Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 23.02.2012, Az.: 16 U 4/10
Vorschuss- und Schadensersatzansprüche wegen mangelhafter Planungs- und Bauüberwachungsleistungen
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 23.02.2012
- Aktenzeichen
- 16 U 4/10
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2012, 40006
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2012:0223.16U4.10.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hannover - 10.12.2009 - AZ: 3 O 298/07
Rechtsgrundlagen
- § 254 BGB
- § 280 Abs. 1 BGB
- § 634 Nr. 4 BGB
- § 4 Abs. 3 VOB/B
Fundstellen
- IBR 2014, 332
- IBR 2014, 354
- IBR 2014, 356
In dem Rechtsstreit
1. ...,
Beklagte und Berufungsbeklagte,
2. ...,
Beklagter, Berufungskläger und Berufungsbeklagter,
3. ...,
früherer Beklagter,
Prozessbevollmächtigte zu 1:
Anwaltsbüro ...,
Prozessbevollmächtigte zu 2:
Anwaltsbüro ...
gegen
...,
Klägerin, Berufungsbeklagte und Berufungsklägerin,
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ...,
hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 26. Januar 2012 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das am 10. Dezember 2009 verkündete Urteil des Landgerichts Hannover (3 O 298/07) wird zurückgewiesen.
Auf die Berufung des Beklagten zu 2 wird das angefochtene Urteil unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
- 1.
Der Beklagte zu 2 wird verurteilt, an die Klägerin 387.333 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 22. Februar 2008 zu zahlen.
- 2.
Die Zwangsvollstreckung wegen dieses Anspruchs und der weiteren sich aus diesem Urteil ergebenden Kostenforderungen ist zulässig nur in die Freistellungsansprüche des Beklagten gegen seine Berufshaftpflichtversicherung wegen der dem Anspruch zu 1) zu Grunde liegenden Pflichtverletzungen.
- 3.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
- 4.
Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz tragen die Parteien wie folgt:
Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1, des früheren Beklagten zu 3 und der Beweisaufnahme in der Berufungsinstanz.
Von den Gerichtskosten im Übrigen und den außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt diese 75 %, der Beklagte zu 2 25 %.
Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2 tragen dieser und die Klägerin je zur Hälfte.
- 5.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte zu 2 und die Klägerin können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die jeweils vollstreckende Seite zuvor Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
- 6.
Die Revision wird nicht zugelassen.
- 7.
Der Streitwert wird für beide Instanzen festgesetzt auf bis 820.000 Euro.
Gründe
I.
Die Parteien streiten um Vorschuss- und Schadensersatzansprüche wegen mangelhafter Planungs- und Bauüberwachungsleistungen des Beklagten zu 2 und Ausführungsmängel des Beklagten zu 1 bei Sanierungsarbeiten an der B.straße in B. P..
Die Klägerin beabsichtigte im Zuge der Sanierung der Innenstadt, für die Zuwendungen aus Europäischern Fond für regionale Entwicklung (EFRE-Mittel) bereit standen, die B.straße zu sanieren. Nach vorausgegangenem Wettbewerb, den ein Mitbewerber gewonnen hatte, wandte sich die Klägerin wegen der Planungsarbeiten an den Beklagten zu 2, weil die Planungen des Mitbewerbers zu kostenintensiv waren. Mit Vertrag vom 12. Januar 2001 verpflichtete sich der
Beklagte zu 2, drei Alternativen zur Auswechselung des Straßenbelages zu entwickeln, wobei die Planung die ersten drei Leistungsphasen umfassen sollte (Anl. K 2, Bl. 18 d. A.).
Mit Vertrag vom 27. Juni 2002 erteilte die Klägerin dem Beklagten zu 2 den Auftrag zur Erbringung der Architektenleistungen nach den Leistungsphasen 5 bis 9 (Anl. K 3, Bl. 20 ff. d. A.). Ferner verpflichtete sich der Beklagte zu 2, das auf 1.257.699,68 € limitierte Kostenbudget nicht zu überschreiten, sondern Planung und Ausführung danach auszurichten.
Die Beklagte zu 1 führte die Arbeiten aufgrund des von dem Beklagten zu 2 aufgestellten Leistungsverzeichnisses in der Zeit von November 2002 bis Ende Juli 2003 aus. Während der Bauphase ließ der Beklagte zu 2 Plattendruckversuche durchführen, die eine ausreichende Festigkeit des Unterbaus ergaben; eine Untersuchung des Baugrundes auf Wasserdurchlässigkeit unterblieb.
Insgesamt wurden etwa 10.000 m2 neu hergestellt. Die Beklagte verwendete dabei nur in Teilbreichen für die Herstellung der Bettungsschicht Diabas-Edelsplitt. Zu über 75 % verwendete sie ein anderes Material, nämlich Kalkstein-Edelsplitt.
Die Klägerin nahm die Leistungen nach Bauabschnitten im Januar, Juni und Juli 2003 ab (Anl. K 4, Bl. 24 ff.).
In der Folgezeit traten am Straßenbelag Mängel auf. Die Steine lagen stellenweise nicht mehr fest, zum Teil lagen Kantenabplatzungen vor.
Am 26. Januar 2004 stellte der Beklagte zu 2 Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen (Bl. 128 d. A.). Das Verfahren wurde eröffnet. Den am 16. März 2006 vom Insolvenzverwalter vorgelegten Insolvenzplan bestätigte das Insolvenzgericht mit Beschluss vom 11. Mai 2006. Das Insolvenzverfahren wurde am 16. November 2006 nach § 258 Abs. 1 InsO aufgehoben.
Am 23. Februar 2006 leitete die Klägerin gegen die Beklagten ein selbständiges Beweisverfahren ein (LG Hannover 3 OH 2/06). Nach Erstattung seines Gutachtens vom 9. August 2006 lehnte der Beklagte zu 2 den Sachverständigen R. erfolgreich wegen der Besorgnis der Befangenheit ab. Die Klägerin hat das Beweisverfahren daraufhin nicht weiterverfolgt, sondern es für erledigt erklärt. Mit Beschluss vom 25. September 2007 hat das Landgericht der Klägerin die Kosten des Beweisverfahrens auferlegt.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beide Beklagte auf Zahlung eines Vorschusses für die totale Neuherstellung der B.straße über die Gesamtfläche von 9.300 m2 auf der Grundlage folgender Berechnung in Anspruch genommen:
Netto-Gesamtkosten | 9.300 x 99,10 € = | 837.930,00 € |
---|---|---|
10 % Regiekosten | 83.000,00 € | |
Summe | 920.930,00 € | |
Bruttokosten | 1.068.278,80 € | |
Sowiesokosten für frostsicheren Aufbau | - 268.168,80 € | |
Vorschuss | 800.110,00 € |
Davon hat sie von den Beklagten als Gesamtschuldnern Zahlung eines Betrag von 600.000 € als Vorschuss, ferner Feststellung der Ersatzpflicht für weitergehende Aufwendungen sowie Zahlung der Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens verlangt.
Die Klägerin hat behauptet, Ursache des Mangels sei eine unzureichende Wasserdurchlässigkeit des Unterbaus der Straße und der Umstand, dass die Beklagte zu 1 auf 75 % der Fläche vertragswidrig Kalkstein-Edelsplitt verbaut habe. Durch das Aufschwemmen des Pflasters würden die Steine lose liegen und den verkehrsbedingten Schubkräften nachgeben können, mit der Folge, dass es bei Berührung der Steine zu Kantenabplatzungen komme.
Sie hat gemeint, der Beklagte zu 2 habe fehlerhaft geplant, weil er den vorhandenen Unterbau auf seine Wasserdurchlässigkeit (unstreitig) nicht geprüft habe. Der Beklagte zu 2 habe die Ableitung von in den Unterbau eindringenden Niederschlagswassers durch entsprechende Maßnahmen bei dem Vorhaben vorsehen müssen.
Ferner habe der Beklagte zu 2 während der ihm obliegenden Bauaufsicht verkannt, dass die Beklagte zu 1 vertragswidrig falschen Splitt eingebaut habe, wofür die Beklagte zu 1 ihrerseits zu haften habe.
Das Landgericht hat nach Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr.-Ing. J. B. vom 11. Mai 2009 mit Ergänzung vom 14. September 2009 die Klage gegen die Beklagte zu 1 abgewiesen und ihr gegen den Beklagten zu 2 stattgegeben.
Es hat festgestellt, dass der Einbau von Kalkstein-Edelsplitt nicht die Ursache der Mängel sei. Ursache sei vielmehr die nicht ausreichende Wasserdurchlässigkeit des alten, nicht ausgewechselten Unterbaus (Tragschicht). Die Beklagte zu 1 sei für die Schäden am Oberbelag nicht verantwortlich, weil sie den Unterbau nicht habe austauschen müssen. Sie habe die unzureichende Wasserdurchlässigkeit des Unterbaus auch nicht erkennen können, da sie lediglich das Altpflaster und die Bettungsschicht auftragsgemäß entfernt habe und ein Rohplanum bis zu einer Stärke von 10 cm habe erstellen müssen.
Den Beklagten zu 2 hat das Landgericht zur Zahlung eines Vorschusses in Höhe von 600.000 Euro verurteilt und seine weitergehende Erstattungspflicht festgestellt. Die erhobene Verjährungseinrede hat es nicht für begründet erachtet. Die Klägerin sei durch den aufgestellten Insolvenzplan und die unterlassene Forderungsanmeldung nicht an der Geltendmachung der Forderung gehindert.
Die Klägerin verfolgt mit Berufung - nach Rücknahme des zunächst auch hinsichtlich des Beklagten zu 2 eingelegten Rechtsmittels - die Verurteilung der Beklagten zu 1 weiter.
Sie beanstandet die Feststellung des Landgerichts, die Beklagte zu 1 habe den wasserundurchlässigen Boden nicht erkannt. Die Beklagte zu 1 habe nämlich in Tiefen von mehr als 80 cm gearbeitet. Sie habe Gräben erstellt, in die sie KG-Rohre DN 100 und ein HDPE-Rohr verlegt habe, ferner habe sie eine 3 m tiefe Brunnenkammer gebaut. Deshalb sei der Beklagten zu 1 die mangelnde Wasserdurchlässigkeit des Unterbaus aufgefallen. Beide Beklagten hätten zudem aufgrund früherer Baumaßnahmen über Ortskenntnis verfügt und damit die Probleme des Baugrundes gekannt.
Die Klägerin beantragt,
unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils
- 1.
die Beklagte zu 1 als Gesamtschuldnerin neben dem Beklagten zu 2 zu verurteilen, an sie 600.000 € für die Verlegung der Pflastersteine der B.straße in B. P. nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 22. Februar 2008 zu zahlen;
- 2.
festzustellen, dass die Beklagte zu 1 als Gesamtschuldnerin neben dem Beklagten zu 2 verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche über den zu Ziff. 1 ausgeurteilten Betrag hinausgehende Aufwendungen und Schäden zu ersetzen, die durch die Sanierung der Pflasterfläche der B.straße in B. P. entstehen, (nur) soweit diese Aufwendungen und Schäden im Zusammenhang stehen mit dem Aufnehmen der Betonsteine, Natursteine und der Bettung, der Herstellung des Planums, der Neuherstellung Betonsteinpflasters und der Neuerstellung des Natursteinpflasters.
Die Beklagte zu 1 beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie meint, der neue Vortrag der Klägerin zum Eingriff in den Unterbau sei zwar im Grunde zutreffend, dürfe aber in der Berufungsinstanz nicht mehr zugelassen werden.
Unzutreffend sei auch der von der Klägerin gezogene Schluss, bei der Herstellung der Rohrgräben habe sie die mangelnde Wasserdurchlässigkeit des Bodens erkannt. Die Rohrleitungen seien in Bereichen mit aufgefülltem Boden verlegt worden, weil dort bereits Leitungen verlegt gewesen seien. Bei der Ausschachtung mit einem Bagger sei im Übrigen zwar schwerer Boden festgestellt worden, dass bedeute aber nicht, dass der Boden als wasserundurchlässig habe erkannt werden müssen.
Der Beklagte zu 2 beanstandet seine Verurteilung. Er meint, er sei schon deshalb nicht vorschusspflichtig für die Beseitigung der Mängel an der B.straße, weil er aus dem Architektenvertrag nicht verpflichtet sei, Mängel am Bauwerk der Beklagten zu 1 zu beseitigen. Die Mangelbeseitigungskosten seien daneben zu hoch angesetzt, weil sich das Schadensbild aufgrund des nicht ausreichend durchlässigen Untergrunds nur auf einer Fläche von rund 1.680 m2 finde. Er sei nicht verpflichtet gewesen, den Baugrund auf Wasserdurchlässigkeit hin zu untersuchen, weil sich der Planungsauftrag von vornherein auf den Austausch des Pflasters beschränkt hätte. Durch den Vertrag vom 21. Januar 2001 seien nicht die Leistungsphasen 1 -3 i. S. d. HOAI vereinbart worden. Die Forderung sei verjährt, seiner Inanspruchnahme stünde ferner das Unterlassen der Forderungsanmeldung im Insolvenzverfahren und der Insolvenzplan entgegen.
Der Beklagte zu 2 beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt zur Berufung des Beklagten zu 2,
die Berufung des Beklagten zu 2 zurückzuweisen.
Sie verteidigt insoweit das angefochtene Urteil.
Wegen des weiteren Sachverhalts wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils des Landgerichts Hannover vom 10. Dezember 2009 und wegen des weiteren Sachvortrags auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze verwiesen. Der Senat hat ergänzend Beweis erhoben durch Einholung schriftlicher Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. B. vom 12. Januar und 21. Oktober 2011 zur Erkennbarkeit der mangelhaften Wasserdurchlässigkeit des Baugrundes während der Baumaßnahmen.
II.
Auf die zulässige Berufung des Beklagten zu 2 war das angefochtene Urteil wie erkannt abzuändern. Die Berufung der Klägerin bleibt ohne Erfolg.
Die Klägerin kann von dem Beklagten zu 2 gem. §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB Schadensersatz in Höhe von 387.333 Euro wegen mangelhafter Planungsleistungen verlangen. Die Klage gegen die Beklagte zu 1 ist auch auf der Grundlage des neuen Vorbringens in der Berufungsinstanz, soweit dieses zulassungsfähig ist, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme unbegründet.
1. Haftung der Beklagten zu 1
Die Klägerin kann von der Beklagten zu 1 keinen Schadensersatz wegen mangelhafter Bauleistung oder wegen Verletzung einer Mitteilungspflicht nach § 4 Nr. 3 VOB/B verlangen.
a) Soweit die Klägerin die Haftung des Beklagten zu 1 erstinstanzlich insbesondere auf die Verwendung von Kalksteinedelsplit anstelle von Diabasedelsplit gestützt hat, scheidet eine Haftung aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils aus, das die Klägerin in diesem Punkt nicht angegriffen hat.
b) Die Beklagte zu 1 hat keine Mitteilungspflicht nach § 4 Abs. 3 VOB/B verletzt. Die Klägerin hat insoweit erstmals in der Berufungsinstanz vorgetragen, dass die Beklagten zu 1 im Rahmen der Bauausführung nicht lediglich die Bettungsschicht und das Pflaster erneuert habe, sondern bei der Herstellung von Gräben für die Verlegung eines KG-Rohres sowie eines HDPE-Rohres in einer Tiefe von 80 bis 100 cm und beim Aushub einer Brunnenkammer in rund 3 m Tiefe in den Unterbau eingegriffen habe. Dieser Vortrag ist unstreitig geblieben mit der Folge, dass auch die streitige Folgebehauptung, der Beklagten zu 1 hätte bei den Aushubarbeiten die Wasserundurchlässigkeit auffallen müssen, als neues Vorbringen zuzulassen war (vgl. nur BGHZ 161, 138).
Nach dem Ergebnis der weiteren Beweisaufnahme steht jedoch nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass den Mitarbeitern der Beklagten zu 1 als Fachleuten bei den Aushubarbeiten die Wasserundurchlässigkeit der Tragschicht hätte auffallen müssen. Die Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. B. im Gutachten vom 12. Januar 2011 haben ergeben, dass bei lediglich einer ("RKS 3") von vier Proben aus Rammkernsondierungen im Bereich der B.straße der zulässige Grenzwert von 7 % Feinkornanteil in einem für ein geschultes Auge auffälligen Maß (nämlich mit 16,4 % um rund 10 %) überschritten war. Die weiteren Abweichungen von bis zu 3,7 % hat der Sachverständige überzeugend als für ein geschultes Auge nicht erkennbar eingestuft. Ob die mit der Bauausführung befassten Mitarbeiter der Beklagten zu 1 bei den Aushubarbeiten für die Rohrkanäle jedoch gerade eine Stelle mit auffällig hohem Feinkornanteil "prüfbar" vor Augen hatten, muss angesichts der Varianz der Proben und der mehrheitlich nur geringen Abweichung offen bleiben. Gleiches gilt für den Einwand, schon bei der "Draufsicht" im Rahmen der Pflasterarbeiten hätten sich optische Hinweise für die mangelnde Durchlässigkeit ergeben.
Im Bereich des Aushubs der Brunnenkammer, in dem sich schon wegen der Tiefe des Eingriffs in den Unterbau für die Beklagte zu 1 am ehesten Anhaltspunkte für eine mangelnde Wasserundurchlässigkeit der Tragschicht hätten ergeben können, hat der Sachverständige im Ergänzungsgutachten vom 21. Oktober 2011 nur bei einer von neun Proben überhaupt eine Überschreitung des zulässigen Feinkornanteils festgestellt, die zudem mit 2,8 % ebenfalls für das geschulte Auge nicht wahrnehmbar ist.
c) Eine Hinweispflicht ergab sich für die Beklagte zu 1 ferner nicht aus deren
möglicher Kenntnis von Wasserdurchlässigkeitsproblemen des Baugrunds im Stadtbereich von B. P. aus früheren Bauvorhaben. Dabei kann dahin gestellt bleiben, dass dieses neue Vorbringen der Klägerin auch nach den oben a) dargestellten Grundsätzen nicht gem. § 531 Abs. 2 ZPO zulassungsfähig ist, weil es sich insoweit nicht um streitigen "Folgevortrag" zu einer unstreitigen Tatsache handelt.
Der Umfang der Hinweispflicht nach § 4 Abs. 3 VOB/B ist nicht abstrakt, sondern nach den Umständen des Einzelfalls zu bestimmen, wobei die Sachkunde des Bauherrn und die - zusätzliche - Heranziehung eines fachkundigen Architekten für die Planungsleistungen bei der Bestimmung der Hinweispflichten zu berücksichtigen sind (Ingenstau/Korbion-Oppler, VOB, 17. Aufl., § 4 Abs. 3 VOB/B, Rn. 18). In der Regel darf sich der Bauunternehmer bei Fragen der Geeignetheit des Baugrundes auf die Planungsleistungen verlassen (Ingenstau, a. a. O., Rn. 16).
Dies gilt im konkreten Fall auch für die Beklagte zu 1. Soweit sie aus früheren Straßenbauvorhaben in B. P. Anhaltspunkte dafür haben konnte, der Baugrund sei nur bedingt wasserdurchlässig, durfte sie sich darauf verlassen, dass die Klägerin als Auftraggeberin dieser Arbeiten über ihre sachkundigen Mitarbeiter der Bauabteilung dieselbe, wenn nicht bessere Kenntnisse vom Baugrund hatte. Die Beklagte zu 1 konnte deswegen darauf vertrauen, dass etwaige Probleme der Wasserdurchlässigkeit bereits Gegenstand der Vorplanungen für die Erneuerung des Straßenpflasters in der B.straße waren, zumal die Klägerin mit dem Beklagten zu 2 weitere sachkundige Unterstützung hinzugezogen hatte. Dass der Beklagten zu 1 ein Unterlassen der Baugrunduntersuchung bekannt war, ist nicht vorgetragen worden. Eine Mitteilungspflicht hätte sich deswegen erst ergeben, wenn sich im Rahmen der konkreten Bauausführung Hinweise für die untaugliche Tragschicht ergeben hätten. Dies ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme (oben b) jedoch nicht der Fall.
d) Lediglich ergänzend ist im Hinblick auf die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 18. März 2011 vorgelegten Fotos (Bl. 639 ff. d. A.), aus denen sich eine vermeintliche Erkennbarkeit der Wasserundurchlässigkeit gerade während der Durchführung der Bauarbeiten ergeben soll, auszuführen:
Soweit die Fotos als "Draufsicht" die Bodenverhältnisse zeigen sollen, wie sie die Beklagten zu 1 bei Verlegung des Pflasters vorfand, insbesondere mit stehenden Pfützen auf der Bettungsschicht, ist das Vorbringen nicht zulassungsfähig i. S. d. § 531 Abs. 2 ZPO. Denn insoweit handelt es sich nicht um eine Ergänzung zu dem - unstreitigen und neuen - Vorbringen, dass sich der Beklagten zu 1 bei Bodenaushubarbeiten die Wasserundurchlässigkeit aufdrängen musste, sondern um die schon erstinstanzlich vom Landgericht zurückgewiesene Erwägung, dass sich bei Erstellung des Rohplanums Anhaltspunkte für die Wasserundurchlässigkeit hätten ergeben können.
Soweit die Fotos Aushubarbeiten zeigen, war dem durch Befragung des Sachverständigen nicht weiter nachzugehen. Die Klägerin hat ausdrücklich keine Einwände gegen das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. B. vom 21. Oktober 2011 vorgebracht, das die Erkennbarkeit der Wasserundurchlässigkeit für die Beklagte zu 1 gerade bei Vornahme der Aushubarbeiten zum Gegenstand hat.
2. Haftung des Beklagten zu 2
Die Klägerin kann von dem Beklagten zu 2 gemäß §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB Schadensersatz in Höhe von 387.333 Euro verlangen.
a) Soweit die Klägerin erstinstanzlich vom Beklagten zu 2 Zahlung eines Kostenvorschusses gem. §§ 4 Nr. 3, 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B begehrt und im Urteil des Landgerichts zugesprochen bekommen hat, hindert dies nicht die Verurteilung zur Zahlung von Schadensersatz in der Berufungsinstanz.
Der Beklagte zu 2 ist als Architekt nicht zur Zahlung eines Vorschusses zur Mängelbeseitigung verpflichtet. Der Vorschussanspruch ist in der Regel ausgeschlossen, wenn sich - wie hier - die Planungsmängel bereits im Bauwerk niedergeschlagen haben (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 12. Aufl., Rn. 1636). Es besteht danach nur ein Schadensersatzanspruch. Die Klägerin hat dies jedenfalls in der Berufungserwiderung vom 26. März 2010 (Bl. 341 ff. d. A.) erkannt und stützt ihren Anspruch nunmehr auf ein Schadensersatzbegehren. In der Sache stellt dies eine auch in der Berufungsinstanz zulässige Klageänderung gem. §§ 263, 533 ZPO (vgl. nur BGH BauR 2006, 717; Werner/Pastor, a. a. O., Rn. 1653). Unerheblich ist vor dem Hintergrund der eindeutigen Ausführungen im vorgenannten Schriftsatz, ob die zunächst auf Vorschuss gerichtete Klage ohnehin sinnvoll nur als Schadensersatzklage verstanden werden kann (so z. B. BGH BauR 2004, 1477).
b) Der Beklagte hat seine vertragliche Pflicht zur Untersuchung des Baugrunds im Rahmen der Planungsarbeiten für die Sanierung der Pflasterung der B.straße schuldhaft verletzt.
Im Rahmen der Grundlagenermittlung (Leistungsphase 1 i. S. d. § 15 HOAI), spätestens aber bei der Vorplanung (Leistungsphase 2 i. S. d. § 15 HOAI) hat der beauftragte Architekt grundsätzlich eine sorgfältige Untersuchung der Boden- und Wasserverhältnisse anzustellen (vgl. nur OLG Düsseldorf, BauR 2009, 277; OLG München, NJW Spezial 2008, 366; OLG Hamm BauR 1997, 1069; BGH NJW-RR 1986, 1147 [BGH 28.05.1986 - IVa ZR 231/84]). Für den Straßenbau konkretisiert sich diese Pflicht u. a. auch darauf, die ausreichende Wasserdurchlässigkeit des Unterbaus untersuchen zu lassen. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus der eindeutigen Stellungnahme des Sachverständigen Prof. Dr. B. im Gutachten vom 11. Mai 2009 (Ziff. 8.2), dass die mangelnde Ableitung von Wasser eine sehr häufige Schadensursache bei Pflasterflächen ist. Dies musste dem Beklagten als Architekten bekannt sein.
Für diese Untersuchungspflicht des Beklagten ist unerheblich, ob nach den Vorgaben der Klägerin ein Austausch des Baugrundes aus Kostengründen von vornherein ausgeschlossen war (so die Beklagten) oder ob sich diese Einschränkung erst nach Durchführung der Planung durch den Beklagten zu 2 im Rahmen der konkreten Auftragsvergabe an die Beklagte zu 1 ergab (so wohl das insoweit neue Vorbringen der Klägerin in der zweiten Instanz). Denn für den Beklagten war als Fachmann von vornherein absehbar, dass ein Austausch der Pflasterung für die Klägerin wertlos sein würde, wenn sich - wie tatsächlich geschehen - im Nachhinein die mangelhafte Wasserdurchlässigkeit der Tragschicht mit der Folge der Vermörtelung der Bettungsschicht, des "Aufschwimmens" und anschließender Kantenabplatzungen der Betonpflastersteine zeigen sollte.
Die Rechtsansicht des Beklagten zu 2, im Vertrag vom 12. Januar 2001 seien nicht die Leistungsphasen 1 bis 3 vereinbart, erschließt sich dem Senat nicht. In § 2 des Vertrags wird ausdrücklich auf die HOAI und die ersten drei Planungsphasen Bezug genommen. Dem Vertrag lag zu Grunde das Angebot des Beklagten zu 2 vom 24. November 2000 (Anl. BB 1, Bl. 421 d. A.), in dem dieser äußerte, er verstehe den Planungsauftrag gemäß HOAI als Leistungsphase 1 - 3. Im Folgevertrag vom 12./27. Juni 2002 wird in § 2 erneut festgelegt, dass der Vorvertrag die Leistungsphasen 1 - 3 beinhaltete.
Entscheidungserheblich ist dies ohnehin nicht, denn nach dem Vertrag vom 12. Januar 2001 gehörte die Prüfung des Unterbaus zum Leistungsprogramm, selbst wenn der Beklagte zu 2 dies nur auf die Prüfung der Tragfähigkeit bezogen wissen wollte.
Soweit dem Beklagten eine (zusätzliche) sekundäre Pflichtverletzung bei der Ausführungsplanung in Vollzug des Folgevertrags vom 12./27. Juni 2002 vorzuwerfen ist, ist dies für die Begründung der Haftung ohne Relevanz (zur Bedeutung für die Verjährung unten e).
c) Der durch die schuldhafte Pflichtverletzung entstandene Schaden beträgt - ohne Berücksichtigung des Mitverschuldens (hierzu unten d) - 581.000 Euro.
Insoweit kann der Senat in Anwendung von § 287 ZPO auf die Berechnung des Sachverständigen Prof. Dr. B. in den Gutachten vom 11. Mai 2009 und vom 14. September 2009 zurückgreifen. Danach hat der Sachverständige für die Herstellung eines mangelfreien Zustands Nettokosten von 945.010,00 Euro veranschlagt. Hierin enthalten sind Positionen, die bei von Beginn an mangelfreier Planung ohnehin angefallen wären und die deswegen bei der Schadensberechnung keine Berücksichtigung finden können. Zutreffend hat deswegen bereits das Landgericht Kosten für die Positionen 3 - 6 (Drainage herstellen, Boden ausheben und entsorgen, Frostschutzschicht herstellen und Schottertragschicht herstellen) als nicht erstattungs- (bzw. vorschuss-) fähig erachtet.
Daneben entfällt auch der vom Sachverständigen für Planung und Bauüberwachung veranlagte Betrag von 10 % der Kosten. Der Beklagte zu 2 hat insoweit zutreffend darauf hingewiesen, dass eine ausreichende Planung bereits vorliegt. Isolierbare Kosten für die Bauüberwachung dürften bei der Klägerin, die über eine Bauabteilung verfügt, nicht auszumachen sein.
Demgegenüber sind die weiteren Einwände des Beklagten zu 2 gegen die Berechnungen des Sachverständigen ohne Relevanz. Soweit er vorträgt, dass sich das eigentliche Schadensbild auf eine Fläche von 280 m x 6 m reduziere, verkennt der Beklagte zu 2, dass der Sachverständige eine Komplettsanierung für erforderlich erachtet hat, weil auch in den Bereichen, in denen derzeit Pflasterschäden nicht aufgetreten seien, weiterhin die Gefahr von Frosthebungen während längerer Forstperioden bestehe. Dass solche Schäden bislang (trotz des Zeitablaufs seit Ende der Baumaßnahme) nicht eingetreten sind, ist unbeachtlich und kein zwingendes Indiz für die grundsätzliche "partielle" Eignung des Baugrunds. Dabei ist auch darauf hinzuweisen, dass der Sachverständige die Wasserundurchlässigkeit zwar anhand einer Mischprobe (RKS 1, 6 und 7) überprüft hat. Dem weiteren Gutachten vom 12. Januar 2011 ist aber zu entnehmen, dass der für die Wasserdurchlässigkeit relevante Feinkornanteil die zulässige Grenze von 7 % bei sämtlichen diesbezüglich untersuchten Proben (RKS 2, 3, 8 und 9), die an verschiedenen Stellen verteilt über das gesamte Sanierungsgebiet entnommen wurden, überschritten hatte. Zudem sind nach den Feststellungen des Sachverständigen gerade in Fußgängerzonenbereichen ohne Lieferverkehr keine Pflasterschäden vorhanden. Die Klägerin muss sich jedoch nicht darauf verweisen lassen, nur einen Teilabschnitt der Fußgängerzone für den Lieferverkehr zuzulassen, zumal nach dem eigenen Vortrag des Beklagten zu 2 und auch den Feststellungen des Sachverständigen die Tragfähigkeitsuntersuchungen grundsätzlich unbedenklich waren.
Soweit der Sachverständige für die Verlegung des Natursteinpflasters einen höheren Einheitspreis als für die Verlegung des Betonsteinpflasters im Übrigen zu Grunde gelegt hat, folgt der Senat dem im Rahmen der Schadensschätzung auch ohne eine vertiefte Erläuterung durch den Sachverständigen. Es erscheint durchaus plausibel, dass für die Verlegung des Natursteinpflasters, z. B. wegen fehlender Gleichmäßigkeit des verwendeten Steinmaterials oder wegen dessen besonderer Empfindlichkeit, ein höherer Aufwand erforderlich ist.
Danach verbleibt eine Schadenssumme von 581.000 Euro: | |
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Betonsteine, Natursteine und Bettung aufnehmen | 37.200 Euro |
Planum herstellen | 9.300 Euro |
Betonsteinpflaster neu herstellen | 192.500 Euro |
Natursteinpflaster neu herstellen | 342.000 Euro |
581.000 Euro. |
Dieser Betrag umfasst die gesamten fiktiven Mangelbeseitigungskosten. Für eine darüber hinausgehende Feststellung der Erstattungspflicht für künftige Schäden war damit kein Raum.
d) Die Klägerin muss sich gem. § 254 BGB jedoch ein Mitverschulden anrechnen lassen, das der Senat mit 1/3 bewertet.
(1) Der Klägerin, die über eine Bauabteilung und damit über tiefbaulichen
Sachverstand verfügt, ist als schadensursächliche Obliegenheitsverletzung insbesondere vorzuwerfen, dass sie selbst Kenntnis von der Problematik der Wasserdurchlässigkeit des Baugrundes hatte oder jedenfalls hätte haben müssen, die sie zu einer Untersuchung des Baugrunds bzw. zu einem entsprechenden Hinweis an den Beklagten zu 2 hätte veranlassen müssen.
So ist die Klägerin nach dem für die Entscheidung grundsätzlich maßgeblichen erstinstanzlichen Sachvortrag dem Vorbringen beider Beklagter, es hätte schon zu früheren Zeitpunkten Probleme mit dem wasserundurchlässigen Untergrund im Stadtgebiet gegeben, die der Klägerin bekannt waren oder jedenfalls bekannt sein mussten, nicht entgegen getreten (vgl. nur Schriftsätze des Beklagten zu 1 vom 29. Februar 2008, des Beklagten zu 2 vom 7. März 2008 und aus dem OH-Verfahren vom 28. September 2006, eingereicht als Anl. B1, Bl. 101 ff. d. A.). Die Erkennbarkeit der Probleme mit dem vorhandenen Baugrund hat die Klägerin zweitinstanzlich de facto bestätigt. U. a. führt sie in den Schriftsätzen vom 11. Januar und 10. Februar 2011 aus, dass es auf dem früheren Plattenbelag der B.straße zu einem erheblichen Schadensbild gekommen sei, was zu einer Sensibilisierung des Beklagten zu 2 habe führen müssen. Dieser Vortrag kehrt sich unmittelbar gegen die Klägerin als fachkundige Bauherrin, die als unterhaltungspflichtige Trägerin der Straßenbaulast über den Zustand ihrer Straßen informiert sein muss, wie auch das weitere Vorbringen, den Beklagten hätte aufgrund eines weiteren Bauvorhabens in der F.straße auffallen müssen, dass der Straßenuntergrund nicht mehr den einschlägigen Richtlinien entsprach und deswegen untersucht werden müsste.
(2) Die eigene Nachlässigkeit hat die Klägerin auch dadurch vorgetragen, dass sie sich die Ausführungen des im selbstständigen Beweisverfahren tätigen und letztlich erfolgreich als befangen abgelehnten Sachverständigen R. aus dessen Gutachten vom 9. August 2006 zu eigen gemacht hat. Der Sachverständige R. hatte in seinem Gutachten unter Ziff. 5.9 festgestellt, dass der Klägerin (als Antragstellerin im OH-Verfahren) bekannt war, dass mit ansteigenden Schichten- bzw. Grundwasser gerechnet werden müsse. In Ziff. 5.20 führt der Sachverständige R. aus, dass die Wasserdurchlässigkeit auch vor dem Umbau eingeschränkt war. Dies deckt sich mit dem Beklagtenvorbringen, die Klägerin habe Kenntnis von den Problemen haben müssen.
(3) Letztlich ist für die Haftungsverteilung maßgeblich, dass die Klägerin durch ihre Vorgaben bauliche Rahmenbedingungen geschaffen hat, die für ein Außerachtlassen umfassender Baugrunduntersuchungen förderlich waren.
Die Klägerin hat das wiederholte Vorbringen beider Beklagter, eine Erneuerung der B.straße sei für die Klägerin aus Kostengründen nur unter der Maßgabe in Betracht gekommen, dass die Tragschicht nicht ausgetauscht würde, nicht substantiiert bestritten.
Die Klägerin hat hierzu erstinstanzlich einschränkend formuliert, dass sie "ins Gespräch gebracht habe, dass eventuell aus Kostengründen ein Austausch des Untergrundes nicht erwünscht sei" und in der Berufungsinstanz erstmals vorgetragen, sie habe keine ausdrückliche Vorgabe gemacht, die Tragschicht solle aus Kostenerwägungen nicht ausgetauscht werden, allerdings hätte die "Durchführung solcher Arbeiten möglicherweise einer Realisierung der Maßnahme entgegenstehen können". Soweit die Klägerin mit der von ihr formulierten Einschränkung zum Ausdruck bringen will, dass der Beklagte zu 2 auch bei Belassen der Tragschicht in der B.straße gehalten war, deren Durchlässigkeit zu prüfen, äußert sie lediglich eine Rechtsansicht, die der Senat (s. o. 2. b)) teilt.
Darüber hinaus wäre es vor dem Hintergrund, dass nur ein genau eingegrenztes Budget, u. a. aus EFRE-Mitteln, zur Verfügung stand (vgl. Präambel und § 2 Abs. 2 des Vertrags vom 12./27. Juni 2002), Sache der Klägerin gewesen, genau auszuführen, inwieweit zumindest im Planungsstadium auch ein Austausch des Unterbaus ernsthaft in Betracht zu ziehen war. Die Klägerin hatte unstreitig dem Beklagten zu 2 den Auftrag deswegen erteilt, weil die Planung des Wettbewerbgewinners zu kostenaufwändig war. Dementsprechend ist auch im Vertrag vom 12. Januar 2001 in § 2 der Vertragsgegenstand als Erneuerung der Pflasterung der Fußgängerzone beschrieben. Die in § 3 aufgezeigten Planungsalternativen befassen sich im Schwerpunkt ebenfalls nur mit dem Austausch des Pflasters; soweit bei Alternative II "evt. Verstärkung des Unterbaues" als Planungsinhalt vorgesehen ist, kann daraus nicht auf die Option eines gesamten Austauschs des Untergrunds geschlossen werden.
Dass für die Klägerin danach ein Austausch des Baugrundes nicht in Betracht kam, stellt für sich keine Obliegenheitsverletzung dar. Die Pflichtverletzung des Beklagten, dessen Focus auf die Neuplanung der Straßenoberfläche auf einem der fachkundigen Klägerin bekannten Baugrund gerichtet war, stellt sich danach jedoch nicht als derart schwerwiegend dar, dass sie das Mitverschulden der Klägerin wegen des unterlassenen Hinweises der Klägerin an den Beklagten zu 2 (oben (1)) gänzlich verdrängen würde. Danach erscheint dem Senat eine Verteilung der Verschuldensanteile von 1/3 (Klägerin) zu 2/3 (Beklagter) sachgerecht.
e) Die Schadensersatzforderung ist nicht verjährt.
Für Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen den Beklagten zu 2 wegen mangelhafter Planungsleistungen gilt nach § 634 a Abs. 1 Nr. 2 BGB die 5-jährige Verjährungsfrist. § 13 Nr. 4 VOB/B findet trotz der Einbeziehung der VOB in beide Architektenverträge keine Anwendung, denn die VOB/B kann für Architektenleistungen, die keine Bauleistungen sind, nicht vereinbart werden (Beck'scher VOB- und Vergaberechtskommentar, 2. Aufl., vor § 1 Rn. 48; Ingenstau/Korbion, a. a. O., § 1 VOB/A, Rn. 32; jew. m. w. N.).
(1) Dem Beklagten zu 2 ist zuzugeben, dass der Anspruch der Klägerin verjährt wäre, soweit er allein an den Verstoß gegen die Pflicht zur ordnungsgemäßen Baugrunduntersuchung aufgrund des Vertrags vom 12. Januar 2001 angeknüpft würde. Die Verjährungsfrist begann insoweit mit der durch die vorbehaltlose Zahlung am 5. April 2001 konkludent erklärten Abnahme der Planungsleistung. Es erscheint bereits fraglich, ob die Verjährung durch die Antragstellung im selbstständigen Beweisverfahren am 23. Februar 2006 gem. § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB gehemmt wurde, denn die Zustellung erfolgte nicht "demnächst" i. S. d. § 167 ZPO. Vielmehr wurde dem Beklagten zu 2 die Antragsschrift formlos mitgeteilt, eine Legitimation im OH-Verfahren erfolgte erst am 26. Juni 2006. Ob eine Heilung nach § 189 ZPO durch tatsächliche Kenntnisnahme zu einem früheren Zeitpunkt festgestellt werden kann, kann offen bleiben. Denn selbst unter der Annahme, dass die Verjährung noch rechtzeitig gehemmt worden wäre, endete die Hemmungswirkung 6 Monate (§ 204 Abs. 2 Satz 1 BGB) nach der schriftsätzlichen Erklärung der Klägerin im OH-Verfahren vom 15. Mai 2007, mit der sie dieses Verfahren für erledigt erklärte, mithin am 15. November 2007. Die Klageerweiterung gegen den Beklagten zu 2 im streitigen Verfahren erfolgte jedoch erst durch Schriftsatz vom 18. Februar 2008. Zu diesem Zeitpunkt war die verbleibende Frist bis zum Ablauf der 5-jährigen Verjährungsfrist Frist unter Abzug des Zeitraums der Hemmung abgelaufen.
(2) Der Beklagte zu 2 hat jedoch im Rahmen der Ausführungsplanung und der Bauüberwachung gegen die Sekundärpflicht verstoßen, die Klägerin auf die bislang unterbliebene Baugrunduntersuchung hinzuweisen bzw. diese Untersuchung nachzuholen.
Dabei kann offen bleiben, ob das Vertragswerk, das sich aus zwei zeitlich gestaffelten Beauftragungen des Beklagten zu 2 zusammensetzt, als einheitlicher Vertrag anzusehen ist oder ob - wie der Beklagte zu 2 meint - vor der zweiten Auftragserteilung mit der Zusage von Drittfördermitteln eine wesentliche Zäsur gegeben war mit der Folge, dass der Vertrag vom 12./27. Juni 2002 als eigenständiger Vertrag anzusehen wäre. Denn den Beklagten zu 2 traf jedenfalls im Rahmen der Ausführungsplanung und Bauüberwachung die Pflicht, den Planungsmangel zu offenbaren bzw. die unterlassene Untersuchung nachzuholen. Insoweit kann der Beklagte zu 2 nicht besser gestellt werden als ein von außen eintretender neuer Architekt, dem lediglich die Bauleitung übertragen worden ist. Es ist anerkannt, dass der bauleitende Architekt grundsätzlich verpflichtet ist, die vorhandene Planung eines Dritten auf Fehler zu überprüfen (vgl. nur OLG Karlsruhe, BauR 2004, 363; OLG Bamberg, NJW-RR 1992, 91 [OLG Bamberg 08.07.1991 - 4 U 24/91]; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1998, 741 [OLG Düsseldorf 19.12.1997 - 22 U 68/97] - jeweils zitiert nach [...]). Soweit die Haftung des bauleitenden Architekten teilweise dahingehend eingeschränkt wird, dass dieser davon ausgehen dürfe, die Bestandsanalyse sei im Rahmen der Grundlagenermittlung ordnungsgemäß erbracht worden (vgl. OLG Karlsruhe, NJW-RR 2006, 600 [OLG Karlsruhe 17.01.2006 - 17 U 168/04]), entlastet dies den Beklagten zu 2 nicht. Denn ihm musste die Unvollständigkeit der von ihm selbst erbrachten Planungsleistung bekannt sein.
f) Der Umstand, dass die Klägerin ihre Ersatzansprüche nicht in dem über das Vermögen des Beklagten zu 2 geführten Insolvenzverfahren zur Tabelle angemeldet hat, schließt eine Geltendmachung der Ansprüche nicht aus. Hierauf hat der Senat bereits wiederholt hingewiesen. Auf die Verfügung vom 3. März 2011 wird ausdrücklich Bezug genommen, um lediglich ergänzend auszuführen:
Durch die Regelung des § 157 VVG a. F. (bzw. § 110 VVG n. F.) werden Schadensersatzgläubiger des Insolvenzschuldners hinsichtlich der Freistellungsforderung des Insolvenzschuldners gegen die Haftpflichtversicherung anderen absonderungsberechtigten Gläubigern i. S. d. § 49 InsO gleichgestellt. Für alle absonderungsberechtigten Gläubiger gilt, dass sie nicht gehalten sind, ihre Forderungen zur Tabelle anzumelden. Sie verlieren bei Unterlassen der Anmeldung lediglich die Berechtigung, in das übrige Vermögen des Insolvenzschuldners zu vollstrecken, wenn dieser - wie zumeist - auch der persönliche Schuldner des absonderungsberechtigten Gläubigers ist (vgl. nur MünchKomm - Nowak, InsO, 2. Aufl., § 174 Rn. 3; Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl., § 49 Rn. 1 a; Jauernig/Berger, Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrecht, 22. Aufl., § 45 Rn. 15).
Einfluss auf die Möglichkeit der Befriedigung aus dem abzusondernden Vermögensgegenstand kann allein der Insolvenzplan entfalten, wenn er entgegen dem Regelfall gem. § 223 Abs. 1 InsO hierzu ausdrückliche Bestimmungen vorsieht.
Solche Regelungen enthält der Plan vom 15. März 2006 (Bl. 123 ff. d. A.) jedoch nicht; vielmehr wird unter C.III lediglich zwischen nicht dinglich gesicherten und dinglich gesicherten Gläubigern unterschieden; letzteren verbleibt ausdrücklich das Recht, sich durch Verwertung des Grundbesitzes zu befriedigen.
3. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 96, 708
Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war nicht nach § 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO zuzulassen.
Der Streitwert von bis 820.000 Euro für beide Instanzen ergibt sich aus folgenden Einzelbeträgen:
- Zahlungsantrag: | 600.000,- Euro |
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- Feststellungsantrag: | 200.110,- Euro |
- Kostenerstattung OH-Verfahren: | 10.000,- Euro. |