Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 01.09.2021, Az.: 14 U 114/20
Anspruch auf Honorar für Architekten- und Ingenieurleistungen; Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen; Druckfestigkeit von verwendetem Material
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 01.09.2021
- Aktenzeichen
- 14 U 114/20
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2021, 64759
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hildesheim - 13.07.2020 - AZ: 5 O 24/16
- LG Hildesheim - 19.06.2020 - AZ: 5 O 24/16
Rechtsgrundlagen
- § 634 Nr. 4 BGB
- §§ 280 ff. BGB
- §§ 823 ff. BGB
Fundstellen
- BauR 2022, 920-926
- IBR 2022, 21
- NJW-RR 2022, 241-242
- NJW-Spezial 2022, 77
- NZBau 2022, 226-228
In dem Rechtsstreit
S. A., ...,
Beklagte, Widerklägerin und Berufungsklägerin,
Prozessbevollmächtigte:
Anwaltsbüro ...,
gegen
K. A. GmbH, ...,
Klägerin, Widerbeklagte und Berufungsbeklagte,
Prozessbevollmächtigte:
Anwaltsbüro ...,
Beteiligte:
1. P. GmbH, ...,
2. I. S., ...,
3. U. P., ...,
Streithelfer auf Seiten der Klägerin,
Prozessbevollmächtigte zu 1:
Anwaltsbüro ...,
Prozessbevollmächtigte zu 2:
Anwaltsbüro ...,
Prozessbevollmächtigte zu 3:
Anwaltsbüro ...,
hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 29. Juni 2021 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ... für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim vom 19.06.2020 (auch in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 13.07.2020) - 5 O 24/16 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Streithelfer der Klägerin hat die Beklagte zu tragen.
Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung wegen der Kosten des Berufungsverfahrens gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die jeweils vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 249.950,47 €.
Gründe
I.
Die Klägerin begehrt von der beklagten S. A. nicht gezahltes Honorar für Architekten- und Ingenieurleistungen, die die Klägerin im Zuge des Neubaus des Ganzjahresschwimmbads "B. B." in der S. A./L., also für die Beklagte erbracht hat.
Dem zugrunde liegt der Vertrag über Objekt- und Fachplanungsleistungen sowie S. vom 26./27.11.2008 (Anlage K 1 im Anlagenordner I). Mit Datum vom 19.12.2012 legte die Klägerin ihre Schlussrechnung vor, nach der sich eine Gesamtforderung in Höhe von 1.725.213,48 € ergab. Abzüglich der geleisteten Zahlungen wurde ein Rechnungsbetrag von 321.573,66 € geltend gemacht (vgl. Anlage K 2 im AB I). Die Beklagte zahlte hierauf lediglich 47.573,66 €, auf die danach verbliebenen 274.000 € erteilte die Klägerin noch eine Gutschrift in Höhe von 77.350 € (Anlage 5 AB I) sowie über weitere 1.793,93 € (Anlage 6 AB I). Somit verblieb ein Betrag von 194.896,07 € aus der Schlussrechnung. Über diese hinaus macht die Klägerin weitere Forderungen für von ihr angesetzte Zusatzleistungen geltend in Höhe von 6.069 € (Anlage 7), 11.312,24 € (Anlage 8) und 4.080,01 € (Anlage 9 im AB I). Die Summe aus dieser Forderung ergibt 216.317,32 €.
Die Leistungen im Dach- und Klempnerbereich, für die die Streithelferin der Klägerin zu 1 verantwortlich war, wurden am 18.11.2010 abgenommen. Dabei war auch der Streithelfer zu 2 anwesend.
Im Jahr 2011 ließ die Beklagte ohne Kenntnis und Mitwirkung der Klägerin sowie der Streithelferin zu 1 Betonplatten als Wartungswege durch einen Drittbetrieb auf dem Dach anbringen. Im Sommer 2012 fielen dann verschiedene Mängel am Dach auf. Dies betraf die Abdichtungsbahn, den Dachaufbau und die Dämmmaterialien. Die Beklagte ließ ein Privatgutachten des Zeugen E. erstellen (Anlage S 5 in Bd. 1 Bl. 124 f. d.A., vgl. auch Anlage B 12). Das Dach wurde daraufhin saniert. Die Sanierung wurde von der Klägerin geplant, ausgeschrieben und überwacht. Hierfür fielen Kosten bei der Beklagten in Höhe von 249.950,47 € an.
Die Klägerin macht mit der Klage offene Honoraransprüche in Höhe von 216.584,67 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. Februar 2013 geltend. Die Beklagte hat sich demgegenüber auf einen Schadensersatzanspruch in Höhe der Sanierungskosten von 249.950,47 € berufen. Diese Forderung stellt sie der Klageforderung unmittelbar entgegen im Wege der Primäraufrechnung. Der überschießende Betrag von 33.365,80 € wird im Wege der Widerklage verfolgt.
Die Klage hatte vor dem Landgericht vollständig Erfolg. Die Widerklage wurde insgesamt abgewiesen. Wegen der Einzelheiten des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.
Die Kammer hat sich insoweit auf die gutachterlichen Feststellungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen Dipl.-Ing. G. vom 14.09.2017 und 29.10.2019, zudem auf die mündlichen Erläuterungen im Rahmen der Verhandlung vom 13.04.2018 und 29.05.2020 berufen. Außerdem hat die Kammer den Privatgutachter E. als Zeugen angehört sowie weitere Zeugen.
Danach ist die Kammer zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin ihre Leistungen ohne Mängel erbracht hat. Weder lägen Planungs-, noch Ausschreibungs- oder Bauüberwachungsfehler vor. Der Beklagten stünden daher auch keine Schadensersatzansprüche zu. Das betreffe sowohl die materialbedingte Geeignetheit des Dämmmaterials (Druckfestigkeit) als auch die Überwachung der Verlegung der Dämmung und Schädigungen der Dämmung, die nicht der Klägerin, sondern den nachfolgenden Arbeiten auf dem Dachbereich zuzuordnen seien, die ohne genügende Lastverteilung und Schutzmaßnahmen erfolgt seien, ebenso den Umfang der von der Klägerin geplanten Wartungswege auf dem Dach, die Kontrolle der Schweißnähte an den Dachfolien, etwaige Bauaufsichtsfehler betreffend Gefälle, Attikaabdeckung und Notabläufe. Auch insoweit wird wegen der Einzelheiten auf die Entscheidungsgründe im angefochtenen Urteil Bezug genommen. Die Restwerklohnansprüche der Klägerin seien fällig. Der Zinsanspruch beruhe auf Verzug.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung (Bl. 1354 f. d.A.), die ihre Schadensersatzansprüche gegenüber der Klägerin und Widerbeklagten ungemindert (249.950,47 €) weiterverfolgt (1351 f.). Die Kammer habe es versäumt, sämtliche relevanten Aussagen des Sachverständigen G. zu würdigen. Auch die Aussagen des Zeugen E. und der Beklagten selbst seien nicht hinreichend berücksichtigt worden. In diesem Zusammenhang beanstandet die Beklagte im Einzelnen die Beweiswürdigung des Landgerichts. Die Beklagte rügt ferner, das Landgericht habe die Beweislastverteilung verkannt (Bl. 1368 f. d.A.). Unzutreffend habe die Kammer eine Überlagerung der Darlegungs- und Beweislast auf die Beklagte vorgenommen. Denn die Abnahme der Architektenleistung sei unstreitig nicht erfolgt. Deshalb läge die Darlegungs- und Beweislast weiterhin uneingeschränkt bei der Klägerin. Insoweit käme es nicht darauf an, ob die Beklagte eigeninitiativ ohne Beteiligung der Klägerin nachträglich im Jahr 2011 zusätzliche schadensgeneigte Arbeiten auf dem Dach ursächlich veranlasst habe. Der Klägerin sei es nicht gelungen, die Mangelfreiheit ihrer Architekten- und Ingenieurleistungen vor der Abnahme zu beweisen. Weiter habe das Landgericht nicht hinreichend beachtet, dass die Beklagte von der Klägerin mit keinem Wort darauf hingewiesen worden sei, dass das von der Klägerin erstellte Sanierungskonzept über das hinausgehe, was zur fachgerechten Beseitigung der Schäden erforderlich gewesen sei. Mit Ausnahme der Bitumenabdichtung sei die Sanierung exakt so durchgeführt worden, wie von der Klägerin geplant. Daher seien auch diesbezüglich die vollen Sanierungskosten anzusetzen und zu erstatten (Bl. 1372 d.A.).
Die Beklagte beantragt
1. die Abänderung des angefochtenen Urteils des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim vom 19.06.2020 (i. d. F. des Berichtigungsbeschlusses vom 13.07.2020 - 5 O 24/16 -) dahin, dass die Klage abgewiesen wird;
2. die Abänderung des angefochtenen Urteils dahin, dass die Klägerin auf die Widerklage verurteilt wird, an die Beklagte 33.365,80 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf 33.285,08 € seit dem 19.08.2016 [Rechtshängigkeit der Widerklage] und auf weitere 130,72 € ab Zustellung des Schriftsatzes vom 28.06.2016 zu zahlen.
Die Klägerin beantragt
die Zurückweisung der Berufung.
Der Streithelfer zu 1 der Klägerin beantragt
die Zurückweisung der Berufung.
Der Streithelfer zu 2 der Klägerin beantragt
die Zurückweisung der Berufung.
Der Streithelfer zu 3 der Klägerin beantragt
die Zurückweisung der Berufung.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil (Bl. 1420 f. d.A.). Es beruhe auf den eindeutigen Feststellungen des Sachverständigen G., sodass nicht zu erkennen sei, worin eine Fehlschätzung des erkennenden Gerichts liegen solle (Bl. 1423 d.A.). Das betreffe letztlich alle gerügten Punkte (Bl. 1433 f. d.A.). Das Landgericht habe auch nicht die Beweislastverteilung unzutreffend beurteilt. Nach den Feststellungen des Sachverständigen G. bestehe kein Anhaltspunkt für die Annahme eines Planungsfehlers. Es könne daher als Ansatzpunkt nur um einen Bauaufsichtsfehler gehen. Dieser setzte jedoch Bauausführungsfehler voraus, für deren Vorliegen wiederum nach Abnahme allein die Beklagte darlegungs- und beweispflichtig sei. Dem habe sie nicht entsprochen (Bl. 1431 d.A.). Es stehe außerdem fest, dass die Anlegung der zusätzlichen Wartungswege durch die Beklagte schadensursächlich gewesen sei. Dies folge aus den gutachterlichen Feststellungen. Die dabei begangenen Ausführungsfehler lägen nicht im Verantwortungsbereich der Klägerin, die von diesen Arbeiten nichts gewusst habe (Bl. 1431 d.A.). Die Sanierungskosten seien in die Höhe getrieben worden durch die seitens der Beklagten gewählte Bitumenabdichtung. Zudem habe die Beklagte selbst das Sanierungskonzept vorgegeben, dem die Klägerin unter Hinweis auf die dadurch entstehenden Kosten gefolgt sei. Bei der Beklagten handele es sich auch nicht um einen "ahnungslosen Verbraucher", sondern um eine Kommune, die mit ihren dafür zuständigen Mitarbeitern Bauvorhaben genehmige und Bauvorhaben selbst ausführen lasse. Es sei daher abwegig, die Klägerin für Kosten in Anspruch zu nehmen, die die Folge der eigenen Entscheidungen und Beauftragungen der Beklagten gewesen seien (Bl. 1431 d.A.).
Die Streithelferin zu 1 hat sich diesem Vortrag der Klägerin angeschlossen (Bl. 1413 f. d.A.). Die auf das Gutachten G. gestützten Urteilsgründe seien richtig. Die in der Berufungsbegründung angeführten Widersprüche seien konstruiert. Die Abnahme der Werkleistung der Streithelferin zu 1 sei am 18.11.2010 erfolgt. Arbeiten am Dach, die danach stattgefunden hätten, bildeten einen anderen Streitgegenstand, jedenfalls könnten sie nicht auf einen Vertragsgegenstand gestützt werden, der Gegenstand der Leistung der Streithelferin zu 1 gewesen sei. Das Landgericht habe sich nicht nur mit den Ausführungen des Sachverständigen G., sondern - wie es dieser getan habe - ausführlich mit den Argumenten der Beklagten und ihres Privatgutachters E. auseinandergesetzt. Die darauf beruhende Überzeugungsbildung sei nicht zu beanstanden. Tatsächlich seien - wie der Sachverständige G. hervorgehoben habe - die festgestellten Schädigungen auf die Nachfolgearbeiten zurückzuführen (Bl. 1417 d.A.).
Der Streithelfer zu 2 hat sich ebenfalls der Bewertung der Klägerin angeschlossen (Bl. 1403 f. d.A.). Es gebe keinen Wertungswiderspruch zwischen den Feststellungen des Sachverständigen und denen des Landgerichts. Die Feststellungen des Sachverständigen trügen die angefochtene Entscheidung vollständig. Unstreitig habe die Beklagte nach der Abnahme Wartungswege eigenmächtig beauftragt und installiert, ohne die Klägerin hinzuzuziehen. Der Beklagten sei es nicht gelungen, in irgendeiner Form schlüssig darzulegen, dass die Schäden bereits bei der Abnahme bestanden hätten. Bei der Abnahme sei das Gewerk begangen und untersucht worden. Im ausführlichen Abnahmeprotokoll nebst Mängelliste habe sich kein Mangelsymptom einer nicht ausreichenden Druckfestigkeit gefunden. Die Beklagte versuche lediglich "das falsche Schwein zu schlachten" (Bl. 1408 d.A.). Ebenfalls habe die Kammer auch nicht die Beweislast verkannt. Bei den Wartungswegen habe es sich nicht um den Fall einer Mangelbeseitigung durch Drittunternehmen gehandelt. Das seien zusätzliche Leistungen gewesen, mit welchen die Klägerin unstreitig überhaupt nicht befasst gewesen sei. Es sei eine Selbstverständlichkeit, dass für Schäden aufgrund solcher, außerhalb der Leistung der Klägerin stehende Arbeiten die Beweislast bei der Beklagten liegen müsse. Das Verhalten der Beklagten komme einer Beweisvereitelung gleich (vgl. dazu BGH - VII ZR 64/07 vom 23. Oktober 2008). Die Beklagte habe durch die eigenmächtige Anlage der Wartungswege auch gegen ihre Kooperationspflichten mit der Klägerin verstoßen. Die Klägerin sei daher naturgemäß nicht mehr in der Lage, die Mangelfreiheit der ursprünglichen Gewerke zu beweisen. Daraus folge eine Beweislastumkehr zulasten der Beklagten. Unabhängig davon käme es auf die Frage der Beweislast nicht an, weil nach den Feststellungen des Sachverständigen G. bewiesen sei, dass die Schäden nach Abnahme verursacht worden seien. Das Landgericht habe jeden maßgeblichen Beweis erhoben, den Sachverhalt vollständig ermittelt, die Beweise und die Gutachten zutreffend gewürdigt. Vernünftige Zweifel an dem Gutachtenergebnis bestünden nicht. Anlass für weitere Begutachtungen sei nicht gegeben.
Der Streithelfer zu 3 hat sich grundsätzlich den Ausführungen der Klägerin angeschlossen (vgl. Bl. 1347 d.A.).
Die Beklagte hat demgegenüber erneut ihre Berufungsangriffe vorgetragen (Bl. 1435 f. d.A.). So sei insbesondere das von der Klägerin im Rahmen ihrer Planung ausgeschriebene Material schon unter Berücksichtigung ihres eigenen Vortrags zu erforderlichen Wartungen und unter weiterer Berücksichtigung der mündlichen Aussagen des Sachverständigen G. vom 13.04.2018 nicht geeignet gewesen, den erforderlichen Werkerfolg - eine Lebensdauer von 20 bis 30 Jahren - zu erreichen (Bl. 1437 d.A.). Die Beklagte habe auch nicht den Nacherfüllungsanspruch der Klägerin vereitelt. Tatsächlich habe die Beklagte ausweislich der Anlage B 13 die Klägerin aufgefordert, im Rahmen der Leistungsphase 9 alle Mangelerscheinungen und ihre Ursachen zu überprüfen und die fachgerechte Beseitigung dieser Mängel zu veranlassen. Dabei sei auch darauf verwiesen worden, dass die Klägerin dafür verantwortlich sei, die ordnungsgemäße Nachbesserung dahin durchzuführen, dass das Dach des "B. B." die gewöhnliche Lebensdauer erreichen könne (Bl. 1440 d.A.). Daraufhin habe der Geschäftsführer B. der Klägerin ausweislich der Anlage B 55 das Sanierungskonzept erstellt. Von einer Vereitelung des Nacherfüllungsanspruchs der Klägerin könne daher keine Rede sein.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf den vorgetragenen Inhalt der zur Akte gelangten Schriftsätze samt Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 29. Juni 2021.
II.
Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.
Die mit der Primäraufrechnung seitens der Beklagten gegenüber der Klageforderung geltend gemachten Schadensersatzansprüche bestehen nicht und sind weder aus Werkvertragsrecht (insbesondere § 634 Nr. 4 BGB) oder dem allgemeinen Schuldrecht (§§ 280 ff. BGB) noch aus Deliktsrecht (§§ 823 ff. BGB) begründbar. In jedem Fall fehlt es an einer der Klägerin zumindest als fahrlässig vorwerfbaren Pflicht- oder Rechtsgutverletzung. Weitere Feststellungen durch eine ergänzende Beweiserhebung sind nicht zu treffen.
1. Die Klägerin hat kein ungeeignetes Dämmmaterial ausgeschrieben und einbringen lassen. Der Senat teilt die Erwägungen des Landgerichts und tritt der Entscheidung des Landgerichts bei (LGU 6 ff.).
a) Das Landgericht hat in Bezug auf die Ausschreibung und Einbringung des Dämmmaterials weder Planungs- noch Ausschreibungs- oder Bauüberwachungsfehler gesehen und daher Schadenersatzansprüche der Beklagten verneint. Dabei hat sich die Kammer im Wesentlichen auf die Feststellungen des Sachverständigen G. gestützt (zwei schriftliche Gutachten, zwei mündliche Anhörungen). Dies rügt die Berufung, die eine andere Bewertung der sachverständigen Feststellungen für geboten hält. Das Landgericht habe versäumt, die Ausführungen des Sachverständigen im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 13.04.2018 (Protokoll Bl. 637 f. d.A.) zu bewerten und sachgerecht zu berücksichtigen.
b) Das trifft nicht zu. Das Werk ist entgegen der Ansicht und Behauptung der Beklagten sowohl für die nach dem Vertrag vorausgesetzte als auch die gewöhnliche Verwendung geeignet (§ 633 Abs. 2 BGB).
aa) Die Druckfestigkeit des verwendeten Materials ist tatsächlich ausreichend; die Verwendung des Materials stellt keinen Sachmangel dar.
(1) Der Sachverständige hat festgehalten, dass nach seinen sachkundigen Feststellungen die ausgeschriebene und verlegte Mineralfaserdämmung auch mit Blick auf die Druckfestigkeit grundsätzlich als Material für die geplante Dachfläche geeignet gewesen sei. Die verwendete Mineralfaserdämmung sei "in jedem Fall geeignet, um die Dachflächen zu regelmäßigen Wartungsarbeiten zu betreten" (Bl. 637/638 d.A.). Die Dämmung sei zwar für Arbeiten direkt auf dem Dach ohne Schutzvorkehrungen nicht geeignet gewesen. Die festgestellten Schädigungen (Zusammendrücken der Dämmung, Pfützenbildung etc.) seien aber auf die Nachfolgearbeiten zurückzuführen (Bl. 638 d.A.). Dies hat der Sachverständige im Einzelnen erläutert, indem er dargelegt hat, dass allein durch den Transport der nachträglich auf das Dach gehievten Platten (jede Platte wiegt etwa 25 kg) Schädigungen der Dachfläche möglich seien. Wenn das Dach im Nachhinein als Lager- bzw. Transportfläche genutzt werde, seien erhebliche Schutzmaßnahmen erforderlich. Die Planung (im Zuge der von der Beklagten ohne Zutun und Mitwirken der Klägerin veranlassten Sanierungsarbeiten) hätte entsprechende Schutzmaßnahmen vorsehen müssen. Diese Maßnahmen hätten nachträglich ausgeschrieben werden müssen (Bl. 639 d.A.).
So hat es das Landgericht im Einzelnen auch bewertet. Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass und ggf. warum die Beweiswürdigung des Landgerichts unvollständig und fehlerhaft sein soll. Soweit es die in Folge der Nacharbeiten eingetretenen Schädigungen der Dämmung betrifft, weist der Sachverständige (dazu noch im Folgenden) und ihm entsprechend das Landgericht (LGU 9 f.) dies den eigenmächtigen Arbeiten der Beklagten nach der Abnahme der Leistungen im Dach- und Klempnerbereich - also nicht vor dem 18.11.2010 - zu (LGU 9). Entsprechende Schäden bei Abnahme des Dachbereichs seien Ende November 2010 nicht vorhanden gewesen (so auch LGU 9/10).
Im Gegensatz zur Ansicht der Beklagten liegen weder Widersprüchlichkeiten noch unvollständige Feststellungen des Landgerichts vor. Das Gutachten G. als Ganzes betrachtet gelangt zu dem Ergebnis, welches das Landgericht im Urteil vertreten hat. Insbesondere hätte die Klägerin für das Flachdach nicht ein anderes Dämmmaterial auswählen müssen, das entsprechende Begehungen wie die im Schadensfall übersteht. Der Sachverständige G. hat ausgeführt, dass die verwendete Mineralfaserdämmung auch dafür ausgelegt gewesen sei, bei Wartungsarbeiten die gesamte Dachfläche zu begehen. Die Dämmung hätte ohne Weiteres 20 bis 30-mal schadensfrei begangen werden können, eine Wartung sei etwa einmal im Jahr erforderlich, das entspreche einer Lebensdauer der verlegten Bahnen von 20 bis 30 Jahren (Bl. 640 d.A.). Der Sachverständige G. hat in der weiteren mündlichen Anhörung vom 29.05.2020 (Bl. 1159 f. d.A.) ergänzend ausgeführt, dass die ursprünglich verwendete Dämmung für das hier geplante und verwirklichte Dach grundsätzlich ausreichend gewesen sei und das Material den Vorschriften der DIN entspreche. Für normale Wartungsarbeiten und Kontrollbegehungen des Daches sowie für die vorhandenen bzw. geplanten technischen Einrichtungen sei die Ausführung des Daches mit dem verwendeten Dämmmaterial "ohne Abstriche geeignet" gewesen (Bl. 1159 d.A.). Wenn jedoch der Dachbereich so übermäßig durch Baumaterial belastet werde, wie dies offensichtlich bei Anlage der nachträglichen Plattenwege geschehen sei, dann könne dies auch die entsprechenden Beschädigungen verursachen (Bl. 1160 d.A.). Die Dämmung sei für die übliche Lebensdauer eines Daches mit den hierfür erforderlichen Dachbegehungen ausgelegt. Das seien die Normvorschriften. Diese seien "ohne Abstriche eingehalten worden" (Bl. 1161 oben d.A.).
(2) Ebenso ist der Einwand der Beklagten, die verlegte Dämmung sei bezüglich der Solarabsorberanlage nicht ausreichend gewesen (Bl. 1355 d.A.), vom Sachverständigen nicht bestätigt worden. Denn der Sachverständige hat insoweit nur von einer "mutmaßlich nachträglichen Installation der Solarabsorberanlage" gesprochen und weiter dazu ausgeführt, was die Parteien dazu besprochen hätten, sei aus den Unterlagen nicht ersichtlich; dazu könne er keine Mutmaßungen anstellen (Bl. 638 d.A.).
Der Sachverständige G. hat überdies in seinem ersten Gutachten vom 14.09.2017 (dort Seite 14) erklärt:
"Die ausgeschriebene und verlegte Mineralwasserdämmung war nicht prinzipiell ungeeignet. Die übliche und erforderliche Inspektion und Wartung der Dachflächen wäre nicht behindert gewesen. Weitere Schäden wären nicht zwangsläufig entstanden ... irreversible Zusammendrückungen der Dämmung beruhen nach meiner Beurteilung auf einer nicht bestimmungsgemäßen Nutzung der Dachflächen. Dass eine solche bestimmungswidrige Nutzung hätte bei der Ausschreibung berücksichtigt werden müssen, kann ich nicht erkennen."
Weiter hat der Sachverständige in seiner mündlichen Anhörung vor der Kammer ausgeführt (Bl. 1159 ff. d.A.):
"Die ursprünglich verwendete Dämmung war danach für das hier geplante und verwirklichte Dach grundsätzlich ausreichend, und das Material entsprach den Vorschriften der DIN. Zugrunde zu legen sind normale Wartungsarbeiten wie auch Kontrollbegehungen des Daches für die vorhandenen bzw. geplanten technischen Einrichtungen. Hierfür war die Ausführung des Daches mit dem verwendeten Dämmmaterial ohne Abstriche geeignet. ... Ein Wartungsweg zu einem Flächenablauf oder zu einem Attikaablauf ist nicht erforderlich. Dies gehört zu den normalen Wartungsarbeiten, die auch so über das Dach hätten durchgeführt werden können. ... Im Übrigen ist die gleiche Dämmung auch auf den beiden oberen Dachflächen des Bades verwendet worden und liegt dort immer noch nach meiner Kenntnis beanstandungsfrei. Auch dort muss der Dachbereich gleichermaßen zu den Flächenabläufen und die Attikaabläufe begangen werden. ... Die Dämmung ist für die übliche Lebensdauer eines Daches mit den hierfür erforderlichen Dachbegehungen ausgelegt. Dies sind die Normvorschriften. Diese sind auch nach meiner Einschätzung hier ohne Abstriche eigehalten worden ... Für die Absorberanlage als solche brauche ich grundsätzlich keinen Wartungsweg. Hierbei handelt es sich letztlich nur um Leitungen, die lose aufliegen. ... An der Absorberanlage selbst ist nichts zu warten. Dies gilt im Übrigen auch für Photovoltaikanlagen. Diese liegen auf dem Dach und sind letztlich wartungsfrei".
Insoweit besteht kein Widerspruch mit den Ausführungen des Sachverständigen G. im Termin zwei Jahre zuvor am 13.04.2018 (Protokoll Bl. 638 d.A.), wo er ausgeführt hat, bei einem nachträglichen Einbau des Solarabsorberanlage hätte begrenzt nur der Bereich, in dem die Solarabsorberanlage eingebaut wird, geöffnet werden müssen und dort das Material durch ein druckfesteres Material ersetzt werden müssen.
Denn auch der Privatsachverständige der Beklagten E. hat in seiner Zeugenanhörung vor dem Landgericht gesagt, nach seiner Erfahrung als Sachverständiger trete eine solche Oberflächenzerstörung (wie auf dem Dach hier) "nicht durch eine einmalige, sondern erst durch mehrfache Belastung ein, vermutlich durch den Transport von Baumaterialien, etwa durch Schubkarren, Sackkarren, eher nicht durch eine einmalige Lagerung, sondern durch mehrfache Beanspruchung" (Bl. 1159 d.A.). Diese Feststellungen des Privatsachverständigen korrespondieren wiederum mit den Ausführungen des Sachverständigen G., der hinsichtlich der unstreitig auf dem Dach durchgeführten Nachfolgearbeiten erklärt hat, dass für solche Arbeiten direkt auf dem Dach ohne Schutzvorkehrungen die Dämmung "natürlich nicht geeignet" gewesen sei. Auf dem Dach seien nachträglich in großem Umfang weitere Plattenwege verlegt worden. Allein durch den Transport der Platten (wie erwähnt, jede Platte wiegt etwa 25 kg) seien Schädigungen der Dachfläche möglich (Bl. 638 d.A.). Und wenn das Dach nachträglich als Lager- bzw. Transportfläche genutzt worden sei, so seien erhebliche Schutzmaßnahmen erforderlich gewesen, mechanische Trittschutzmaßnahmen etwa durch geeignete Auflagen auf dem Dachbereich. Solche Maßnahmen hätten auch nachträglich ausgeschrieben werden müssen (Bl. 639 d.A.). Hierzu hat der Sachverständige wiederum in seinem Gutachten vom 14.09.2017 (Seite 12) ausgeführt, dass die Muldenbildungen durch irreversible Zusammendrückung der Mineralfaserdämmung - die Mulden sind übrigens nicht genau kartiert worden, was einer weiteren Ursachenfeststellung entgegenstünde (vgl. Bl. 639 d.A. und Gutachten I. 12) - auch nach den Ausführungen im Privatgutachten E. auf eine Lage insbesondere im Bereich der nachträglich verlegten Betonplattenwege hingewiesen. Nach Beurteilung des Sachverständigen G. erfolgten die irreversiblen Zusammendrückungen der Dämmung "ohne begründbaren Zweifel aufgrund dieser Umstände" (S. 12 im Gutachten vom 14.09.2017).
Der Sachverständige hat dabei auch Bezug genommen auf ein Lichtbild, das im Zuge des Ortstermins im August 2017 aufgenommen wurde (Bl. 520 in Bd. II d.A.) und dazu im Termin vom 29. Mai 2020 ergänzend erklärt (Bl. 1160 d.A.), das Lichtbild zeige, dass bei den nachträglichen Arbeiten zu den Plattenwegen eine Palette mit Platten auf dem Dach gelagert worden sei. Dies entspreche einer Belastung von 800 kg auf den Quadratmeter. "Bei dieser Belastung liegt es aus sachverständiger Sicht sehr nahe, dass Dämmmaterial entsprechend geschädigt wird". Ferner müsse man sich auch die Frage stellen, wie die schwere Palette auf den Dachbereich gelangt und dort bewegt worden ist. Normalerweise würde man die Arbeiten so ausführen, dass man die Palette auf dem Boden vor dem Gebäude lagert und die Betonplatten einzeln auf das Dach trägt (Bl. 1160 d.A.).
(3) Diese Ausführungen und Feststellungen begründen jedenfalls in der Gesamtschau für den Senat ohne vernünftigen Zweifel die Wertung des Landgerichts, wonach die Auswahl und Einbringung des Dämmmaterials im Hinblick auf eine übliche bzw. gewöhnliche und die nach dem Vertrag vorausgesetzte Nutzung an sich keinen Mangel darstellte. Die Beklagte vermag außer einer von ihr vorgetragenen anderen Beweiswürdigung keine Anhaltspunkte zu benennen, dass die Dämmung bzw. die Druckfestigkeit des verwendeten Materials nicht den Anforderungen einschlägiger DIN oder sonstiger Baunormen entsprach.
bb) Die Beklagte rügt weiter, dass das Material für den üblichen Lebenszyklus und die währenddessen anfallenden Wartungsarbeiten und Kontrollbegehungen nicht hinreichend geeignet gewesen sei. (Bl. 1361 sowie 1435 f. d.A.). Auch das bleibt erfolglos.
(1) Hierzu hat der Sachverständige in seiner ersten Anhörung dargelegt, die Lebensdauer der verlegten Bahnen liege bei etwa 20 bis 30 Jahren. Das Dach müsse regelmäßig einmal im Jahr gewartet und gesäubert werden. Dafür sei die verwendete Mineralfaserdämmung auch ausgelegt. Die Dämmung könne ohne weiteres 20 bis 30-mal schadensfrei begangen werden (Bl. 640 d.A.).
Der Einwand der Beklagten, es sei natürlich damit zu rechnen, dass das Dach auch häufiger als nur einmal im Jahr zu Wartungs- und Kontrollzwecken begangen werden müsse, ist zwar im Ansatz nachvollziehbar. Das Material müsse also dafür geeignet sein, dass das Dach öfter betreten werden könne als nur einmal im Jahr. Auch nach den Fachregeln zu Abdichtungen (den sogenannten Flachdachrichtlinien) sei davon auszugehen, dass Wartungsarbeiten solcher Dächer abhängig von den vorliegenden Umwelteinwirkungen ein- bis zweimal jährlich durchgeführt werden müssten. Dazu kämen die notwendigen Wartungen bzw. Säuberungen des Daches selbst (Bl. 1436/37 d.A.). Damit sei das von der Klägerin im Rahmen ihrer Planung ausgeschriebene Material schon unter Berücksichtigung des eigenen Vortrags und der Angaben des Sachverständigen G. nicht geeignet gewesen, den erforderlichen Werkerfolg (Lebensdauer von 20 bis 30 Jahren) zu erreichen.
(2) Diesen Schluss teilt der Senat aber nicht. Er übergeht die Hypothese, auf der er fußt. Die Beklagte unterstellt, dass die Schäden auf dem Dach darauf beruhten, dass das verwendete Material einer herkömmlichen Nutzung durch Wartung und Begehung nicht standgehalten hätte. Nach den Ausführungen des Sachverständigen ist dafür aber kein Anhaltspunkt ersichtlich. Die Beklagte trägt dazu ergänzend vor, bei ordnungsgemäßer Wartung seien bis zu 61 Begehungen pro Jahr erforderlich (Bl. 1437 d.A.), was auf eine Dachbegehung von mehr als einmal pro Woche hinausliefe. Aber auch insoweit ist - unabhängig davon, dass die Notwendigkeit derart häufiger Dachbegehungen nicht dargetan ist - nicht ersichtlich, dass das Dämmmaterial diesen Begehungen nicht standgehalten hätte. Es ist nicht festgestellt und wird so auch nicht von der Beklagten selbst behauptet, dass übliche und während der nach dem gewöhnlichen Gebrauch gebotenen Dachbegehungen den Schaden verursacht hätten. Der Sachverständige G. hat insoweit auch keine Höchstbegehungszahl oder ähnliches angegeben, sondern lediglich eine seiner Meinung nach übliche, hat darüber hinaus aber festgestellt, die verwendete Dämmung sei "in jedem Fall" geeignet, um die Dachflächen zu regelmäßigen Wartungsarbeiten zu betreten (Bl. 638 d.A.). Die Schäden werden von ihm zudem - was entscheidend ist - einer ganz anderen Beanspruchung zugeordnet, nämlich nicht den üblichen Begehungen und Wartungen, sondern der außerordentlichen Lagerung von schwerem Material auf dem Dach. Insoweit gibt es keinen Widerspruch zu den Ausführungen des Privatsachverständigen E., wie schon erwähnt, der ebenfalls die Oberflächenzerstörung dem Transport von Baumaterialien zuweist (wenn auch nur "vermutlich", Bl. 1159 d.A.). Die Bewertung der Beklagten ist somit nicht belastbar und wird von keinen tatsächlichen Feststellungen getragen. Demgegenüber bleibt aber das auch vom Sachverständigen G. als solches bezeichnete Indiz (Bl. 1160 d.A.) für eine unsachgemäße Beanspruchung des Daches, dass sich nach dem Foto vom Ortstermin ergibt (Bl. 520 d.A.). Dass das Dach für derartige Belastungen ausgelegt war, bzw. die Dämmung, behauptet die Beklagte ebenfalls nicht.
(3) Die Streithelferin zu 1 hat in diesem Zusammenhang zu Recht darauf verwiesen, dass die Solarabsorberanlage inklusive der zugehörigen Nebenanlagen bis zur Abnahme der Leistungen der Streithelferin zu 1 nicht bekannt gewesen sei. Diese Solarabsorberanlage sei ursprünglich nicht geplant gewesen. Sie sei erst im Anschluss an einen Ortstermin vom 8. Mai 2013 geplant worden. Die Abnahme der Werkleistung der Streithelferin sei jedoch unstreitig am 18. November 2010 erfolgt (Bl. 1415 d.A.). Da sich die hier im Streit stehenden Bewertungen auf die Leistungen beziehen, die Vertragsgegenstand der Streithelferin zu 1 waren, überdies die Klägerin ihr Honorar im Zusammenhang auch nur mit der diesbezüglichen Tätigkeit geltend mache, bestehe kein Zusammenhang mit den vertraglich geschuldeten Leistungen. Tatsächlich sei es so gewesen, dass die Beklagte selbst zum Zeitpunkt der Abnahme eine Dachöffnung und Untersuchung des Daches habe durchführen lassen, ohne dass dabei Mängel festgestellt worden seien. Sie seien dann auch nicht angezeigt worden. (Bl. 1416 d.A.). Wie der Sachverständige ausführlich dargelegt habe, sei das Zusammendrücken der Dämmung und die Pfützenbildung auf Nachfolgearbeiten zurückzuführen. Es gäbe keine Feststellungen dazu und keinen entsprechenden Parteivortrag der Beklagten, dass die Streithelferin die Dämmung während der Bauausführung überlastet habe (Bl. 1417 d.A.).
Die Streithelferin zu 2 hat ferner ergänzt, dass auch die Belastung der nachträglichen Wartungswege von der vorhandenen Dämmung hätte aufgenommen werden können (Bl. 1406 d.A.). Zudem hätte selbst dann, wenn man von Anfang an bereits eine druckfestere Dämmung verbaut hätte, bei nachträglichen Arbeiten für entsprechende Sicherungsmaßnahmen gesorgt werden müssen. Das ergebe sich aus den Darlegungen des Sachverständigen G. (Bl. 1407 d.A.). Dieser hat in der Tat ausgeführt (Bl. 1161 d.A.):
"Soweit umfangreiche Mängelbeseitigungsarbeiten auf dem Dach oder größere Arbeiten vorgenommen werden mussten, hätte dies unter entsprechenden Schutzmaßnahmen, d.h. entsprechendem Schutz der Dämmung geschehen müssen. Dies ist ganz normal. Es geht natürlich über das hinaus, was die normale Wartung der Dachfläche betrifft. Dies ist aber grundsätzlich immer so. Das hätte auch gegolten, wenn man bereits ursprünglich eine druckfestere Dämmung verbaut hätte. Auch hier muss ich bei nachträglichen Arbeiten gegebenenfalls Sicherungsmaßnahmen vornehmen. Es gibt insoweit immer eine Grenze, wo eine Dachdämmung entsprechende Belastungen nicht mehr aushält. Für die Absorberanlage als solches brauche ich grundsätzlich keinen Wartungsweg ... Dies gilt im Übrigen auch für Photovoltaikanlagen. Diese liegen auf dem Dach und sind letztlich wartungsfrei".
(4) All dies bestätigt die Bewertung des Landgerichts, dass das verwendete Dämmmaterial nicht als solches ungeeignet war, die Belastung während der Bauarbeiten und auch für die normale Beanspruchung im Anschluss während der üblichen "Lebenszeit" des Daches auszuhalten. Bei der Anlage der Wartungswege nach Abnahme hat demgegenüber die Beklagte eigenmächtig gehandelt und die Klägerin hierzu nicht hinzugezogen. Ob damit letztlich allein die Beklagte verantwortlich ist für die Schäden auf dem Dach, kann hier dahinstehen. Jedenfalls ist es nicht die Klägerin und sind es auch nicht deren Streithelfer. Dies ist für den hier vorliegenden Prozess entscheidend.
Die Widerklageforderung ist damit in Bezug auf die Auswahl und Verwendung des Dämmmaterials nicht zu rechtfertigen.
2. Das Landgericht hat die Beweislast nicht verkannt.
Das Landgericht hat eine Umkehr der Beweislast angenommen (vgl. LGU 11/12). Die Beklagte rügte dies und ist der Ansicht, die Klägerin hätte die Mangelfreiheit ihrer Leistung beweisen müssen, weil die Architektenleistungen der Klägerin nicht abgenommen worden seien. Eine solche Mangelfreiheit habe sie aber nicht beweisen können (Bl. 1368 f. d.A.). Das ist in mehrerer Hinsicht unzutreffend:
a) Die Beklagte wendet sich nicht gegen die Honorarforderung der Klägerin als solche, sondern macht im Wege der Primäraufrechnung einen Schadensersatzanspruch geltend. Die Voraussetzungen dafür hat die Beklagte darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. Insofern geht auch die Widerklage und auf ihr beruhend die Berufung bereits im Ansatz fehl. Im Streit steht nicht (mehr) die Fälligkeit des Honoraranspruchs der Klägerin. Denn die Beklagte hat erklärt (S. 10 des Schriftsatzes vom 06.01.2017, Bl. 297 d.A., ebenso S. 2 des Schriftsatzes vom 09.07.2020, Bl. 1254 d.A., wo sich die Beklagte gegen die Berücksichtigung der Gegenforderung als Hilfsaufrechnung im Streitwert wendet):
"Die Beklagte stellt nunmehr unstreitig, dass der Klägerin die geltend gemachten Honoraransprüche nach Grund und Höhe zustehen.
Mit den dargelegten Gegenansprüchen wird die Aufrechnung mit der Klage erklärt; der überschießende Betrag ist Gegenstand der Widerklage.
Die erklärte Hilfsaufrechnung ist damit gegenstandslos."
"Die Beklagte hat damit explizit von der Hilfsaufrechnung Abstand genommen ... die Primäraufrechnung ist für den Gebührenstreitwert ohne Bedeutung" (so wörtlich Bl. 1254 d.A.).
b) Die Beklagte behauptet weiter, es habe sich ein eigenständiger Schaden auf dem Dach entwickelt, den sie der Klägerin zurechnen möchte. Dabei übergeht die Beklagte, dass sie ohne Mitwirkung der Klägerin nach Abnahme der Dacharbeiten eigenständig Arbeiten auf dem Dach durchgeführt hat, bei denen die Klägerin nicht beteiligt war und von denen die Klägerin nichts wusste (vgl. auch Bl. 1431 und - weiter - dies nicht bestreitend Bl. 1435 f. d.A.). Daher war es Sache der Beklagten, darzulegen und zu beweisen, dass die Klägerin für diese Arbeiten verantwortlich war. Dazu enthält auch die Berufungsbegründung keinen Vortrag. Ein vertraglicher Anspruch ist insoweit nicht herleitbar. Denkbar wäre zwar eine Ersatzvornahme im Rahmen der werkvertraglichen Nacherfüllung (§ 634 Nr. 1 BGB) oder Mängelbeseitigung (§ 634 Nr. 2 BGB). Dazu hätte die Beklagte aber zuvor die Klägerin auffordern müssen, den ggf. betroffenen Mangel zu beseitigen. Dass sie dies getan hat, behauptet die Beklagte selbst nicht.
c) Die Beklagte versucht stattdessen, die Maßnahmen dem Verantwortungsbereich der Klägerin zuzuschieben, in dem sie die fehlende Abnahme der Architektenleistung der Klägerin für maßgeblich hält, weshalb man noch im Erfüllungsstadium sei, die Klägerin habe daher die Mangelfreiheit ihrer Leistung zu beweisen, es seien Mängel aufgetreten, für die müsste die Klägerin einstehen. Die Beklagte lässt dabei aber außer Acht, dass die gesamte Frage mit der Abnahme der Leistungen der Klägerin nichts zu tun hat. Leistungen der Klägerin sind nicht schadensursächlich. Die Klägerin hat die nachträgliche Anlage der Wartungswege, die nach den sachverständigen Feststellungen für den eingetretenen Schaden ursächlich waren, nicht begleitet, und es ist auch nicht ersichtlich, dass sie in der Form von vornherein erforderlich waren, wie bereits ausgeführt.
Damit geht es weder um eine Nacherfüllung oder Mangelbeseitigung noch sonst um eine Leistung der Klägerin, sondern um eine eigenmächtige Handlung der Beklagten, bei der nicht einmal ersichtlich ist, ob es überhaupt eine Ersatzvornahme gewesen wäre. Selbst wenn es aber eine Ersatzvornahme hätte sein sollen, würde diese nicht die Rechte der Klägerin als Werkunternehmerin beseitigen. Dazu hätte die Beklagte - wie erwähnt - der Klägerin zumindest die Möglichkeit einer Nacherfüllung geben müssen, zudem wäre auch eine Fristsetzung erforderlich gewesen mit einer Androhung, nach erfolglosem Ablauf im Wege der Ersatzvornahme vorzugehen. Dass diese Fristsetzung zur Nacherfüllung ausnahmsweise entbehrlich gewesen sein sollte, ist in keiner Weise ersichtlich und wird ebenfalls nicht vorgetragen.
Es ist zwar grundsätzlich richtig, dass den Unternehmer die Darlegungs- und Beweislast dafür trifft, dass sein Werk frei von Mängeln ist, wenn sogenannte Mängelrechte vor der Abnahme geltend gemacht werden. Das trifft aber in erster Linie nur zu, wenn der Besteller, also hier die Beklagte, nicht mehr die Erfüllung des Vertrags verlangt und der Unternehmer - die Klägerin - das Werk als fertiggestellt zur Annahme anbietet und der Besteller nur noch Schadensersatz statt der Leistung in Form des kleinen Schadensersatzes geltend macht (vgl. BGH, Urt. v. 19.01.2017 - VII ZR 235/15, NJW 2017, 1607). Ansonsten gilt, dass der Besteller Mängelrechte gemäß § 634 BGB grundsätzlich erst nach Abnahme des Werks mit Erfolg geltend machen kann (BGH aaO). Ein sogenanntes Abrechnungsverhältnis, das eine Abnahme entbehrlich machte, lag nicht vor und wird auch von keiner Seite behauptet.
Im Übrigen trägt der Besteller (die Beklagte), der Mängelrechte vor der Abnahme geltend macht, die Darlegungs- und Beweislast für weitere Anspruchsvoraussetzungen, z.B. die vereinbarte Beschaffenheit, die haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität sowie den Schaden (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.04.2019 - 5 U 185/17, NZBau 2019, 649).
Demnach hat die Beklagte als Anspruchsteller darzulegen und zu beweisen, dass die auf dem Dach aufgetretenen Mängel, also die Schäden an der Dämmung, durch eine fehlerhafte Planung oder eine fehlerhafte Bauaufsicht seitens der Klägerin verursacht worden sind. Diesen Beweis hat die Beklagte zur Überzeugung des Senats nicht erbracht. Denn - wie ausgeführt - nach den Feststellungen des Sachverständigen G. ist nicht zu ersehen, dass die Klägerin vom Auswahl des Materials über die Bauaufsicht bei der Einbringung des Materials bis zur Abnahme der Bauleistung in irgendeiner Weise für eine fehlerhafte Handlung oder eine vorwurfbare Unterlassung verantwortlich sein könnte. Hier bleiben - wie ebenso der Privatsachverständige E. letztlich zugibt - nur Vermutungen, die aber für einen Beweis nicht ausreichen.
3. Sanierungskosten
Auf die Sanierungskosten kommt es mithin nicht an. Ob die hätten günstiger oder noch teurer ausfallen können, ist letztlich allein Sache der Beklagten, die sich hier - wie sie selbst einräumt (Bl. 1372 d.A.) - zur Qualitätssteigerung anstelle einer Folienabdichtung für eine Bitumenabdichtung entschieden hat. Ob die Klägerin das Sanierungskonzept im Übrigen erstellt hatte oder nicht, ist letztlich unerheblich, weil sie mit der eigentlichen Sanierung nichts zu tun hatte und über die Maßnahmen nicht informiert wurde. Denn selbst dann, wenn die Beklagte die Sanierung im Übrigen exakt so durchgeführt hat, wie von der Klägerin geplant (Bl. 1372 d.A.), wäre sie für die im Streit stehenden Schäden auf dem Dach, die die Sanierungsmaßnahmen veranlasst haben sollen, also diesen vorangingen, nicht verantwortlich. Dass aber die Sanierungsmaßnahmen selbst fehlerhaft waren, behauptet wiederum die Beklagte nicht.
4. Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 09.08.2021 gibt keinen Anlass zu einer abweichenden Bewertung oder zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Wie dargelegt kommt es insbesondere nicht entscheidungserheblich auf die Abnahme des Werks der Klägerin an. Der Umstand, dass sich die Parteien noch innerhalb der Leistungsphase 9 befanden, führt nicht dazu, dass die Klägerin für ohne ihr Zutun vorgenommene Arbeiten der Beklagten haftbar und einstandspflichtig ist. Die Beklagte setzt sich dabei auch in Widerspruch zu ihrer eindeutigen Erklärung im Verlauf dieses Rechtsstreits, "dass der Klägerin die geltend gemachten Honoraransprüche nach Grund und Höhe zustehen" und die Parteien - wie die Beklagte auf S. 5 des Schriftsatzes vom 09.08.2021 bekräftigt - die Abnahme des Architektenwerks als Fälligkeitsvoraussetzung abbedungen haben.
Die Leistungen der Klägerin sind zudem - wie erörtert - nicht mangelbehaftet, jedenfalls soweit es die in diesem Rechtsstreit geltend gemachten Mängel betrifft. Wie die Beklagte selbst ausführt (S. 7 oben des Schriftsatzes vom 09.08.2021), wird das Dach an der einen oder anderen Stelle durch die nachträglich verlegten Wartungswege überlastet gewesen sein. Dass es "mehrere Umstände" geben "dürfte" (S. 7 oben des Schriftsatzes vom 09.08.2021), die die Dachfläche beschädigt haben, kann keine Schadensersatzpflicht der Klägerin begründen.
5. Weitere Aufklärungsbedarf besteht nicht. Das Landgericht hat den Sachverhalt mit Hilfe des Sachverständigen G. im Einzelnen erschöpfend aufgeklärt. Die Behauptung der Beklagten, das Dach müsste innerhalb der voraussichtlichen Nutzungszeit von 20 bis 30 Jahren 1200 bis 1800-mal (!) begangen werden (S. 8 oben des Schriftsatzes vom 09.08.2021), ist unbeachtlich. Wie ausgeführt, ist das Dach bzw. das hier verwendete Dämmmaterial sowohl für die nach dem Vertrag vorausgesetzte als auch die gewöhnliche Verwendung geeignet gewesen. Dass eine außergewöhnliche Belastung zu erwarten und in die Planung einzubeziehen war, behauptet auch die Beklagte nicht.
6. Nach alledem ist die Berufung in jeder Hinsicht unbegründet.
III.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 101, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
IV.
Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 543 ZPO bestehen nicht, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und der Senat nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes oder eines anderen Oberlandesgerichts abweicht, so dass auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern.
V.
Die Festsetzung des Streitwertes für das Berufungsverfahren beruht auf § 3 ZPO, § 47 Abs. 1 GKG. Der Senat hat dabei die Gegenforderung der Beklagten als Primäraufrechnung im Streitwert nicht gesondert berechnet (vgl. auch Bl. 1307 unten d.A.). Der Wert setzt sich daher zusammen aus dem bezifferten Betrag, zu dessen Zahlung die Beklagte verurteilt worden ist, in Höhe von 216.584,67 € (LGU 2) zuzüglich der Widerklageforderung in Höhe von 33.235,80 € (vgl. LGU 4). Entsprechend verhalten sich die Berufungsanträge (Bl. 1350 f. d.A.).