Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 26.04.2007, Az.: 2 A 122/06
Antrag; Befreiung; besondere Härte; Bildungskredit; Förderungszweck; Rundfunkgebühr; Rundfunkgebührenbefreiung
Bibliographie
- Gericht
- VG Göttingen
- Datum
- 26.04.2007
- Aktenzeichen
- 2 A 122/06
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2007, 71900
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 6 Abs 3 RdFunkGebVtr
- § 6 Abs 1 RdFunkGebVtr
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Eine besondere Härte im Sinne von § 6 Abs. 3 RGebStV ist anzunehmen, wenn ein Rundfunkteilnehmer einen Bildungskredit bezieht und seine, ausschließlich ohne staatliche Leistungen gesicherte, wirtschaftliche Existenz diejenigen eines Empfangens von Ausbildungsförderungsleistungen vergleichbar ist.
Tatbestand:
Die 1980 geborene Klägerin hält seit Dezember 2005 im Zuständigkeitsbereich des Beklagten einen Fernseher und ein Radiogerät zum Empfang bereit. Nachdem sie zuvor ein betriebswirtschaftliches Fachhochschulstudium erfolgreich abgeschlossen hatte, ist sie seit Herbst 2004 Schülerin an der Logopädenlehranstalt I.. Ausweislich eines Schreibens des Landkreises J. vom 11. August 2004, in dessen Zuständigkeitsbereich die Klägerin zuvor wohnte, kann sie Ausbildungsförderungsleistungen nicht erhalten, weil es sich bei der Logopädenausbildung um eine nicht förderungsfähige Zweitausbildung handelt.
Mit Bescheid vom 29. Oktober 2005 bewilligte das Bundesverwaltungsamt der Klägerin einen Bildungskredit in Höhe von insgesamt 7.200,00 Euro (monatlich 300,00 Euro) für den Zeitraum vom 1. Oktober 2005 bis 30. September 2007. Einen entsprechenden Kreditvertrag schloss die Klägerin mit der kfw-Bankengruppe am 28. Januar 2006. Zusätzlich bekommt sie 154,00 Euro Kindergeld und 99,00 Euro Wohngeld.
Am 20. Dezember 2005 beantragte sie wegen ihres geringen Einkommens beim Beklagten die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 4. Februar 2006 ab. Zur Begründung gab er an, die Klägerin erfülle nicht die Befreiungsvoraussetzungen des § 6 Abs. 1 Rundfunkgebührenstaatsvertrag - RGebStV -.
Hiergegen hat die Klägerin am 1. März 2006 Klage erhoben.
Zu deren Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, aufgrund des ihr gewährten Bildungskredits und ihres insgesamt geringen Einkommens sei sie gleich bedürftig wie die in § 6 Abs. 1 RGebStV genannten Empfänger von Sozialhilfe und Ausbildungsförderungsleistungen. Art. 3 Abs. 1 GG gebiete, sie rundfunkgebührenrechtlich mit diesem Personenkreis gleich zu stellen.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 4. Februar 2006 zu verpflichten, ihr die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er tritt dem klägerischen Vorbringen in der Sache entgegen. Es lasse sich nicht erkennen, dass die Klägerin wie eine Empfängerin von Ausbildungsförderungsleistungen gestellt sei. Der Gesetzgeber habe bewusst auf den Bezug von Ausbildungsförderungsleistungen als Befreiungsvoraussetzung abgestellt. Wer, wie die Klägerin, aufgrund einer nicht förderungsfähigen Zweitausbildung kein BAföG bekomme, habe auch einen Anspruch auf Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht nicht. Andernfalls würde der gesetzgeberische Wille umgangen; eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung sei hierin nicht zu sehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Die Klägerin hat einen Anspruch gegen den Beklagten, sie von der Rundfunkgebührenpflicht zu befreien (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 RGebStV werden von der Rundfunkgebührenpflicht auf Antrag die dort unter den Nummern 1 bis 10 genannten Empfänger von Sozialleistungen bestimmte Behinderte und deren Ehegatten im ausschließlich privaten Bereich befreit. Nach § 6 Abs. 2 RGebStV ist das Vorliegen der Voraussetzungen für die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht durch die Vorlage des entsprechenden Bescheides im Original oder in beglaubigter Kopie nachzuweisen. Die Klägerin gehört nicht zu dem dort genannten Personenkreis. In Betracht kommt nur die Personengruppe nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 RGebStV. Nicht bei den Eltern lebende Empfänger von Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) werden danach von der Gebührenpflicht befreit. Diese Voraussetzung erfüllt die Klägerin nicht, da ihre - dem Grunde nach gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 BAföG förderungsfähige - Ausbildung nicht nach dem BAföG gefördert wird. Denn nach dem Schreiben des Landkreises J. vom 11. August 2004 kann sie Ausbildungsförderungsleistungen nicht erhalten, weil es sich bei der Logopädenausbildung um eine gemäß § 7 Abs. 2 BAföG nicht förderungsfähige Zweitausbildung handelt.
Die Klägerin kann jedoch eine Gebührenbefreiung nach § 6 Abs. 3 RGebStV beanspruchen. Danach kann die Rundfunkanstalt unbeschadet der Gebührenbefreiung nach Absatz 1 in besonderen Härtefällen auf Antrag von der Rundfunkgebührenpflicht befreien. Ein solcher besonderer Härtefall liegt bei der Klägerin vor und sie hat einen entsprechenden Antrag gestellt.
Mit ihrem am 20. Dezember 2005 auf dem seinerzeit nicht mehr gebräuchlichen Formular der Gebühreneinzugszentrale gestellten Antrag auf Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht, berief sich die Klägerin für ihr Begehren auf ihr geringes Einkommen. Dies kann unter Geltung des Achten Rundfunkgebührenstaatsvertrages, der einen solchen Befreiungstatbestand nicht - mehr - kennt, bei objektiver Betrachtung nur als Antrag auf Befreiung wegen einer besonderen Härte im Sinne von § 6 Abs. 3 RGebStV verstanden werden.
Eine derartige Härte liegt vor
Das Nds. Oberverwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang in seinem Urteil vom 18. Juli 2006 -12 LC 87/06- (veröffentlicht in der Internetentscheidungssammlung des Gerichts) im Fall eines Studenten, der nicht ausbildungsförderungsberechtigt war, u.a. ausgeführt:
„Der Begriff des „besonderen Härtefalls“ ist im RGebStV nicht näher umschrieben. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ist darunter im vorliegenden Zusammenhang ein Fall zu verstehen, der den in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 10 genannten Fällen weitgehend ähnlich ist und in dem es deshalb als nicht hinnehmbar erscheint, eine Gebührenbefreiung zu versagen. So heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs zum Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag: „Die Befreiungstatbestände nach Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 10 sind abschließend. Die Rundfunkanstalten sind bei ihrer Entscheidung an die entsprechenden Sozialleistungsbescheide gebunden. Ergänzend bleibt nach Absatz 3 für die Rundfunkanstalten die Möglichkeit der Ermessensentscheidung bei der Befreiung in besonderen Härtefällen erhalten. Ein besonderer Härtefall liegt insbesondere vor, wenn, ohne dass die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 vorliegen, eine vergleichbare Bedürftigkeit nachgewiesen werden kann.“ (Landtags-Drucksache 15/1485, S. 37).
Daraus kann aber nicht der Schluss gezogen werden, dass § 6 Abs. 3 RGebStV ein allgemeiner Auffangtatbestand wäre und dass in allen Fällen, die zwar nicht unter § 6 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 10 RGebStV fallen, in denen die betroffenen Personen aber ähnlich wirtschaftlich bedürftig sind, ohne weiteres eine Befreiung von der Gebührenzahlungspflicht wegen Vorliegens einer besonderen Härte in Betracht käme. Dagegen spricht die genaue Aufzählung der Befreiungsberechtigten in den Nrn. 1 bis 10. Dagegen spricht weiter, dass in § 6 Abs. 3 RGebStV nicht generell von „anderen Fällen“ oder allgemein von „Härtefällen“, sondern einschränkend von „besonderen Härtefällen“ gesprochen wird. Außerdem ist der Sinn der Neuregelung zu berücksichtigen...
Es sollte also mit der Neuregelung ein einfach zu handhabender Katalog mit befreiungsberechtigten Personengruppen festgelegt werden. Es spricht nichts dafür, dass dies durch eine weit gefasste Ausnahmeregelung wieder hätte in Frage gestellt werden sollen. Das Verfahren der Rundfunkgebührenbefreiung ist ein Geschäft der Massenverwaltung. Es ist auf generalisierende und pauschalierende Regelungen angewiesen, auch wenn dies im Einzelfall nachteilig sein kann. Es genügt, wenn für möglichst viele Tatbestände angemessene Regelungen gefunden werden und sich für die Gesamtregelung ein vernünftiger Grund anführen lässt (vgl. dazu z. B. BVerfG, Beschl. v. 04.04.2001 - 2 BvL 7/98 -, BVerfGE 103, 310 ff.). Das ist hier der Fall, indem eine Parallelwertung zu anderen Sozialleistungsregelungen vorgenommen wurde. Personen, die nach anderen Leistungsgesetzen bei wirtschaftlicher oder sozialer Bedürftigkeit Leistungen tatsächlich erhalten - typischer Weise etwa Empfänger von Sozialgeld oder Arbeitslosengeld II oder Bezieher von Leistungen der Ausbildungsförderung -, werden auch von der Rundfunkgebührenpflicht befreit. Nach dem Vorbringen des Beklagten behalten die Vertragschließenden des RGebStV bzw. der Gesetzgeber die sich daraus ergebende Verwaltungspraxis auch im Auge und beabsichtigen, demnächst den Kreis der befreiungsberechtigten Personen um Empfänger sozialer Leistungen nach Landesrecht zu ergänzen. Umgekehrt werden Personen, die aus irgendwelchen Gründen die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach den genannten anderen Leistungsgesetzen nicht erfüllen, regelmäßig auch nicht hinsichtlich der Rundfunkgebühren als befreiungsberechtigt angesehen. Zwar gibt es gerade im Bereich der Ausbildungsförderung nach dem BAföG eine Vielzahl von Personen, die trotz grundsätzlicher Förderfähigkeit der Ausbildung und damit trotz grundsätzlich bestehenden wirtschaftlichen Bedarfs Ausbildungsförderung z. B. wegen Überschreitens der Altersgrenze oder - wie der Kläger - wegen Studienfachwechsels ohne wichtigen Grund nicht erhalten. Gerade deswegen kann aber nicht angenommen werden, dass bei der Neugestaltung des Rechts der Gebührenbefreiung und der Beschränkung des Anspruchs auf Gebührenbefreiung nur auf tatsächlich geförderte Personen die Auszubildenden ohne Förderanspruch "übersehen" worden wären oder jedem Einzelnen über die Härtefallregelung ein hinsichtlich der wirtschaftlichen Voraussetzungen individuell zu prüfender Befreiungsanspruch eingeräumt werden sollte. Denn damit würden sowohl das Ziel, die Prüfung der Befreiungsvoraussetzungen im Einzelfall zu vereinfachen, als auch das Prinzip der parallelen Wertung der sozialen Bedürftigkeit in den Leistungsgesetzen einerseits und dem Rundfunkgebührenrecht andererseits weitgehend verfehlt. Dass das Recht der Befreiung von der Pflicht zur Zahlung von Rundfunkgebühren ein gewachsenes Recht der sozialen Fürsorge ist, wie das Verwaltungsgericht hervorgehoben hat, steht dem nicht entgegen. Denn zum Einen wird das Institut der Rundfunkgebührenbefreiung weder aufgegeben noch lediglich auf Einzelfälle beschränkt. Zum Anderen ist der Normgeber im Sozialleistungsrecht nicht gehindert, den Kreis der Anspruchsberechtigten sowie Art und Umfang der Leistungen - dazu gehören auch Befreiungen von Zahlungspflichten - zu verändern und der sozialen Entwicklung unter Berücksichtigung verwaltungspraktischer Notwendigkeiten anzupassen.
Zusammengefasst ergibt sich daraus, dass die Regelung des „besonderen Härtefalls“ in § 6 Abs. 3 RGebStV - ohne dass im vorliegenden Fall eine abschließende Definition des „besonderen Härtefalls” i. S. dieser Bestimmung notwendig wäre - jedenfalls die Personen nicht erfasst, die deswegen nicht Bezieher von Leistungen gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 10 RGebStV sind, weil sie die Leistungsvoraussetzungen nach den jeweils einschlägigen Leistungsgesetzen nicht erfüllen, und bei denen nicht davon unabhängig weitere besondere Umstände vorliegen, die eine Verpflichtung zur Zahlung von Rundfunkgebühren als nicht hinnehmbar erscheinen lassen.
Ein solches Verständnis der Gebührenbefreiungsregelungen in § 6 Abs. 1 und Abs. 3 RGebStV verstößt nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln.
Hier knüpft die unterschiedliche Behandlung der nicht bei ihren Eltern wohnenden Auszubildenden an unterschiedliche Sachverhalte an. Maßgebend für die Gewährung der Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht ist der Bezug von Leistungen nach dem Ausbildungsförderungsgesetz. Diese Differenzierung ist sachgerecht. Sie überträgt die bundesrechtlich vorgegebene Wertung, welche Auszubildenden Anspruch auf die soziale Förderung nach dem BAföG haben sollen, auf die ebenfalls an sozialen Erwägungen orientierte Befreiung von den Rundfunkgebühren. Schließt der Gesetzgeber einen Auszubildenden, der eine dem Grunde nach förderfähige Ausbildung betreibt, wegen eines nicht aus wichtigem Grund vorgenommenen Fachrichtungswechsels wie im Fall des Klägers von der weiteren Ausbildungsförderung (§ 7 Abs. 3 BAföG) und auch von der Gewährung von Sozialhilfe (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB XII) sowie von Leistungen der Grundsicherung (§ 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II) aus, ist es sachlich nicht geboten, ihm trotzdem die Vergünstigung der Befreiung von den Rundfunkgebühren aus sozialen Gründen zu gewähren.
Im Fall des Klägers greift die Härtefallregelung des § 6 Abs. 3 RGebStV auch nicht aus besonderen in seiner Person liegenden Gründen ein. Der Kläger gehört zu dem oben umschriebenen Personenkreis, für den eine Anwendung der Härtefallregelung grundsätzlich ausscheidet. Besondere und nur in seiner individuellen Situation liegende Umstände, die ihn als mit den in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 10 RGebStV genannten Personengruppen vergleichbar schutzbedürftig erscheinen lassen und deswegen eine Gebührenbefreiung rechtfertigen könnten, sind nicht gegeben. Der Kläger erfüllt die Leistungsvoraussetzungen nach dem BAföG nicht. Seine zweifellos vorliegende wirtschaftliche Bedürftigkeit unterscheidet ihn nicht von vielen anderen Auszubildenden, die etwa nach einem Fachrichtungswechsel oder wegen Überschreitens der Altersgrenze oder der Förderungshöchstdauer ohne staatliche Unterstützung in Form von Ausbildungsförderung oder Sozialhilfe bleiben. Auch sonstige besondere Gründe, die eine Befreiung des Klägers von der Rundfunkgebührenpflicht rechtfertigen könnten, liegen nicht vor.“
Dies entspricht der bisherigen Rechtsprechung der Kammer (vgl. nur Urteil vom 21.3.2006 -2 A 389/05-; Beschluss vom 22.3.2006 -2 A 510/05-; weitergehend: VG Berlin, Urteil vom 28.6.2006 -27 A 29.06-, zitiert nach juris) ).
Bei der Klägerin sind jedoch besondere, in ihrer Person liegende Gründe gegeben, die die Annahme einer vergleichbaren Härte im Sinne von § 6 Abs. 3 RGebStV rechtfertigen. Sie liegen einerseits darin, dass die Klägerin vom Bundesverwaltungsamt für die Dauer von zwei Jahren einen Bildungskredit in Höhe von monatlich 300,00 Euro erhalten hat und dass sie ihr gesamtes Einkommen aus öffentlichen, bescheidabhängigen Leistungen bezieht.
Bei dem Bildungskredit handelt es sich um eine Leistung, die aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften gewährt wird. Aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften werden nicht nur Leistungen gewährt, die auf Gesetz- oder Rechtsverordnung beruhen, sondern auch solche, die sich aus Verwaltungsvorschriften ergeben (OVG Lüneburg, Urteil vom 27.10.1989 -4 OVG 144/88-, OVGE 41, 445; Brühl in: LPK-BSHG, § 77 Rn. 3). Der Bildungskredit beruht in diesem Sinne auf einer öffentlich-rechtlichen (Verwaltungs-) Vorschrift. Dies ergibt sich aus seinem Zweck und der Form seiner Bewilligung, die beide öffentlich-rechtlich ausgestaltet sind. Gemäß § 1 der Förderbestimmungen (abgedruckt unter www.bva.bund. de) dient der Bildungskredit bei nicht nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz geförderten Auszubildenden der Sicherung und Beschleunigung der Ausbildung, bei geförderten Auszubildenden der Finanzierung von außergewöhnlichem, nicht durch das Bundesausbildungsförderungsgesetz erfasstem Aufwand. Die damit angesprochene Ausbildungsförderung ist eine staatliche und damit öffentlich-rechtliche Aufgabe. Auch die Ausgestaltung des Verfahrens und die Handlungsform der den Bildungskredit bewilligenden Stelle spricht für eine öffentlich-rechtliche Vorschrift. So erfolgt die Leistung nur auf Antrag (§ 4 der Förderbestimmungen) und das Bundesverwaltungsamt, also ein Träger hoheitlicher Gewalt, prüft die Anträge anhand der Förderbestimmungen und erlässt ggf. einen positiven Bescheid (§ 4 Abs. 1 der Förderbestimmungen). Anders als im Ausbildungsförderungsrecht besteht jedoch gemäß § 4 Abs. 4 der Förderbestimmungen kein Rechtsanspruch auf die Gewährung eines Bildungskredits (vgl. zum Ganzen auch Ramsauer/Stallbaum/Sternel, BAföG, 4. Aufl., Anhang zu § 18 c).
Der besondere persönliche Grund für die Gewährung eines Bildungskredits ist mithin die Sicherung der Ausbildung aus öffentlichen Mitteln. Die Förderbestimmungen für den Bildungskredit verfolgen damit denselben Zweck wie das Ausbildungsförderungsgesetz. Da die entsprechende Förderung, wie im Recht der Ausbildungsförderung nach dem BAföG, durch hoheitliche Bescheide ausgesprochen wird - lediglich die Umsetzung erfolgt auf einer zweiten Stufe durch privatrechtlichen Darlehensvertrag -, sprechen auch verfahrensökonomische Gesichtpunkte, die Triebfeder für die Änderungen der Rundfunkgebührenbefreiungstatbestände gewesen sind, nicht grundsätzlich dagegen, die Gewährung eines Bildungskredits durch das Bundesverwaltungsamt als besonderen Härtefall im Sinne von § 6 Abs. 3 RGebStV anzusehen. Ob ein solcher Kredit gewährt worden ist, lässt sich ebenso wie bei Empfängern von Ausbildungsförderung durch einen einfachen Blick in den entsprechenden Bescheid erkennen. Leistungszweck und Form der Bewilligung sind beim Bildungskredit einerseits und bei Leistungen nach dem BAföG somit nahezu identisch. Indes ist nicht zu verkennen, dass ein wesentlicher Unterschied zwischen beiden Förderleistungen darin besteht, dass der Bildungskredit anders als Ausbildungsförderungsleistungen weder einkommens- noch vermögensabhängig erbracht wird. Es gibt nach § 2 der Förderbestimmungen nur auf die Art der Ausbildung bezogene Leistungsvoraussetzungen sowie durch Bezugnahme auf § 8 BAföG solche, die die anspruchsberechtigten Personen benennen. Dieser wesentliche Strukturunterschied der Anspruchsvoraussetzungen schließt es zur Überzeugung der Kammer indes nicht aus, im Fall der Klägerin einen besonderen Härtefall im Sinne von § 6 Abs. 3 RGebStV anzunehmen. Denn ihre, ausschließlich durch öffentliche Leistungen, d.h. durch behördliche Bescheide belegbare, gesicherte wirtschaftliche Existenz ist derjenigen eines Empfängers von Ausbildungsförderungsleistungen vergleichbar.
Die Vergleichsgruppe, zu deren wirtschaftlichen Verhältnissen die Situation der Klägerin in Beziehung zu setzen ist, sind die Empfänger von Leistungen der Ausbildungsförderung nach dem BAföG. Denn auch die Ausbildung der Klägerin ist dem Grunde nach nach dem BAföG förderungsfähig (vgl. zu einem ähnlichen Fall, Urteil der Kammer vom 27.4.2006 -2 A 337/05-, veröffentlicht in der Internetentscheidungssammlung des Nds. Oberverwaltungsgerichts). Der Bedarf eines Auszubildenden, der, wie die Klägerin, eine Fachschule besucht, deren Besuch eine abgeschlossene Berufsausbildung nicht voraussetzt, beträgt nach dem BAföG maximal 468,00 Euro. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus dem Grundbetrag nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 BAföG in Höhe von 348,00 zuzüglich eines Betrages von maximal 64,00 Euro für eine auswärtige Unterbringung nach § 12 Abs. 3 BAföG sowie einem Kranken- und Pflegeversicherungszuschlages gemäß § 13 a BAföG in Höhe von maximal 56,00 Euro.
Zwar verfügt die Klägerin über monatliche Einkünfte in Höhe von 553,00 Euro, die sich aus monatlich 300,00 Euro Bildungskredit, 154,00 Euro Kindergeld und aus 99,00 Euro Wohngeld zusammen setzen. Ihr steht daher ein höherer monatlicher Geldbetrag zur Verfügung als wenn sie ausschließlich Leistungen nach dem BAföG erhalten würde. Es kann jedoch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Klägerin einen direkt an sie auszuzahlenden Kindergeldanspruch in Höhe von 154,00 Euro hat. Diese Einnahmen stünden ihr auch zu, wenn sie Empfängerin von Leistungen nach dem Ausbildungsförderungsgesetz wäre. Daher sind diese Leistungen in den Vergleich der wirtschaftlichen Situation fiktiv mit einzustellen. Sie würde, den Bezug von Ausbildungsförderungsleistungen unterstellt, damit über monatliche Einkünfte in Höhe von 622,00 Euro (468,00 Euro Ausbildungsförderung zuzüglich 154,00 Euro Kindergeld) verfügen. Da die Klägerin lediglich monatliche Einkünfte in Höhe von 553,00 Euro hat, ist sie vergleichbar bedürftig wie ein Bezieher von Ausbildungsförderungsleistungen. Darauf, dass der Bildungskredit vollständig als Darlehen gewährt wird und die Klägerin die Kreditsumme ab Oktober 2007 zurückzuzahlen hat, kommt es damit entscheidungserheblich nicht mehr an.
Wäre die Klägerin in dieser Situation anders als Empfänger von Ausbildungsförderungsleistungen rundfunkgebührenpflichtig, würde der öffentlich-rechtliche Förderungszweck des Bildungskredits gefährdet. Denn möglicherweise müsste sie ihre Ausbildung abbrechen, weil sie ihren Lebensunterhalt nicht mehr bestreiten könnte. Zwar geht es nur um eine monatliche Mehrbelastung in Höhe von 17,03 Euro. Jedoch muss dieser absolut gesehen geringe Betrag ins Verhältnis zu den monatlichen Einkünften und Belastungen der Klägerin gesetzt werden. Gemessen hieran - die Klägerin hat eine monatliche Miete von 264,00 Euro zu zahlen und sich zu ernähren - betragen die Rundfunkgebühren immerhin ca. 10 % ihres frei verfügbaren Einkommens. Es wäre ein nicht hinnehmbarer gesetzlicher Wertungswiderspruch, wenn die rundfunkgebührenrechtlichen Befreiungsvorschriften so angewendet würden, dass eine im öffentlichen Interesse liegende und aus öffentlichen Geldern (mit-) finanzierte Ausbildung abgebrochen werden müsste. Mithin ist die Anwendung der besonderen Härtefallregel des § 6 Abs. 3 RGebStV geboten.
Gegen diese Argumentation lassen sich Gesichtpunkte der Verwaltungspraktikabilität nicht vorbringen. Denn wie in den Fällen des § 6 Abs. 1 RGebStV ist das Einkommen der Klägerin durch Bescheide belegbar. Eine komplizierte Einkommensermittlung, von der der Gesetzgeber die Rundfunkanstalten freistellen wollte, ist damit entbehrlich. Es bedarf lediglich eines Blickes in die Bescheide einerseits und in die gesetzlichen Bestimmungen des Ausbildungsförderungsgesetzes andererseits, um einen Vergleich der wirtschaftlichen Verhältnisse anzustellen.
Zwar eröffnet § 6 Abs. 3 RGebStV dem Beklagten ein Ermessen für die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht. Dieses ist hier jedoch auf Null reduziert. Jede andere Entscheidung als eine Befreiung wäre ermessensfehlerhaft.
Folglich kann das Gericht die begehrte Befreiung der Klägerin von der Rundfunkgebührenpflicht aussprechen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf §§ 167 VwGO i.V.m. 708 Nr. 11, 711 ZPO.