüllt hat, den wichtigen Grund für seine Entlassung (§ 2227 Abs. 1 BGB) gegeben hat, eine Prüfung, die das Amtsgericht - und ihm folgend das Landgericht - unterlassen hat.
II.
Diese Prüfung, die der Senat, da der Sachverhalt hinreichend geklärt ist, selbst vornehmen kann, führt zu keinem wichtigen Grund für die Entlassung des Beteiligten zu 2 aus seinem Amt als Testamentsvollstrecker.
1.
Dieser verletzt seine Pflichten nicht, indem er bestreitet, dass dem Beteiligten zu 1 Kosten von 120.000,00 DM infolge von Aufräumarbeiten im Hause B. 14 in H. entstanden sind, auch wenn der Architekt M. dieses bestätigt hat. Der Beteiligte zu 2 hat sich unter Nr. 7 des Prozessvergleichs lediglich bereiterklärt, sich an der Prüfung dieses von dem Beteiligten zu 1 behaupteten Anspruchs gegen den Nachlass "unter Einbeziehung des Architekten M." zu beteiligen, nicht jedoch, dessen Feststellungen als für sich verbindlich anzuerkennen.
2.
Das Unterlassen des Beteiligten zu 2, den Reparaturstau auf dem Grundstück H. 15 in H. abzubauen, das die Beteiligte zu 3 nach tatsächlicher Teilung des Grundstücks H. 15 / H. 21 im Wege der Erbauseinandersetzung zwischen den Beteiligten zu 1 und 3 als Vorerben der Erblasserin zu Alleineigentum erworben hat, stellt keine grobe Pflichtverletzung seitens des Beteiligten zu 2 gegenüber dem Beteiligten zu 1 dar. Da die Testamentsvollstreckung nur den Erbteil der Beteiligten zu 3 betrifft und hinsichtlich des renovierungsbedürftigen Grundstücks die Auseinandersetzung bereits stattgefunden hat, ist die Renovierung für den Beteiligten zu 1 nicht mehr sonderlich bedeutsam. Die durch die Renovierung entstehenden Kosten treffen nicht den Nachlass, sondern wie bei einem Vermächtnis die Beteiligte zu 3 als die durch die Teilungsanordnung insoweit Begünstigte (arg. e § 2185 BGB).
3.
Selbst wenn der Senat unterstellt, dass die Versorgungsleitungen über das Grundstück der Beteiligten zu 3 zu demjenigen, das der Beteiligte zu 1 nach der tatsächlichen Teilung zu Alleineigentum erworben hat, nicht mehr vorhanden sind und die Grenzmauer, welche der Beteiligte zu 2 hat errichten lassen, nicht genau auf der Grenze, sondern auf dem Grundstück des Beteiligten zu 1 steht, folgt aus diesen Umständen kein wichtiger Grund für die Entlassung des Beteiligten zu 2 aus seinem Amt als Testamentsvollstrecker. Es lässt sich nicht feststellen, dass diese Umstände einem pflichtwidrigen Verhalten des Beteiligten zu 2 zuzurechnen sind. Der Beteiligte zu 1 (Seite 4 des Schriftsatzes vom 26. April 2004 - Bl. 77 d.A.) "vermutet" lediglich, der Beteiligte zu 2 habe Grenzsteine verrückt, bevor die Mauer errichtet wurde, und behauptet, der Beteiligte zu 2 habe die Versorgungsleitungen entfernt, ohne dass er - der Beteiligte zu 1 - für diese Tatsache Beweis antritt und ohne dass sich erkennen lässt, wie das Gericht diese Tatsachen feststellen soll.
4.
Sollte der Beteiligte zu 2 die Stadtsparkasse H. bisher nicht aufgefordert haben, das Teilgrundstück H. 21, das der Beteiligte zu 1 erworben hat, aus der Haftung für das in Abt. III Nr. 6 für das ursprüngliche ganze Grundstück eingetragene Grundpfandrecht zu entlassen, läge hierin ebenfalls keine grobe Pflichtverletzung. Das Urteil des Landgerichts Hannover vom 18. August 1997 enthält nur eine Verpflichtung des Beteiligten zu 1 zu dieser Aufforderung, keine solche des Beteiligten zu 2, sondern insoweit nur die Klarstellung, dass die Verpflichtung des Beteiligten zu 1 von der Mitwirkung des Beteiligten zu 2 abhängt. - Außerdem zeigt das Vorbringen des Beteiligten zu 2 (Seite 3 dessen Schreibens vom 27. Mai 2004 - Bl. 114 d.A.), dass die Sparkasse bestätigt habe, das Grundstück sei schuldenfrei und das Grundpfandrecht löschungsfähig, dass er gegen die Löschung dieses Rechts im Grundbuch für das Grundstück des Beteiligten zu 1 nichts einzuwenden hat.
5.
An einer groben Pflichtverletzung seitens des Beteiligten zu 2 fehlt es schließlich auch, soweit dieser die Haftung des Nachlasses für die Forderung des Architekten M. von rund 80.000,00 DM nunmehr schon zum Grund bestreitet, obwohl er diese Forderung in dem Prozessvergleich mit dem Beteiligten zu 1 dem Grunde nach anerkannt hat. Bei der gebotenen Abwägung der unterschiedlichen Interessen beider Mitvorerben, des Beteiligten zu 1 und der Beteiligten zu 3, genießt das Interesse der Beteiligten zu 3, die Dauervollstreckung durch den Beteiligten zu 2 für ihren Erbteil aufrechtzuerhalten, Vorrang vor dem Interesse des Beteiligten zu 1, sich nicht weiter mit dem Beteiligten zu 2 auseinandersetzen zu müssen. Die Pflichtverletzung wiegt nicht so schwer, als wäre der Beteiligte zu 2 Testamentsvollstrecker über den gesamten Nachlass. Dadurch, dass die Testamentsvollstreckung den Erbteil des Beteiligten zu 1 nicht belastet und sein Recht, die Auseinandersetzung des Nachlasses zu betreiben, nicht einschränkt, ist er nicht gehindert, den Beteiligten zu 2 darauf in Anspruch zu nehmen, dass aus dem Nachlass die Verbindlichkeit gegenüber dem Architekten M####### vorab zu befriedigen ist (§ 2046 Abs. 1, 3 BGB).
III.
Was die strafrechtliche Verurteilung des Beteiligten zu 2 im Jahre 1973 und die Ableistung der Offenbarungsversicherung im Jahre 2003 angeht, enthalten der angefochtene und der in ihm in Bezug genommene Beschluss des Amtsgerichts keinen Rechtsfehler. Rechtsunbedenklich hat das Landgericht sinngemäß ausgeführt, dass der Beteiligte zu 2 nicht ohne weiteres an dem Nachlass Untreue begehen kann. Er ist nur zusammen mit dem Beteiligten zu 1, der durch die Anordnung der Testamentsvollstreckung nicht belastet ist, imstande, über Gegenstände des Nachlasses zu verfügen (§ 2040 Abs. 1, § 2205 Satz 2 Fall 2 BGB).
Einer Kostenentscheidung bedurfte es nicht. Die Pflicht, die Gerichtskosten zu tragen, folgt aus dem Gesetz; die Anordnung von Auslagenerstattung war entbehrlich, weil niemand außer dem Beteiligten zu 1 sich an dem Verfahren der weiteren Beschwerde beteiligt hat.
Streitwertbeschluss:
Beschwerdewert: 3.000,00 EUR.
Die Entscheidungen zum Beschwerdewert beruhen auf § 30 Abs. 2 Satz 1, § 131 Abs. 2, § 31 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 KostO. Der regelmäßige Geschäftswert beträgt 3.000, nicht 5.000,00 EUR.