Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 15.02.2011, Az.: 15 K 355/10

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
15.02.2011
Aktenzeichen
15 K 355/10
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2011, 45252
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Beklagte berechtigt war, bei den Einkommensteuerfestsetzungen für die Streitjahre 2001 bis 2005 bei den Einkünften der Klägerin aus Gewerbebetrieb Bareinlagen auf dem Girokonto der Klägerin im Wege der Schätzung als Betriebseinnahmen zu berücksichtigen und weitere Hinzuschätzungen wegen formeller Fehler der vorgelegten Einnahme-Überschussrechnung vorzunehmen.

Die Kläger sind Eheleute, die in den Streitjahren zur Einkommensteuer zusammen veranlagt worden sind. Der Kläger erzielte in den Streitjahren im Wesentlichen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Maschinenschlosser mit Bruttoarbeitslöhnen zwischen 74.000 DM und 42.000 €. Die Klägerin betreibt seit 1994 einen Einzelhandel mit Gemischtwaren, Haushaltsartikeln, Geschenkartikeln, Eisenwaren, Tee, Garten und Freizeitbedarf in angemieteten Räumen. Ab 1. Juli 2000 erweiterte sie ihr Geschäftsfeld um den Handel mit Waffen, Munition und Jagdausrüstungen. Für den Bereich der Waffen und der Jagdausrüstung ist der Kläger Konzessionsträger und bei der Klägerin für monatlich 220 € angestellt. Weitere Einkünfte erzielten die Kläger in den Streitjahren nicht.

Die Klägerin ermittelte ihre Einkünfte aus Gewerbebetrieb durch Einnahme-Überschussrechnung. In den Jahren 1994 bis 2000 erzielte sie folgende Einkünfte:

Veranlagungsjahr

Höhe der Einkünfte in DM

1994   

./. 16.000

1995   

15.000

1996   

./. 6.000

1997   

./.14.000

1998   

./. 4.000

1999   

./.35.000

2000   

./.97.000

Für die Streitjahre erklärte sie in ihren Einnahme-Überschussrechnungen folgende Beträge:

Streitjahr

Warenerlöse netto in €

Wareneinkauf netto in €

Einkünfte in €

Rohgewinnaufschlagsatz in v. H.

2001   

64.000

64.000

./. 23.000

0,003 

2002   

75.000

78.000

./. 33.000

./.3,3

2003   

56.000

63.000

./. 42.000

./. 11,4

2004   

68.000

65.000

./. 44.000

3,9     

2005   

57.000

56.000

./. 42.000

1,7     

Der Beklagte führte zunächst die Einkommensteuerveranlagungen erklärungsgemäß durch und erließ entsprechende Einkommensteuerbescheide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

In der Zeit von xxx 2007 bis xxx 2009 führte der Beklagte bei der Klägerin eine Außenprüfung durch, die - nach einer Erweiterung des Prüfungszeitraums - die Jahre 2001 bis 2005 umfasste. Dabei traf der Außenprüfer u. a. folgende Feststellungen:

Der Außenprüfer verwarf die vorgelegte Einnahme-Überschussrechnung als nicht ordnungsgemäß. Die Einnahmedaten seien nicht nachprüfbar. Es existierten keine Grundaufzeichnungen über die Tageseinnahmen. Die Registrierkassenstreifen seien vernichtet worden. Es seien weder ein Kassenbuch noch Kassenberichte vorgelegt worden. Auch seien die erklärten Tageseinnahmen nicht zeitnah verbucht worden, sondern erst bei Zufluss auf dem betrieblichen Bankkonto, nachdem sie ein bis drei Wochen in einer Geldkassette gesammelt worden seien. Schließlich seien betriebliche Geldzuflüsse nicht als Betriebseinnahmen verbucht worden.

Der Außenprüfer stellte weiterhin fest, dass auf das betriebliche Girokonto der Klägerin in den Jahren 2002, 2003 und 2005 mehrerer Beträge in bar eingezahlt worden waren, die in der Buchführung nicht erfasst worden waren. Die Klägerin trug hierzu vor, es handele sich um Geldgeschenke der Mutter der Klägerin. Nach den Kontoauszügen der Mutter hatte diese zuvor entsprechende Beträge auf das Girokonto des Klägers überwiesen. Entsprechende Barabhebungen seien dort aber nicht erkennbar. Der Außenprüfer erhöhte die Bruttobetriebseinnahmen um die festgestellten Beträge.

Der Außenprüfer ermittelte weiterhin aus dem Journal der Klägerin, dass dort in den Jahren 2001 und 2004 diverse Barbeträge als Bareinlagen erfasst worden waren. Da zur seiner Überzeugung auch die Herkunft dieser Mittel von der Klägerin nicht belegt worden war, erhöhte er die Bruttoeinnahmen auch um diese Beträge.

Schließlich stellte er fest, dass auf dem Privatkonto des Klägers in den Jahren 2002 und 2003 zwei Bareinzahlungen erfolgt waren, deren Herkunft nicht zu klären sei. Zudem hatte die Klägerin 2005 ein privates Darlehen der C in Höhe von 10.000 € zurückgezahlt, wobei die Herkunft eines Teilbetrags von 5.500 € nicht geklärt werden konnte. Auch um diese Beträge wurden die Bruttoeinnahmen erhöht.

Abschließend nahm der Außenprüfer eine Hinzuschätzung wegen der festgestellten Mängel der Einnahme-Überschussrechnung in Höhe von brutto 20.000 DM (für 2001) und 10.000 € (für 2002 bis 2005) vor. Wegen der Darstellung seiner Erwägungen zu diesem Punkt wird auf Tz. 40 des Berichts vom 30. Juni 2009 verwiesen.

Insgesamt erhöhten sich die Bruttoeinnahmen auf Grund der diversen Feststellung des Außenprüfers für die einzelnen Streitjahre wie folgt:

Streitjahr

Erhöhungsbetrag in €

Nettoeinnahmen in € nach Außenprüfung

2001   

17.000

79.000

2002   

18.000

92.000

2003   

18.000

72.000

2004   

18.000

83.000

2005   

24.000

78.000

Der Beklagte folgte der Auffassung des Außenprüfers und erließ am xxx 2009 geänderte Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre. Gegen diese Bescheide erhoben die Kläger Einspruch, wobei sie zur Begründung im Wesentlichen ausführten, die streitigen Geldbeträge stammten von Schenkungen der Mutter der Klägerin. Die Herkunft dieser Gelder könne durch Vorlage eines Tagebuchs der Mutter, in dem die Geldgeschenke im Einzelnen dokumentiert worden seien, nachgewiesen werden.

Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Im Einspruchsbescheid vom xxx 2009 führte der Beklagte zur Begründung aus, auch die Tagebücher könnten nicht mit der erforderlichen Sicherheit die Herkunft der ungeklärten Bareinlagen erklären. Auch der vorgenommene Sicherheitszuschlag sei rechtens, weil die vorgelegte Einnahme-Überschussrechnung formelle Fehler enthalte. Im Übrigen lägen die Rohgewinnaufschlagsätze nach erfolgter Hinzuschätzung zwischen 23,83 v. H. und 51,33 v. H. und damit noch erheblich unter den Durchschnittswerten laut amtlicher Richtsatzsammlung für Haushaltswaren aus Metall und Kunststoff, keramische Erzeugnisse, Eisen-, Metall- und Glaswaren von 72 v. H., zumal der durchschnittliche Rohgewinnaufschlagsatz bei kunstgewerblichen Erzeugnissen, Geschenkartikeln im Einzelhandel sogar bei 100 v. H. läge.

Mit ihrer Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Die festgestellten Mängel in der Einnahme-Überschussrechnung seien zwar zutreffend. Jedoch führten die Hinzuschätzungen zu unzutreffenden Ergebnissen, weil die Schenkungen der Mutter durch die Vorlage der Tagebücher hinreichend nachgewiesen seien. Im Übrigen habe die Gemeinde B in den Streitjahren erhebliche Baumaßnahmen durchgeführt, die zu einem massiven Umsatzrückgang geführt hätten. Die Übernahme des Waffengeschäfts sei durch einen Kredit der Kreissparkasse in Höhe von 100.000 DM abgedeckt worden.

Die Kläger beantragen,

die Einkommensteuerbescheide 2001 bis 2005 vom xxx 2008 in der Fassung des Einspruchsbescheids vom xxx 2009 zu ändern und die festgesetzte Einkommensteuer jeweils auf 0 € zu mindern.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält an seiner im Einspruchsbescheid geäußerten Rechtsansicht fest.

Mit Schreiben vom xxx 2010 bzw. xxx 2011 haben die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter erklärt.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Die Einkommensteuerbescheide 2001 bis 2005 vom xxx 2008 in der Fassung des Einspruchsbescheids vom xxx 2009 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten. Der Beklagte war auf Grund der festgestellten Mängel in der Belegsammlung der Klägerin berechtigt, ihre Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 162 Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung (AO) zu schätzen. Es kann offen bleiben, ob die Hinzuschätzungen bei den Betriebseinnahmen aufgrund der festgestellten Bareinlagen in den Streitjahren rechtmäßig sind. Die Überprüfung des Schätzungsergebnisses durch das Gericht führt aber im Ergebnis dazu, dass die geschätzten Beträge in jedem Fall eher zu niedrig sind. Eine Verböserung der Entscheidung des Beklagten im Klageverfahren kommt allerdings nicht in Betracht.

Nach § 162 Abs. 1 Satz 1 AO hat die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, soweit sie sie nicht ermitteln oder berechnen kann. Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn die Aufzeichnungen, die der Steuerpflichtige nach den Steuergesetzen zu führen hat, der Besteuerung nicht nach § 158 AO zu Grunde gelegt werden. Nach § 158 AO werden die Buchführung und die Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen, die den Vorschriften der §§ 140 bis 148 AO entsprechen, der Besteuerung zu Grunde gelegt, soweit nach den Umständen des Einzelfalls kein Anlass besteht, ihre sachliche Richtigkeit zu beanstanden.

Die in den Gewinnermittlungen ausgewiesenen Umsätze der Klägerin können für die Besteuerung nicht übernommen werden, denn nach den vorliegenden Erkenntnissen ist sie ihrer Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß nachgekommen. Bei der Dokumentation der Bargeschäfte unterliefen ihr nicht nur unerhebliche Fehler und Versäumnisse. Die Mängel sind, da die Klägerin aus den betroffenen Geschäftsfeldern den überwiegenden Anteil ihrer Umsätze in bar vereinnahmt, insgesamt geeignet, die Beweiskraft ihrer Gewinnermittlungen zu erschüttern.

§ 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) normiert selbst keine Verpflichtung zur Aufzeichnung der Betriebseinnahmen. Aus einer nicht vorhandenen Buchführungspflicht kann jedoch nicht auf eine fehlende Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflicht geschlossen werden. Auch Einnahme-Überschuss-Rechner müssen nach § 146 Abs. 1 Satz 2 AO Kasseneinnahmen und -ausgaben täglich festhalten. Das kann, falls kein Kassenbuch geführt wird, gemäß § 146 Abs. 5 Satz 1 1. Halbs. AO auch durch eine geordnete Belegablage erfolgen, da dies eine Nachprüfbarkeit ebenfalls ermöglicht.

Einnahmen sind grundsätzlich einzeln aufzuzeichnen. Dem Grundsatz nach gilt dies auch für Bareinnahmen; die Tatsache der sofortigen Bezahlung der Leistung rechtfertigt nicht, die jeweiligen Geschäftsvorfälle nicht einzeln aufzuzeichnen. Aus Gründen der Zumutbarkeit und Praktikabilität (Vielzahl von einzelnen Geschäftsvorfällen mit geringem Wert) besteht die Pflicht zur Einzelaufzeichnung jedoch nicht für Einzelhändler, die im Allgemeinen Waren an ihnen der Person nach unbekannten Kunden über den Ladentisch gegen Barzahlung verkaufen. Allerdings sind auch Steuerpflichtige, die den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, verpflichtet, die ihrer Gewinnermittlung zugrunde liegenden Belege aufzubewahren. Eine solche Aufbewahrungspflicht ergibt sich in der Regel aus § 147 AO. Ist eine Aufzeichnung der einzelnen Bareinnahmen einem Steuerpflichtigen nicht zumutbar, muss die Einnahmeermittlung z. B. bei Einsatz von Registrierkassen durch Erstellung und Aufbewahrung der Kassenendsummenbons - nachvollziehbar dokumentiert und überprüfbar sein. Die Aufbewahrung aller Belege ist im Regelfall notwendige Voraussetzung für den Schluss, dass die Betriebseinnahmen vollständig erfasst sind. Nur bei Vorlage geordneter und vollständiger Belege verdient eine Einnahme-Überschussrechnung Vertrauen und kann für sich die Vermutung der Richtigkeit in Anspruch nehmen (Bundesfinanzhof - BFH -, Beschlüsse vom 7. Februar 2008 X B 189/07, Juris Rdnr. 6 m. w. N.; vom 31. Juli 2009 VIII B 28/09, BFH/NV 2009, 1967; vom 16. Februar 2006 X B 57/05, BFH/NV 2006, 940 = Juris Rdnr. 8; FG Sachsen, Beschluss vom 4. April 2008 5 V 1035/07, Juris Rdnr. 41-44; FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. Juli 2007 14 K 3368/06 B, Juris Rdnr. 32 f.).

Gemessen an diesen Grundsätzen ist sind die Einnahme-Überschussrechnungen der Klägerin in den Streitjahren zu verwerfen. Zum Einen wurden die Z-Bons über die Bareinnahmen an den einzelnen Tagen nicht aufbewahrt und standen für eine Überprüfung nicht zur Verfügung. Ein Rückschluss, dass die verbuchten Beträge die Betriebseinnahmen vollständig widerspiegelten, ist daher nicht möglich. Zum Zweiten wurden die Kasseneinnahmen auch unstreitig nicht zeitnah erfasst (vgl. hierzu FG Sachsen, Beschluss vom 4. April 2008 5 V 1035/07, Juris Rdnr. 44). Dass die maßgebenden Z-Bons bei einem Hochwasser im Jahr 2007 nach dem Vortrag der Kläger verloren gegangen sind, ändert an den festgestellten Mängeln der Einnahme-Überschussrechnung nichts (vgl. Rüsken, in: Klein, AO, 10. Aufl. 2009, § 162 Rdnr. 24 m. w. N.).

Ist das Finanzamt zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen nach § 162 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 AO dem Grunde nach berechtigt, kann das Gericht den Bescheid nicht schon deshalb aufheben, wenn es die vom Finanzamt gewählte Schätzungsmethode für nicht sachgerecht hält oder meint, sie sei nicht korrekt umgesetzt worden. Vielmehr hat das Gericht nach § 96 Abs. 1 Satz 1 2. Halbs. Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. § 162 Abs. 1 AO ggf. eine eigene Schätzung durchzuführen, wobei die Auswahl der Schätzungsmethode nach sachgerechtem Ermessen zu erfolgen hat (vgl. Stapperfend, in: Gräber, FGO, 7. Aufl. 2010, § 96 Rdnr. 20; Seer, in: Tipke/Kruse, AO-FGO, Loseblattsammlung, Stand; August 2006, § 162 AO Tz. 107, jeweils m. w. N. aus der Rechtsprechung). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann die von den Klägern aufgeworfene Frage, ob die Hinzuschätzung wegen der nach ihrer Meinung nach geklärten Bareinlagen zulässig ist, offen bleiben. Das Gericht zieht zur Überprüfung des Schätzungsergebnisses des Beklagten die Methode eines äußeren Betriebsvergleichs heran. Der Berichterstatter hatte die Beteiligten auf diese Absicht bereits im Vorfeld mit Verfügung vom 31. Januar 2011 hingewiesen und ihnen die Möglichkeit einer Stellungnahme eingeräumt. Auch in der mündlichen Verhandlung wurden die Konsequenzen eines äußeren Betriebsvergleichs mit den Beteiligten ausgiebig erörtert, sodass deren Anspruch auf rechtliches Gehör gewahrt worden ist.

Die Methode des äußeren Betriebsvergleichs, mit der Kennzahlen des Steuerpflichtigen mit entsprechenden Daten anderer Betriebe aus sogenannten amtlichen Richtsatzsammlungen gegenüber gestellt werden, ist als Schätzungsmethode anerkannt. Sie ist auch gerade im Bereich der Einnahme-Überschussrechnung zulässig (BFH, Urteil vom 15. April 1999 IV R 68/98, BStBl. II 1999, 481 = Juris Rdnr. 17; FG Sachsen, Beschluss vom 4. April 2008 5 V 1035/07, Juris Rdnr. 66; FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. Juli 2007 14 K 3368/06 B, Juris Rdnr. 38; FG Nürnberg, Urteil vom 22. Januar 2008 II 280/2005, Juris Rdnr. 34).

Nach den von der Klägerin in ihren Einnahme-Überschussrechnungen in den Streitjahren angegebenen Nettowarenerlösen und Wareneinkäufen ergeben sich Rohgewinnaufschlagssätze zwischen etwa ./. 11 v. H. und 3,9 v. H. Berücksichtigt man den Umstand, dass bei einer Einnahme-Überschussrechnung der Wareneinkauf nicht unbedingt mit dem Wareneinsatz übereinstimmt, weil am Ende eines Jahres keine Inventur des Warenbestands erfolgt, erscheint es sachgerecht, die addierten Nettowarenerlöse und Wareneinkäufe für die Streitjahre 2001 bis 2005 heranzuziehen mit der Überlegung, dass es wegen des verbleibenden Warenbestands am Ende der Wirtschaftsjahre nur zu Verlagerungen kommen wird, die sich über mehrere Jahre in etwa ausgleichen werden. Stellt man deshalb die Wareneinkäufe der Jahre 2001 bis 2005 mit einem Betrag von insgesamt 328.540 € den erklärten Nettowarenerlösen von 321.982 € gegenüber, ergibt sich ein durchschnittlicher Rohgewinnaufschlagssatz von ./. 2 v. H.

Dieser Rohgewinnaufschlagsatz lässt sich auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers in der mündlichen Verhandlung nicht erklären. Der Umstand, dass durch das Hochwasser im Jahr 2007 eine Verlagerung der Geschäftsräume erforderlich gewesen war, ist schon deshalb unerheblich, weil dieses Ereignis außerhalb des Streitzeitraums liegt. Seine Einlassung, man habe bei der Übernahme des Bereichs des Waffenhandels erst einmal mit Niedrigpreisen Kunden an sich binden wollen, vermag diesen Rohgewinnaufschlag ebenfalls nicht zu erklären, weil der Kläger in der mündlichen Verhandlung ausführte, man habe auch bei der Veräußerung der Waffen einen kleinen Gewinn erzielt. Die weitere Erklärung, die Klägerin habe bei der Kalkulation ihrer Preise nicht genau gerechnet, weil ihre Mutter immer helfend zur Stelle gewesen sei, überzeugt das Gericht letztlich nicht, weil ein Kaufmann wohl kaum über längere Zeit Waren unter Einstandspreis am Markt anbietet und damit bewusst hohe Verluste in Kauf nimmt.

Legt man hinsichtlich der erklärten Wareneinkäufe in den Streitjahren demgegenüber die amtlichen Richtssatzwerte des BMF (vgl. zuletzt BMF-Schreiben in BStBl. I 2006, 387) zugrunde, so ergeben sich für Haushaltswareneinzelhändler Rohgewinnaufschlagssätze zwischen 52 v. H. (ab 2002 bis 2005: 47 v. H.) und 100 v. H. (ab 2002 bis 2005: 113 v. H.). In der Sparte der Geschenkartikel waren die durchschnittlichen Rohgewinnaufschlagssätze sogar noch höher. Legt man deshalb zugunsten der Kläger nur den mittleren Rohgewinnaufschlagssatz im Bereich Haushaltswareneinzelhändler von 72 v. H. zugrunde, ergäben sich Werte oberhalb der vom Beklagten angesetzten Hinzuschätzungsbeträge. Die Kläger haben schließlich auch keine substantiierten Einwände erhoben, die ein Abweichen von diesen Werten rechtfertigen könnten. Bei den von der Klägerin betriebenen Bereichen der Haushaltswaren und der Geschenkartikel handelte es sich um ein alt eingesessenes Unternehmen, das die vom Kläger beschriebenen Werbemaßnahmen im Bereich des Waffenhandels nicht erforderlich machte. Das Gericht geht daher davon aus, dass nur ein kleiner Teil der erklärten Wareneinkäufe auf den Bereich des Waffenhandels entfiel. Die genaue Ermittlung seines Anteils erscheint vor dem Hintergrund entbehrlich, dass nach den unstreitigen Angaben des Beklagten im Einspruchsbescheid vom 20. August 2009 sich die Rohgewinnaufschlagssätze auch unter Berücksichtigung der erfolgten Hinzuschätzungen sich unterhalb des niedrigsten durchschnittlichen Rohgewinnaufschlagssatzes befanden bzw. für das Jahr 2004 diesen nur unwesentlich überstiegen. Die jeder Schätzung anhaftende Unsicherheit ist aber - selbst wenn sie sich nach den Erklärungsversuchen der Kläger zu ihren Ungunsten ausgewirkt haben sollten - im Rahmen der Kennziffern der amtlichen Richtsatzsammlung hinzunehmen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.