Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 25.09.2008, Az.: L 12/8 AL 17/06
Minderung von zu gewährendem Arbeitslosengeld für die Dauer von 30 Tagen wegen verspäteter Meldung als arbeitsuchend
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 25.09.2008
- Aktenzeichen
- L 12/8 AL 17/06
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2008, 33553
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2008:0925.L12.8AL17.06.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Oldenburg - 15.12.2006 - AZ: S 41 AL 768/04
Rechtsgrundlagen
- § 37b S. 1, 2 SGB III a.F.
- § 140 S. 1 SGB III
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 15. Dezember 2005 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten auch des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob die Beklagte berechtigt war, das dem Kläger für die Zeit ab dem 1. November 2004 zu gewährende Arbeitslosengeld (Alg) für die Dauer von 30 Tagen um jeweils 35 EUR zu mindern.
Der 1972 geborene Kläger stand in der Vergangenheit bereits mehrfach in Beschäftigungsverhältnissen als Bauhelfer bei der Tischlerei und Zimmerei Gebrüder I. GmbH. Zwischenzeitlich war er mehrfach arbeitslos gewesen. Nach einer Beschäftigung vom 17. Mai 2002 bis zum 14. März 2004 hatte der Kläger sich aufgrund der Kündigung vom 1. März 2004 erst am 12. März 2004 arbeitslos gemeldet und Alg wegen der verspäteten Meldung nur unter Abzug von je 35 EUR für zehn Tage erhalten (Bescheid vom 29. März 2004). In dem Antrag vom 18. März 2004, der zur Alg-Bewilligung für die Zeit vom 15. März bis zum 6. Mai 2004 geführt hatte, hatte der Kläger bestätigt, das Merkblatt für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Das Merkblatt (Stand 04/2003) enthielt u.a. Hinweise auf die Pflicht, sich vor Ende eines Beschäftigungsverhältnisses unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts persönlich bei der Arbeitsverwaltung arbeitsuchend zu melden. Für den Sonderfall befristeter Beschäftigungsverhältnisse sollte die Meldung danach spätestens drei Monate vor deren Beendigung erfolgen.
In der Zeit vom 23. August bis zum 31. Oktober 2004 war der Kläger erneut Bauhelfer bei der I. GmbH. In dem am 8. September 2004 unterschriebenen Arbeitsvertrag hieß es u.a., das Arbeitsverhältnis sei befristet. Es habe am 23. August 2004 begonnen und ende vorbehaltlich nachfolgender Kündigungsbestimmungen am 31. Oktober 2004, ohne dass es einer Kündigung bedürfe. Weiter heißt es in dem Vertrag, für den Fall, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Erreichung des Zweckes beendet werde, ende das Arbeitsverhältnis frühestens zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Zweckerreichung (§ 1 Abs. 3 Satz 2 des Vertrages). Die Parteien des Arbeitsvertrages gingen angesichts eines bevorstehenden Auftrages davon aus, dass der Kläger tatsächlich auch über den 31. Oktober 2004 hinaus beschäftigt werden könne. Als sich am 15. Oktober 2004, einem Freitag, herausstellte, dass der Folgeauftrag tatsächlich nicht zustande kommen würde, erhielt der Kläger die - schriftlich unter dem 8. Oktober 2004 formulierte - Kündigungserklärung der I. GmbH und bestätigte ihren Erhalt. Am darauf folgenden Montag, dem 18. Oktober 2004, meldete sich der Kläger bei der Beklagten mit Wirkung ab dem 1. November 2004 arbeitslos und beantragte Alg. In der am 4. November 2004 bei der Beklagten eingegangenen Arbeitsbescheinigung des Arbeitgebers vom 29. Oktober 2004 heißt es, das Arbeitsverhältnis des Klägers sei am 8. Oktober 2004 zum 31. Oktober 2004 gekündigt worden. Abgesehen davon sei es auch bereits bei dem am 25. August 2004 erfolgten Abschluss bis zum 31. Oktober 2004 befristet gewesen. Auf dem "Zusatzblatt für den Antrag auf Alg/Arbeitslosenhilfe (Alhi)" der Beklagten bestätigte der Kläger unter dem 3. November 2004, das Kündigungsschreiben des Arbeitgebers vom 8. Oktober 2004 am 15. Oktober 2004 erhalten zu haben.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger das Alg durch ihren Bescheid vom 11. November 2004, minderte darin jedoch den Anspruch für 30 Tage um jeweils 35 EUR, insgesamt also um 1.050 EUR (angesichts der geringen Höhe des Alg kam es zu einem täglichen Anrechnungsbetrag von 17,82 EUR über 59 Tage). Der Kläger sei nämlich seiner gesetzlichen Verpflichtung zur unverzüglichen Meldung als Arbeitsuchender nicht rechtzeitig nachgekommen. Er habe sich spätestens am 26. August 2004, also bereits am ersten Tag der Dienstbereitschaft, arbeitsuchend melden müssen.
Der Kläger widersprach der Minderung des Alg und führte aus, bei der Unterzeichnung des Arbeitsvertrages am 8. September 2004 habe ihm die I. GmbH erklärt, es könne derzeit nicht genau gesagt werden, ob man ihn über das Ende der Befristung hinaus beschäftigen könne. Er selbst sei bis zum 17. (gemeint wohl: 15.) Oktober 2004 davon ausgegangen, dass die Beschäftigung verlängert werde. Unter diesen Umständen könne die am 18. Oktober 2004 erfolgte Meldung nicht als verspätet angesehen werden.
Die Beklagte wies den Widerspruch durch den Widerspruchsbescheid vom 2. Dezember 2004 zurück. Sie bekräftigte ihre Auffassung, die Meldepflicht sei mit Abschluss des Arbeitsvertrages und bei großzügigster Auslegung erst am 1. September 2004 entstanden. Die Pflicht bestehe unabhängig davon, ob bereits ein Anschlussarbeitsverhältnis abgeschlossen war oder in Aussicht stand. Im Falle des Klägers sei die Meldung um 53 Tage zu spät erfolgt. Angesichts eines Bemessungsentgelts von zwischen 400 EUR und 700 EUR, im Falle des Klägers nämlich 491,11 EUR, sei die Minderung auf pro Tag 35 EUR anzusetzen und insgesamt auf denjenigen Betrag begrenzt, der sich bei einer Verspätung von 30 Tagen errechne. Diesen Vorgaben zufolge sei hier von einem Minderungsbetrag in Höhe von 1.050 EUR auszugehen, der zu einem täglichen Anrechnungsbetrag von 17,82 EUR für 59 Tage führe.
Dagegen hat der Kläger am 22. Dezember 2004 Klage zum Sozialgericht (SG) Oldenburg erhoben. Er hat weiter als maßgebend angesehen, dass ein Anschlussarbeitsverhältnis in Aussicht stand und dass § 37b Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) in der seinerzeit geltenden Fassung ihm keine weitergehenden Pflichten auferlegt habe.
Die Beklagte hat ihrerseits auf die Belehrung bereits vor der Bewilligung für die Zeit vom 15. März bis zum 6. Mai 2004 abgestellt und hinzugefügt, gemäß dem Wortlaut des § 37b SGB III a.F. komme es auf die Kenntnis oder das Kennenmüssen des Versicherten von der Meldepflicht nicht an. Vielmehr werde die Kenntnis von der Verpflichtung, sich rechtzeitig arbeitslos zu melden, dem Bürger typisierend zugerechnet. Der Gesetzgeber habe mit der zum 1. Juli 2003 eingeführten verschärften Meldepflicht dazu beitragen wollen, gekündigte Arbeitnehmer möglichst nahtlos in eine neue Beschäftigung zu vermitteln. Der Arbeitnehmer könne sich nicht auf die Informationspflicht des Arbeitgebers verlassen. Vielmehr bestünden die Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung der Arbeitnehmer und die Meldepflicht des Arbeitnehmers unabhängig voneinander.
Das SG hat die angefochtenen Bescheide der Beklagten durch sein Urteil vom 15. Dezember 2005 aufgehoben. Es hat die Beklagte verurteilt, dem Kläger Alg für die Zeit ab dem 1. November 2004 ohne Minderung zu gewähren. Das SG hat angenommen, der Arbeitsvertrag zwischen der I. GmbH und dem Kläger sei nicht wirksam befristet worden und müsse deshalb als unbefristet geschlossener Vertrag angesehen werden. Eine Befristung müsse nämlich vor Beginn der Beschäftigung schriftlich vereinbart werden. Das wiederum ergebe sich aus § 14 Abs. 4 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes. Die Vereinbarung vom 8. September 2004 habe eine Befristung nicht nachträglich herbeiführen können. Wenn aber die Dreimonatsregel des § 37b Satz 2 SGB III a.F. nicht anwendbar sei, vielmehr von Satz 1 der Vorschrift ausgegangen werden müsse, sei die Meldung als arbeitsuchend am 18. Oktober 2004 rechtzeitig erfolgt.
Gegen das ihr am 6. Januar 2006 zugestellte Urteil richtet sich die Beklagte mit ihrer am 18. Januar 2006 eingegangenen Berufung. Die Beklagte stützt sich vor allem darauf, den Kläger in ihrem den Leistungszeitraum bis zum 6. Mai 2004 betreffenden Aufhebungsbescheid ausdrücklich auf die Meldeobliegenheit (drei Monate vor Beendigung eines befristeten Arbeitsverhältnisses) hingewiesen zu haben. Was die Befristung des Arbeitsvertrages anbelange, so habe der Kläger subjektiv davon ausgehen müssen, dass die Befristung rechtlich wirksam erfolgt sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 15. Dezember 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Befristung sei unwirksam gewesen. Außerdem sei er so wie auch der Arbeitgeber bis zum 15. Oktober 2004 davon ausgegangen, dass das Arbeitsverhältnis wegen eines erwarteten großen Auftrags über den 31. Oktober 2004 hinaus fortgesetzt werde.
Auf Anforderung des LSG ist die Auskunft der I. GmbH vom 8. März 2006 eingegangen. Danach sei mit dem Kläger ein befristetes Arbeitsverhältnis begründet worden. Dennoch sei auch sie selbst (die Firma) davon ausgegangen, dass sie einen großen Auftrag erhalten werde, der eine Weiterbeschäftigung des Klägers ermöglicht hätte. Nachdem festgestanden habe, dass die Firma den Auftrag nicht erhalten werde, habe sie dem Kläger unter dem 15. Oktober 2005 (gemeint wohl: 2004) mitgeteilt, dass eine Weiterbeschäftigung über den 31. Oktober 2005 (2004) hinaus nicht möglich sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und wegen des weiteren Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichts- und der Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen. Diese Akten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung, Beratung und Entscheidungsfindung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist auch im Übrigen zulässig. Sie ist in der Sache nicht begründet. Das SG hat die angefochtenen Bescheide der Beklagten zu Recht aufgehoben, weil diese einer rechtlichen Überprüfung nicht standhalten. Die Voraussetzungen für eine Minderung des Alg des Klägers für die Zeit ab dem 1. November 2004 liegen nicht vor.
Gemäß § 140 Satz 1 SGB III in der hier anzuwendenden zum Zeitpunkt der streitigen Meldepflicht geltenden Fassung (SGB III a.F.) mindert sich das Alg um bestimmte, in § 140 Satz 2 SGB III a.F. genannte Beträge, wenn der Arbeitslose sich entgegen § 37b SGB III a.F. nicht unverzüglich arbeitsuchend gemeldet hat. Gemäß § 37b Satz 1 SGB III a.F. sind Personen, deren Versicherungspflichtverhältnis endet, verpflichtet, sich unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden. Im Falle eines befristeten Arbeitsverhältnisses hatte die Meldung jedoch frühestens drei Monate vor dessen Beendigung zu erfolgen (§ 37b Satz 2 SGB III a.F.). Der Minderung können - trotz des Wortlauts des § 140 Abs. 1 Satz 1 SGB III - auch Alg-Ansprüche unterliegen, die bereits vor dem Meldeversäumnis entstanden waren (so ausdrücklich Bundessozialgericht (BSG) SozR 4-4300 § 37b Nr. 2). Die Minderung besteht in einer Kürzung des Leistungssatzes des Alg, die sich nach der Dauer der Verspätung und nach der Höhe des Bemessungsentgelts richtet, längstens für 30 Tage, wobei die Minderung maximal die Hälfte des Leistungsanspruchs betrifft (§ 140 Sätze 2-4 SGB III a.F.).
Diese mit den sogenannten »Hartz-Reformen« eingeführte Verpflichtung (vgl. bereits Art. 1 Nr. 6 des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt v. 23.12.2002, BGBl. I, 4607), sich frühzeitig arbeitsuchend zu melden, soll die Arbeitsverwaltung und die Arbeitnehmer in die Lage versetzen, bereits die Zeitspanne zwischen der Beendigung/Befristung eines Beschäftigungsverhältnisses und dem Beginn der Arbeitslosigkeit für die Vermittlung in einen neuen Arbeitsplatz zu nutzen. Der Arbeitnehmer, der seine Obliegenheit zur frühzeitigen Meldung als Arbeitsuchender bei der Agentur für Arbeit verletzt, erhöht das Risiko der Arbeitslosenversicherung, verzögert die Einleitung von Eingliederungsbemühungen und nimmt insoweit den Arbeitsagenturen die Möglichkeit, den Eintritt des Schadensfalles (der Arbeitslosigkeit) zu vermeiden bzw. den Umfang zu reduzieren, so dass eine zeitlich befristete Minderung der Leistung gerechtfertig erscheint (BT-Drs. 15/25, S. 31). Zur Bekräftigung dieser Bemühungen wurden zugleich die Arbeitgeber nach § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III angehalten, die Arbeitnehmer über ihre Meldeobliegenheit bei der Agentur für Arbeit zu informieren.
Die Pflicht zur unverzüglichen Arbeitsuchendmeldung beginnt mit der Kenntnisnahme des Beendigungszeitpunkts; der Arbeitnehmer hat sich mithin "ohne schuldhaftes Zögern" im Sinne von § 121 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bei der Arbeitsagentur zur weiteren Vermittlung zu melden (vgl. u.a. BSG SozR 4-4300 § 140 Nr. 1 sowie Urt. v. 18.8.2005 - B 7a/7 AL 80/04 R). Auch bei - wie hier - von vornherein befristeten Arbeitsverhältnissen begegnet die gesetzliche Ausgestaltung der Meldeverpflichtung in der maßgeblichen Fassung des § 37b Satz 2 SGB III a.F. nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung keinen so durchgreifenden Bedenken, dass sie - im Zusammenhang mit § 140 SGB III a.F. - den rechtsstaatlichen Anforderungen an eine Sanktionsandrohung nicht mehr genügen könnte (vgl. u.a. BSG SozR 4-4300 § 37b Nrn. 2, 5; LSG BaWü , Urt. v. 19.4.2007 - L 7 AL 2996/06; LSG NRW , Urt. v. 8.11.2006 - L 12 AL 31/06; LSG Schl.-Holst. , Urt. v. 21.4.2006 - L 3 AL 135/05). Zwar hätte der Normbefehl der Vorschrift hinsichtlich des Zeitpunkts der Meldeverpflichtung ("frühestens") klarer und eindeutiger formuliert werden können. Zum einen war die Vorschrift jedoch nach ihrem Sinn und Zweck bereits vor der zum 31. Dezember 2005 erfolgten Neufassung so auszulegen, dass die Meldung spätestens drei Monate vor Beendigung des befristeten Arbeitsverhältnisses, ansonsten unverzüglich zu erfolgen hat (vgl. BSG, a.a.O.). Zum anderen ist die "unglückliche" Gesetzesformulierung angemessen im Rahmen der (subjektiven) Fahrlässigkeitsprüfung zu beachten, die stets neben der Prüfung einer objektiven Pflichtverletzung des Arbeitslosen vorzunehmen ist (vgl. auch hierzu bereits BSG SozR 4-4300 § 140 Nr. 1 sowie Urt. v. 28.8.2005 - B 7a/7 AL 80/04 R). Danach ist die Unkenntnis über die (frühzeitige) Meldeobliegenheit nicht ohne rechtliche Bedeutung (anders zuvor noch u.a. LSG BaWü , Urt. v. 22.9.2004 - L 5 AL 1986/04). Es ist jedoch zu prüfen, ob der Arbeitslose hinsichtlich dieser Unkenntnis nach den Gesamtumständen des Falles zumindest fahrlässig war. Eine Kenntnis oder zumindest fahrlässige Unkenntnis der Obliegenheit ist grundsätzlich gegeben, wenn der Arbeitnehmer über seine Verpflichtung und die ihn widrigenfalls treffenden Konsequenzen ausreichend und zutreffend belehrt worden ist. Die Rechtsfolgenbelehrung kann durch die Bundesagentur für Arbeit oder aber auch - auf der Grundlage von § 2 Abs. 2 Nr. 3 SGB III a.F.- durch den Arbeitgeber erfolgen. Wegen der weitreichenden Folgen für den Leistungsanspruch des Arbeitslosen sind an die Belehrung jedoch hohe Anforderungen zu stellen: Sie darf sich insbesondere nicht auf eine formelhafte Wiederholung des Gesetzestextes beschränken. Vielmehr liegt eine wirksame Belehrung nur vor, wenn sie konkret, richtig und vollständig ist und dem Arbeitnehmer in verständlicher Form zutreffend erläutert, welche unmittelbaren und konkreten Auswirkungen aus einem möglichen versicherungswidrigen Verhalten resultieren (vgl. BSG SozR 4-4300 § 140 Nr. 1 m.w.N.). Damit hat sich die Rechtsprechung auch für den Bereich der Sanktionierung eines Meldeversäumnisses der Ausgestaltung der Belehrungspflichten in anderen Bereichen des Arbeitsförderungsrechts angeschlossen (vgl. u.a. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2, 3 SGB III a.F.). Während eine danach vollständige und zutreffende Belehrung die unverschuldete Unkenntnis des Arbeitslosen beseitigt, kann eine unvollständige oder unzureichende Belehrung - wenn nicht aus anderen Gründen Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis anzunehmen ist - dazu führen, dass ihm ein Verschuldensvorwurf nicht gemacht und die Leistung wegen des Meldeversäumnisses nicht gemindert werden kann. Gemessen daran durfte die Beklagte das Alg des Klägers ab dem 1. November 2004 nicht wegen eines Meldeversäumnisses mindern.
Im hier vorliegenden Einzelfall kann das Tatbestandsmerkmal einer nicht unverzüglich erfolgten Arbeitsuchendmeldung weder für den Zeitraum seit der Aufnahme der Beschäftigung am 23. August 2004 noch seit dem schriftlich erfolgten Abschluss des befristeten Vertrages vom 8. September 2004 festgestellt werden:
Für den streitbefangenen Teilzeitraum vom 26. August bis zum 7. September 2004 fehlen schon Anhaltspunkte für den objektiven Tatbestand eines Meldeversäumnisses. Denn das seit dem 23. August 2004 andauernde Arbeitsverhältnis war bis dahin nicht wirksam befristet worden. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang der Vortrag des Klägers in der Klagebegründung vom 21. Dezember 2004, die Befristung bereits am 26. August 2004 unterschrieben zu haben. Aktenkundig geworden ist nämlich allein das mit dem Datum 8. September 2004 unterschriebene Exemplar des befristeten Arbeitsvertrages. Ob zuvor eine Befristungsabrede mündlich getroffen worden ist oder nicht, kann dahinstehen. Denn selbst wenn es der Fall war, konnten sich daraus keine Rechtswirkungen ergeben. Die Vereinbarung war dann nämlich - wie das SG im Einzelnen zutreffend ausgeführt hat - mangels Einhaltung der Schriftform unwirksam. Solange das Beschäftigungsverhältnis aber als unbefristetes andauerte, bestand für den Kläger keine Veranlassung, sich bei der Beklagten als arbeitsuchend zu melden. Bei alledem stellte sich die Frage nach einer subjektiven Vorstellung des Klägers von der Wirksamkeit einer Befristung und nachfolgend von sich daraus ergebenden Meldepflichten nicht.
Das Urteil des SG ist im Ergebnis aber auch bezüglich des Zeitraumes vom 8. September bis zum 17. Oktober 2004 zu bestätigen. Abweichend vom SG ist zwar davon auszugehen, dass im Wege des am 8. September 2004 vom Kläger und der I. GmbH unterschriebenen schriftlichen Arbeitsvertrages das ursprünglich auf offenbar lediglich mündlicher Abrede beruhende Arbeitsverhältnis eine neue Grundlage erhalten hat. Die nachträgliche schriftliche Befristungsvereinbarung ist im Gesetz nicht ausgeschlossen (Kittner/Zwanziger, Arbeitsrecht Handbuch für die Praxis, § 133 Rn. 81 f.), bedarf jedoch eines sachlichen Grundes, der hier in Anbetracht schwankender Auftragslage und Witterungsabhängigkeit nicht zu verneinen ist (vgl. Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, § 39 I 2b und 4: Sachlicher Grund im Saisongewerbe allgemein in der Rechtsprechung anerkannt).
Dem Kläger kann nach seinen subjektiven Kenntnissen und Fähigkeiten (hier maßgeblicher subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff) unter Berücksichtigung aller Umstände kein schuldhaftes Versäumnis einer rechtzeitigen Arbeitsuchendmeldung vorgeworfen werden. Bei der Beurteilung stützt sich der Senat sowohl auf den beruflichen Status des Klägers, der seit Jahren als Bauhelfer tätig war, wie auch auf den persönlichen Eindruck des Klägers in der mündlichen Verhandlung. Im Einzelnen gilt Folgendes: Der Umstand, dass die Einführung der Meldeverpflichtung ab dem 1. Juli 2003 Gegenstand der Berichterstattung in verschiedenen Medien gewesen ist und ggf. im zweiten Halbjahr 2004 bereits bekannter gewesen sein mag, reicht alleine nicht aus, um einen konkreten Verstoß des Klägers gegen Sorgfaltspflichten herzuleiten (vgl. hierzu auch Brand in: Niesel, SGB III, 4. Aufl., § 37b Rn. 11), zumal in der Anfangszeit, zu der auch der hier maßgebliche Zeitpunkt noch gehört, noch erhebliche Auslegungsunsicherheiten im Geltungsbereich des § 37b SGB III a.F. bestanden (vgl. BSG, Breithaupt 2008, 697). Auch aus der Tatsache, dass der Kläger von der Beklagten das "Merkblatt für Arbeitslose" erhalten hat, lässt sich ein Fahrlässigkeitsvorwurf gegen den Kläger nicht begründen. Aus dem Umstand, dass der Kläger mit seiner Unterschrift bekundet hat, von dem Inhalt des Merkblattes Kenntnis erlangt zu haben, folgt zwar grundsätzlich auch die Zurechnung entsprechender tatsächlicher Kenntnis bzw. die Bewertung fehlender Kenntnis als schuldhaft. In der Folge ist in der Regel (auch grobe) Fahrlässigkeit anzunehmen, wenn Pflichten nicht eingehalten werden, auf die in einem Merkblatt, dessen Erhalt und Kenntnisnahme der Arbeitslose bestätigt hat, klar und unmissverständlich hingewiesen worden ist. Diese Voraussetzungen können hier aber nicht bejaht werden. Das ausgehändigte Merkblatt der Beklagten (Stand 04/2003) enthielt zwar den für die geforderte rechtzeitige Meldung bei befristeten Arbeitsverhältnissen einschlägigen Hinweis ("Stehen Sie in einem befristeten Beschäftigungsverhältnis, müssen Sie sich 3 Monate vor dessen Beendigung arbeitsuchend melden. Bitte beachten Sie, dass eine verspätete Meldung in der Regel zu einer Minderung des Arbeitslosengeldes führt", Seite 16, 1.7). Dieser Hinweis ist für sich genommen auch nicht zu beanstanden (vgl. BSG vom 17. Oktober 2007 - B11a/7a AL 72/06 R-, [...]). Dennoch kann im vorliegenden Fall daraus eine Fahrlässigkeit des Klägers nicht abgeleitet werden. Relativiert wird die Wirkung dieses Hinweises hier bereits deshalb, weil er in einem anderen Zusammenhang, der mit der hier maßgeblichen Auswirkung nichts zu tun hatte, und mehrere Monate zuvor erteilt worden war (Antrag auf Bewilligung von Arbeitslosengeld am 18.3.2004), so dass das Augenmerk des Klägers auf diese ihn seinerzeit nicht betreffende Einzelheit des umfangreichen Merkblatts nicht besonders gerichtet gewesen sein musste bzw. dies nachvollziehbar wieder in Vergessenheit geraten sein konnte. Das gilt auch deshalb, weil die zum 1. Juli 2003 eingeführte verschärfte Meldepflicht, die ohne Vorgängervorschrift war, an den Arbeitslosen Anforderungen stellt, die für den Kläger, der sich bereits in früheren Fällen arbeitslos gemeldet hatte und dabei entsprechenden Auflagen und Sanktionen nicht ausgesetzt war, nicht ohne weiteres zu erwarten waren. Während somit im Hinblick auf die Neuartigkeit der Verpflichtung eine zeitnahe und unmissverständliche Belehrung erforderlich gewesen wäre, findet sich im Gegenteil auf S. 21 des Merkblattes unter der Überschrift "3. Weitere Voraussetzungen für den Anspruch auf Leistungen - 3.1. Arbeitslosmeldung und Antragstellung" der allgemeine Hinweis, es sei "wichtig, dass Sie Ihr Arbeitsamt spätestens am ersten Tag der Arbeitslosigkeit zur Arbeitslosmeldung aufsuchen; dies kann auch innerhalb von zwei Monaten vor dem Beginn der Arbeitslosigkeit geschehen". Außerdem entstünden dem Antragsteller "keine Nachteile, wenn Sie sich am ersten Tag Ihrer Arbeitslosigkeit nicht persönlich arbeitslos melden können, weil Ihr Arbeitsamt nicht dienstbereit ist Sie müssen dann die Meldung am nächsten Tag nachholen, an dem Ihr Arbeitsamt wieder geöffnet ist". In der Gesamtschau, zusammen mit dem Hinweis auf S. 16, ergibt sich daraus keine unmissverständliche Belehrung, zumal von einem Arbeitslosen mit dem Erfahrungshintergrund und Bildungsstand des Klägers die hier vorauszusetzende feine Unterscheidung zwischen Arbeitslos- und Arbeitsuchend-Meldung nicht erwartet werden kann. Hinzu tritt der Umstand, dass sich der Hinweis auf S. 16 - wie oben erläutert - bis Ende 2005 so nicht aus der seinerzeit geltenden Gesetzesfassung ergab. Zugunsten des Bürgers muss angenommen werden, dass dieser sich vor dem Merkblatt vorrangig auf den Wortlaut des Gesetzestextes ("frühestens drei Monate vor Beschäftigungsende") berufen kann ( vgl. zur unklaren Gesetzeslage Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 30.11. 2006, Az. L 1 AL 85/06, [...]).
Schließlich ist im Einzelfall des Klägers darüber hinaus von Bedeutung, dass die späte Meldung im Zusammenhang mit der Erwartung erfolgte, bei der I. GmbH weiter beschäftigt und somit von vornherein nicht arbeitslos zu werden. Sowohl der Kläger als auch sein Arbeitgeber sind offenbar von der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ausgegangen, sodass der Arbeitgeber offenbar auch eine Kündigung für erforderlich gehalten hat, obwohl die Befristung bereits automatisch das Ende des Vertragsverhältnisses herbeigeführt hätte. Danach musste der Kläger - bis zum Erhalt der Kündigung am 15. Oktober 2004 - nicht mit der zu verlangenden Sicherheit von dem Eintritt der Arbeitslosigkeit ausgehen, sodass eine nicht unverzügliche Arbeitsuchendmeldung nicht festgestellt werden kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf der Anwendung des § 193 SGG.
Es bestand kein gesetzlicher Grund, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen.