Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 19.09.2007, Az.: 5 A 3261/05

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
19.09.2007
Aktenzeichen
5 A 3261/05
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2007, 62117
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGHANNO:2007:0919.5A3261.05.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
OVG Niedersachsen - 29.01.2008 - AZ: 11 LA 448/07

Fundstelle

  • GesR 2007, 590-591

In der Verwaltungsrechtssache

...

hat das Verwaltungsgericht Hannover - 5. Kammer - ohne mündliche Verhandlung am 19. September 2007 durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht Wendlandt- Stratmann, die Richterin am Verwaltungsgericht Schütz und die Richterin am Verwaltungsgericht Ihl-Hett für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Die Klage wird abgewiesen.

  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

  3. Die Entscheidung ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die sachhaltige Bescheidung ihrer Petition.

2

Die Klägerin ist Privatpatientin. Sie reichte mit Datum vom 31.12.2003 bei der Beklagten eine korrigierte Arztrechnung vom 30.09.2003 ein mit der Bitte, den ausstellenden Arzt, der Mitglied der beklagten Kammer ist, an seine Berufspflicht zur Beachtung der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) zu erinnern. Die Honorarprüfungsabteilung der Beklagten teilte der Klägerin daraufhin mit, dass sie erst den sie behandelnden Arzt von der ärztlichen Schweigepflicht gegenüber der Beklagten entbinden müsse, damit die Beklagte streitschlichtend tätig werden könne. Dem entgegnete die Klägerin, sie erwarte, dass der Arzt im Wege der Rechtsaufsicht eine Beanstandung erhalte wegen Missachtung der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ). Eine Verpflichtung zur Verschwiegenheit bestehe bei einer derartigen Angelegenheit nicht, zumal eine Streitschlichtung nicht begehrt werde, da die Rechnung nach einer (erneuten) Korrektur nicht mehr streitig sei. Gleichwohl unterschrieb sie die Schweigepflichtentbindung, woraufhin die Beklagte die Streitschlichtung mit dem die Klägerin behandelnden Arzt einleitete. Mit Schreiben vom 19.08.2004 unterrichtete sie die Klägerin über das Ergebnis. Unter dem 17.01.2005 teilte sie der Klägerin mit, dass nunmehr eine berufsrechtliche Prüfung in einem gesonderten Verfahren stattfinden werde. Über das Ergebnis werde sie die Klägerin aber nicht, wie von ihr gefordert, unterrichten. Das Kammergesetz für Heilberufe (HKG) sehe ein nichtöffentliches Verfahren vor. Aus Gründen des Datenschutzes verbiete es sich, Beschwerdeführern Auskunft über das Ergebnis standesrechtlicher Überprüfungen zu erteilen.

3

Dieser Auffassung widersprach die Klägerin mit Schreiben vom 03.02.2005. Die Beklagte sei verpflichtet, sie über das Ergebnis des Kontrollverfahrens zu informieren. Sie habe aus der Verfassung eine Pflicht zur Sachbescheidung. Dazu legte sie einen Kommentarauszug über das Petitionsgrundrecht aus Art. 17 GG bei.

4

Eine Eingabe beim Nds. Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit führte nicht zu einem für die Klägerin zufriedenstellenden Ergebnis. Das Ministerium vertrat gleichfalls die Auffassung, dass das berufsrechtliche Verfahren gegen ein Mitglied der Beklagten nichtöffentlich sei.

5

Am 04.06.2005 hat die Klägerin Klage erhoben mit der Begründung, die Beklagte verweigere unter Berufung auf Datenschutzbelange jede Mitteilung über den Ausgang des berufsrechtlichen Verfahrens. Sie habe einen Bescheidungsanspruch aus Art. 17 GG. Das Ergebnis der berufsrechtlichen Prüfung müsse ihr mitgeteilt werden. Keinesfalls begehre sie eine öffentliche Verhandlung, sondern lediglich eine Nachricht über das Ergebnis.

6

Die Klägerin beantragt,

  1. die Beklagte zu einer sachhaltigen Bescheidung zu verurteilen.

7

Die Beklagte stellt keinen Antrag.

8

Sie vertritt die Auffassung, sie habe die Klägerin klaglos gestellt durch ihr Schreiben vom 21.06.2005. Darin sei die Petition der Klägerin vom 03.02.2005 sachlich beschieden worden. Nach Art. 17 GG habe die Klägerin einen Anspruch auf sachliche Bescheidung, dem eine Pflicht des Petitionsadressaten zur Prüfung in der Sache gegenüber stehe. Eine Mitteilung über das Ergebnis eines berufsrechtlichen Ermittlungsverfahrens komme nicht in Betracht. Sie - die Beklagte - werde kraft Gesetzes gemäß § 74 Abs. 1 HKG tätig. Im Gegensatz zu einem Strafverfahren habe das berufsrechtliche Verfahren keine Sühnefunktion, sondern es diene als disziplinarisches Verfahren dem Ausgleich des Ansehensverlustes, der für die gesamte Ärzteschaft durch eine Berufsverletzung entstanden sei. Es diene daher nicht den Interessen der Öffentlichkeit, sondern dem Interesse aller Ärzte. Es sei kein berechtigtes Interesse der Klägerin zu erkennen, darüber informiert zu werden, ob überhaupt berufsrechtliche Maßnahmen ergriffen worden seien oder nicht. Durch die Korrektur der beanstandeten Rechnung sei dem Anliegen der Klägerin ausreichend Genüge getan.

9

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und den von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgang.

Entscheidungsgründe

10

Mit dem Einverständnis der Beteiligten ergeht die Entscheidung gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung.

11

Die Klage ist unzulässig.

12

Das erkennende Gericht ist für die Streitigkeit gemäß § 52 Nr. 5 VwGO örtlich zuständig. Denn die Klägerin begehrt mit ihrer Klage die Bescheidung einer Petition gegen eine Behörde aus Art. 17 GG. Ein darüber hinausgehendes allgemeines Auskunftsbegehren ist nicht Streitgegenstand der Klage. Zutreffende Klageart für die Durchsetzung des Petitionsrechts ist die allgemeine Leistungsklage auf sachliche Verbescheidung ( BVerwG, U.v. 22.05.1980 - 7 C 73/78 - NJW 1981, 700 [BVerwG 22.05.1980 - 7 C 73/78]; Klein in Maunz-Dürig, Kommentar zum Grundgesetz, Stand: August 2005, Art. 17 GG, Rdnr. 129). Während sich bei Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen die örtliche Zuständigkeit des Gerichts aus dem Wohnsitz der Klägerin ergibt, weil sich der Zuständigkeitsbereich der Beklagten auf mehrere Verwaltungsgerichtsbezirke erstreckt (§ 52 Nr. 3 Satz 2 VwGO), ist für Klagen, die keine Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen darstellen, nach der Auffangzuständigkeit des § 52 Nr. 5 VwGO das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Beklagte ihren Sitz hat. Das ist Hannover mit der Folge der Zuständigkeit des erkennenden Gerichts.

13

Das Petitionsbegehren der Klägerin ist unzulässig. Denn die Beklagte hat die Behördenpetition als zuständige Stelle i.S.d. Art. 17 GG mit dem im Verlaufe des gerichtlichen Verfahrens der Klägerin übersandten Schreiben vom 21.06.2005 sachlich beschieden, indem sie darin ausführlich geprüft hat, ob sie zur Erteilung der begehrten Auskunft berechtigt ist. Sie ist zu dem Ergebnis gekommen, dass dem die Regelung in § 16 Abs. 4 Nr. 3 NDSG in Verbindung mit den Besonderheiten des berufsrechtlichen Verfahrens nach dem Heilkammergesetz entgegensteht. Außer der Auskunft, dass eine berufsrechtliche Prüfung im Hinblick auf die streitige Honorarangelegenheit gegenüber dem betroffenen Kammermitglied durchgeführt wird, sieht die Beklagte aus Datenschutzgründen weitere Auskünfte über den Ausgang der Prüfung der Klägerin gegenüber nicht für möglich an.

14

Hiermit ist die Beklagte dem Begehren der Klägerin auf sachliche Bescheidung des Petitums nachgekommen. Der Anspruch des Petenten auf sachliche Verbescheidung seiner Petition bedeutet auf Seiten des Petitionsadressaten zwar eine Pflicht zur Prüfung in der Sache. Sie beinhaltet aber nicht den Anspruch des Bürgers auf eine bestimmte Entscheidung, sondern lediglich das Recht, dass der Petitionsadressat sich in sachlich unvoreingenommener und diskriminierungsfreier Weise des Anliegens des Petenten annimmt, wobei im Einzelfall eine entsprechende Sachaufklärung erfolgen muss (Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Stand: November 2000, Art. 17, Rdnr. 79). Mithin ergibt sich aus Art. 19 Abs. 4 GG keine Befugnis des Petenten, dieses sachliche Anliegen vor Gericht zu bringen und die Entscheidungsgründe zum Gegenstand einer gerichtlichen Überprüfung zu machen. Es ergibt sich nicht einmal ein Anspruch des Petenten darauf, im Petitionsbescheid mitgeteilt zu bekommen, in welchem Umfang und mit welchem Ergebnis die Behörde Sachaufklärung betrieben hat ( BVerfG, B.v. 15.05.1992 - 1 BvR 1552/90 - DVBl. 1993, 32, 33). Aus Art. 17 GG ergibt sich nicht etwa ein Anspruch auf Erteilung der begehrten Auskunft, sondern nur ein Anspruch darauf, dass die angegangene Stelle, wenn sie meint, dass die gewünschte Auskunft nicht möglich ist, dies dem Petenten unter Angabe der Gründe mitteilt (Klein, a.a.O., Art. 17 GG, Rdnr. 45).

15

Der Klagantrag ist daher erledigt und das Rechtsschutzinteresse entfallen. Da die Klägerin trotz der dahingehenden gerichtlichen Anfrage das Verfahren nicht für erledigt erklärt hat, ist die Klage als unzulässig abzuweisen.

16

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 VwGO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwertbeschluss:

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5 000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG. Die Höhe des festgesetzten Streitwertes folgt aus § 52 Abs. 2 GKG, da der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte bietet.

Wendlandt- Stratmann
Schütz
Ihl-Hett