Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 08.10.2002, Az.: 2 A 76/01

Auflage; Aufschaltung; Baugenehmigung; Brandmeldeanlage; Brandmelder; Brandschutz; Dauerüberwachung; direkter Alarm; Feuerwehr-Einsatzleitstelle; Nebenbestimmung; Verkaufsstätte

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
08.10.2002
Aktenzeichen
2 A 76/01
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2002, 43405
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Bei einer Verkaufsstätte i.S.d. VKVO muss die Brandmeldeanlage unmittelbar auf die Feuerwehr-Einsatzleitstelle aufgeschaltet sein. Ein "Umweg" über einen privaten Wachdienst, der den Alarm weiterleitet, ist nicht zulässig.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

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Die Klägerin wendet sich gegen eine Auflage in einer ihr erteilten Baugenehmigung.

2

Die Klägerin erhielt am 10. Februar 2000 eine Baugenehmigung für die Errichtung eines Bau- und Heimwerkermarktes mit Gartencenter in E.. In den Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung wurde die brandschutztechnische Stellungnahme der entsprechenden Fachabteilung der Beklagten vom 9. Februar 2000 zum Bestandteil der Baugenehmigung erklärt. Dort hieß es in der Ziffer 2 wie folgt:

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„Es ist eine Brandmeldeanlage (BMA) mit nicht automatischen Brandmeldern (Druckknopfmeldern) nach DIN 14 675 bzw. DIN EN 54-2 und DIN 57 833 einzubauen.

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Die BMA mit der angeschlossenen Sprinkleranlage ist direkt auf die Feuerwehr-Einsatz-Leitstelle des Landkreises aufzuschalten. Wegen der dafür nötigen Absprachen setzen Sie sich bitte mit meinem Ordnungsamt ... in Verbindung. Die Planung der Brandmeldeanlage ist mir zur Genehmigung vorzulegen.“

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Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Sie bitte den Punkt 2 .“Brandmeldeanlage“ in der Weise zu ändern, dass die Brandmeldeanlage auf eine ständig besetzte Zentrale aufzulegen sei. Dabei handele es sich um die Braunschweiger Wach- und Schließgesellschaft, deren Zulassung diesem Schreiben beigelegt sei. Der vorhandene Anschluss werde auf eine Datex-P-Leitung umgestellt. Die Alarmierung werde dadurch über eine ständig überwachte Leitung erfolgen. Dieses Konzept lehnte der Beklagte ab. Es sei erforderlich, dass eine direkte Alarmierung der Feuerwehr-Einsatzleitstelle über eine ständig überwachte Leitung erfolge. Der direkte Alarm löse im Einsatzleitrechner ein vorbereitetes Einsatzkonzept aus.

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Mit Bescheid vom 26. April 2001 wies die Bezirksregierung Lüneburg den Widerspruch zurück. Die Bauaufsichtsbehörde sei berechtigt, ihre Entscheidung mit einer Nebenbestimmung zu verbinden, da nur so Hindernisse aus dem öffentlichen Baurecht ausgeräumt werden könnten, die sonst zur Ablehnung des Antrages führen würden. Nach den Vorschriften der Verkaufsstättenverordnung i.V.m. der DIN VDE 0833-2 müssten in Verkaufsstätten Brandmeldeanlagen mit nicht automatischen Brandmeldern zu unmittelbaren Alarmierungen der dafür zuständigen Stelle vorhanden sein. Die DIN-Vorschrift fordere grundsätzlich eine Dauerüberwachung einer solchen Anlage. Dabei sei sicher zu stellen, dass eine Brandmeldung an die zuständige Feuerwehr gehe. Die von der Klägerin beabsichtigte Handhabe könne diesen Forderungen nicht gerecht werden. Durch die Umleitung einer Brandmeldung über eine Wach- und Schließgesellschaft gehe kostbare Zeit verloren, die die Feuerwehr nicht wieder aufholen könne.

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In der nunmehr gegen beide Bescheide erhobenen Klage führt die Klägerin ergänzend aus, dass sie – wie auch bei anderen Objekten – eine Aufschaltung zu einer VDS zugelassenen Einsatzzentrale veranlassen wolle. Die strengen Maßstäbe der VDS-Zulassung erforderten, dass bei einer Alarmierung generell zwei Anlaufstellen informiert würden. Es sei unverständlich, dass der Beklagte einerseits die Abnahme durch einen VDS-Sachverständigen fordere, andererseits die strengen Maßstäbe, die der VDS in Bezug auf die von ihm genehmigten Einsatzzentrale fordere, als nicht ausreichend ansehe. Da das gesamte Gebäudemanagement bei der Braunschweiger Wach- und Schließgesellschaft aufgeschaltet worden sei, wäre eine zusätzliche Aufschaltung bei dem Beklagten nur mit unnötigen Kosten verbunden. Da auch die Alarmanlage bei diesem Sicherheitsunternehmen aufgeschaltet sei, werde diese bei einem Einbruch – bei dem ggf. ein Brand gelegt werden könnte – bereits im Vorfelde informiert. Es werde vermutet, dass für die Entscheidung des Beklagten wirtschaftliche Überlegungen im Vordergrund gestanden hätten, da die geforderte Anlage für die Aufschaltung über die Firma Siemens einzubauen sei, die wiederum eine Subventionierung der Einsatzzentrale des Beklagten vorgenommen habe.

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Die Klägerin beantragt,

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die zum Bestandteil der Baugenehmigung vom 10. Februar 2000 erklärte brandschutztechnische Stellungnahme der Fachabteilung des Beklagten vom 9. Februar 2000 hinsichtlich der Ziffer 2 sowie den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Lüneburg vom 26. April 2001 aufzuheben.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er verweist zur Begründung auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die vorgelegten Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Anordnung einer Brandmeldeanlage in der vorgeschriebenen Form ist rechtlich nicht zu beanstanden.

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Gemäß § 75 NBauO ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn die Baumaßnahme dem öffentlichen Baurecht entspricht. Der Baugenehmigung können Nebenbestimmungen nach § 36 VwVfG hinzugefügt werden, wenn hierdurch Hindernisse aus dem öffentlichen Baurecht ausgeräumt werden können. Brandschutzauflagen finden ihre Rechtsgrundlage in § 20 NBauO. Nach Absatz 1 dieser Bestimmung müssen bauliche Anlagen so angeordnet, beschaffen und für ihre Benutzung geeignet sein, dass der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch vorgebeugt wird und bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich sind. Diese allgemeinen Regelungen findet ihre Konkretisierung in Spezialbestimmungen der auf Grund der Nds. Bauordnung erlassenen Verordnungen (Große-Suchsdorf/ Lindorf/ Schmaltz/ Wiechert, Nds. Bauordnung, Komm., 7. Aufl. 2002, § 20 Rdn. 1). Hierzu gehört auch die auf Grund des § 71 Abs. 2 Satz 2 sowie der §§ 87 und 95 Abs. 2 NBauO erlassene „Verordnung über den Bau und Betrieb von Verkaufsstätten (Verkaufsstättenverordnung)“ - VKVO - vom 17. Januar 1997 (GVBl., S. 31). Nach § 20 Abs. 2 Ziffer 2 VKVO müssen in Verkaufsstätten „Brandmeldeanlagen mit nichtautomatischen Brandmeldern zur unmittelbaren Alarmierung der dafür zuständigen Stelle vorhanden sein“. Die nähere Ausgestaltung der Alarmorganisation ist wiederum der DIN VDE 0833-2 vom Juni 2000 („Gefahrenmeldeanlagen für Brand, Einbruch und Überfall, Festlegungen für Brandmeldeanlagen“ -BMA -) zu entnehmen. Vergleichbare Regelungen enthält auch die „Richtlinie über den baulichen Brandschutz im Industriebau“ - IndBauR - (vgl. hierzu: Grosse-Suchsdorf, § 20 Rdn. 15). Im einzelnen ist die Alarmorganisation danach wie folgt geregelt:

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Gemäß Ziffer 6.1.2. der DIN VDE 0833-2 ist bei der Alarmorganisation sicherzustellen, dass Brandmeldungen an die zuständige Feuerwehr und/oder an die Lösch- und Rettungskräfte vor Ort gehen. Brand- und Störungsmeldungen müssen so angezeigt und ggf. so weitergeleitet werden, dass die zuständigen Personen jederzeit so früh wie möglich benachrichtigt werden. Gemäß Ziffer 6.2.5 dieser DIN-Vorschrift ist nach Auslösen des Alarmzustandes sicherzustellen, dass der Fernalarm an die Feuerwehr oder an eine andere behördlich benannte alarmauslösende Stelle automatisch weitergeleitet wird. In der Ziffer 5.12.8 IndBauR heißt es, dass Brandmeldeanlagen der DIN 14675 und der DIN VDE 0833-2 entsprechen müssen und in der Betriebsart TM (Brandmeldeanlagen mit technischen Maßnahmen zur Vermeidung von Falschalarmen) ausgeführt und betrieben werden müssen. Brandmeldungen sind unmittelbar zur zuständigen Feuerwehralarmierungsstelle zu übertragen. In den Erläuterungen hierzu heißt es, dass „zuständige Feuerwehralarmierungsstelle“ die nach Landesrecht zuständige Stelle zur Alarmierung der öffentlichen Feuerwehr ist (Erl IndBauR 5.12).

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Der Beklage hat in zutreffender Anwendung des § 20 NBauO i.V.m. den hierzu ergangenen Verordnungen und DIN-Vorschriften verfügt, dass die Brandmeldeanlage direkt bei der Feuerwehr-Einsatz-Leitstelle des Landkreises aufzuschalten ist. Eine „Zwischenschaltung“ über die Zentrale eines Wachdienstes ist nach diesen Regelungen im Interesse einer effektiven Brandschutzorganisation nicht vorgesehen. Eine Ausnahme für VDS zugelassene Einsatzzentralen ist weder in der DIN VDE 0833-2, noch in der IndBauR enthalten. Nach der geltenden Alarmorganisation ist also auch im Falle des von der Klägerin errichteten Bau- und Heimwerkermarktes in Walsrode sicherzustellen, dass im Falle eines Feuers jedenfalls auch eine unmittelbare Alarmierung der zuständigen örtlichen Feuerwehr - hier der Feuerwehr-Einsatz-Leistelle des Landkreises - erfolgt.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO. Gründe für die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht liegen nicht vor (§§ 124a Abs. 1 iVm 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO).