Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 09.11.2007, Az.: 1 A 84/05
Abänderung; Beamter; Beförderung; Beurteilungsbeitrag; Beurteilungsverfahren; Beurteilungszeitraum; Beweisschwierigkeiten; dienstliche Beurteilung; Erkenntnisfundament; Gesamturteil; Kippeffekt; Kontrolldichte; Leistungsbeurteilung; Nichtbewertung; Plausibilisierung; Plausibilisierungslast ; Statusamt; Tatsachenkenntnis; Unvollständigkeit; vollständiger Sachverhalt
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 09.11.2007
- Aktenzeichen
- 1 A 84/05
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2007, 71725
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 70 VwGO
- § 126 Abs 3 BRRG
- Art 33 GG
Tatbestand:
Der Kläger begehrt eine Abänderung seiner dienstlichen Beurteilung vom 14. September 2004.
Er war bis zum 30. Juni 1996 Soldat auf Zeit (Oberfeldwebel) und ist zum 1. Juli 1996 als Brandmeister z.A. in die Bundeswehrverwaltung eingestellt worden. Er ist bei der Bundeswehr - Heeresflugplatzfeuerwehr 101 in F. - als Oberbrandmeister (A 8 BBesO) tätig und zuständig als Feuerwehrmann im Flugsicherungsdienst, im Liegenschaftsschutz, in der Brandbekämpfung und im Rettungsdienst. Für den Zeitraum 1996-1998 wurde ihm bescheinigt, dass er seine Aufgaben zuverlässig und ordentlich erfülle.
Im März 2001 wurde der Kläger nach Bestehen der Prüfung zum Oberbrandmeister befördert. Außerdem wurde festgestellt, dass er sich als Staffelführer bewährt habe. Im August 2001 wurde darauf verwiesen, dass bei der nächsten Beurteilung der sog. „Kippeffekt“ anzuwenden und für den Zeitraum 1997 bis 2001 eine Beurteilung vom zuständigen Erstbeurteiler nicht erstellt worden sei. Im Juli 2002 wurde der Kläger vom Streitkräfteunterstützungskommando als Gastausbilder „Sprechfunkausbildung“ angefordert. Ein Beurteilungsbeitrag vom 29. Mai 2001, in dem das Gesamturteil „übertrifft die Anforderungen“ vorgeschlagen worden war, wurde als Entwurf zu den Personalakten genommen. Dieser Beitrag wurde nachträglich - im März 2007 - anerkannt und mit dem genannten Gesamturteil in die Personalakten aufgenommen, wobei allerdings der Beurteilungszeitraum auf den 31. Januar 2001 abgekürzt wurde.
Im Oktober 2004 wurde dem Kläger die Regelbeurteilung für den Zeitraum 29. Mai 2001 - 31. Januar 2004 vom 14. September 2004 eröffnet, die das Gesamturteil „entspricht den Anforderungen“ enthielt. Diese wurde während des Klageverfahrens - nach der mündlichen Verhandlung vom 26. Februar 2007 - auf den Beurteilungszeitraum 1. Februar 2001 - 31. Januar 2004 erstreckt. Gegen die Regelbeurteilung in ihrer ursprünglichen Fassung wandte sich der Kläger mit Gegenvorstellungen und führte aus, es seien die Aufgabengebiete „Unfallvertrauensperson, Einweisung ´Kleinlöschgerät´ in den Einheiten, Fahrlehrertätigkeit im Rahmen von Überprüfungsfahrten (Kl. B und C und Feuerlösch-Kfz.), Einweisung und Ausbildung betriebseigener Feuerwehrleute und Öffentlichkeitsarbeit (Schulklassen, Praktikanten usw.).“ unberücksichtigt geblieben. Außerdem habe er seine Leistungen seit der letzten Beurteilung nach eigener Einschätzung gesteigert.
Der Leiter der Feuerwehr nahm dazu Stellung. Anschließend wurde die als „Widerspruch“ bewertete Stellungnahme des Klägers vom 5. November 2004 durch Widerspruchsbescheid vom 11. Februar 2005 mit der Begründung zurückgewiesen, die Leistungen hätten im Beurteilungszeitraum „deutlich abgenommen“, die „Leistungseinbußen“ seien dokumentiert. Auf die Stellungnahme des Leiters der Feuerwehr werde Bezug genommen.
Zur Begründung seiner am 16. März 2005 erhobenen Klage trägt der Kläger unter Ergänzung und Vertiefung seiner zuvor abgegebenen Stellungnahme vor, prägende Tätigkeiten und Sonderaufgaben von Gewicht - vor allem seine Tätigkeit als Unfallvertrauensperson seit März 2002 (ca. 4 Std. pro Arbeitstag) sowie seine Fahrlehrertätigkeit - seien nicht beurteilt worden, so das die Beurteilung unvollständig und fehlerhaft sei. Allein der Austausch der ersten Seite der angegriffenen Beurteilung nach der mündlichen Verhandlung vom 26. Februar 2007 belege noch nicht eine tatsächliche Berücksichtigung der aufgeführten Sonderaufgaben.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 11. Februar 2005 zu verurteilen, die dem Kläger erteilte dienstliche Beurteilung vom 14. Sept. 2004 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu ändern.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie meint, die Beurteilung des Klägers sei nach den vorgenommenen Änderungen korrekt und nicht zu beanstanden, da der Kläger am höheren statusrechtlichen Amt eines Oberbrandmeisters der Besoldungsgruppe A 8 zu messen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Der Einzelrichter entscheidet über den Streitfall im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Kläger hat Anspruch auf eine erneute, seine Aufgabenbereiche und Sonderaufgaben sowie den Beurteilungsbeitrag vom 29. Mai 2001 wertend einbeziehende neue Beurteilung für den Zeitraum 1. Februar 2001 - 31. Januar 2004.
1. Ein Widerspruch gegen eine Beurteilung, die lediglich ein internes Auslese-, Verwendungs- und Förderungsurteil des Dienstherrn darstellt und nicht als ein Verwaltungsakt zu bewerten ist (BVerwGE 49, 351; vgl. auch Oppenheimer, ZBR 1971, 189/193), ist nicht möglich. Denn die Beurteilung enthält nicht eine auf Rechtsverbindlichkeit hin angelegte Regelung. Deshalb sind die Fristen des § 70 VwGO im Falle einer Beurteilung unanwendbar, kann gegen eine Beurteilung auch noch nach mehreren Monaten bzw. längerer Zeit vorgegangen werden.
Erst die Ablehnung eines Abänderungsantrages stellt sich als „potentiell rechtsverbindliche“ Festlegung (BVerwGE a.a.O.) und damit als regelnder Verwaltungsakt dar, der mit dem Widerspruch angreifbar ist. Erst insoweit ist ein Vorverfahren (§§ 69, 70 VwGO, 126 Abs. 3 BRRG) möglich.
Allerdings wird es auch für denkbar gehalten, die Beurteilung unmittelbar mit dem Widerspruch anzugreifen (so Günther, ZBR 1981, 77 / 82; Schenke, JuS 1982, 906 / 910; für ein Wahlrecht zwischen Änderungsantrag und Widerspruch: Rheinlandpf OVG, RiA 2000, 200 [OVG Rheinland-Pfalz 18.02.2000 - 10 A 11245/99.OVG]). Ein Änderungsbegehren, so wie es hier vorgelegen hat, kann daher auch als Widerspruch gegen die dienstliche Beurteilung gewertet werden (so Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 5. Aufl. Rdn. 466 / S. 283 oben). Es läge nach dieser Auffassung keine „falsche“ Sachbehandlung durch die Beklagte vor. Das nach § 126 Abs. 3 BRRG erforderliche Vorverfahren hätte dann stattgefunden. Hiervon ist im vorliegenden Fall auszugehen.
2. Streitgegenstand ist im vorliegenden Fall die Beurteilung vom 14. September 2004, die sich ursprünglich auf den Beurteilungszeitraum 29.5.2001 - 31.1.2004 und später (abgeändert) auf den Zeitraum 1.2.2001 - 31.1.2004 bezieht.
Bedeutung hat diese Beurteilung für den Kläger vor allem auch deshalb, weil eine Beurteilung für den vorangehenden Zeitraum Juli 1997 - Januar 2001 nicht erstellt worden ist (vgl. Vermerk v. 16.8.2001), vielmehr insoweit lediglich ein Beurteilungsbeitrag vorliegt.
Die Kontrolldichte der Verwaltungsgerichte ist bei dienstlichen Beurteilungen naturgemäß eingeschränkt, so wie das in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung allgemein anerkannt ist (vgl. u.a. BVerwG, ZBR 1981, 197 u. 315 [BVerwG 02.04.1981 - BVerwG 2 C 13.80]). Jedoch sind, wie das Bundesverfassungsgericht betont (BVerfG, NVwZ 2002, 1368 [BVerfG 29.05.2002 - 2 BvR 723/99]), von den Verwaltungsgerichten neben Verfahrensverstößen vor allem die Vollständigkeit des Sachverhalts, das Einhalten gesetzlicher Vorgaben und Maßstäbe (Art. 33 GG), die Vollständigkeit der Beurteilungsgrundlagen und deren Plausibilität, die Beachtung und Einhaltung allgemeingültiger Wert- und Beurteilungsmaßstäbe und der Einfluss sachfremder Erwägungen bei den Beurteilern zu kontrollieren (vgl. Schnellenbach, NJW-Schriften 40, 5. Aufl. 2001, Rdn. 477 ff. m.w.N.).
Derartige gerichtlich kontrollierbare Mängel sind hier angesichts dessen, dass die Beklagte wegen der bei Beurteilungen typischen Beweisschwierigkeiten auf Antrag des Klägers eine dienstherrliche Plausibilisierungslast zu erfüllen hat (vgl. OVG Saarlouis, DÖD 2000, 65 [OVG Rheinland-Pfalz 10.05.1999 - 3 A 12725/98] mwN.; VG Regensburg, Urt. v. 15.11.1994, - RN 1 K 94.34 -, ÖD 1995, 53-55), hervorgetreten und erkennbar geworden. Außerdem rechtfertigt die Art und Weise der Berücksichtigung des Beurteilungszeitraumes (01.02.2001 - 31.01.2004, vgl. Bl. 75 der GA) die Annahme, dass der angegriffenen dienstlichen Beurteilung ein nicht vollständiger Sachverhalt zugrunde liegt.
2.1 Zunächst ist es fehlerhaft, den - positiven - Beurteilungsbeitrag vom 29. Mai 2001 (für den Zeitraum 21. April 1998 bis 28. Mai 2001) mit dem vorgesehenen Gesamturteil „übertrifft die Anforderungen“, der dem Kläger als Oberbrandmeister am 6. Juni 2001 eröffnet wurde, aufgrund und nach der mündlichen Verhandlung vom 26. Februar 2007 auf einen abgekürzten Beurteilungszeitraum vom 21. April 1998 bis (nur noch) 31. Januar 2001 zu beziehen und hierbei zugleich das Statusamt von „Oberbrandmeister A 8“ auf „Brandmeister“ im März 2007 nachträglich abzuändern (Bl. 10 der Beiakten B).
Zwar wird auf diese Weise erreicht, dass der Beurteilungsbeitrag des Majors und Abteilungskommandeurs Y. vom 29. Mai 2001 nicht mehr, wie ursprünglich, die am 23. April 2001 vollzogene Beförderung zum Oberbrandmeister - vgl. Urkunde vom 20. März 2001 - mit umfasst, so dass die am 26. Februar 2007 erörterte Problematik eines „Kippeffektes“ obsolet geworden ist, aber eine derartige Abänderung von Beurteilungsbeiträgen ist dem Schlusszeichnenden zum Zwecke der Problemlösung versagt. Wie nämlich das Nds. Oberverwaltungsgericht in seinem Urteil v. 25.03.2003 - 5 LB 8/03 - betont hat, ist der (schlusszeichnende) Beurteiler nicht etwa befugt, „die von einem Beurteilungsbeitrag erfassten Eignungs- und Leistungsmerkmale abzuändern und damit den Beurteilungsbeitrag zu ersetzen“. Ähnlich hat auch das Bundesverwaltungsgericht geurteilt (Urt. v. 18.7. 2001 - 2 C 41.00 -, Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 22). Der Beurteiler darf seine Wertungen auch nicht auf eine „nur partiell oder bruchstückhaft vorhandene Tatsachenkenntnis“ stützen (BVerwG, Urt. v. 21.3.2007 - 2 C 2.06 -). Vielmehr muss das Beurteilungsverfahren insgesamt im Rahmen des Möglichen „Objektivität und Neutralität gewährleisten“ (Huber, ZBR 1993, 361 ff / 364; OVG Münster DÖD 1980, 277), was ein Bemühen um ein sachlich zutreffendes Erkenntnisfundament einschließt.
Der Beurteiler Y. hat hier aber seinen Beitrag ersichtlich in Kenntnis der Beförderung des Klägers zum Oberbrandmeister A 8 verfasst, dabei ausweislich seines Beitrages auch Beiträge des Fachvorgesetzten für die Zeit bis zum 28. Mai 2001 einbezogen und auf dieser Grundlage u.a. die „Befähigung zur Kommunikation und Zusammenarbeit“ als „stark ausgeprägt“ (B) eingeschätzt (Bl. 67 GA). Diese ausdrücklich mit Blick auf das Statusamt A 8 unter Einbeziehung der Beförderung zum Oberbrandmeister erfolgte positive Gesamteinschätzung durch den Verfasser des Beurteilungsbeitrages, der diesen Ende Mai 2001 erstellt hat, kann nicht durch eine Veränderung der maßgeblichen Beurteilungszeiträume nachträglich abgeändert und dem positiven Beitrag auf diese Weise eine veränderte, sich nur noch auf ein Statusamt A 7 beziehende Wertung unterlegt werden. Hierzu ist der schlusszeichnende Beurteiler nicht befugt. Dieser hat vielmehr zur Kenntnis zu nehmen, dass der Beurteilungsbeitrag ausdrücklich zum Statusamt A 8 verfasst worden ist und der Verfasser unter Würdigung dieses höheren Amtes zu seinem Gesamturteil gelangt ist. Indem der zuständige Beurteiler den vorliegenden Beurteilungsbeitrag vom 29. Mai 2001 lediglich dem Statusamt A 7 - Brandmeister - zuordnet und das positive Gesamturteil nur noch für dieses Amt anerkennt, verändert er den verfassten Beurteilungsbeitrag in seinem Kern und wertet so auf einer künstlich von ihm geschaffenen, nicht mehr zutreffenden Tatsachen- und Erkenntnisbasis. Das ist beurteilungsrechtlich nicht zulässig.
Der angegriffenen Beurteilung vom 14. September 2004 wird so nachträglich ein abgeänderter, von der tatsächlichen Wertung des Beurteilungsbeitrages abweichender Erkenntnisstand und Sachverhalt unterlegt, was rechtsfehlerhaft ist.
2.2 Fehlerhaft ist es des Weiteren, in die abgeänderte Beurteilung zwar auf den entsprechenden Vorhalt des Klägers noch zwei weitere Aufgaben- und Tätigkeitsbereiche des Klägers aufzunehmen, das jedoch nicht zum Anlass zu nehmen, die Begründung der Gesamtbewertung ihrerseits zu ergänzen oder abzuändern. Mit der Aufnahme in den Katalog wahrgenommener Aufgabenbereiche ist zugleich auch die beurteilungsrechtliche Relevanz dieser Aufgaben einschränkungslos dargetan und eingeräumt, so dass es nicht mehr nachvollziehbar ist, wenn die Gesamtbewertung in ihrer Wortfassung unverändert erhalten bleibt. Vor allem ist nicht plausibel, aus welchen Gründen nunmehr noch - trotz der Tätigkeit als einer „Unfallvertrauensperson“ seit 1. März 2002 (vgl. die Dienstanweisung für den Kläger, Bl. 31 GA) - bei der „Befähigung zur Kommunikation und Zusammenarbeit“ an der Ausprägung C festgehalten worden ist, die hiervon abweichend bereits im genannten Beurteilungsbeitrag vom 29. Mai 2001 deutlich höher, nämlich mit der Ausprägung B, eingeschätzt worden war. Der Kläger hat insoweit Anspruch darauf, dass das Gesamturteil nachvollziehbar und einsichtig begründet wird (Nds. Oberverwaltungsgericht, Urt. v. 23.9.2003 - 5 LB 173/03 - und OVG Münster, ZBR 2007, 346 [OVG Nordrhein-Westfalen 10.07.2006 - 1 B 523/06] m.w.N.).
2.3 Fehlerhaft ist es zudem auch, im Falle von Beförderungen ohne jede Einzelfallbetrachtung pauschal auf einen sog. „Kippeffekt“ nach Beförderungen abzustellen. Die hierfür in der mündlichen Verhandlung gegebene Begründung, durch diesen Effekt werde eine „gewisse Reihung“ auch hinsichtlich „Stehzeitälterer A-8er“ eingehalten, es werde so ein „Durchschießen“ jüngerer Beamter verhindert, ist mit Blick auf Art. 33 Abs. 5 GG nicht geeignet, das pauschale Herabsetzen und „Abkippen“ einer Gesamtbewertung in entsprechenden Regelbeurteilungen rechtlich haltbar zu begründen. Sollte allein der „Kippeffekt“ Anlass und Grund für die Herabsetzung des Gesamturteils sein, so wie das in der Beurteilung vom 14. September 2004 abweichend vom Beurteilungsbeitrag vom 29. Mai 2001 geschehen ist, dann stellte sich die Beurteilung allein schon aus diesem Grunde als rechtswidrig dar. Vgl. dazu das Urteil der Kammer v. 20.3.2002 - 1 A 80/00 -:
„Diese jeden Beurteiler im Bereich des GSP Nord bindende Absenkungsregel für Beurteilungen nach Beförderungen ist zunächst einmal schon wegen ihrer Pauschalität und ihrer generellen Verbindlichkeit rechtswidrig, weil sie gegen das Gebot individueller Leistungsbeurteilungen iSd Leistungsgrundsatzes verstößt (Art. 33 Abs. 2 GG). Darüber hinaus beschneidet sie den Wertungs- und Beurteilungsspielraum des einzelnen Beurteilers generalisierend, so dass dieser nicht mehr in der Lage ist, in einem nur ihm zugewiesenen „Akt wertender Erkenntnis“ eine aus seiner Sicht und Wertung für den zu beurteilenden Beamten tatsächlich sachgerechte Beurteilung anzufertigen.“
2.4 Angesichts des positiven Beurteilungsbeitrages vom 29. Mai 2001 - erstellt zum Statusamt A 8 - und angesichts der positiven Formulierungen in den Stellungnahmen weiterer Vorgesetzter (S. 5 der angegriffenen Beurteilung) wie etwa „verlässlicher Mitarbeiter“ mit „guter Leistungsbereitschaft“, der aufgrund seines „Leistungspotentials“ eine „Kontinuität“ erwarten lässt, ist es gerichtlich nicht nachvollziehbar, weshalb dem Kläger letztlich (nur) das Gesamturteil „entspricht den Anforderungen“ zuerkannt wurde. Das ist nicht schlüssig und nicht plausibel.
Angesichts dessen, dass der Beklagte offenbar in seinem Geschäftsbereich auf einer Anwendung des dargestellten „Kippeffektes“ besteht (vgl. Schreiben der Beklagten vom 17.8.2001, Bl. 8 Beiakten B), ist jedoch von einer gesteigerten Plausibilisierungslast des Dienstherrn auszugehen (so Urteil der Kammer v. 11.12.2002 - 1 A 193/01 - ). Dieser hat nachvollziehbar zu machen, dass der „Effekt“ sich nicht bei dem höchstpersönlichen Werturteil als einem „Akt wertender Sacherkenntnis“ ausgewirkt hat. Daran fehlt es hier.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.