Verwaltungsgericht Göttingen
Beschl. v. 19.04.2007, Az.: 4 B 47/07

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
19.04.2007
Aktenzeichen
4 B 47/07
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2007, 62070
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGGOETT:2007:0419.4B47.07.0A

Amtlicher Leitsatz

Die freie Wahl von Lehrveranstaltungen gem. § 4 Abs. 4 HRG kann nach summarischer Prüfung in kapazitätsbeschränkten Studiengängen durch die Studienordnung auf die in dem betreffenden Studiengang eingeschriebenen Studierenden beschränkt werden.

Tenor:

  1. Die Antragstellerin bleibt mit ihrem Antrag,

    die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Antragstellerin vorläufig, bis zur Entscheidung des Hauptsacheverfahrens, an den Kursen "Praktikum der Medizinischen Terminologie" im Sommersemester 2007 in der Zeit von der 2. Semesterwoche bis zum Ende des Praktikums, "Mikroskopische Anatomie (Teil 1)" im Sommersemester 2007 in der Zeit vom 29.5.2007 bis zum Ende des Kurses sowie "Biologisches Praktikum für Studierende der Medizin" im Sommersemester 2007 in der Zeit vom 18.4.2007 bis zum Ende des Praktikums teilnehmen zu lassen,

    ohne Erfolg.

Tatbestand:

1

Gründe

2

Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands treffen, wenn diese Regelung nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden. Die besondere Dringlichkeit (Anordnungsgrund) einer solchen Entscheidung sowie einen entsprechenden Regelungsanspruch (Anordnungsanspruch) hat die Antragstellerin glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO).

3

Die Antragstellerin hat bereits einen Anordnungsgrund nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Sie hat nicht dargelegt, aus welchen Gründen sie darauf angewiesen ist, die im Antrag genannten Lehrveranstaltungen im laufenden Sommersemester an der Antragsgegnerin zu belegen. Für den Studiengang "Physik Bachelor", in dem die Antragstellerin eingeschrieben ist, ist der Besuch dieser Lehrveranstaltungen nicht erforderlich. In dem Studiengang Medizin ist die Antragstellerin nicht eingeschrieben. Die Antragstellerin hat nicht einmal dargelegt und nachgewiesen, dass sie sich für den Studiengang Medizin beworben hätte, mit der Folge, dass ihr im Falle einer Zulassung der Zugang zu den genannten Lehrveranstaltungen ohne Inanspruchnahme des Gerichts möglich gewesen wäre. Sie hat lediglich ausgeführt, dass ihr "Ziel" das Medizinstudium sei. Angesichts der offenbar noch nicht hinreichend konkretisierten Studienziele der Antragstellerin ist es ihr zuzumuten, eine Klärung im Hauptsacheverfahren abzuwarten, zumal die betreffenden Lehrveranstaltungen regelmäßig angeboten werden.

4

Nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein möglichen summarischen Prüfung fehlt es auch an einem Anordnungsanspruch. Gemäß § 4 Abs. 4 S. 1 des Hochschulrahmengesetzes (HRG) umfasst die Freiheit des Studiums, unbeschadet der Studien- und Prüfungsordnungen, zwar insbesondere die freie Wahl von Lehrveranstaltungen, im vorliegenden Fall begrenzt jedoch die Studienordnung für den Studiengang Humanmedizin an der Antragsgegnerin (Amtl. Mitteilungen vom 25.3.2004 S. 73) den Zugang zu den genannten Lehrveranstaltungen. Eine dem § 82 des Gesetzes über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen entsprechende Vorschrift existiert im Nds. Hochschulgesetz (NHG) nicht.

5

Gemäß § 4 Abs. 1 der Anlage 1 zu der vom Fakultätsrat der Medizinischen Fakultät als gemäß § 44 Abs. 1 S. 2 NHG zuständigem Organ beschlossenen Studienordnung sind für eine scheinpflichtige Lehrveranstaltung zuzulassen:

6

- alle Regelstudierenden für diese scheinpflichtige Lehrveranstaltung gemäß § 6 der Studienordnung sowie

7

- alle Studierenden, die in einem höheren Semester als dem Regelstudiensemester eingeschrieben sind, in das die Absolvierung der scheinpflichtigen Lehrveranstaltung fällt, und die nicht schon einmal für diese scheinpflichtige Lehrveranstaltung zugelassen wurden.

8

Die von der Antragstellerin genannten Lehrveranstaltungen gehören zu den scheinpflichtigen (§ 2 Abs. 3 der Anlage 1 zur Studienordnung). Regelstudierende sind gemäß § 6 Abs. 4 der Studienordnung diejenigen Studierenden, die sich im jeweiligen Regelstudiensemester nach dem Regelstudienplan befinden.

9

Die Kammer erhebt nach summarischer Prüfung keine rechtlichen Bedenken gegen die Beschränkung der Zulassung auf eingeschriebene Studierende der Medizin (bzw. anderer Studiengänge, in denen der Regelstudienplan die betreffende Lehrveranstaltung vorsieht). Bei dem Studiengang Medizin handelt es sich um einen kapazitätsbeschränkten Studiengang. Die Kapazitäten, die für die einzelnen Lehrveranstaltungen bestehen, fließen in die Berechnung der Aufnahmekapazität für den gesamten Studiengang ein. Die Kapazitätsberechnung für den gesamten Studiengang würde ad absurdum geführt, wenn hiervon abweichende Berechnungen für einzelne Lehrveranstaltungen zugelassen würden. Angesichts der begrenzten Kapazitäten ist es sachgerecht, die Zulassung zu den Lehrveranstaltungen auf Studierende zu beschränken, deren Studienplan diese Veranstaltungen als Pflicht- oder Wahlfach vorsieht. Der Kammer ist überdies aus den Numerus-clausus-Verfahren der vorangegangenen Semester bekannt, dass die Antragsgegnerin die Kapazität jeweils ausgeschöpft hat, so dass in den einzelnen Lehrveranstaltungen keine freien Plätze zu erwarten sind, die nicht von Studierenden i.S.d. § 4 Abs. 1 der Anlage 1 zur Studienordnung belegt werden. Die Kapazitätsberechnung der Antragsgegnerin hat die Antragstellerin nicht angegriffen.

10

Da die Antragstellerin unterliegt, hat sie gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG (Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit - DVBl. 2004, 1525 -, Ziffer 18.2 und 1.5 Satz 2).