Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 20.11.2007, Az.: 4 A 91/06
Altersklasse; Altersnachweis; Bestandsregister; Bestandsverzeichnis; Bewilligung; Förderung; Kennzeichnung; Kennzeichnungsfehler; Kürzung; Ohrmarke; Prämie; Registerführung; Rind; Rindersonderprämie; Rindfleischerzeuger; Rückforderung; Rücknahme; Sanktion; Schlachtung; Sonderprämie; Verböserung; Vertrauensschutz
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 20.11.2007
- Aktenzeichen
- 4 A 91/06
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2007, 71737
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- EWGV 2066/92
- EGV 2801/99
- Art 10c EWGV 3887/92
- Art 3 EWGV 3886/92
- Art 14 EWGV 3886/92
- § 48 VwVfG
- § 10 Abs 1 MOG
- § 6 MOG
- § 8 MOG
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme der Bewilligung von Rindersonderprämie für Rinder der zweiten Altersklasse in Höhe von 142,75 EUR und die Rückforderung des entsprechenden Betrages und begehrt die Verpflichtung der Beklagten, ihm Rindersonderprämie für Rinder der zweiten Altersklasse für die im Jahre 1995 beantragten männlichen Rinder ungekürzt zu gewähren.
Der Kläger erklärte unter dem 21. Dezember 1994 seine Beteiligung am Verfahren auf Gewährung einer Sonderprämie mit voraussichtlich 60 Rindern der ersten Altersklasse. Am 21. Juni 1995 beantragte er eine Sonderprämie für fünf männliche Rinder der ersten Altersklasse sowie für drei männliche Rinder der ersten und zweiten Altersklasse zusammen. Am 13. Dezember 1995 beantragte er Sonderprämie für drei männliche Rinder der ersten Altersklasse sowie 40 männliche Rinder der ersten und zweiten Altersklasse zusammen. Mit Bescheid über die Vorschusszahlung der Sonderprämie für Rindfleischerzeuger 1995 vom 15. Dezember 1995 bewilligte das Amt für Agrarstruktur D. dem Kläger eine Vorschusszahlung in Höhe von 1.836,25 DM für die im Antrag vom 21. Juni 1995 aufgeführten Rinder, davon - wie aus der dem Bescheid angefügten Anlage ersichtlich - insgesamt 508,50 DM für drei Rinder für die zweite Altersklasse (169,50 DM pro Rind), im Übrigen für die erste Altersklasse, und zahlte diese an den Kläger aus. Mit Bescheid über die Abschlusszahlung der Sonderprämie für Rindfleischerzeuger vom 8. Juli 1996 bewilligte das Amt für Agrarstruktur D. dem Kläger eine Sonderprämie für Rindfleischerzeuger in Höhe von - wie aus der dem Bescheid angefügten Anlage ersichtlich - insgesamt 10.922,67 DM, davon insgesamt 279,20 DM für zwei Rinder für die zweite Altersklasse (139,60 DM pro Rind), im Übrigen für die erste Altersklasse. Hieraus ergab sich - aufgrund der bereits erfolgten Vorschusszahlung in Höhe von 1.836,25 DM - ein Auszahlungsbetrag in Höhe von 9.086,42 DM. Bei den Rindern, für die Sonderprämie für die zweite Alterklasse gewährt wurde, handelte es sich um zwei der in dem Antrag vom 21. Juni 1995 aufgeführten Rinder. Als Kürzungsgründe der Sonderprämie für die zweite Altersklasse, die für im Jahr 1995 geschlachtete Tiere 211,88 DM betrug, wurden für diese Rinder jeweils die Schlüssel K18 (Kürzung als Folge der Sanktion eines anderen Tieres) mit einer Kürzung von 33,33% und K16 (Kürzung aufgrund von Kennzeichnungsfehlern und / oder Bestandsregisterfehlern) mit einer Kürzung um 1,18% angegeben. Für das im Rahmen der Vorschusszahlung für die Sonderprämie für die zweite Altersklasse berücksichtigte weitere Rind mit der Ohrmarkennummer 35 194 393 war als Kürzungsgrund der Schlüssel K12 (der Altersnachweis des Tieres für die zweite Altersklasse fehlte) mit einer Kürzung von 100% sowie K16 (s.o.) angegeben. Auf den Antrag vom 13. Dezember 1995 hin wurde keine Förderung für die zweite Altersklasse bewilligt. Als Kürzungsgründe waren bei allen 40 Rindern jeweils der Schlüssel K12 mit einer Kürzung um 100% sowie der Schlüssel K16 mit einer Kürzung um 1,18% angegeben.
Der Kläger legte am 30. Juli 1996 Widerspruch gegen den Bescheid der Beklagten vom 8. Juli 1996 ein. Zur Begründung führte er aus, die für die zweite Altersklasse genannten Ablehnungsgründe (mangelnde Altersnachweise) seien nicht nachvollziehbar. Die Tiere seien in dem Bestandsverzeichnis seit 1993 lückenlos erfasst. Das Bestandsverzeichnis sei von der Beklagten zu keiner Zeit beanstandet worden. Zum Zeitpunkt der Antragsstellung seien weitere Altersnachweise wie zum Beispiel Zukaufsbelege mit Geburtsdatum und Auswertungen des Milchkontrollverbandes mit bestätigten Geburtsdaten der Kälber vorgelegt worden. Nahezu alle Tiere hätten ein Schlachtgewicht von über 400 kg erreicht, was ebenfalls auf ein Alter der Tiere von über 24 Monaten hinweise.
Mit Bescheid vom 13. Februar 2006 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers nach Anhörung durch Schreiben vom 21. März 2005 sowie nach mündlicher Erörterung mit dem Prozessbevollmächtigten am 13. Juli 2005 zurück. Gleichzeitig nahm sie den Bescheid des Amtes für Agrarstruktur D. über die Vorschusszahlung der Rindersonderprämie vom 15. Dezember 1995 um weitere 142,75 EUR (279,20 DM) zurück und forderte diesen Betrag vom Kläger zurück. Auf Grund der nun vorliegenden neueren Gerichtsurteile im Zusammenhang mit den Altersnachweisen sei erneut überprüft worden, ob eine Prämie der zweiten Altersklasse für die von dem Kläger im Jahr 1995 beantragten Tiere gewährt werden könne. Dabei sei festgestellt worden, dass das von dem Kläger geführte Bestandsregister nicht den Anforderungen des § 5 Rinder- und Schafprämienverordnung i. V. m. Art. 14 der Verordnung (EWG) Nr. 3886/92 entspreche. Es seien nicht alle Tiere innerhalb von drei Tagen nach ihrem Zugang auf dem Betrieb in das Bestandsregister eingetragen worden. Die Zugänge ab April 1994 fehlten völlig. Auch sei bei fast keinem Tier die Kategorie angegeben und bei den Zukaufstieren fehlten zum Teil die Geburtsdaten.
Da die ordnungsgemäße Bestandsregisterführung Anspruchsvoraussetzung für die Bewilligung der Sonderprämie der zweiten Altersklasse sei, sei die Ablehnung der Prämie der zweiten Altersklasse im Abschlussbescheid vom 8. Juli 1995 rechtmäßig erfolgt, hätte allerdings für weitere Tiere erfolgen müssen. Es sei mit Vorschussbescheid vom 15. Dezember 1995 und Abschlusszahlungsbescheid vom 8. Juli 1996 eine Sonderprämie in Höhe von 279,20 DM (142,75 EUR) zu Unrecht bewilligt und ausgezahlt worden. Der Vorschussbescheid vom 15. Dezember 1995 und Abschlusszahlungsbescheid vom 8. Juli 1996 seien daher nach § 10 Abs. 1 Satz 1 erster Halbsatz des Gesetzes zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisation (MOG) in dieser Höhe zurückzunehmen. Nach Art. 14 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 sei der Kläger verpflichtet, den zu Unrecht erhaltenen Betrag zurückzuzahlen. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes spreche nicht dagegen. Dieser gelte nach Art. 14 Abs. 5 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 nicht für Vorschüsse. Die teilweise Rückforderung der mit Vorschussbescheid gezahlten Prämie sei daher uneingeschränkt möglich. Doch auch die Rückforderung der mit Abschlussbescheid gezahlten Prämie sei danach geboten. Denn dem Kläger könne kein Vertrauensschutz gewährt werden, da er entgegen der mit seiner Beteiligungserklärung abgegebenen Erklärung, die gemeinschaftlichen Verordnungen über die Gewährung der Sonderprämie für männliche Rinder und die Bestimmungen der Rinder- und Schafprämienverordnung einzuhalten, dieser Verpflichtung nicht nachgekommen sei.
Der Kläger hat 14. März 2006 Klage erhoben.
Zur Begründung trägt er vor, ausweislich des Verwaltungskontrollprotokolls seien alle Anträge auf Vollständigkeit, Richtigkeit und die Voraussetzungen für die Prämie der ersten und zweiten Altersklasse geprüft worden. Der Dienststellenleiter bzw. der berechtigte Vertreter der Kreisstelle Harburg der Beklagten hätten die Vollständigkeit und Richtigkeit mit Unterschrift zur Weitergabe an das damalige Amt für Agrarstruktur bestätigt. Er habe daher davon ausgehen müssen, dass er alle Voraussetzungen für den Erhalt der begehrten Rindersonderprämie erfüllt habe. Sein Bestandsregister sei auch zu keiner Zeit bei den sogenannten Vor-Ort-Kontrollen durch Mitarbeiter des prüfenden Amtes für Agrarstruktur beanstandet worden. Wenn als Ablehnungsgrund die Chronologie bei der Führung des Bestandsregisters angeführt werde, so sei dem entgegenzuhalten, dass er eine zeitnahe Auflistung aller seiner im Bestand gehaltenen männlichen Rinder bis Februar 1995 gar nicht habe durchführen können, da es vor 1993 noch gar kein Bestandsregister dieser Form gegeben habe und eine Führung des Bestandsregisters nicht vorgeschrieben gewesen sei. Die Formblätter der Bestandsregister seien erst ab Februar 1995 bei erstmaliger Antragstellung in der Kreisstelle der Beklagten den Landwirten ausgehändigt worden. Gerade um sicher zu stellen, dass seine Anträge auf Rindersonderprämie vollständig und richtig seien, habe er sich stets der Mithilfe des Kreisstellenleiters bzw. des berechtigten Vertreters bedient, um ggf. fehlende Unterlagen und Nachweise noch rechtzeitig nachreichen zu können.
Schließlich führten nach der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts Fehler im Bestandsverzeichnis nur dann zur Versagung des Prämienanspruchs, wenn derartige Fehler bei mindestens zwei Kontrollen innerhalb eines Zeitraumes von 24 Monaten festgestellt würden.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 13 Februar 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm für das Jahr 1995 eine weitere Rindersonderprämie der zweiten Altersklasse für 43 Rinder ungekürzt zu bewilligen, soweit die Kürzung nicht auf Kennzeichnungsfehler zurückgeht, und den Bescheid des Amtes für Agrarstruktur Lüneburg vom 8. Juli 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 13. Februar 2006 aufzuheben, soweit er dieser Verpflichtung entgegensteht.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bezieht sich auf ihre Ausführungen im Bescheid vom 13. Februar 2006 und trägt ergänzend vor, der Kläger habe keinen Anspruch auf die Gewährung einer Prämie für die beantragten Rinder der zweiten Altersklasse. Der Anspruch auf Prämiengewährung sei daran geknüpft, dass der Erzeuger ein nach Prämienarten getrenntes Bestandsverzeichnis mit den Angaben nach § 5 Rind- und Schafprämienverordnung führe. Dieser Anforderung sei der Kläger bzgl. der abgelehnten Rinder nicht nachgekommen. Der erforderliche Altersnachweis sei nicht erbracht worden. Das vorgelegte Bestandsverzeichnis genüge nicht den im Gemeinschaftsrecht und im nationalen Recht aufgestellten Voraussetzungen. Ein ordnungsgemäß geführtes Bestandsverzeichnis sei jedoch formelle und zugleich materielle Voraussetzung für die Gewährung der Rindersonderprämie. In dem vom Kläger vorgelegten Bestandsverzeichnis fehlten diverse Angaben. Insbesondere sei bei einer Vielzahl von Tieren nicht vermerkt worden, ob es sich um Bullen oder Ochsen handele. Da das Bestandsverzeichnis nicht korrekt sei, beständen Zweifel am Alter der Antragstiere. Mit den vom Kläger vorgelegten Bescheinigungen könnten diese nicht ausgeräumt werden, da Mängel bei der Führung des Bestandsverzeichnisses nicht mit vorgelegten Zukaufsbelegen kompensiert werden könnten.
Auch die Rücknahme und die Rückforderung der bewilligten Sonderprämie für Rinder der zweiten Altersklasse in Höhe von 142,75 EUR in dem Bescheid vom 13. Februar 2006 seien aus oben genannten Gründen rechtmäßig. Auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes könne sich der Kläger im vorliegenden Zusammenhang nicht mit Erfolg berufen. Hiergegen spreche bereits, dass der Vorschussbescheid unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs erlassen worden sei. Art. 14 Abs. 4 VO (EWG) Nr. 3887/92 stelle eine den Vertrauensschutz abschließend regelnde und spezielle Vorschrift dar, die eine Rücknahme rechtswidriger Bewilligungsbescheide ohne zeitliche Befristung zulasse. Der Kläger sei über die Anforderungen bzgl. der Identifizierung und Registrierung von Rindern in Kenntnis gesetzt worden. Er habe sich zur Einhaltung der entsprechenden Regeln mit seiner Unterschrift auf den Anträgen verpflichtet und außerdem bestätigt, dass er das entsprechende Merkblatt erhalten habe, in dem diese Voraussetzungen ebenfalls enthalten seien.
Aus der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts ergebe sich nichts anderes.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet. Die in dem angegriffenen Bescheid getroffenen Regelungen sind nicht zu beanstanden.
Zunächst war die Ablehnung einer weiteren Rindersonderprämie der zweiten Altersklasse für das Jahr 1995 in dem Bescheid des Amtes für Agrarstruktur Lüneburg vom 8. Juli 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 13. Februar 2006 war rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf die von ihm begehrte weitere Rindersonderprämie.
Rechtsgrundlage für die Gewährung von Rindersonderprämie ist hier Art. 4 b der Verordnung (EWG) Nr. 805/68 des Rates vom 27. Juni 1968 über die gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch (ABl. Nr L 148/24) - VO (EWG) Nr. 805/68 - in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 2066/92 des Rates vom 30. Juni 1992 (ABl. Nr. L 215/49) sowie der Verordnung (EG) Nr. 1884/94 des Rates vom 27. Juli 1994 und der Verordnung (EG) Nr. 2417/95 der Kommission vom 13. Oktober 1995 (ABl. Nr. L 248/39). Danach können Erzeuger, die in ihrem Betrieb männliche Rinder halten, auf Antrag eine Sonderprämie für höchstens 90 Tiere der in Absatz 2 genannten Altersklassen erhalten (Art. 4b Abs. 1 VO [EWG] Nr. 805/68). Die Prämie wird höchstens zweimal im Leben jedes männlichen Rindes gezahlt, und zwar zum ersten Mal nach Erreichen eines Alters von 10 Monaten und zum zweiten Mal nach Erreichen eines Alters von 22 Monaten (Art. 4 b Abs. 2 Satz 1 VO [EWG] Nr. 805/68).
Nach Art. 8 VO (EWG) Nr. 3886/92 der Kommission vom 23. Dezember 1992 mit Durchführungsvorschriften für die Prämienregelung gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 805/68 über die gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 1244/82 und EWG Nr. 714/89 (ABl. Nr. L 391/20) - VO (EWG) Nr. 3886/92 - in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 538/93 der Kommission vom 9.3.1993 (ABl. Nr. L 57/19) können die Mitgliedsstaaten die Sonderprämie bei der Schlachtung oder bei der ersten Vermarktung der Tiere im Hinblick auf ihre Schlachtung entweder für die erste oder zweite Altersklasse und für beide Altersklassen zusammen (Möglichkeit A) oder für lediglich die zweite Altersklasse (Möglichkeit B) gewähren. Der nationale Verordnungsgeber hat sich in § 12 der Verordnung über die Gewährung von Prämien für männliche Rinder, Mutterkühe und Mutterschafe (Rinder- und Schafprämien-Verordnung) vom 5. Februar 1993 (BGBl I S. 200) - RindSchafPräV - in der dem vorliegenden Rechtsstreit zugrunde zu legenden Fassung der Vierten Verordnung zur Änderung der Rinder- und Schafprämien-Verordnung vom 17. Dezember 1994 (BGBl I S. 3846) für die Gewährung als Schlachtprämie und die Möglichkeit A entschieden. Damit wird die Sonderprämie für männliche Rinder als Schlachtprämie für die erste oder zweite Altersklasse und für die erste und zweite Altersklasse zusammen gewährt.
Dabei ist die Gewährung der Sonderprämie an formale sowie materielle Voraussetzungen geknüpft, die vom Kläger zum Teil nicht erfüllt worden sind. Art. 3 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 3886/92 ermächtigt die Mitgliedsstaaten, die notwendigen Vorschriften zu erlassen, um sicher zu stellen, dass für jedes Tier spätestens von der ersten Prämienbeantragung an ein amtliches Dokument ausgestellt wird (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 VO [EWG] Nr. 3886/92). Mit diesem Dokument muss vor allem sichergestellt werden, dass je Tier und je Altersklasse nur eine Prämie gewährt wird (Art. 3 Abs. 1 Satz 2 VO [EWG] Nr. 3886/92). Nach Art. 3 Abs. 2 VO (EWG) Nr. 3886/92 ist es den Mitgliedsstaaten überlassen, ob sie das Begleitdokument für jedes einzelne Tier oder in der Form einer vom Erzeuger geführten Globalliste vorsehen, in der alle für das amtliche Dokument vorgesehenen Angaben enthalten sind. Für die Gewährung der Prämie kommen gemäß Art. 7 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 3886/92 nur Tiere in Betracht, für die ein nationales amtliches Dokument ausgestellt wurde und die nach den einschlägigen nationalen und gemeinschaftlichen Vorschriften ordnungsgemäß identifiziert sind. Der nationale Gesetzgeber hat sich für eine vom Erzeuger zu führende Globalliste entschieden, indem er in § 5 Abs. 1 S. 1 RindSchafPräV bestimmt, dass der Erzeuger, wenn er die Sonderprämie beantragen will, ein nach Prämienarten getrenntes Bestandsverzeichnis für die von ihm gehaltenen Tiere zu führen hat, welches für jedes Tier mindestens die in § 5 Abs. 1 S. 3 RuSVO vorgegebenen Angaben enthalten muss. Nach Art. 14 VO (EWG) Nr. 3886/92 muss unbeschadet der im Rahmen des integrierten Systems vorgesehenen Bestimmungen jedes im Betrieb gehaltene männliche Rind mit seiner Identifizierungsnummer spätestens am dritten Tag nach seinem Eintreffen im Betrieb in das besondere Register des Erzeugers eingetragen werden. Ein ordnungsgemäß geführtes Bestandsverzeichnis ist formelle Voraussetzung für die Gewährung der Rindersonderprämie (vgl. NdsOVG, Urt. v. 23.6.2004 - 10 LB 33/03 -, Urt. v. 23.6.2004 - 10 LB 165/01 - juris).
Das von dem Kläger geführte Bestandsregister entspricht diesen Anforderungen nicht. Insbesondere hat der Kläger die Verpflichtung des Art. 14 VO (EWG) Nr. 3886/92 nicht eingehalten. Dies zeigt der Umstand, dass die Eintragungen in großem Umfang nicht chronologisch erfolgt sind.
In dem Bestandsverzeichnis des Klägers sind die Tiere mit den Ohrmarkennummern 35542501, 35542502 und 35542503 (zugegangen am 11. Januar 1993) erst nach den Tieren, die am 25. Januar 1993 zugegangen sind (darunter das Antragstier für die Sonderprämie der zweiten Alterklasse mit der Ohrmarkennummer 35191772), die Tiere mit den Ohrmarkennummern 33196708, 33196709, 33196710, 33200941 (Antragstier für die Prämie der zweiten Altersklasse), 33200942 (Antragstier für die Prämie der zweiten Altersklasse), 33200943 (Antragstier für die Prämie der zweiten Altersklasse), 33200944 und 33200945 (alle zugegangen zwischen dem 1. April 1993 und dem 1. September 1993) erst nach den am 8. November 1993 zugegangen Tieren, die Tiere mit den Ohrmarkennummern 33200956 (Antragstier für die Prämie der zweiten Altersklasse), 33200957, 33200958 (Antragstier für die Prämie der zweiten Altersklasse), 33200959 (Antragstier für die Prämie der zweiten Altersklasse), 33200960 (Antragstier für die Prämie der zweiten Altersklasse), 33200961 (Antragstier für die Prämie der zweiten Altersklasse), 33200962 (Antragstier für die Prämie der zweiten Altersklasse), 33200963 (Antragstier für die Prämie der zweiten Altersklasse), 33200964, 33200965, 33200966, 33200967 (Antragstier für die Prämie der zweiten Altersklasse), 33200968 (Antragstier für die Prämie der zweiten Altersklasse), 33200969 (Antragstier für die Prämie der zweiten Altersklasse), 33200970 (Antragstier für die Prämie der zweiten Altersklasse), 33196291 (Antragstier für die Prämie der zweiten Altersklasse), 33196292 (Antragstier für die Prämie der zweiten Altersklasse), 33196293, 33196294, 33196295, 33196296, 33196297, 33196298, 33196299, 33196300, 33196281, 33196282, 33196283, 33196284, 33196285, 331996286 und 33196287 (alle zugegangen in 1993) erst nach den am 11. Januar 1994 zugegangenen Tieren (darunter sieben Antragstiere für die Prämie der zweiten Altersklasse) und die Tiere mit den Ohrmarkennummern 33200932, 33200933, 33200934 (Antragstier für die Prämie der zweiten Altersklasse), 33200935 (Antragstier für die Prämie der zweiten Altersklasse), 33200936 und 33200937 (alle zugegangen im November / Dezember 1993) erst nach den am 8. März 1994 zugegangenen Tieren eingetragen worden. Die Zugänge der Antragstiere für die Sonderprämie für die zweite Alterklasse mit den Ohrmarkennummern 33290298, 33290296 und 33290300 fehlen in den vorgelegten Bestandsregistern vollständig.
Es ist demnach insgesamt davon auszugehen, dass die Eintragungen im Bestandsverzeichnis in zeitlicher Hinsicht nicht unmittelbar, d.h. bis zu drei Tage, nach dem Zugang der Tiere in den Bestand erfolgt sind. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat im Termin zur mündlichen Verhandlung im Übrigen selbst eingeräumt, dass der Kläger die Eintragungen nicht drei Tage nach dem jeweiligen Zugang der Tiere in dem Betrieb vorgenommen habe.
Der Kläger kann sich auch mit Rücksicht auf das Günstigkeitsprinzip (Art. 2 Abs. 2 VO [EG, EURATOM] Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 [ABl. Nr. L 312]) nicht mit Erfolg auf Art. 10c Abs. 2 VO (EWG) Nr. 3887/92 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2801/1999 der Kommission vom 21. Dezember 1999 (ABl. Nr. L 340729) - VO (EG) Nr. 2801/99 - berufen, wonach bei Fehlern oder Versäumnissen betreffend die Eintragungen in das Register eine Kürzung gemäß Absatz 1 der Vorschrift nur vorgenommen wird, wenn derartige Tatbestände bei mindestens zwei Kontrollen innerhalb eines Zeitraums von 24 Monaten festgestellt worden sind. Diese Regelung betrifft eine andere Fallgestaltung als die hier vorliegende. Art. 10c Abs. 2 VO (EWG) Nr. 3887/92 in der Fassung der VO (EG) Nr. 2801/99 nimmt Bezug auf Art. 10c Abs. 1 lit. b) VO (EWG) Nr. 3887/92 in der Fassung der VO (EG) Nr. 2801/99. Danach wird bei anderen als den unter Art. 10b fallenden Rindern (d.h. bei Nichtantragstieren), sofern im Rahmen einer Vor-Ort-Kontrolle festgestellt wird, dass die Anzahl der im Betrieb anwesenden Tiere, die für eine Gemeinschaftsbeihilfe in Betracht kommen oder von Bedeutung sind, nicht der Anzahl der im Register des Betriebsinhabers gemäß Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 820/97 geführten Tiere entspricht, der Gesamtbetrag der Beihilfe, die dem Antragsteller im Rahmen der betreffenden Beihilferegelung innerhalb der zwölf Monate vor der Vor-Ort-Kontrolle, bei der dieser Tatbestand festgestellt wurde, gewährt wurde, außer im Fall höherer Gewalt entsprechend gekürzt. Im vorliegenden Fall geht es aber nicht um eine fehlende Übereinstimmung der Anzahl der im Betrieb vorhandenen mit der Anzahl der im Bestandsregister eingetragenen Nichtantragstiere. Gleiches gilt für die Vorschrift des Art. 39 Abs. 1 i.V.m. Art. 36 Abs. 4 lit. b) der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 der Kommission vom 11. Dezember 2001 (ABl. Nr. L 327) - VO (EG) Nr. 2419/2001 -, die sich ebenfalls nur auf Nichtantragstiere bezieht. Im Übrigen knüpft auch diese Sanktionsvorschrift - ebenso wie Art. 10c Abs. 2 VO (EWG) Nr. 3887/92 in der Fassung der VO (EG) Nr. 2801/99 - an die Eintragung für das jeweilige Tier an und hat nicht das Register als Ganzes im Auge (vgl. NdsOVG, Urt. v. 28.10.2004 - 10 LC 153/03 -). Dies gilt damit auch für die Vorschrift zu der Berechnungsgrundlage in Art. 57 Abs. 4 lit. b) der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 der Kommission vom 21. April 2004 (ABl. Nr. L 141/18) - VO (EG) Nr. 796/2004 -. Die im vorliegenden Fall in Frage stehende - hinsichtlich der geforderten zeitnahen Eintragung - ordnungsgemäße Führung des Bestandsregisters ist als formelle Voraussetzung des Prämienanspruchs nach alledem der sich im Einzelfall ggf. anschließenden Frage einer Sanktion aufgrund von Unregelmäßigkeiten bei der Eintragung von einzelnen Tieren vorgelagert.
Der Kläger kann zuletzt auch aus der Bewilligungspraxis der Beklagten in den vorangegangenen Jahren keinen Anspruch auf die Bewilligung einer Sonderprämie für die zweite Altersklasse für das Jahr 1995 herleiten. Sein Vortrag, die Beklagte habe die Anforderungen an die Bewilligung der Rinderprämie verschärft, auch habe eine zeitnahe Auflistung aller männlichen Rinder bis Februar 1995 nicht durchgeführt werden können, da die Formblätter der Bestandsregister erst ab Februar 1995 bei erstmaliger Antragstellung in der Kreisstelle der Beklagten den Landwirten ausgehändigt worden seien, greift nicht durch. Die Pflicht zur Eintragung in das Bestandsregister spätestens am dritten Tag nach Zugang des Rindes aus Art. 14 VO (EWG) Nr. 3886/92 bestand nämlich bereits seit dem 1. Januar 1993. Die Verpflichtung der ordnungsgemäßen Führung eines Bestandsregisters aufgrund der Regelung in § 5 RindSchafPräV in der Fassung vom 5. Februar 1993 (BGBl. I 1993, S. 200) gab es seit Februar 1993. Der Kläger war für die Führung eines Bestandsregisters auch nicht auf von der Beklagten zur Verfügung gestellte Formblätter angewiesen. Unabhängig davon kann eine Bewilligungspraxis aus willkürfreien, d.h. sachlichen Gründen geändert werden. Nach der Beanstandung der Verwaltungspraxis der deutschen Bewilligungsbehörden durch die Europäische Kommission bestand für den Beklagten Anlass, die bisherige Bewilligungspraxis zu überprüfen (vgl. hierzu NdsOVG, Urt. v. 23.6.2004 - 10 LB 33/03 -, Urt. v. 23.6.2004 - 10 LB 165/01 - juris).
Der Bescheid der Beklagten vom 13. Februar 2006 ist des Weiteren rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), soweit er die Rücknahme der bewilligten Sonderprämie für Rinder in Höhe von 142,75 EUR sowie die Rückforderung dieses Betrages ausspricht.
Der Bescheid ist zunächst so auszulegen, dass er neben der im Tenor ausdrücklich ausgesprochenen Rücknahme des Bescheids über die Vorschusszahlung vom 15. Dezember 1995 in Höhe von 142,75 EUR auch die Rücknahme des Bescheids über die Abschlusszahlung vom 8. Juli 1996 in gleicher Höhe umfasst. Dies ergibt sich aus der Gesamtbetrachtung mit der in dem Bescheid vorgenommenen Begründung der Rücknahme. In dieser wird ausgeführt, der Vorschussbescheid vom 15. Dezember 1995 und der Abschlusszahlungsbescheid vom 8. Juli 1996 seien teilweise rechtswidrig, weil für mehrere Tiere eine Prämie der zweiten Altersklasse gewährt worden sei, obwohl die Voraussetzung eines ordnungsgemäß geführten Bestandsregisters nicht gegeben sei. Diese Bescheide seien folglich teilweise zurückzunehmen. Ein objektiver Empfänger musste danach davon ausgehen, dass nicht nur der Bescheid über die Vorschusszahlung, sondern auch derjenige über die Abschlusszahlung zurückgenommen werden sollte.
Zunächst begegnet die mit der Rücknahme verbundene sog. „Verböserung“ keinen Bedenken. Die grundsätzliche Zulässigkeit einer solchen reformatio in peius im Widerspruchsverfahren wird überwiegend anerkannt und ergibt sich aus der Funktion des Widerspruchsverfahrens, das nicht nur Rechtsschutz- sondern auch Verwaltungsverfahren ist, und aus dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG). Insbesondere bestehen hinsichtlich der Zuständigkeit der Beklagten für eine Verböserung keine Zweifel, da sie vorliegend sowohl Ausgangs- als auch Widerspruchsbehörde ist (vgl. zu alledem Kopp, VwGO, 15. Aufl., § 68 VwGO, Rn. 10ff. m.w.N.).
Rechtsgrundlage für die Rücknahme ist § 10 MOG in der zum Zeitpunkt der angegriffenen Entscheidung geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 24. Juni 2005 (BGBl. I S. 1847) die die Änderungen des Gesetzes seit der Bekanntmachung vom 20. September 1995 bis zum 1. September 2004 berücksichtigt. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 MOG sind rechtswidrige begünstigende Bescheide in den Fällen der §§ 6 und 8, auch nachdem sie unanfechtbar geworden sind, zurückzunehmen; § 48 Abs. 2 bis 4 VwVfG und § 49a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwVfG sind anzuwenden.
Die formale Voraussetzung einer Anhörung nach § 71 VwGO ist zunächst durch das Schreiben der Beklagten vom 21. März 2005 sowie die mündliche Erörterung mit dem Prozessbevollmächtigten am 13. Juli 2005 erfüllt.
Die materiellen Voraussetzungen für eine Rücknahme der Bescheide über die Vorschuss- und über die Abschlusszahlung in Höhe von 142,75 EUR lagen ebenfalls vor. Die Bescheide sind hinsichtlich der Bewilligung von Rindersonderprämie für Rinder der zweiten Altersklasse rechtswidrig, weil der Kläger - wie im Vorangegangenen ausgeführt - das Bestandsverzeichnis nicht ordnungsgemäß geführt hat, indem er nicht alle Tiere spätestens drei Tage nach Zugang in den Betrieb eingetragen hat. Der Kläger kann sich gegenüber der Rücknahme der Bewilligungsbescheide auch nicht mit Erfolg auf Vertrauensschutz berufen. Anwendbar ist insoweit § 48 Abs. 2 VwVfG i.V.m. § 1 NdsVwVfG. Eine gemeinschaftsrechtliche Regelung zum Vertrauensschutz, die Anwendungsvorrang vor der nationalen Regelung des § 48 Abs. 2 VwVfG genießen würde, ist vorliegend nicht gegeben. Die den Vertrauensschutz regelnde Vorschrift des Art. 73 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 der Kommission vom 21. April 2004 (ABl. Nr. L 141) - VO (EG) Nr. 796/2004 gilt gemäß Art. 81 Satz 2 VO (EG) Nr. 796/2004 erst für Beihilfeanträge, die sich auf ab dem 1. Januar 2005 beginnende Wirtschaftsjahre oder Prämienzeiträume beziehen. Für Beihilfeanträge, die sich auf vor dem 1. Januar 2005 beginnende Wirtschaftsjahre oder Prämienzeiträume beziehen, gilt nach Art. 80 Abs. 1 VO (EG) Nr. 796/2004 weiterhin die VO (EG) Nr. 2419/2001. Diese wiederum bestimmt in Art. 54 Abs. 2, dass sie für Beihilfeanträge gilt, die sich auf ab dem 1. Januar 2002 beginnende Wirtschaftsjahre oder Prämienzeiträume beziehen. Nach Art. 53 Abs. 1 Satz 2 VO (EG) Nr. 2419/2001 gilt die VO (EWG) Nr. 3887/92 weiter für Beihilfeanträge, die sich auf vor dem 1. Januar 2002 beginnende Wirtschaftsjahre oder Prämienzeiträume beziehen. Zwar regelt der von der Beklagten angeführte Art. 14 Abs. 4 VO (EWG) Nr. 3887/92 den Vertrauensschutz des Begünstigten einer rechtswidrigen Beihilfe gegenüber deren Rückforderung. Diese Regelung ist jedoch erst durch die Verordnung (EG) Nr. 1678/98 der Kommission vom 29. Juli 1998 (ABl. Nr. L 212/23) - VO (EG) Nr. 1678/98 - eingeführt worden und hatte im hier umstrittenen Bewilligungsjahr 1995 noch keine Geltung [vgl. Art. 2 VO (EG) Nr. 1678/98]. Allerdings könnte der Kläger auch aus Art. 14 Abs. 4 VO (EWG) Nr. 3887/92 in der Fassung der VO (EG) Nr. 1678/98 keinen Vertrauensschutz herleiten.
Danach gilt die Verpflichtung zur Rückzahlung gemäß Absatz 1 der Vorschrift nicht, wenn die Zahlung auf einen Irrtum der zuständigen Behörde selbst oder einer anderen Behörde zurückzuführen ist, der vom Betriebsinhaber, der seinerseits in gutem Glauben gehandelt und alle Bestimmungen der geltenden Verordnung eingehalten hat, billigerweise nicht erkannt werden konnte. Hiernach ist nur derjenige Begünstigte schutzwürdig, der seinerseits in jeder Hinsicht ordnungsgemäß gehandelt hat und der den der Behörde unterlaufenen Fehler billigerweise nicht hat erkennen können (vgl. NdsOVG, Urt. v. 16.3.2005 - 10 LB 17/02 -; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 22.6.2004 - 10 S 557/04 - juris). Da der Kläger die Bestimmung des Art. 14 VO (EWG) Nr. 3886/92, jedes im Betrieb gehaltene männliche Rind mit seiner Identifizierungsnummer spätestens am dritten Tag nach seinem Eintreffen im Betrieb in das besondere Register des Erzeugers einzutragen, nicht befolgt hat, kann ihm demnach auch auf Grund gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften Vertrauensschutz nicht gewährt werden.
Auch nach § 48 Abs. 2 VwVfG i.V.m. § 1 NdsVwVfG kann dem Kläger Vertrauensschutz nicht gewährt werden. Solcher ist nach § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG ausgeschlossen, da der Kläger die Rechtswidrigkeit des Vorschussbescheides zumindest grob fahrlässig nicht kannte. Aus dem „Merkblatt für die Gewährung der Sonderprämie für männliche Rinder und der Saisonentzerrungsprämie für Ochsen im Jahr 1995“, Stand: November 1994, von welchem der Kläger, wie in seiner Beteiligungserklärung vom 21. Dezember 1994 versichert, Kenntnis genommen hatte, ergab sich eindeutig, dass er ein Bestandsregister zu führen hatte, in das alle im Betrieb gehaltenen Rinder, die älter als 30 Tage sind, spätestens am dritten Tag nach dem Zugang in den Betrieb eingetragen werden mussten. Hierauf wird in dem Merkblatt in dem Kapitel A zur Sonderprämie für männliche Rinder unter „II. Was Sie beachten müssen, wenn Sie sich am Verfahren beteiligen wollen“, hier unter „5. Bestandsverzeichnis“ hingewiesen. Dasselbe gilt übrigens bereits für das „Merkblatt für die Gewährung der Sonderprämie für männliche Rinder und der Saisonentzerrungsprämie für Ochsen im Jahr 1994“, Stand: 19. November 1993, auf das sich der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung berufen hat.
Mögliche Beratungsfehler durch die Mitarbeiter der Kreisstelle Harburg der Beklagten, auf deren Mithilfe der Kläger sich, wie er vorträgt, bei der Antragstellung verlassen habe, sind dabei unerheblich, weil das Gemeinschaftsrecht der Berücksichtigung eines möglichen Mitverschuldens von Mitarbeitern der Beklagten entgegensteht. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes kann nicht gegen eine klare gemeinschaftsrechtliche Bestimmung angeführt werden, und das gemeinschaftsrechtswidrige Verhalten einer für die Anwendung des Gemeinschaftsrechts zuständigen nationalen Behörde kann kein berechtigtes Vertrauen eines Wirtschaftsteilnehmers darauf begründen, in den Genuss einer gemeinschaftsrechtswidrigen Behandlung zu kommen (EuGH, Urt. v.16.3.2006 - Rs C-94/05 -).
Zuletzt ist die Rücknahme der Bewilligung auch nicht deswegen materiell rechtswidrig erfolgt, da die Vorschrift des § 48 Abs. 4 VwVfG entgegenstände. Danach ist, wenn die Behörde von Tatsachen Kenntnis erlangt, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Diese Vorschrift gelangt hier nicht zur Anwendung. Die Anwendung des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG ist in Fällen rechtswidrig gewährter gemeinschaftsrechtlicher Beihilfen grundsätzlich ausgeschlossen, weil Art. 14 Abs. 4 VO Nr. 3887/92 in der Fassung der VO Nr. 1678/98 auch mit Blick auf Rücknahmefristen eine den Vertrauensschutz abschließende Regelung trifft (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 18.7.2007 - 10 LA 233/05 - RdL 2007, 275, Urt. v. 16.3.2005 - 10 LB 17/02 -). Im hier umstrittenen Zeitraum war diese Vorschrift, die erst im Jahr 1998 eingeführt worden ist, allerdings noch nicht in Kraft. Jedoch steht Gemeinschaftsrecht grundsätzlich nationalen Regelungen, die für den Ausschluss einer Rückforderung von zu Unrecht gezahlten Beihilfen auf den Ablauf einer Frist abstellen, entgegen, wenn dadurch das Interesse der Gemeinschaft nicht voll berücksichtigt wird (EuGH, Urt. v. 21.9. 1983 - Rs 205-215/82 - Deutsche Milchkontor -). Aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ergibt sich dabei, dass sich der Begünstigte der Rückforderung nur widersetzen kann, wenn er hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Beihilfe in gutem Glauben war (EuGH, Urt. v. 19.9.2002 - Rs C 336/00 - m.w.N.). Für die Frage, wann Gutgläubigkeit anzunehmen ist, stellt der Europäische Gerichtshof dabei darauf ab, ob dem Empfänger der Beihilfe hätte bewusst sein müssen, dass die Beihilfe zu Unrecht gewährt worden ist. Dies ist daraus zu schließen, dass der Europäische Gerichtshof als ein maßgebendes Kriterium für die Frage der Gutgläubigkeit ansieht, ob dem Betroffenen die maßgeblichen Vorschriften bekannt waren (EuGH, Urt. v. 19.9.2002 - Rs C 336/00 - Rn. 55 ff). Hier war, wie dargelegt, für den Kläger nach dem Merkblatt eindeutig erkennbar, dass er aufgrund seiner nicht ordnungsgemäßen Führung des Bestandsregisters die Voraussetzungen der Gewährung der begehrten Sonderprämie nicht erfüllte und diese zu Unrecht gewährt worden war. Eine Gutgläubigkeit im aufgezeigten Sinne ist daher nicht gegeben.
Auch die Rückforderung des Betrages von 142,75 EUR ist rechtmäßig. Rechtsgrundlagen sind § 10 Abs. 1, Abs. 3 MOG i.V.m. § 49a Abs. 1 Satz 1 VwVfG, Art. 14 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 3887/92. Der Bewilligungsbescheid vom 8. Juli 1996, der der Abschlusszahlung zugrunde liegt, ist - wie im Vorangehenden dargelegt - mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 13. Februar 2006 ebenfalls zurückgenommen worden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.