Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 27.08.2013, Az.: 8 K 78/12
(Sammel-)Auskunftsersuchen gegen einen Verlag i.R.e. Verstoßes gegen das Grundrecht zur Pressefreiheit
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 27.08.2013
- Aktenzeichen
- 8 K 78/12
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2013, 52239
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2013:0827.8K78.12.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - 12.05.2016 - AZ: II R 17/14
Rechtsgrundlagen
- § 68 FGO
- § 93 Abs. 3 S. 2 AO
- § 208 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 3 AO
Fundstellen
- EFG 2014, 99-103
- PStR 2014, 312
Amtlicher Leitsatz
Ein (Sammel-)Auskunftsersuchen gegen einen Verlag verstößt nicht ohne Weiteres gegen das Grundrecht zu Pressefreiheit. Es ist zu unbestimmt, soweit für den Empfänger nicht hinreichend erkennbar ist, nach welchen Kriterien die Auskunft zu erteilen ist.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Steuerfahndung ein rechtmäßiges Sammelauskunftsersuchen gegenüber der Klägerin erlassen hat.
Die Klägerin gibt das "XXX-Blatt" sowie das Anzeigenblatt "XXX-Blatt am Sonntag" heraus. Dort findet sich im Anzeigenteil jeweils u.a. eine Rubrik "Kontakte". Die Klägerin nutzte für die Verwaltung und Verarbeitung der Anzeigen die Verlagssoftware "JJK fliess", die u.a. eine Exportfunktion auf Excel anbietet.
Das Finanzamt für Fahndung und Strafsachen (im Folgenden: FAFuSt) richtete am 21.10.2011 ein Sammelauskunftsersuchen unter Hinweis auf § 208 Abs. 1 Nr. 3 Abgabenordnung (AO) an die Klägerin. Darin bat es entsprechend einer vorherigen persönlichen Rücksprache mit einem Mitarbeiter der Klägerin um Übersendung folgender Unterlagen:
1. Eine Aufstellung mit Personen- und Auftragsdaten aller Anzeigenauftragsgeber für den Zeitraum 1. Januar 2011 bis dato und
2. ab dato bis 31. Dezember 2012 zusätzlich zu den vorstehenden Angaben den Anzeigentext,
soweit die Anzeigen mit Betrieben und Personen des Rotlichtmilieus im Zusammenhang stehen.
Die Aufstellung zu 2. sollte jeweils nach Ablauf eines Monats, letztmalig zum 31.12.2012 übersandt werden. Das FAFuSt erklärte sich bereit, "vor Ort technische Unterstützung durch Gestellung eines Informatikers zu leisten", soweit "erforderlich und gewünscht" (zu weiteren Einzelheiten: Auskunftsersuchen vom 21.10.2011, Steuerakte, ohne Blattzahl).
Gegen das Auskunftsersuchen richtete sich die Klägerin durch Einspruch, mit dem sie geltend machte, die Voraussetzungen für ein Sammelauskunftsersuchen lägen nicht vor. Das Ersuchen sei nicht verhältnismäßig und die Auskunft zu weit gefasst, da unklar sei, welche Anzeigen mit Betrieben und Personen des Rotlichtmilieus in Zusammenhang stünden. Außerdem bestünde die Gefahr, dass Daten von Personen weitergegeben würden, die nicht im Zusammenhang mit möglichen Ermittlungen stünden. Das Ersuchen belaste die Klägerin zudem unzumutbar, da ein interner Arbeitsaufwand im Umfang von ca. 2 1/2 Tagen entstehe; bei Chiffre-Anzeigen könne der Beklagte zudem selbst den Kontakt herstellen und die Daten erheben. Schließlich verstoße das Ersuchen auch gegen die Pressefreiheit (Art 5 GG).
Der Beklagte wies den Einspruch als unbegründet zurück und vertrat die Auffassung, dass FAFuSt sei auf Grund eines hinreichenden Anlasses zur Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfälle im Sinne von § 208 Abs. 1 Nr. 3 AO tätig geworden. Aufgrund der in der Vergangenheit geschalteten Anzeigen und der allgemeinen Erfahrung der Finanzbehörde, des Bundesrechnungshofes und des Niedersächsischen Landesrechnungshofes, wonach Vollzugsdefizite bei der Besteuerung von Einnahmen und Einkünften bei Betrieben und Personen des Rotlichtmilieus bestünden, gebe es einen hinreichende Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen. Das Auskunftsersuchen erstrecke sich nur auf solche Anzeigen, in denen sexuelle Dienstleistungen in der jeweiligen Rubrik "Kontakte" beworben würden (Einspruchsentscheidung Seite 4 unter 2., a). Das Auskunftsersuchen sei zur Sachverhaltsaufklärung auch geeignet und notwendig gewesen und die Pflichterfüllung für die Klägerin möglich und ihre Inanspruchnahme geeignet, erforderlich und zumutbar gewesen. Ein "erhebliches Risiko des Verlusts von Folgeaufträgen" bestehe nicht. Schließlich sei nicht ersichtlich, dass technische Gründe einer Auskunftserteilung entgegenstünden. Eine Selektion der Anzeigen sei ohne weiteres möglich, da bei der Auftragsannahme für jede Annonce ein Rubrikschlüssel vergeben werde. In den Druckausgaben der Zeitung "XXX-Blatt" finde man z.B. in der Rubrik "Kontakte" ausschließlich Angebote aus dem Rotlichtbereich (Einspruchsentscheidung Seite 4 unter 2a). Der im Internet veröffentlichten Anzeigen-Preisliste der Zeitung "XXX-Blatt am Sonntag" sei zudem zu entnehmen, dass für Kontaktanzeigen und Anzeigen im Bereich "Telefonerotik" abweichende höhere Preise verlangt werden als bei der Rubrik "Kontakte".
Hiergegen richtet sich nunmehr die Klage. die Klägerin ist nach wie vor der Auffassung, dass Auskunftsersuchen sei rechtswidrig.
Die vom Beklagten vorgenommene Konkretisierung auf "solche Anzeigen, in denen erkennbar Prostituierte ihre Dienstleistungen anbieten oder Betriebe des Rotlichtmilieus beworben werden", genüge rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht. Insoweit bleibe unklar, unter welchen Voraussetzungen eine Anzeige "mit Betrieben und Personen des Rotlichtmilieus im Zusammenhang" stehe. Das Auskunftsersuchen des Beklagten gehe in seinem Tenor zudem über die Rubrik "Kontakte" hinaus. Die allenfalls ansatzweise umrissenen Kriterien des Beklagten zur Erfassung des Anzeigenkunden seien zu unbestimmt. Es bleibe unklar, auf welches konkrete Waren- oder Dienstleistungsangebot das Auskunftsersuchen abziele. Auch nach den Inhalten der zum Teil verklausuliert verfassten Anzeigen liege für unbeteiligte Dritte regelmäßig nicht auf der Hand, welches konkrete Angebot beworben werden solle. Die Klägerin wehre sich dagegen, sämtlichen Kunden in der genannten Rubrik Kontakte "Kontakte" und anderen Rubriken rechtswidrige Steuerverkürzungsabsicht zu unterstellen.
Es sei zudem für die Klägerin unmöglich, sämtliche Anzeigen danach zu selektieren, ob tatsächlich ein Bezug zum Rotlichtmilieu bestehe, oder ob die Anzeigenaufgeber lediglich persönliche Neigungen verfolgten und nicht erwerbswirtschaftlich handeln. Wie sich anhand des "XXX-Blatts am Sonntag" des Monats April 2012 beispielhaft zeige, seien hier auch Anzeigen vorhanden, die gerade nicht eindeutig auf gewerblichen Sex hindeuteten, etwa die Anzeige für "Fernöstliche Massage" sowie die Anzeige "Super-Service" und die Werbeaussage "...", zumal nicht ausgeschlossen werden könne, dass Anzeigen einer Rubrik versehentlich in einer anderen Rubrik veröffentlicht werden.
Das Erfragen sämtlicher Auftraggeber für eine nicht näher eingegrenzte Anzahl abgedruckter Anzeigen in Verlagserzeugnissen der Klägerin über einen Zeitraum von insgesamt zwei Jahren sei darüber hinaus zu weitgehend. Dabei werde den Anzeigenkunden eine rechtswidrige Steuerverkürzungsabsicht unterstellt und es bestehe die Gefahr der Namensweitergabe bei Personen, die in keinem Zusammenhang mit Ermittlungen der Finanzverwaltung stehen.
Zudem bestünden Bedenken am Vorliegen eines hinreichenden Anlasses. Das Ersuchen sei vielmehr als Rasterfahndung anzusehen. Schließlich sei das Sammelauskunftsersuchen auch unverhältnismäßig. Es sei unverständlich, den Ermittlungsaufwand der Klägerin aufzubürden, die nur "Dritte" sei. Gemäß § 93 Abs. 1 Satz 3 Abgabenordnung (AO) hätte der Beklagte sich zunächst zudem an die Anzeigenaufgeber wenden müssen, zumindest aber dezidiert darlegen müssen, warum er der Ansicht sei, dass ein Auskunftsersuchen an die Beteiligten keine Aussicht auf Erfolg verspreche. Dies habe er nicht einmal ansatzweise getan. Dem Ausnahmetatbestand des § 93 Abs. 1 Satz 3 AO habe der Beklagte damit nicht hinreichend Rechnung getragen, jedenfalls aber gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoßen. Ein pauschaler Auskunftsanspruch gegenüber der Presse widerspreche zudem der Pressefreiheit, die durch Art. 5 Grundgesetz verfassungsrechtlich garantiert sei. Insoweit sei auch der Anzeigenteil geschützt.
Im Bereich der angeforderten Kontaktdaten der Anzeigenauftraggeber für die Rubik "Telefonerotik" bleibe unklar, inwieweit die niedersächsische Finanzverwaltung für die Ermittlung von Kontakten außerhalb Niedersachsens zuständig sei.
Die in die Zukunft gerichtete Verfügung des Beklagten sei überdies von vornherein ungeeignet, um zukünftige, noch nicht eindeutig für gewerblichen Sex werbende Anzeigenaufträge zu erfassen, da der Beklagte im Erlasszeitpunkt die Texte zukünftiger Anzeigenaufträge nicht kennen konnte.
Zu den weiteren Einzelheiten der Klagebegründung wird auf die Schriftsätze der Klägerin verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
das Auskunftsersuchen in der Fassung, die es in der mündlichen Verhandlung erhalten hat, aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er vertritt nach wie vor die Auffassung, das Auskunftsersuchen sei rechtmäßig. Insbesondere sei es inhaltlich hinreichend bestimmt. Auf welche Anzeigen das Auskunftsersuchen abziele, nämlich nur auf die in der Rubrik "Kontakte", habe ein Mitarbeiter des Beklagten der Klägerin in einem persönlichen Gespräch am 12. Oktober 2011 umfassend erläutert. Die Auskunftsverlangen erstrecke sich nicht auf Anzeigen im Bereich der "Telefonerotik". Bei der schriftlichen Abfassung des Auskunftsersuchens habe es ausgereicht, die tatsächlich verwendete Umschreibung zur Konkretisierung des gewünschten Auskunftsersuchens zu verwenden. Dass in dieser Rubrik medizinische Massagen angeboten oder gewöhnliche Gaststätten beworben würden, wie von der Klägerin vorgetragen, sei unglaubhaft. Die von der Klägerin in Bezug genommenen "fernöstlichen Massagen" wiesen einen hinreichenden Bezug zu entgeltlich angebotenen sexuellen Dienstleistungen auf. Ebenso stehe die Anzeige mit der Überschrift "Super-Service" sowie die mit der Bezeichnung "..." in einem eindeutigen Zusammenhang zu derartigen sexuellen Dienstleistungen.
Das Auskunftsersuchen sei auch notwendig zur Ermittlung der handelnden Personen. Allein die Angabe der Telefonnummer einer Anzeige sei nicht ausreichend, um Dienstleister und dahinter stehende Personen zu ermitteln. Entsprechende Anfragen bei der Bundesnetzagentur bzw. den Telekommunikationsunternehmen ließen i.d.R. keine Rückschlüsse auf die verantwortlichen Personen zu, da Anzeigen nach den bisherigen Erfahrungen auch von den die Dienste anbietenden Personen, vielfach aber auch durch die "hinter den Prostituierten handelnden Personen" erfolgten.
Schließlich sei auch ein unverhältnismäßig hoher Aufwand der Klägerin bei der Auskunftserteilung nicht ersichtlich. Aufgrund der Exportfunktion nach Excel seien die Angaben problemlos und ohne viel Aufwand in eine Datei exportierbar. Die Klägerin benutzte für die Anzeigenverwaltung das Programm "JJK fliess", welches eine Exportfunktion nach Excel anbiete. Der Leiter der Geschäftskundenabteilung des XXX-Blattes, Herr M, habe zudem angegeben, die Zahl der Anzeigen aus dem Rotlichtbereich betrage lediglich ca. 3-5 für die Ausgaben Montag bis Samstag und ca. 8 für die Sonntagsausgabe. Überdies könnte die Klägerin etwaige Aufwendungen ggf. gem. § 107 AO in Rechnung stellen.
Der Vertreter des Beklagten hat im Verlauf der mündlichen Verhandlung sein Auskunftsersuchen dergestalt eingeschränkt, dass eine Auskunft nicht zu erteilen ist für Betriebe, deren Anschriften sich aus den Anzeigen ergebe (vgl. Sitzungsprotokoll).
Zu den weiteren Einzelheiten das Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die Steuerakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Das von dem Beklagten an die Klägerin gerichtete Auskunftsersuchen in der im Rahmen der mündlichen Verhandlung geänderten Fassung ist rechtmäßig. Das FAFuSt hat im Rahmen der ihm zustehenden Befugnisse gehandelt und das ihm zustehende Ermessen fehlerfrei ausgeübt.
1. Nach § 68 FGO ist Gegenstand des Verfahrens das Auskunftsersuchen in der geänderten Fassung nach Einschränkung in der mündlichen Verhandlung, dass eine Auskunft nicht zu erteilen sei, soweit Betriebe mit Anschrift genannt werden. Das Auskunftsersuchen ist nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung geändert worden, so dass das geänderte Ersuchen als neuer Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens wird.
2. Bei der Überprüfung einer konkreten Tätigkeit der Steuerfahndung auf ihre Rechtmäßigkeit ist nach der ständigen Rechtsprechung des BFH zwischen der Aufgabenzuweisung einerseits (§ 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 AO) und den zur Erfüllung dieser Auf-gaben verliehenen Befugnissen andererseits (§ 208 Abs. 1 Satz 2 AO) zu unterscheiden (BFH-Beschlüsse vom 16.12.1997 VII B 45/97, BStBl II 1998, 231, und in BFH/NV 1998, 424, 428 [BFH 28.10.1997 - VII B 40/97], m.w.N.). Eine konkrete Maßnahme des FAFuSt ist hiernach rechtmäßig, wenn sich das FAFuSt dabei im Rahmen des ihm zugewiesenen Aufgabenbereichs gehalten hat (nachfolgend 3.) und ihm die in Anspruch genommene Befugnis nach dem Gesetz zusteht (nachfolgend 4.).
3. Das FAFuSt hat sich im Rahmen des ihm zugewiesenen Aufgabenbereichs gehalten.
a) Das FAFuSt hat das Sammelauskunftsersuchen ausdrücklich auf § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO gestützt und damit zum Ausdruck gebracht, dass es nicht im Strafverfahren, sondern im Besteuerungsverfahren zur Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfälle tätig werden will. Die Angaben über Personen- und Auftragsdaten der Anzeigenauftraggeber im Zusammenhang mit dem Rotlichtbereich aus der Rubrik "Kontakte", mit dem Ziel der Auswertung der dabei gewonnenen Erkenntnisse, unterfällt grundsätzlich dem Aufgabenbereich des § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO. Die Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfälle umfasst Nachforschungen sowohl nach unbekannten Steuer-pflichtigen als auch nach bisher unbekannten steuerlichen Sachverhalten (vgl. BFH-Beschluss in BStBl II 2000, 643 [BFH 25.07.2000 - VII B 28/99]; Gesetzesbegründung des Finanzausschusses, BTDrucks 7/4292 zu § 208 AO). Etwaige Kontrollmitteilungen über die Anzeigenaufgabe ermöglichen dem für die Besteuerung jeweils zuständigen Finanzamt (FA) die Kontrolle, ob die jeweils im Rotlichtbereich tätige Person dort als Steuerpflichtige erfasst ist und ob die erzielten Einnahmen einer ordnungsgemäßen Besteuerung unterworfen worden sind. Sollte dies nicht der Fall sein, wäre ein dem FA bisher unbekannter Steuerpflichtiger er-mittelt bzw. ein bisher unbekannter steuerlicher Sachverhalt aufgedeckt.
b) Allerdings hat der BFH im Anschluss an die Rechtsprechung des BFH zum Recht der früheren Abgabenordnung (§ 201 der Reichsabgabenordnung) unter Berücksichtigung der Gesetzesbegründung sowie der Bedeutung der allgemeinen Steueraufsicht für die Sicherung der Staatseinnahmen, ferner unter Abwägung des hohen Stellenwerts, den das Gebot der Steuergleichheit und Steuergerechtigkeit für die Allgemeinheit hat, gegen die Rechte und Interessen des von einer Maßnahme des FAFuSt im Einzelfall Betroffenen, in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass die Aufgabenerfüllung des FAFuSt nach § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO erst dann einzusetzen hat, wenn für ein Tätigwerden ein hinreichender Anlass besteht. Ein solcher liegt vor, wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte (z.B. wegen der Besonderheit des Objektes oder der Höhe des Wertes) oder aufgrund allgemeiner Erfahrung (auch konkreten Erfahrungen für bestimmte Gebiete) die Möglichkeit einer Steuerverkürzung in Betracht kommt und daher eine Anordnung bestimmter Art angezeigt ist (BFH v. 16.5.2013 II R 15/12, [...]). Ermittlungen "ins Blaue hinein", Rasterfahndungen, Ausforschungsdurchsuchungen oder ähnliche Ermittlungsmaßnahmen sind unzulässig (vgl. BFH-Urteile vom 29.10.1986 VII R 82/85, BStBl II 1988, 359 -Chiffreanzeigen betreffend den Verkauf von ausländischem Grundbesitz durch Inländer-; vom 24.3.1987 VII R 30/86, BStBl II 1987, 484 - Vermittlungsprovisionen an Kreditvermittler-; vom 17.3.1992 VII R 122/91, BFH/NV 1992, 791 - Verkaufsanzeigen für Yachten im Anzeigenheft eines Yachtmaklers-; s. auch BFH-Beschluss in BFH/NV 1998, 424 [BFH 28.10.1997 - VII B 40/97]).
c) Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den hier zu entscheidenden Fall ergibt sich, dass das FAFuSt hinreichenden Anlass zur Einholung der Auskünfte bei der Klägerin hatte. Ein hinreichendes Moment für ein Tätigwerden des FAFuSt ergab sich aus der Zusammenschau der diesem zur Kenntnis gelangten Umstände und Fakten im Zusammenhang mit den vorhandenen Erfahrungswerten im Zusammenhang mit dem Rotlichtmilieu. Insoweit war ein Verdachtsgrad erreicht, der --wie bereits der Große Senat des BFH zu § 201 AO (in der bis 1977 geltenden Fassung) entschieden hat (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 13. 2.1968 GrS 5/67, BStBl II 1968, 365 [BFH 13.02.1968 - GrS - 5/67])-- sog. Vorfeldermittlungen mindestens rechtfertigt, wenn nicht gar gebietet, um die vom Gesetzgeber mit der Aufgabenstellung in § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO beabsichtigte möglichst lückenlose Verhinderung von Steuerverkürzungen zu gewährleisten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein hinreichender Anlass für Ermittlungen der Steuerfahndung zur Aufdeckung unbekannter Steuerfälle nach den §§ 93, 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO auch dann vorliegen kann, wenn bei Betriebsprüfungen Steuerverkürzungen aufgedeckt worden sind, die durch bestimmte für die Berufsgruppe typische Geschäftsabläufe begünstigt worden sind. Da im Rotlichtbereich erzielte Einnahmen kaum für die Finanzverwaltung erkennbar sind und - wie aus diversen Streitfällen auch gerichtsbekannt ist - oftmals nicht erklärt werden, liegen diese Voraussetzungen vor. Sogar eine (relativ) geringe Anzahl bereits festgestellter Steuerverkürzungen steht der Aufnahme von Vorfeldermittlungen nicht entgegen (vgl. BFH v. 5.10.2006 VII R 63/05, BStBl. II 2007, 155). Denn der Anlass für das Auskunftsverlangen ergab sich im Streitfall primär aus einem die Möglichkeit einer Steuerverkürzung begünstigenden Geschäftsablauf, aber auch vor dem Hintergrund, dass im Rotlichtmilieu bekanntermaßen in einer Vielzahl von Fällen keine ordnungsmäßige Versteuerung erfolgt. Es überschreitet auch nicht die Grenzen des dem FAFuSt bei der gebotenen vorweggenommenen Beweiswürdigung eingeräumten Ermessens, aus den in der Vergangenheit aufgedeckten Fälle zu schließen, dass zur Aufklärung weiterer Hinterziehungen über die einzelfallbezogene Betriebsprüfung hinausgehende Ermittlungen geboten sind.
d) Aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse des FAFuSt sind die Ermittlungsmaßnahmen auch nicht als Rasterfahndung oder Ermittlung ins Blaue zu qualifizieren. Dem steht die (möglicher Weise) größere Zahl der von den Ermittlungsmaßnahmen betroffenen Personen nicht entgegen. Denn, wie ausgeführt, liegen hinsichtlich der im Rotlichtbereich tätigen Personen hinreichende Anhaltspunkte für ein statistisch relevantes und mehr als nur unerhebliches Nichtbefolgen der steuerlichen Erklärungspflichten vor. Eine unzulässige Rasterfahndung kann zwar auch vorliegen, wenn das FAFuSt aufgrund strafrechtlicher Ermittlungshandlungen unabhängig von der Höhe der festgestellten Beträge oder von sonstigen Besonderheiten Vorgänge auf ihre steuerlich korrekte Erfassung prüft. Im Streitfall verfügte das FAFuSt indes, wie ausgeführt, auch unter Berücksichtigung etwaiger regionaler Unterschiede über Erkenntnisse, die den Verdacht begründeten, dass in erheblichem Umfang erzielte Einnahmen nicht versteuert worden sind.
4. Dem FAFuSt stehen die in Anspruch genommenen Befugnisse auch zu.
a) Nach § 208 Abs. 1 Satz 2 AO stehen das FAFuSt in steuerverfahrensrechtlicher Hin-sicht grundsätzlich die Ermittlungsbefugnisse zu, die die FÄ im Besteuerungsverfahren haben. Wie die FÄ kann daher auch das FAFuSt zur Ermittlung der Besteuerungsgrund-lagen die Beweiserhebungs- und Ermittlungsbefugnisse der §§ 93 ff. AO in Anspruch nehmen, wobei das FAFuSt bei seiner Aufgabenerfüllung nach § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 AO im Interesse einer ordnungsgemäßen Gewährleistung des Steueraufkommens sogar von bestimmten Beschränkungen, die für die FÄ gelten, befreit ist (§ 208 Abs. 1 Satz 3 erster Halbsatz AO), mithin also noch weiter gehende Befugnisse als die FÄ hat (vgl. BFH-Beschluss in BStBl II 2001, 624 [BFH 15.06.2001 - VII B 11/00], [BFH 15.06.2001 - VII B 11/00] m.w.N.). § 93 Abs. 1 Satz 1 AO gibt hiernach dem FAFuSt das Recht, von den Beteiligten (§ 78 AO) und anderen Personen die zur Feststellung eines für die Besteuerung erheblichen Sachverhalts erforderlichen Auskünfte zu verlangen. Dies gilt nicht nur für ein auf einen Einzelfall beschränktes Auskunftsersuchen, sondern im Interesse der Allgemeinheit an einer möglichst lückenlosen Verhinderung von Steuerverkürzungen auch für Sammelauskunftsersuchen (vgl. BFH-Urteil in BStBl II 1987, 484 [BFH 24.03.1987 - VII R 30/86]). Wie der BFH bereits entschieden hat, gehen die Anforderungen für die Einholung einer Sammelauskunft gemäß § 93 Abs. 1 Satz 1 AO im Rahmen der Steuerfahndung nicht über die Anforderungen hinaus, die der Steuerfahndung bei den Ermittlungen nach § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO auferlegt sind (vgl. BFH-Urteil in BStBl II 1988, 359 [BFH 29.10.1986 - VII R 82/85]).
b) Das Sammelauskunftsersuchen genügt auch den allgemeinen rechtsstaatlichen Grenzen. Diese Grenzen sind eingehalten, wenn das Auskunftsverlangen zur Sachverhaltsaufklärung geeignet und, gemessen an der Bedeutung der Angelegenheit, notwendig und verhältnismäßig erscheint, sowie dem Adressaten des Ersuchens die Erteilung der Auskunft möglich und zumutbar ist (vgl. BFH-Urteil vom 18. Februar 1997 VIII R 33/95, BStBl II 1997, 499, m.w.N.).
Das Finanzamt hat das Auskunftsersuchen ausreichend begründet (§§ 121 Abs. 1, 126 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 AO). Das Ersuchen ist auch nicht wegen fehlender Bestimmtheit nichtig (vgl. hierzu Beermann/Hartmann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 93 AO Rz. 23; Hübschmann/Hepp/Spitaler/Schuster, AO/FGO, § 93 AO Rz. 32 ff).
aa) Das Ersuchen muss gem. § 119 Abs. 1 AO einen bestimmbaren Inhalt haben und ist gem. § 121 AO zu begründen. § 119 Abs. 2 S. 1 bestimmt, dass anzugeben ist, über welchen Sachverhalt Auskunft gegeben werden soll.
Im Ausgangsbescheid hat das FAFuSt die Klägerin dazu aufgefordert, zu den unter Ziff. 1 und 2 aufgeführten Umständen Stellung zu nehmen, "soweit die Anzeigen mit Betrieben und Personen des Rotlichtmilieus im Zusammenhang stehen".
bb) Dieses Ersuchen in seiner ursprünglichen Form wäre ohne die ergänzenden Ausführungen in der Einspruchsentscheidung oder eine mündliche Klarstellung zu unbestimmt gewesen, da für den Empfänger im Einzelfall nicht hinreichend erkennbar ist, nach welchen Kriterien der Begriff "Rotlichtmilieu" zu definieren ist. Zwar wird Rotlichtmilieu zum Teil als eine soziale Umgebung (Milieu) definiert, "welches im Umfeld des sexorientierten Gewerbes, etwa der Prostitution, anzutreffen ist und oft seinen Schwerpunkt in einem Rotlichtviertel hat" (z.B. Wikipedia, http://de.wikipedia.org/wiki/Rotlichtmilieu). Die Zuordnung der Annoncen allein anhand dieser Definition wäre allerdings nicht unproblematisch, zumal die Beklagte den Begriff "Rotlichtmilieu" nicht selbst in dem Ersuchen definiert hat. Der Senat würde es als zu weitgehend erachten, es dem Verlag aufzuerlegen, die Beurteilung, ob die Anzeige einen Zusammenhang zu einem solchen Umfeld hat, aufzuerlegen, soweit hiermit erhebliche Abgrenzungsschwierigkeiten verbunden sind. Da sich das Ersuchen sich indes - jedenfalls nach Maßgabe der klarstellenden Einspruchsentscheidung (sowie der Klageerwiderung) - lediglich auf die Rubrik "Kontakte" bezog und in dieser Rubrik nach Überzeugung des Senats und soweit ersichtlich ausschließlich gewerbliche Gesuche mit Bezug zu entgeltlichen sexuellen Dienstleistungen enthalten waren, bedarf es einer zeitaufwändigen Selektion in schwierigen Abgrenzungsfällen indes grundsätzlich nicht. Die ergänzenden Ausführungen in der Einspruchsentscheidung sind bei Auslegung des Auskunftsersuchens nach dem Verständnis eines "objektiven Empfängerhorizonts" (§§ 133, 157 BGB entsprechend) zu berücksichtigen. Danach ergab sich indes die Eingrenzung des Auskunftsersuchens auf die jeweilige Rubrik "Kontakte"
Eine Aufgabe privater Annoncen oder Anzeigen, die keinen Zusammenhang mit sexuellen Dienstleistungen aufwiesen, war für den Senat aus den vorliegenden Annoncen auch anhand der von der Klägerin genannten Gegenbeispiele nicht erkennbar. Zudem bezog sich das Ersuchen entgegen der geäußerten Ansicht der Klägerin nicht auf etwaige Annoncen aus dem Bereich der "Telefonerotik".
Das Auskunftsersuchen ließ nach seiner Konkretisierung im Einspruchsbescheid keinen Spielraum für weitere Deutungen zu. Vielmehr geht der Senat davon aus, dass grundsätzlich die Angaben für sämtliche Auftraggeber der Klägerin in der Rubrik "Kontakte" zu machen waren. Durch den Zusatz "soweit die Anzeigen mit Betrieben und Personen des Rotlichtmilieus im Zusammenhang stehen" war auch eindeutig, dass, soweit ausnahmsweise in der Rubrik private Annoncen enthalten sein sollten, diese nicht vom Auskunftsverlangen umfasst sein sollten. Unbeachtlich ist in diesem Zusammenhang, ob Anzeigen bei anderen Zeitungen (z.B. Tagesspiegel) eindeutig dem Rotlichtmilieu zuzuordnen sind, da die Anzeigen in der besagten Rubrik "Kontakte" zur Überzeugung des Senats hinreichend eindeutig im Zusammenhang mit sexuellen entgeltlichen Dienstleistungen stehen. Im Übrigen wäre dem Geheimhaltsinteresse etwaiger privater Kontaktgesuche, soweit diese im Ausnahmefall enthalten sein sollten, auch dann hinreichend genüge getan, wenn der Beklagte einzelne Gesuche aussondert, die erkennbar in keinem Zusammenhang zu sexuellen Dienstleistungen stehen, soweit die Klägerin diese im Einzelfall nicht aussondert.
cc) Zudem und unabhängig von den obigen Erwägungen (unter aa) und bb) kann eine Auskunft auch mündlich eingeholt werden. Die Form der Auskunftserteilung ist nicht gesetzlich vorgeschrieben; sie kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder fernmündlich erfolgen (§ 93 Abs. 4 S. 1). Die Form richtet sich in erster Linie nach der Art der Auskunft und der Bedeutung für das Steuerverfahren. Vor diesem Hintergrund war ergänzend zu berücksichtigen, dass der Mitarbeiter der Steuerfahndung Z das Auskunftsersuchen das Auskunftsersuchen mündlich mit einem Mitarbeiter der Klägerin abgesprochen hatte.
dd) Das Auskunftsersuchen ist zur Sachverhaltsaufklärung geeignet und notwendig, die Auskunft ist für die Klägerin möglich und ihre Inanspruchnahme erforderlich, verhältnismäßig und zumutbar. Es kann dahinstehen, welche dieser Modalitäten rechtliche Grenzen für das Auskunftsverlangen nach § 93 AO sind und welche das Finanzamt lediglich im Rahmen einer Ermessensentscheidung zu berücksichtigen hat (BFH-Urteile vom 22.2.2000 VII R 73/98, BStBl II 2000, 366; vom 24.10.1989 VII R 1/87, BStBl II 1990, 198). Denn im Streitfall ist das angefochtene Auskunftsersuchen unter keinem dieser Gesichtspunkte rechtlich zu beanstanden.
(1) Das Auskunftsverlangen war zur Sachverhaltsaufklärung geeignet. Das Auskunftsersuchen erging, um gewerblich erbrachte sexuelle Leistungen der Besteuerung unterwerfen zu können. dabei genügt es, dass ein solcher Erfolg möglich ist (vgl. auch BFH-Urteil vom 18.2.1997 VIII R 33/95, BStBl II 1997, 499, unter B. III. 4. a) dd)).
Eine "Selektion der in Frage kommenden Anzeigen war nicht unmöglich", wie von der Klägerin vorgetragen. Die unter der Rubrik "Kontakte" veröffentlichten Anzeigen betreffen, soweit anhand der vorgelegten Annoncen für den Senat ersichtlich, ausschließlich solche aus dem Rotlichtbereich.
Das (zivilrechtliche) Vertragsverhältnis mit den Anzeigenaufgebern steht dem Auskunfts-verlangen nicht entgegen. Bücher, Aufzeichnungen, Geschäftspapiere und andere Urkunden, die sich im Herrschaftsbereich des Auskunftspflichtigen befinden, stehen ihm nicht allein deshalb nicht zur Verfügung i.S. des § 93 Abs. 3 Satz 2 AO, weil sich der Auskunftspflichtige in einem zivilrechtlichen Vertrag gegenüber einem Dritten zu deren Geheimhaltung verpflichtet hat. Die Pflicht zur Beantwortung von Auskunftsersuchen der Finanzbehörden nach dieser Vorschrift kann durch zivilrechtliche Verträge nicht wirksam ausgeschlossen oder beschränkt werden. Sie unterliegt nicht der Disposition Privater. Auskunfts- und Vorlageverweigerungsrechte bedürfen einer gesetzlichen Grundlage, wie sie §§ 101, 102, 103 und 104 AO enthalten.
(2) Das Auskunftsersuchen war erforderlich, weil sich der Beklagte die geforderten Angaben nicht auf amtlichem Wege oder sonst einfacher hatte beschaffen können (Hübsch-mann/Hepp/Spitaler/ Schuster, AO/FGO, § 93 AO Rz. 66). Der Beklagte hatte erfolgsversprechende Auskunftsquellen ausgeschöpft und konnte hieraus keine weiteren Erkenntnisse gewinnen. Für den Fall, dass die Daten von Clubs unter Angabe der Anschrift im Inserat vorhanden sind, hat der Beklagte sein Ersuchen zudem eingeschränkt (vgl. Sitzungsprotokoll).
Das FAFuSt durfte sein Auskunftsverlangen unmittelbar an die Klägerin richten (§ 208 Abs. 1 Satz 3 erster Halbsatz, § 93 Abs. 1 Satz 3 AO), zumal die möglichen Steuerpflichtigen dem FAFuSt auch gar nicht bekannt waren (vgl. § 30a Abs. 5 Satz 2 AO). Ein Auskunftsersuchen der Steuerfahndung wäre im Regelfall nur dann als nicht notwendig bzw. als unverhältnismäßig und unzumutbar zu werten, wenn die Steuerfahndung von einem Dritten Auskünfte fordern würde, die sie auf andere Weise einfacher und ohne größere Belastung Dritter erlangen könnte, z.B. wenn diese aus einem vom Auskunftspflichtigen herausgegebenen, regelmäßig erscheinenden Mitteilungsorgan ("Deck- und Belegnach-richten") entnommen werden können (BFH-Urteil in BStBl II 1987, 484 [BFH 24.03.1987 - VII R 30/86], [BFH 24.03.1987 - VII R 30/86] unter 2.). Wie der BFH bereits entschieden hat, kann die Steuerfahndung von einer Tageszeitung die Benennung der Inserenten von zwei Chiffre-Anzeigen fordern, ohne sich zunächst selbst über Chiffre an die unbekannten Inserenten zu wenden (BFH-Urteil in BStBl II 1988, 359 [BFH 29.10.1986 - VII R 82/85], [BFH 29.10.1986 - VII R 82/85] unter II.4.c). Die Klägerin kann das FA somit erst recht nicht auf eine Vielzahl von Einzelabfragen verweisen (hierzu BFH v. 16.5.2013 II R 15/12, [...]). Im Übrigen kann ein Dritter die Auskunft grundsätzlich nicht unter Hinweis darauf verweigern, dass das Finanzamt auch andere Personen um Auskunft ersuchen könne (BFH-Urteile vom 22.2.2000 VII R 73/98, BStBl II 2000, 366; vom 26.8.1980 VII R 42/80, BStBl II 1980, 699).
Eine Beschränkung dieses Auskunftsersuchens, dahingehend, dass nur Anzeigen abgefragt werden, bei denen Anschlussinhaber von Telefonnummern über eine Anfrage bei der Bundesnetzagentur bzw. den Telekommunikationsunternehmen nicht ermittelt werden konnte, würde kein milderes Mittel für die Klägerin darstellen. In diesem Falle hätte die Klägerin einen nicht unbeachtlichen Mehraufwand, weil sie anhand der Auftragsnummern im Einzelfall prüfen müsste. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass Anschlussinhaber und Anzeigenaufgeber nicht identisch sein müssen.
(3) Das Auskunftsersuchen war unter Berücksichtigung aller Umstände nicht unverhältnismäßig im engen Sinne oder unzumutbar (vgl. zu diesen Kriterien etwa Hübsch-mann/Hepp/Spitaler/Schuster, AO/FGO, § 93 AO Rz. 72). Im Rahmen der Prüfung der Zumutbarkeit und Verhältnismäßigkeit des Auskunftsersuchens sind insbesondere die geschäftlichen Interessen der Klägerin zu berücksichtigen und die durch die Ermittlungs-tätigkeit des FA zu wahrenden Rechtsgüter der Allgemeinheit abzuwägen (vgl. BFH-Urteile in BStBl II 1988, 359 [BFH 29.10.1986 - VII R 82/85], [BFH 29.10.1986 - VII R 82/85] unter II.4.e, 5.a, und in BStBl II 1987, 484 [BFH 24.03.1987 - VII R 30/86], [BFH 24.03.1987 - VII R 30/86] unter 3.b; BFH-Beschluss in BStBl II 2002, 495 [BFH 21.03.2002 - VII B 152/01], [BFH 21.03.2002 - VII B 152/01] unter II.2.c bb). Bei dieser Abwägung ist auch zu berück-sichtigen, dass die Daten, die die Klägerin dem FA aufgrund des Auskunftsersuchens übermittelt, dem Steuergeheimnis (§ 30 AO) unterliegen und daher die von der Abfrage betroffenen Anzeigenaufgeber durch die Offenbarung der Daten gegenüber dem FAFuSt im Regelfall abgesehen von den möglichen steuerlichen und steuerstrafrechtlichen Folgen nicht belastet werden. Das etwaige Vertrauen der betroffenen Nutzer darauf, dass aufgrund der durch die Verwendung von Pseudonymen weitgehend gewährleisteten Anonymität der Anzeigenaufgeber Steuern gefahrlos verkürzt werden könnten, ist nicht schutzwürdig (BFH v. 16.5.2013 II R 15/12, [...]).
Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Einzelfalles ist das (in der mündlichen Verhandlung abgeänderte) Auskunftsersuchen rechtmäßig. Die Klägerin benutzte für die Anzeigenverwaltung das Programm "JJK fliess", welches eine Exportfunktion zu Excel anbietet. Vor diesem Hintergrund kann die Klägerin die Angaben ohne größeren Aufwand machen, zumal der Beklagte Hilfestellung angeboten hat (Einspruchsentscheidung Seite 5). Auch unter Berücksichtigung des durch das Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und den Anzeigenaufgebern geschaffenen Vertrauensverhältnisses wertet der Senat das Interesse des Staates an einer Ermittlung möglicher Steuerverkürzungen höher als das Geheimhaltungsinteresse der Klägerin, zumal das FAFuSt nach eigenem Bekunden in der mündlichen Verhandlung gleichmäßig entsprechende Auskunftsersuchen gegenüber sämtlichen Verlagen im regionalen Einzugsbereich der Klägerin erlassen hat.
Das Ersuchen war auch rechtmäßig, soweit es auf zukünftige Zeiträume (ca. November 2011 bis Ende 2012) gerichtet war. Auch insoweit ist es bestimmt, geeignet, erforderlich und angemessen. Wenn die Art der Annoncen in der Rubrik "Kontakte" sich im besagten Zeitraum geändert hätte, wäre das Ersuchen ebenso wie für die Vergangenheit sachgerecht gewesen, da die vom Beklagten vorzunehmende Prognose für die zukünftigen Zeiträume zum Zeitpunkt des Erlasses des Auskunftsersuchens anzustellen ist. In diesem Falle wäre durch Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB entsprechend) zu ermitteln, ob das Ersuchen sich auf die geänderte Rubrik bezieht.
Auch der Umfang der vom Beklagten geforderten Angaben ist nicht zu beanstanden. Die Personen- und Auftragsdaten der Anzeigenauftragsgeber sind für weitere Ermittlungsmaßnahmen grundsätzlich erforderlich. Auch ist die Abfrage etwaiger Kontodaten nicht unverhältnismäßig, da diese im Rahmen etwaiger Ermittlungsmaßnahmen von erheblicher Bedeutung sein können.
5. Das Auskunftsverlangen bzw. die dem Verlangen zugrundliegende Rechtsvorschrift verstößt schließlich auch nicht gegen höherrangige Rechtsvorschriften.
Dem Auskunftsverlangen steht das Auskunftsverweigerungsrecht gemäß § 102 Abs. 1 Nr. 4 AO nicht entgegen, da sich dieses nur auf den redaktionellen Teil, nicht auf den Anzeigen- oder Werbeteil von Zeitungen bezieht (vgl. auch Rätke in Klein, Komm. zur Abga-benordnung, § 102 Rz. 31; Hübschmann/Hepp/Spitaler/ Schuster, AO/FGO, § 93 AO Rz. 78).
Das Grundrecht der Pressefreiheit (Art 5 GG) wird durch das Auskunftsersuchen nicht verletzt. Zwar umfasst der Schutzbereich der Pressefreiheit auch den Anzeigenteil einer Zeitung, weil der Anzeigenteil die öffentliche Aufgabe der Presse mit erfüllt (BVerfGE 21, S. 271/278 ff. [BVerfG 04.04.1967 - 1 BvR 414/64]; 64, 108/114f.). Art 5 Abs. 2 GG erlaubt indes Eingriffe in den Schutzbereich der Pressefreiheit im Rahmen der allgemeinen Gesetze. Die §§ 93 ff, 208 AO stellen allgemeine Gesetze dar, die mithin einen Eingriff (auch) in das Grundrecht der Pressefreiheit gestatten. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die genannten Vorschriften der AO verfassungswidrig sind.
6. Die Kostenfolge beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO. Die Kosten waren nicht zu teilen, da das Obsiegen der Klägerin nur geringfügig zu bewerten war und die Beklagte nur zu einem geringen Teil unterlegen war. Annoncen, bei denen Betriebe sich unter Angabe der Anschrift beworben haben, waren in den vorliegenden Anzeigen, fielen zumindest im Verhältnis zu den übrigen Annoncen nicht ins Gewicht.