Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 13.07.2006, Az.: 2 A 11/05

Abwägung; Abwägungsmaterial; Bauvorbescheid; Begrenzung; Beschränkung; Flächennutzungsplan; Höhe; Höhenbegrenzung; Immissionsschutz; Immissionsschutzrecht; immissionsschutzrechtlicher Vorbescheid; Landschaftsbild; Landschaftsschutz; Raumordnung; Sonderbaufläche; Standort; Standortplanung; Vorbescheid; Windenergie; Windenergieanlage; Windkraft; Windkraftanlage; Wirtschaftlichkeit

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
13.07.2006
Aktenzeichen
2 A 11/05
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2006, 53308
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tatbestand:

1

Die Klägerin ist ein Unternehmen, deren Gegenstand die Entwicklung, die Herstellung und der Vertrieb von Windenergieanlagen sowie generell von Mess-, Steuer- und Regelungseinrichtungen ist.

2

Am 25. März 2003 stellte sie beim Beklagten einen Antrag auf Erteilung eines Bauvorbescheides gemäß § 9 Bundesimmissionsschutzgesetz zur Prüfung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit (ohne Erschließung) für die Errichtung von 4 Windenergieanlagen vom Typ B. 66/18.70 (WEA) auf dem Gebiet der Beigeladenen. Die WEA 01 soll auf dem Flurstück 18/1 der Flur 3 in der Gemarkung K., die WEA 02 auf dem Flurstück 49 der Flur 3 in der Gemarkung K., die WEA 03 auf dem Flurstück 39/1 der Flur 3 in der Gemarkung K. und die WEA 04 auf den Flurstücken 283/1 und 284/4 der Flur 1 in der Gemarkung L. errichtet werden. Die WEA 01 hat eine Nabenhöhe von 98,79 m sowie einen Rotordurchmesser von 70 m und eine Nennleistung von 1.800 kW. Die WEA 02 bis 04 haben eine Nabenhöhe von 114,09 m sowie einen Rotordurchmesser von ebenfalls 70 m sowie ebenfalls eine Nennleistung von 1.800 kW. Nach Angaben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung wird der zur Beurteilung gestellte Anlagentyp nicht mehr produziert. Das Nachfolgemodell E-70 E 4 hat indes die gleichen Abmessungen und erreicht eine Nennleistung von 2.000 kW. In unmittelbarer Nähe zu den WEA 03 und 04 befinden sich schon drei weitere in den Jahren 2002, 2003 und 2004 nach dem BImschG genehmigte Windenergieanlagen. Diese haben jeweils eine Gesamthöhe von 99,9 m, eine Nennleistung von 1 MW und werden von der Einbecker Wind Planungs GmbH betrieben.

3

Die geplanten Standorte liegen innerhalb der durch 8. Änderung des Flächennutzungsplanes (im Folgenden: F-plan) der Beigeladenen als Sonderbaufläche für Windenergieanlagen ausgewiesenen Fläche nördlich des Ortsteils L. der Beigeladenen.

4

Mit Schreiben vom 7. April 2003 wies der Beklagte die Klägerin auf die Raumbedeutsamkeit ihres Vorhabens unter Hinweis darauf hin, dass in dem fraglichen Bereich bereits drei Standorte für Windenergieanlagen genehmigt worden seien. Zudem beabsichtige die Beigeladene, ihren Flächennutzungsplan zu ändern; am 20. Februar 2003 sei die Auslegungsfrist der Öffentlichkeitsbeteiligung abgelaufen. Daraufhin bat die Klägerin mit Schreiben vom 10. Juni 2003 um Bescheidung. Mit weiterem Schreiben vom 24.06.2003 bat der Beklagte die Klägerin, ergänzende Unterlagen für eine UVP-Vorprüfung entsprechend der Anlage 2 zum UVPG vorzulegen. Die bisher vorgelegten Unterlagen seien nicht ausreichend. Es habe eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles für die Prüfung der UVP-Pflichtigkeit stattzufinden, da sich in dem fraglichen Bereich bereits drei genehmigte Anlagen befänden. Entsprechende Unterlagen wurden nicht eingereicht.

5

Der Verwaltungsausschuss der Beigeladenen hatte am 25. Juni 2002 den Beschluss zur Aufstellung der 8. Änderung ihres F-planes gefasst. Der F-plan weist nördlich der Ortschaften M. und L. der Beigeladenen Sonderbauflächen für Windenergieanlagen aus. Die maximal zulässige Gesamthöhe (laut Erläuterungsbericht Nabenhöhe plus Rotorhalbdurchmesser über gewachsenem Grund) von Windenergieanlagen wird mit 100 m festgesetzt.

6

Der Entwurf lag in der Zeit vom 19. August bis 6. September 2002 zur frühzeitigen Bürgerbeteiligung aus, was am 15. August 2002 ortsüblich bekannt gemacht worden ist. Die Beigeladene hörte die beteiligten Ortsräte, die Träger öffentlicher Belange und betroffene Bürger an. Am 12. Dezember 2002 fasste der Verwaltungsausschuss der Beigeladenen den Entwurfs- und Auslegungsbeschluss. Die Auslegung erfolgte in der Zeit vom 20. Januar bis 20. Februar 2003, worauf am 11. Januar 2003 ortsüblich hingewiesen worden war.

7

Die Klägerin wandte mit Schreiben vom 6. September 2002 und 19. Februar 2003 gegen die Höhenbeschränkung ein, dass dadurch der wirtschaftlich und ökologisch optimale Ertrag aus der Windenergienutzung im Bereich der Beigeladenen in Frage zu stellen sei. Bei dem Leistungsvermögen der heute gängigen Anlagentypen sei eine Gesamthöhenbegrenzung auf 100 m unangemessen. Sie verwies auf eine Beurteilung der windklimatologischen Verhältnisse innerhalb der Vorrangfläche E. -L. der Fa. E. GmbH vom Oktober 2002. Darin wird zur Gewährleistung eines wirtschaftlichen Betriebes der geplanten Windenergieanlagen eine möglichst große Nabenhöhe der Anlagen empfohlen. Der Ertrag würde sich sonst aufgrund der durch die Höheunterschiede des Geländes von mehr als 30 m ergebenden Variationen der Windleistungsdichte erheblich verringern. Für eine detaillierte Ertragsprognose sei die Berücksichtigung der Windparkkonfiguration und die genaue Lage im Gelände sowie die Nabenhöhe der Anlagen von entscheidender Bedeutung. Die ARGE Windpark E. -N., die dort Anlagen mit einer maximalen Höhe von 100 m in Betrieb hat, wandte mit Schreiben vom 20. Februar 2003 ein, die Begrenzung der Gesamthöhe mache eine wirtschaftliche Betriebsweise nahezu unmöglich, da die zu erwartenden Infrastrukturkosten nur aufzufangen seien, wenn entsprechende Winderträge möglich gemacht würden. Den gleichen Einwand erhob die I.N.E (Initiative Neue Energie) GmbH, die eine exemplarische Vergleichsberechnung der Netzanschlusskosten für verschiedene, unterschiedlich hohe Anlagentypen vorlegte. Die kalkulierten Gesamtkosten beruhten auf einer sog. DEWI-Studie. Der von der Klägerin zur Entscheidung gestellte Anlagentyp ist in der Berechnung ebenso wenig wie das Nachfolgemodell enthalten.

8

Am 26. März 2003 fasste der Rat der Beigeladenen nach Prüfung der Bedenken und Anregungen sämtlicher Durchgänge des Verfahrens den Feststellungsbeschluss. Dabei wies er, Bedenken der Bezirksregierung Braunschweig folgend, zwei weitere, hier nicht streitgegenständliche Flächen als Vorranggebiet für Windenergie aus. Die geltend gemachten Zweifel an der Wirtschaftlichkeit von maximal 100 m hohen Anlagen wog die Beigeladene mit dem Argument weg, Anlagen mit einer maximalen Höhe von 100 m könnten nach dem Ergebnis eines 1996 eingeholten Windenergiegutachtens innerhalb der Sonderbauflächen rentabel betrieben werden. Das Gutachten der Fa. T.  Gesellschaft für erneuerbare Energien und nachwachsende Rohstoffe mbH aus Bremen von Juni 1996 ging für die fragliche Fläche von einer Windgeschwindigkeit von 5,1 m/s in 50 Meter Höhe und einer Rauhigkeitsklasse von 2,5 aus. Anlagen der MW Klasse, die seinerzeit noch nicht produziert wurden, zu denen der Typ E66/18.70 aber gehört, könnten unter Ausnutzung bestehender Fördermittel und unter der Voraussetzung, dass die Hersteller die Preise ähnlich reduzierten wie in den vergangenen Jahren im fraglichen Gebiet wirtschaftlich betrieben werden.

9

Der Erläuterungsbericht zur 8. Änderung des F-planes der Beigeladenen führt unter anderem folgendes aus:

10

„Die (Anm. d. Gerichts: bisher) dargestellten Sonderbauflächen für Windenergieanlagen nördlich von L. und nördlich von M. umfassen vergleichsweise sehr große Gebiete (Sonderbauflächen nördlich von L.: 455 ha). Ursprünglich waren diese Sonderbauflächen im Rahmen der Neuaufstellung des F-planes im Jahr 1997 als Suchräume konzipiert, deren Darstellung auf der Ebene der verbindlichen Bauleitplanung konkretisiert werden sollte. Aus diesem Grund sind die Darstellungen des F-planes sehr allgemein gehalten. Während sich die Aufstellung von Bebauungsplänen für die Sonderbauflächen aus unterschiedlichen Gründen nicht wie ursprünglich gedacht angeboten hat, haben sich inzwischen aufgrund veränderter Rahmenbedingungen andere Anforderungen ergeben, um eine Umwelt- und sozial verträgliche Windenergienutzung in E. gewährleisten zu können... Das Ziel, eine geordnete und verträgliche Windenergienutzung in E. zu gewährleisten, soll dabei über die Reduzierung der Größe der dargestellten Sonderbauflächen und über die Festlegung einer maximalen Anlagenhöhe von 100 m erreicht werden. Die Reduzierung der Größe der dargestellten Sonderbauflächen ist vor dem Hintergrund der Weiterentwicklung der Technik vertretbar. Denn durch die heutigen wesentlich leistungsstärkeren Anlagen kann das politische Ziel der Förderung von Windenergieanlagen auch auf kleineren Flächen erreicht werden. Andererseits ist darauf hinzuweisen, dass die Sonderbauflächen auch nach der geplanten Flächenreduzierung immer noch sehr groß sind und dem Ziel der Förderung regenerativer Energien in vollem Umfang zur Verfügung stehen. Der Flächenanteil der Vorrangstandorte für Windenergieanlagen beträgt im Zweckverband Großraum Braunschweig durchschnittlich 0,7 % der Gemeindefläche. Nach der Flächenreduzierung wird der Anteil der Sonderbauflächen an der Gesamtstadtfläche von E. mit 2,2 % noch immer deutlich über den Durchschnittswerten des Zweckverbandes liegen.“

11

Das Landschaftsbild der Gegend nördlich von L. wird wie folgt beschrieben:

12

„Südlich von O. und P. liegt das E. -Q. Becken, welches den größten Teil des Plangebietes einnimmt. Das Relief ist wenig bewegt. Eine Gliederung erfolgt im wesentlichen durch die R. sowie durch die Bäche wie S., T. und U.. Außer der R. westlich von N. und der S. bei K. sind die Bäche überwiegend begradigt. Die naturnahen Fließgewässerabschnitte sind durch Grünland und Gehölzbestände zum Teil reich strukturiert. Kennzeichnend wie bei der V. Hochfläche ist die intensive ackerbauliche Nutzung. Grünland ist in der Regel nur in unmittelbarer Ortsrandlage und in den Niederungen von R. und den Bächen vorzufinden. Wald beschränkt sich auf einen kleinen Nadelforst östlich der W.. An Landes-, Kreis- und Gemeindestraßen stehen über größere Abschnitte Baumreihen (zumeist Obstbäume), die durch Neupflanzungen ergänzt wurden. Feldwege und -raine sind hingegen häufig ohne Gehölzbestand...... Die Sonderbaufläche nördlich L. befindet sich südwestlich der Kernstadt, im Bereich zwischen den Ortschaften N. und K. im Norden sowie L. im Süden. Im südlichen Bereich befindet sich der X., der hier eine maximale Höhe von knapp 170 m ü.NN. erreicht. Nach Norden bzw. Nordosten hin fällt das Gelände auf etwa 120 m ü.NN. ab. Insgesamt sind die Gehölzbestände noch relativ jung, so dass sie nicht raumbildend wirken und die Landschaft einen Eindruck von Weiträumigkeit vermittelt. In der Umgebung markant ist der Höhenzug der Y. (400 m ü.NN.), der sich in etwa 3 Km Entfernung im Süden erstreckt. Im regionalen Raumordnungsprogramm ist dieser bewaldete Höhenzug als Vorsorgegebiet für Natur und Landschaft sowie für die Erholung dargestellt. Bedeutsam sind ferner die ökologisch sehr wertvollen Talniederungen der S. im Westen sowie der R. im Norden. Diese Gewässer haben als Bestandteil des sogenannten FFH-Gebietes „R.“ einen herausragenden Schutzstatus.“

13

Hinsichtlich der Standortfindung verweist der Erläuterungsbericht auf das 1996 eingeholte Windgutachten. Hinsichtlich der Verkleinerung der Vorrangflächen orientiert sich der Plan an den Abstandsempfehlungen des Nds. Innenministeriums vom 11. Juli 1996.

14

Hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung (Höhe) enthält der Erläuterungsbericht folgende Ausführungen:

15

„Innerhalb der bisherigen Sonderbauflächen gab es hinsichtlich der Höhe der Windenergieanlagen als Maß der baulichen Nutzung keine Einschränkung im Sinne des § 16 Abs. 1 der Baunutzungsverordnung. Zum Zeitpunkt der Erstellung des Flächennutzungsplanes hatten die gebräuchlichen Anlagen in der Regel noch eine Gesamthöhe von deutlich unter 100 m. Inzwischen hat sich die Technik der Windenergieanlagen dahingehend entwickelt, dass sehr viel höhere Anlagen bautechnisch realisierbar sind. Anlagen mit einer Leistung von 1 und 1,5 MW erreichen im Binnenland Gesamthöhen von bis zu 150 m. Daraus resultiert, dass sich die visuellen und akustischen negativen Auswirkungen insgesamt entsprechend verstärken. Hinzu kommt, dass aus Gründen der Flugsicherung für Windanlagen über 100 m Höhe grundsätzlich eine Kennzeichnungspflicht besteht. Dabei dienen in der Regel rot gefärbte Rotorblätter als Tageskennzeichnung und rote Blink- oder Blitzfeuer als Nachtkennzeichnung. Um den Eingriff in das Orts- und Landschaftsbild zu begrenzen und die damit verbundenen visuellen Beeinträchtigungen - auch in Bezug auf die Fernwirkung - auf ein verträglicheres Maß zu reduzieren, darf die maximale Gesamthöhe der Windenergieanlagen nicht höher als 100 m über dem gewachsenen Gelände sein. Grundsätzlich gilt, dass das Ausmaß der Beeinträchtigung für das Orts- und Landschaftsbild mit der Zunahme der Anlagenhöhe zunimmt. Anlagen über 100 m Höhe in den beiden betroffenen Gebieten werden - in Abwägung aller zu berücksichtigenden öffentlichen und privaten Belange gemäß § 1 Abs. 6 des Baugesetzbuches - für nicht vertretbar angesehen. Im Fall der relativ offenen Landschaft des sogenannten E. -Q. Beckens, die von landwirtschaftlicher Nutzung mit relativ geringen Landschaftsstrukturen geprägt ist, nimmt z. B. die Fernwirkung mit höheren Anlagen unverhältnismäßig zu. Ein weiterer Grund für die Höhenbeschränkung ist die Tatsache, dass sich beide Sonderbauflächen in einer Umgebung befinden, die für die Erholungsnutzung von Bedeutung sind (vgl. regionales Raumordnungsprogramm). Mit der Höhenbeschränkung soll zudem erreicht werden, dass zusätzliche negative visuelle Auswirkungen durch eine Tag- bzw. Nachtkennzeichnung vermieden werden.“

16

Die 8. Änderung des F-planes der Beigeladenen genehmigte die Bezirksregierung mit Verfügung vom 9. Juli 2003. Im Amtsblatt für den Landkreis D. vom 25. Juli 2003 ist die 8. Änderung des F-planes der Beigeladenen veröffentlicht worden.

17

Bereits am 27. Juni 2003 hat die Klägerin (Untätigkeits-) Klage erhoben.

18

Mit Bescheid vom 1. August 2003 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin vom 25. März 2003 ab. Zur Begründung führte er aus, der Prüfrahmen für einen Standortvorbescheid nach § 9 BImSchG umfasse regelmäßig alle standortrelevanten Genehmigungsvoraussetzungen des § 6 BImSchG, da er Bindungswirkung für das folgende Genehmigungsverfahren entwickele. Deshalb sei das Gesamtvorhaben zumindest überschlägig auf seine Standortverträglichkeit hin zu überprüfen. Diese Überprüfung habe ergeben, dass der Bescheid nicht erteilt werden könne. Es müsse ein Raumordnungsverfahren mit integrierter Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden. Wegen der geplanten Gesamthöhe der Anlagen von über 100 m und der infolgedessen zu erwartenden farblichen Kennzeichnung seien die Anlagen raumbedeutsam und von überörtlicher Bedeutung. Die farbige Markierung der Flügelenden sowie die erforderliche Anbringung eines Blinkfeuers führe zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Landschaftsbildes. Diese Belange seien zu beachten, auch wenn der gültige F-plan der Beigeladenen, der an der beantragten Stelle eine Sonderbaufläche für Windenergieanlagen ausweise, eine Höhenbegrenzung nicht enthalte. Denn gerade die Auswirkung von Windenergieanlagen, die eine Höhe von mehr als 100 m erreichten, hätten bei der Aufstellung des F-planes der Beigeladenen im Jahre 1996 kein Abwägungsmaterial dargestellt (Anm. des Gerichts: Bei Erlass dieses Bescheides war dem Beklagten offenbar der in seinem Amtsblatt am 25. Juli 2003 veröffentlichte F-plan in seiner 8. Änderungsfassung nicht bekannt).

19

Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die damalige Bezirksregierung Braunschweig mit Widerspruchsbescheid vom 29. Oktober 2003 zurück. Zur Begründung führte sie an, ohne vorheriges Raumordnungsverfahren mit integrierter Umweltverträglichkeitsprüfung könnten die Auswirkungen der geplanten Windkraftanlagen nicht hinreichend beurteilt werden. Zudem sehe die durch Veröffentlichung am 25. Juli 2003 wirksam gewordene 8. Änderung des F-planes der Beigeladenen eine Höhenbegrenzung für Windkraftanlagen auf maximal 100 m vor. Hiermit seien die von der Klägerin mit einer Höhe von 133,79 bzw. 149,09 m geplanten Anlagen nicht vereinbar. Schließlich stellten sie mit dieser Höhe eine Beeinträchtigung des ansonsten attraktiven Landschaftsbildes dar. Dieses werde durch die vorgeschriebene Befeuerung noch verstärkt. Weitere derartige Anlagen seien in der näheren Umgebung nicht vorhanden.

20

Die Klägerin begründet ihre Klage wie folgt:

21

Ein Raumordnungsverfahren sei nicht erforderlich. Alle raumbedeutsamen Belange seien sowohl in der 8. Änderungsfassung als auch in der Vorgängerfassung des F-planes der Beigeladenen abgewogen worden. Die F-planung der Beigeladenen stelle die Planung von Konzentrationsstandorten für Windenergieanlagen ausreichend dar. Der F-plan der Beigeladenen in seiner 8. Änderungsfassung vom 25. Juli 2003 sei dem regionalen Raumordnungsprogramm aus dem Jahre 1996 angepasst. Ein solches Raumordnungsverfahren könne daher keinen öffentlichen Belang im Sinne des § 35 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 2 BauGB darstellen.

22

Der aktuelle F-plan der Beigeladenen stehe der Erteilung des begehrten Vorbescheides nicht entgegen. Maßgeblich sei vielmehr die Sach- und Rechtslage bei Antragstellung. Zu diesem Zeitpunkt habe sich der F-plan noch in Aufstellung befunden und könne deshalb keine Bedeutung erlangen. Selbst wenn das anders zu sehen sei, könnten ihr dessen Festsetzungen nicht entgegengehalten werden. Die darin vorgenommene Höhenbegrenzung sei abwägungsfehlerhaft. Dies führe insoweit zu einer Teilnichtigkeit des F-planes. Wegen der in den Jahren 2000 und 2004 vorgenommenen Änderungen des EEG ließen sich Anlagen unter 100 m im fraglichen Bereich selbst für die Klägerin, die diese Anlagen selbst herstelle, nicht wirtschaftlich betreiben. Zu berücksichtigen seien auch erhöhte Netzanschlusskosten, da das vorhandene Netz durch die existierenden drei Anlagen bereits ausgelastet sei. Dem wirtschaftlichen Aspekt hätte die Beigeladene aufgrund der im Rahmen der Bürgerbeteiligung vorgebrachten Einwände nachgehen müssen. Dies habe sie abwägungsfehlerhaft nicht getan, sondern sich auf ein veraltetes Windgutachten aus dem Jahre 1996 berufen. Insoweit beantragt die Klägerin hilfsweise die Einholung eines Sachverständigengutachten. Wegen der Einzelheiten des Antrags wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

23

Eine Beeinträchtigung des Landschaftsbildes sei durch die erforderliche Kennzeichnung von Anlagen über 100 m nicht zu erwarten. Die Umgebung zeichne sich durch ackerbauliche Nutzung aus. Die Kennzeichnung habe keine eigenständige Bedeutung gegenüber der Anlage selbst, da sie erst bei großer Annäherung wahrzunehmen sei. Schließlich seien die akustischen Auswirkungen höherer Anlagen geringer als niedriger Anlagen. Wenn eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen sei, könne diese nur positiv ausgehen. Dies ergebe sich daraus, dass die Fläche von der Beigeladenen grundsätzlich für die Nutzung von Windkraft als geeignet angesehen worden sei. Im Übrigen hätte der Beklagte diese Prüfung längst aufgrund der von ihm in den Verfahren die drei bestehenden Anlagen betreffend gewonnenen Erkenntnissen längst durchführen können.

24

Ihren höchst hilfsweise gestellten Antrag begründet die Klägerin damit, Amtshaftungsansprüche oder verschuldensunabhängige Entschädigungsansprüche für den Fall gegen den Beklagten und/oder die Beigeladene erheben zu wollen, dass ihr der erst im Laufe des gerichtlichen Verfahrens wirksam gewordene F-plan der Beigeladenen entgegengehalten werden könnte.

25

Die Klägerin beantragt,

26

den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 1. August 2003 zu verpflichten, ihr einen Vorbescheid gemäß § 9 BImSchG im Hinblick auf die planungsrechtliche (Standort-) Zulässigkeit der Errichtung von 4 Windenergieanlagen auf den Flurstücken 18/1, 49, 39/1 der Flur 3 der Gemarkung K. sowie den Flurstücken 283/1 und 284/4 der Flur 1 der Gemarkung L. gemäß ihres am 25.März 2003 beim Beklagten eingegangenen Antrages zu erteilen,

27

hilfsweise,

28

ein Sachverständigengutachten zum einen zu der Frage einzuholen, ob ein Betrieb weiterer Windenergieanlagen (über die im Zeitpunkt der Beschlussfassung des Rates der Beigeladenen bereits genehmigten drei Windenergieanlagen hinaus) in der Sonderbaufläche nördlich L. mit einer Höhebegrenzung auf 100 m wirtschaftlich im Falle einer Inbetriebnahme im Jahre 2003 - alternativ 2004 - möglich gewesen wäre und zum anderen dazu, dass jetzt Windenergieanlagen gleich welchen Typs mit einer Höhe bis 100 m den Referenzertrag gemäß § 10 Abs. 4 EEG 2004 in der Sonderbaufläche nicht mehr erreichen können,

29

höchst hilfsweise,

30

festzustellen, dass die Nichterteilung des beantragten Vorbescheides gemäß § 9 BImschG (bis zum 24. Juli 2003) rechtswidrig war.

31

Der Beklagte beantragt,

32

die Klage abzuweisen.

33

Er ist der Ansicht, der begehrte Vorbescheid nach § 9 BImSchG erfasse alle standortrelevanten Genehmigungsvoraussetzungen des § 6 BImSchG und beschränke sich nicht auf die planungsrechtliche Zulässigkeit allein. Wegen der Höhe der beantragten Anlagen und der damit einhergehenden Befeuerung bei Tag und Nacht sei eine nicht hinnehmbare irreversible Beeinträchtigung des Landschaftsbildes gegeben. Dieses werde durch den westlich und südwestlich gelegenen Höhenzüge der Y. und der P. geprägt. Hinsichtlich kennzeichnungspflichtiger Windenergieanlagen sei der Landschaftsraum nicht vorbelastet. Es handele sich um eine Anhöhe im sog. E. -Q. Becken, nicht um eine Tallage. Allerdings lägen die Anlagen tiefer als die Höhenzüge. Würden sie größer als 100 m, würden sie die Kuppen jedoch übersteigen und weithin sichtbar sein. Diese Beeinträchtigung sowie die Auswirkungen auf die Avifauna sowie auf nachtaktive Fledermäuse müssten im Rahmen einer allgemeinen Umweltverträglichkeitsvorprüfung untersucht werden, die über eine standortbezogene Einzelfallprüfung hinausgehen müsse, da bereit drei Anlagen in der Nähe der geplanten Standorte bestünden. Diese Prüfung werde wohl durch die 8. Änderung des F-planes der Beigeladenen ersetzt, der dem Vorhaben schon für sich genommen entgegenstehe, müsse aber auf jeden Fall durchgeführt werden, wenn dieser Plan unwirksam sein sollte. Sie habe dann im Rahmen eines Raumordnungsverfahrens zu erfolgen, da Windenergieanlagen über 100 m Höhe raumbedeutsam seien. So seien auch schon Anlagen der Klägerin im Bereich des Windparks Süllberg in den Jahren 1998/99 Gegenstand eines solchen Verfahrens gewesen.

34

Die Beigeladene, die keinen Antrag stellt, weist darauf hin, dass die 8. Änderung ihres F-planes am 25. Juli 2003 wirksam geworden sei. Die von der Klägerin geplanten Anlagen überschritten die dort festgelegte Anlagenhöhe deutlich. Dieser Plan sei rechtmäßig. Anlagen mit einer größeren Höhe als 100 m beeinträchtigten auch und gerade wegen der damit verbundenen Kennzeichnungspflicht die relativ offene Landschaft des E. - Q. Beckens und der V. Hochfläche erheblich. Auch sei die streitbefangene Gegend, insbesondere die Höhenzüge der Y., des Z. und der AA., im Regionalen Raumordnungsprogramm als Sonderbauflächen für Erholungsnutzung ausgewiesen. Demgegenüber bestehe für sie keine Pflicht, die Nutzung der Windenergie in ihrem Gemeindegebiet optimal zu fördern. Dass auch Anlagen unter 100 m Höhe wirtschaftlich betrieben werden könnten, zeigten die drei bereits vorhandenen Anlagen und der Windpark Süllberg, in dem derartige Anlagen betrieben würden.

35

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten, der Beigeladenen und der Bezirksregierung Braunschweig Bezug genommen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

36

Die Klage ist zulässig.

37

Zwar existiert der Anlagentyp, für den die Klägerin einen immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid begehrt, nicht mehr. Die bodenrechtlichen Auswirkungen des Nachfolgemodells sind jedoch mit dem Vorgängermodell identisch. Folglich bleibt auch der Streitgegenstand identisch, so dass ein neues Vorverfahren nicht erforderlich ist.

38

Die Klägerin ist auch (allein) klagebefugt. Sie ist Adressatin des angefochtenen Bescheides und allein antragsbefugt. Nicht erforderlich ist die Beantragung eines Vorbescheides unter Einbeziehung der Betreiberin der übrigen 3 in dem fraglichen Vorrangsgebiet genehmigten und vorhandenen Windenergieanlagen, der Einbecker Windenergieplanungs GmbH. Diese Anlagen befinden sich nicht auf dem selben Betriebsgelände im Sinne von § 1 Abs. 3 S. 2 der 4. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutz-gesetzes - 4. BImSchV -, denn sie stehen im Eigentum unterschiedlicher Personen (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 25.09.2003 - 1 LC 276/02 -, NuR 2004, 125).

39

Die auf Erteilung eines bauplanungsrechtlichen Vorbescheides, einschließlich der Frage, ob ein Raumordnungsverfahren durchzuführen ist, gerichtete Klage ist jedoch unbegründet.

40

Der Bescheid des Beklagten vom 1. August 2003 und der Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Braunschweig vom 29. Oktober 2003 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Erteilung des begehrten immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO).

41

Die maßgebliche Sach- und Rechtslage beurteilt sich nach der Situation im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (BVerwG, Beschluss vom 22.10.2003 - 4 B 84.03 -, NVwZ 2004, 343; Urteile vom 21.10.2004 - 4 C 3.04 und 2.04 -, NVwZ 2005, 208 und 211 [BVerwG 21.10.2004 - BVerwG 4 C 2.04]). Folglich findet auch die am 25. Juli 2003 wirksam gewordene 8. Änderung des F-planes der Beigeladenen Berücksichtigung.

42

Die Voraussetzungen für die Erteilung des begehrten Vorbescheides nach § 9 Abs. 1Bundesimmissionsschutzgesetz - BImschG - liegen nicht vor.

43

Die Zulässigkeit der von der Klägerin geplanten Anlagen beurteilt sich nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz. Die Anlagen waren zum Zeitpunkt der Antragstellung - und sind es auch noch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung - genehmigungspflichtig nach diesem Gesetz. Dies ergibt sich aus § 4 Abs. 1 BImSchG i.V.m. § 1 Abs. 1 4. BImSchV i.V.m. Nr. 1.6 des Anhangs zur 4. BImSchV. Zum Zeitpunkt der Antragstellung ergab sich dies daraus, dass mehr als 3 Windkraftanlagen errichtet werden sollten, zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung daraus, dass jede der 4 Windenergieanlagen eine Gesamthöhe von mehr als 50 m hat (Fassung der 4. BImSchV ab 1. Juli 2005, BGBI Seite 1687).

44

Gemäß § 9 Abs. 1 BImSchG kann auf Antrag durch Vorbescheid über einzelne Genehmigungsvoraussetzungen sowie über den Standort der Anlage entschieden werden, sofern die Auswirkungen der geplanten Anlage ausreichend beurteilt werden können und ein berechtigtes Interesse an der Erteilung eines Vorbescheides besteht. Entgegen der Ansicht des Beklagten kann sich der Vorbescheid nach § 9 Abs. 1 BImSchG auf bauplanungsrechtliche Vorfragen beschränken, so dass eine umfassende Prüfung der Standortverträglichkeit nicht geboten ist. Auch insoweit besteht nämlich ein Exklusivitätsanspruch des Immissionsschutzrechtes gegenüber dem bauordnungsrechtlichen Instrument des Bauvorbescheides. Dieser ergibt sich aus § 13 BImSchG. Danach schließt die Genehmigung nach dem BImSchG andere die Anlage betreffende behördliche Entscheidungen ein, insbesondere öffentlich-rechtliche Genehmigungen. Zwar erklärt § 9 Abs. 3 BImSchG den § 13 BImSchG nicht ausdrücklich für anwendbar. Gleichwohl entfaltet auch der immissionsschutzrechtliche Vorbescheid Konzentrationswirkungen. Denn nach § 9 Abs. 3 gilt jedenfalls § 6 BImSchG sinngemäß. Danach können auch im Vorbescheidsverfahren andere öffentlich-rechtliche Vorschriften im Sinne des Abs. 1 Nr. 2 dieser Vorschrift den Gegenstand von Feststellungen bilden, die im Genehmigungsverfahren als verbindliche Vorgaben wirken. Das läuft der Sache nach auf eine Vorwegnahme der in § 13 BImSchG normierten Konzentrationsfolgen hinaus (BVerwG, Urteil vom 30.06.2004 - 4 C 9.03 -, BVerwGE 121, 182).

45

Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass der von ihr begehrte Vorbescheid die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der vier projektierten Windkraftanlagen einschließlich der Frage, ob ein Raumordnungsverfahren durchzuführen ist, zum Gegenstand haben soll. Mit diesem Begehren dringt sie nicht durch. Die Errichtung von Windenergieanlagen im Außenbereich, wie sie hier geplant ist, ist gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB privilegiert. Dem Vorhaben der Klägerin steht jedoch der öffentliche Belang des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB entgegen. Das Vorhaben widerspricht der von der Beigeladenen durch die 8. Änderung ihres F-planes vorgenommenen Beschränkung der Höhe derartiger Anlagen auf 100 m.

46

Durch die generelle Verweisung bestimmter Vorhaben in den Außenbereich hat der Gesetzgeber selbst eine planerische Entscheidung zugunsten solcher Vorhaben getroffen und damit auch Fälle negativer Berührung mit öffentlichen Belangen in Kauf genommen. Es genügt also nicht schon eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange, die lediglich nicht privilegierten Anlagen im Außenbereich gemäß § 35 Abs. 2 BauGB entgegengesetzt werden können. Vielmehr muss in jedem Einzelfall eine Abwägung zwischen den jeweils öffentlichen Belangen und dem Vorhaben stattfinden, wobei zu dessen Gunsten die Privilegierung ins Gewicht fällt (vgl. Battis u.a., BauGB, 9. Aufl., § 35 Rn. 45; Urteil der erkennenden Kammer vom 9.3.2006 -2 A 235/04-, veröffentlicht in der Internetentscheidungssammlung des Nds. Oberverwaltungsgerichts). Ein Widerspruch zu den Darstellungen des F-planes ist dabei grundsätzlich nur relevant, wenn der F-plan wirksam ist und eine konkrete standortbezogene Aussage trifft. Der F-plan der Beigeladenen bezogen auf den Standort nördlich L. ist nicht nur rechtmäßig und trifft eine konkret standortbezogene Aussage, der mit ihm vorgenommenen Beschränkung der Anlagenhöhe auf 100 m kommt auch höheres Gewicht zu als dem Interesse der Klägerin an der Errichtung einer höheren Anlage. Zwar ist die Abwägungsentscheidung des Beklagten im Ausgangsbescheid vom 1. August 2003 unvollständig, da er verkannt hat, dass der F-plan der Beigeladenen in seiner 8. Änderungsfassung zum Zeitpunkt seiner Entscheidung bereits wirksam war. Dieser Mangel ist jedoch durch die Inbezugnahme dieses Planes in die Widerspruchsentscheidung der Bezirksregierung Braunschweig vom 29. Oktober 2003 geheilt worden. Eine nochmalige eigenständige Abwägung der bereits im F-planaufstellungsverfahren abgewogenen Belange ist von der Genehmigungsbehörde nicht zu fordern, wenn und soweit sich die tatsächlichen Verhältnisse gegenüber dem F-planaufstellungsverfahren bis zur Entscheidung der Genehmigungsbehörde nicht geändert haben. Dem folgend hat auch das Gericht, für dessen Entscheidung es auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ankommt, nur dann neues Abwägungsmaterial zu berücksichtigen, wenn dieses auf neuem, bisher nicht berücksichtigtem aber zu berücksichtigendem Sachvortrag beruht.

47

Dies vorausgeschickt, ist das Gericht überzeugt davon, dass die 8. Änderung des F-planes der Beigeladenen rechtmäßig ist.

48

Das Gericht hat eine umfassende Inzidentkontrolle dieses Planes nicht vorzunehmen. Denn die streitbefangenen Anlagen sollen innerhalb der durch die Beigeladene ausgewiesenen Sondergebiete für Windenergienutzung errichtet werden. Die Ausweisung des Gebiets nördlich von L. als Sondergebiet ist für die Klägerin ausschließlich günstig und kann sie nicht in ihren Rechten verletzen. Ihrem Vorhaben steht lediglich die Höhenbegrenzung auf 100 m entgegen. Sie allein kann Gegenstand einer Rechtsverletzung der Klägerin sein (vgl. Urteil der erkennenden Kammer vom 9.3.2006 -2 A 235/04-, a.a.O.).

49

Die Begrenzung der Höhe von Windenergieanlagen auf maximal 100 m im 8. F-plan der Beigeladenen ist eine legitime planerische Zielsetzung. Dies gilt nicht nur für den Bebauungsplan, für den sich die Zulässigkeit einer derartigen Festsetzung aus § 16 Abs. 2 Nr. 4 i.V.m. Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ergibt (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 29.01.2004 - 1 KN 321/02 -, NuR 2004, 609; OVG Münster, Beschluss vom 02.04.2003 - 7 B 235/03 -, NuR 2003, 774) , sondern auch für den F-Plan. Dies folgt aus § 5 Abs. 2 Nr. 1 BauGB i.V.m. § 16 Abs. 1 BauNVO, der es ausdrücklich erlaubt, im Flächennutzungsplan die Höhe baulicher Anlagen als allgemeines Maß der baulichen Nutzung darzustellen (vgl. Urteil der erkennenden Kammer vom 9.3.2006, a.a.O.; Fickert/Fieseler, BauNVO, 9. Aufl., § 16 Rn. 14). Als Bezugspunkt wird in Abschnitt 5.1. des Erläuterungsberichts das gewachsene Gelände bezeichnet, was der gewachsenen Geländeoberfläche im Sinne von § 16 Abs. 1 NBauO entspricht und ohne weiteres feststellbar ist. Offensichtliche (§ 214 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 BauGB) Mängel des Abwägungsvorgangs und des Abwägungsergebnisses liegen nicht vor. Die von der Beigeladenen vorgenommene Höhenbegrenzung stellt sich insbesondere nicht als - unzulässige - Verhinderungsplanung dar, die nicht mehr im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich wäre, da sie nicht als geeignet erschiene, die städtebauliche Ordnung herzustellen. Eine solche Verhinderungsplanung liegt erst vor, wenn die planungsrechtlichen Festsetzungen nicht eingehalten werden können, ohne dass damit die Erzielung eines Gewinns unmöglich gemacht wird (OVG Lüneburg, Beschluss vom 29.1.2004 -1 KN 296/02-, Beschluss vom 3.4.2006 -1 LA 260/05, zitiert nach der Internetentscheidungssammlung des Gerichts). Der planenden Gemeinde ist es gestattet, die Rentabilität der Windausbeute im Verhältnis zum Gewicht, welches den konkurrierenden öffentlichen Belangen - insbesondere eines bedeutsamen Landschaftsbildes - zukommt, herabzusetzen, allerdings nicht völlig auszuschließen.

50

In diesem Zusammenhang hat das OVG Lüneburg mit Beschluss vom 22.07.2003 (1 LA 238/02- NuR 2004, 319, 320 f. [OVG Rheinland-Pfalz 19.02.2003 - 9 C 11144/02]; ähnlich, Urteil vom 29.1.2004 -1 KN 321/02-, NuR 2004, 609, 611) zu einer planungsrechtlichen Höhenbegrenzung für Windenergieanlagen auf 100 m ausgeführt:

51

„Ziel der Beigeladenen ist es, im öffentlichen Interesse das weitgehend unbelastete Landschaftsbild in ihrem Gemeindegebiet zu sichern, um damit den Wert der Gemeinde als ländlicher hochwertiger Wohn- und Freizeitstandort zu erhalten (vgl. S. 18 der Begründung). Von besonderer Bedeutung für das Landschaftsbild sind in einem Betrachtungsraum von ca. 2 km um die geplanten Anlagenstandorte die Fehnstruktur am G. -Kanal, Niederungsbereiche der Soeste und einzelne Birkenwaldparzellen (vgl. das der Begründung zu dem Bebauungsplan beigefügte Gutachten zu „Natur und Landschaft“ des Dipl.-Biologen H.). Diese Landschaftselemente sind für das Landschaftsbild wegen ihrer naturraumtypischen Eigenart, Vielfalt und Schönheit bedeutsam.

52

Auch der von der Beigeladenen angeführte öffentliche Belang des Tourismus trägt die Abwägungsentscheidung. Der Beigeladenen wird im Regionalen Raumordnungsprogramm des Beklagten die besondere Schwerpunktaufgabe Erholung zugewiesen. Das gesamte Gemeindegebiet wird in dem genannten Plan als Gebiet mit besonderer Bedeutung für die Erholung dargestellt. Diese Aussagen heben die touristische Bedeutung der Beigeladenen hervor. Es liegt im planerischen Ermessen der Beigeladenen, dass sie zur Herstellung einer Verträglichkeit mit diesem Belang die Höhe der Windenergieanlagen auf 99,90 m begrenzt hat. Angesichts der steigenden Fernwirkung von höheren Anlagen darf die Gemeinde die dadurch hervorgerufenen Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes auch im Interesse des Tourismus durch eine Höhenbegrenzung abmildern.

53

Den von dem Kläger im Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 65 vorgebrachten privaten Belang, mit der Festsetzung der maximal zulässigen Höhe der Anlagen auf 99,90 m sei an den für das Vorhaben festgesetzten Standorten ein wirtschaftlicher Betrieb der Anlagen nicht mehr möglich, hat die Beigeladene gesehen und in die Abwägung eingestellt. Soweit sie das Interesse an einer Gewinnmaximierung zurückgesetzt hat, hält dies einer Überprüfung am Maßstab des § 1 Abs. 6 BauGB stand. Die Gemeinde ist nicht verpflichtet, mit der Festsetzung eines Sondergebietes für die Windenergienutzung dem Betreiber einer Windenergieanlage die einträglichste Nutzung zu ermöglichen (vgl. zum Eigentum: BVerfG, Urt. v. 22.11.1994 - 1 BvR 351/99 - BVerfGE 91, 294 = NJW 1995, 511 [BVerfG 22.11.1994 - 1 BvR 351/91]; BVerwG, Urt. v. 13.3.2003 - 4 C 4.02 -, NVwZ 2003, 738). Eine normative Gewichtungsvorgabe, der zufolge ein Planungsträger der Windenergienutzung im Sinne einer speziellen Förderungspflicht bestmöglich Rechnung zu tragen hat, ist der gesetzlichen Regelung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB, mit Hilfe derer die Gemeinde Konzentrationszonen für die Windenergienutzung im Flächennutzungsplan darstellen kann, nicht zu entnehmen (BVerwG, Urt. v. 17.12.2002 - 4 C 15.01 -, ZfBR 2003, 370). Lediglich eine gezielte (rein negative) „Verhinderungsplanung“ ist dem Plangeber verwehrt. Die Gemeinde wird deshalb bei einer Festsetzung der maximal zulässigen Höhe einer Windenergieanlage prüfen müssen, ob mit dieser Höhenbegrenzung im Ergebnis die Errichtung von Windenergieanlagen verhindert wird, weil sich die Anlagen bei einer Gesamtgröße von unter 100 m wegen des (zu geringen) Windertrages wirtschaftlich nicht lohnen. Diesen Anforderungen wird die Abwägung der Antragsgegnerin gerecht.

54

Sie verweist in der Begründung zu dem Bebauungsplan, S. 17, darauf, dass in den Nachbargemeinden ebenfalls Windenergieanlagen mit einer Höhe von maximal nahezu 100 m errichtet worden seien. Die im näheren Umfeld der Anlagenstandorte betriebenen Anlagen haben mit 500 kW bzw. 600 kW deutlich geringere Nennleistungen als die Anlagen, die der Kläger zu errichten beabsichtigt. Es ist deshalb nicht nachvollziehbar, dass sich 1,5 MW-Anlagen oder größere Anlagen (im Gespräch sollen auch 1,8 MW-Anlagen sein) nicht rechnen sollen (zur Wirtschaftlichkeit von Festsetzungen eines Bebauungsplans vgl. auch BVerwG, Urt. vom 29.9.1978 - 4 C 30.76 -, BRS 33 Nr. 11).

55

Der Hinweis des Klägers auf das Gutachten des vereidigten Buchprüfers, Steuerberaters und Rechtsanwalts I. über betriebswirtschaftliche Auswirkungen verschiedener Nabenhöhen für Windenergieanlagen an Standorten des Bebauungsplanes Nr. 65 und der beiden benachbarten Pläne verhilft dem Zulassungsantrag nicht zum Erfolg. Das Gutachten gelangt zu dem Ergebnis, dass der Betrieb von Windenergieanlagen des Typs B. E-66/18.70 mit einer Nennleistung von 1,8 MW und einer Nabenhöhe von nur 65 m unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten wirtschaftlich nicht möglich sei. Mit dieser Einschätzung wird das Abwägungsergebnis nicht infrage gestellt. Die Beigeladene verweist zu Recht darauf, dass die Wirtschaftlichkeit einer Windenergieanlage von zahlreichen Faktoren abhängt, z.B. Anlagentyp, Einkaufspreis, Finanzierungsmodalitäten, Strompreisen und Jahreswetterlagen. Es bleibt offen, ob und in welchem Umfang diese Komponenten in die vorgelegte betriebswirtschaftliche Berechnung eingeflossen sind. Das von dem Gutachter prognostizierte betriebswirtschaftliche Ergebnis bezieht sich nur auf eine bestimmte Anlage der Firma B.. Fraglich ist, ob die Daten auch für andere Typen der genannten Firma oder für Anlagen anderer Hersteller gelten.

56

Es ist auch nicht nachvollziehbar, ob die der Kalkulation zugrundegelegte Stromproduktion auf realitätsnahen Annahmen beruht. Der Gutachter J. beruft sich auf Windvorprognosen und eine daraus resultierende Stromertragsberechnung des Ingenieurbüros K.. Der Zulassungsantrag legt nicht dar, anhand welcher Ausgangsdaten die Stromertragsberechnung vorgenommen wurde. Die berechneten Erträge stellen eine wesentliche Grundannahme für die Wirtschaftlichkeitsberechnung einer Windenergieanlage dar. Die meteorologischen, topographischen und technischen Eingangsdaten müssen deshalb möglichst genau sein. Insbesondere bei den meteorologischen Daten können erhebliche Messunsicherheiten entstehen, wenn auf eine hochwertige Windmessung in großer Höhe verzichtet wird und stattdessen auf Daten von Langzeitwetterstationen, an denen üblicherweise auf 10 m Höhe in einem stark von Umgebungseinflüssen (Hindernissen, Bewuchs) geprägten Umfeld gemessen wird, zurückgegriffen werden muss (vgl. Strack, DEWI Magazin 2003, S. 52). Dem Zulassungsvorbringen ist nicht zu entnehmen, dass diese Gesichtspunkte bei der vorgelegten betriebswirtschaftlichen Berechnung berücksichtigt worden sind.“

57

Diese Vorgaben, die die Kammer teilt, hält die planerische Festlegung der Beigeladenen ein.

58

Aus dem im Tatbestand dieses Urteils auszugsweise wiedergegebenen Erläuterungsbericht zur 8. F-planänderung ergibt sich, dass die Beigeladene in Bezug auf die Darstellung der maximalen Anlagenhöhe im Plangebiet alle ihr bekannten öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander abgewogen hat (§ 1 Abs. 7 BauGB), wobei sie ihr besonderes Augenmerk auf Belange des Landschafts- und Umweltschutzes (§ 1 Abs. 6 Nr. 5 und 7 a), b), c) und f) BauGB) gerichtet hat. Sie ist dabei zu dem ohne weiteres nachvollziehbaren Ergebnis gelangt, dass Anlagen mit einer Gesamtgröße von deutlich über 100 m, wie sie die Klägerin mit ca. 130 m errichten will, wesentlich dominanter sind als Anlagen bis zu einer Höhe von 100 m, wie sie bislang genehmigt und errichtet wurden. Dies gilt um so mehr, wenn sie die aus Gründen der Flugsicherung vorzunehmenden optisch wirksamen Kennungen aufweisen (vgl. hierzu: OVG Lüneburg, Urteil vom 29.1.2004, a.a.O.; Urteil der erkennenden Kammer vom 9.3.2006, a.a.O.). Ohne Rechtsfehler hat die Beigeladene dabei, wie sich dem Erläuterungsbericht zur 8. Änderung ihres F-plans ergibt, berücksichtigt, dass die Anlagenstandorte in einem, wegen der Offenheit des Landschaftsbildes, das gerichtsbekannt typisch für das AB. ist, weithin wahrnehmbaren Landschaftsbereich liegen. Die Flächen sind ausweislich des Erläuterungsberichts zum 8. F-plan der Beigeladenen durch Ackerbaunutzung geprägt. Es gibt so gut wie keine Landschaftsprägung durch Bäume und Wälder. Anlagen über 100 m Höhe würden daher nachvollziehbar zu einer Beeinträchtigung dieser offenen Landschaftsform führen. Zutreffend ist zudem der Hinweis der Beigeladenen auf das regionale Raumordnungsprogramm des Beklagten vom 13.06.1996 (Amtsblatt des Beklagten Seite 835 ff.). Darin wird in Abschnitten D 3.806 und D 1.507 das Gebiet der Gemeinde L. der Beigeladenen als Standort mit der besonderen Entwicklungsaufgabe Erholung ausgewiesen.

59

Demgegenüber tragen die auf wirtschaftliche Erwägungen gestützten Einwände der Klägerin, die von der Beigeladenen gesehen, aber weggewogen wurden, nicht. Die Beigeladene hatte keinen Anlass, anzunehmen, dass Anlagen unter 100 m Höhe im Sondergebiet nördlich L. wegen der dort herrschenden Windverhältnisse oder aus anderen Gründen wirtschaftlich nicht zu betreiben sind. Dies ergibt sich zum einen schon daraus, dass sowohl der Anlagentyp E 66/18.70 wie auch das Nachfolgemodell E-70E4 mit einer Gesamthöhe von 99,5 bzw. 99,8 m gebaut wurden bzw. werden. Wenn diese Anlagen nicht wirtschaftlich betrieben werden könnten, wäre eine Produktion nicht zu erwarten. Hinzu kommt, dass sowohl auf dem Gebiet des Windparks Süllberg als auch auf dem fraglichen Vorrangstandort bereits 3 Windkraftanlagen mit einer Höhe von weniger als 100 m betrieben werden. Auch dies ist nur zu erwarten, wenn und weil der Betrieb wirtschaftlich vernünftig ist. Dabei ist zu bedenken, dass die durchschnittliche Windgeschwindigkeit nach dem Windgutachten der Firma T. vom Juni 1996 in 50 m Höhe 5,1 m/sek und nach dem von der Klägerin selbst im Anhörungsverfahren vorgelegten Einwendungsschreiben in 70 m Höhe 5,4 m/sek beträgt. Es ist gerichtsbekannt, dass der wirtschaftliche Betrieb der neuesten Windenergieanlagen bei einer durchschnittlichen Windgeschwindigkeit von 4 m/sek gewährleistet ist. Substantiiert hat die Klägerin dem bis heute nichts entgegengehalten. Die von ihr und anderen Einwendern im Rahmen der Bürgeranhörung vorgetragenen Wirtschaftlichkeitsbedenken, auf die sie klageweise Bezug nimmt, sind allgemeiner Natur und lassen den Rückschluss auf die Unwirtschaftlichkeit der konkret im Streit befindlichen Anlagen nicht zu. Eine nachvollziehbare betriebswirtschaftliche Wirtschaftlichkeitsberechnung für die streitgegenständlichen Anlagen hat die Klägerin nicht vorgelegt. Die Anlage zur Einwendung der I.N.E GmbH vom 20. Februar 2003 enthält nur allgemeine Berechnungen, wobei die Berechnungsgrundlagen im Unklaren bleiben und trifft zudem keine Aussage zu den von der Klägerin geplanten Anlagetypen. Eine weitere Aufklärung im Rahmen der von der Beigeladenen vorgenommenen Abwägung hätte jedoch eine, konkret auf die streitgegenständlichen Anlagen bezogene Kosten- Nutzenanalyse erfordert. In diese wären u.a. Anlagentyp, Einkaufspreis, Finanzierungsmodalitäten (vgl. hierzu OVG Lüneburg, Beschluss vom 3.4.2006, a.a.O.), Strompreise, Netzzugangskosten und Jahreswetterlagen einzustellen. All dies fehlt hier. Sind aber die auf Wirtschaftlichkeitserwägungen gestützten Einwendungen derart allgemeiner Natur, ist die planende Gemeinde nicht gehalten, von sich aus weitere Ermittlungen zu dieser Frage anzustellen. Sie kann vielmehr auf ein, auch mehrere Jahre altes, Gutachten zur Wirtschaftlichkeitsfrage zurückgreifen, dessen Aktualität nicht mit substantiierten Angriffen erschüttert wird. Zu Recht hat die Beigeladene daher die wirtschaftlichen Erwägungen der Klägerin zugunsten der Einwirkung auf das Landschaftsbild und die Natur weggewogen.

60

Anders als in Fällen des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB entfaltet - wie bereits ausgeführt - eine Darstellung im Flächennutzungsplan keine Sperrwirkung für Anlagen im Plangebiet. Es handelt sich vielmehr (nur) um einen öffentlichen Belang, der dem konkreten Vorhaben nur entgegensteht, wenn eine Abwägung mit dem Zweck des Vorhaben ergibt, dass dem öffentlichen Belang das größere Gewicht beizumessen ist (vergleiche Söfker in Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, § 35, Rn.-Nr. 60). Dabei kommt diesem Belang allerdings ein um so größeres Gewicht zu, je umfangreicher die Abwägung bereits auf der Planungsebene stattgefunden hat. Hat sich die planende Gemeinde bereits konkret mit dem zur Genehmigung gestellten Vorhaben befasst und seine Bedeutung (ggf. als im Außenbereich privilegiertes Vorhaben) in hinreichender Weise mit den betroffenen öffentlichen Belangen wie Naturschutz, Erholungswert der Landschaft und Erhaltung des Landschaftsbildes abgewogen, hat die Genehmigungsbehörde nur Anlass zu erneuter Abwägung, wenn der Bauherr sich auf Belange, die bisher nicht Gegenstand der Abwägung waren, oder auf eine veränderte Sachlage beruft. In allen anderen Fällen kann sich die Behörde damit begnügen, die Abwägungsentscheidung der Gemeinde nachzuvollziehen. Letzteres ist hier in ausreichender Weise durch den Widerspruchsbescheid der Bezirkregierung Braunschweig vom 29. Oktober 2003 geschehen. Das Gericht stellt fest, dass es dieser Begründung folgt (§ 117 Abs. 5 VwGO). Die Behörde hatte keinen Anlass, sich näher mit einer veränderten Kennzeichnung von Windkraftanlagen zu beschäftigen, denn jegliche Kennzeichnung und Befeuerung löst die Konflikte aus, die die Beigeladene erkannt und abgewogen hat und die - auch für das Gericht nachvollziehbar - der Errichtung über 100 m hoher Windkraftanlagen nördlich L. entgegenstehen. Was den Aspekt der Wirtschaftlichkeit angeht, gilt dasselbe. Die Klägerin hat sich selbst auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung nicht konkret zur Leistungsfähigkeit größerer und kleinerer marktgängiger Windkraftanlagen geäußert.

61

Auch das Gericht hat insoweit eigene Ermittlungen nicht anzustellen, insbesondere hat es nicht dem von der Klägerin gestellten ersten Hilfsantrag nachzugehen. Denn bis zur mündlichen Verhandlung hat sie keine neuen Tatsachen zur Möglichkeit, auf dem fraglichen Standort Windenergieanlagen mit einer Höhe unter 100 m wirtschaftlich zu betreiben, vorgetragen. Sie hat lediglich die im Bürgerbeteiligungsverfahren der F-planänderung vorgetragenen Bedenken in Bezug genommen. Diese geben auch dem Gericht keine Veranlassung, Beweis im Sinne des klägerischen Antrags zu erheben. Eine solche Beweisaufnahme geschähe ins Blaue hinein und ist deshalb abzulehnen.

62

Da die Klage schon aus diesem Grund keinen Erfolg hat, kommt es auf die Frage, ob ein Raumordnungsverfahren und eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist nicht mehr an. Im Rahmen des F-planes sind sowohl die Raumbedeutsamkeit wie auch die Umweltverträglichkeit von Windenergieanlagen im Gemeindegebiet der Beigeladenen geprüft und abgewogen worden. Dies macht gemäß § 15 Abs. 2 ROG (entsprechend § 13 Abs. 2 NROG) und § 17 Abs. 1 Satz 2 UVPG sowohl ein Raumordnungsverfahren wie auch eine eigenständige Umweltverträglichkeitsprüfung entbehrlich.

63

Auch mit dem höchst hilfsweise gestellten Antrag ist die Klage erfolglos.

64

Soweit die Klägerin die Feststellung, dass die Nichterteilung des beantragten Vorbescheides gemäß § 9 BImschG (bis zum 24. Juli 2003, dem Tag vor Inkrafttreten der 8. F-planänderung der Beigeladenen) rechtswidrig war, mit dem Ziel begehrt, gegenüber der Beigeladenen Amtshaftungs- oder Entschädigungsansprüche geltend zu machen, fehlt ihr für diesen Antrag das erforderliche besondere Feststellungsinteresse (§ 43 Abs. 1 VwgO).

65

Zutreffend nimmt die Klägerin auf die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.10.2004 (NVwZ 2005, 208 [BVerwG 21.10.2004 - BVerwG 4 C 3.04] und 211 [BVerwG 21.10.2004 - BVerwG 4 C 2.04]) Bezug, das erwogen hat, das erforderliche Feststellungsinteresse könnte sich einerseits aus der Vorbereitung einer Amtshaftungsklage nach § 839 BGB und andererseits aus einer Anspruchsstellung nach § 42 BauGB ergeben. Hiervon ist das Gericht jedoch mit Urteil vom 27.1.2005 (BVerwGE 122, 364, insoweit in der amtlichen Entscheidungssammlung nicht abgedruckt) abgerückt. Diese Begründung überzeugt die Kammer.

66

Insoweit würden sich sowohl der Amtshaftungsanspruch als auch der Entschädigungsanspruch bei Änderung oder Aufhebung einer zulässigen Nutzung im Sinne von § 42 BauGB gegen die Beigeladene, nicht aber gegen den Beklagten richten. Zwar kann zum Gegen-stand einer Feststellungsklage grundsätzlich auch ein Rechtsverhältnis gemacht werden, das nicht zwischen den Parteien, sondern zwischen dem Kläger und einem Dritten besteht. Voraussetzung hierfür aber ist, dass der Kläger gerade gegenüber dem Beklagten ein Interesse daran hat, insoweit eine Klärung herbeizuführen. Das ist nur dann der Fall, wenn das Drittrechtsverhältnis auch für die Rechtsbeziehungen der Parteien untereinander von Bedeutung ist. Hierfür bestehen Anhaltspunkte nicht.

67

Unabhängig davon, ist die Klage mit dem Hilfsantrag auch unbegründet. Denn die Nichterteilung des beantragten Vorbescheides gemäß § 9 BImschG war bis zum 23. Juli 2003 nicht rechtswidrig. Die 8. Änderung des F-planes der Beigeladenen weggedacht, hat es bis zum 23. Juli 2003 an der für den Erfolg des Hilfsantrags erforderlichen Entscheidungsreife gefehlt.

68

Solange dieser F-plan noch nicht in Kraft war, waren ein Raumordnungsverfahren und - ggf. integriert - eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen. Das Gericht geht mit der Klägerin dabei davon aus, dass von ihrem Antrag auf Erteilung eines bauplanungsrechtlichen Vorbescheides im Sinne von § 9 BImschG auch die Beurteilung der Raumverträglichkeit mit umfasst ist. Dies folgt aus § 35 Abs. 3 Satz 2 BauGB, nach dem raumbedeutsame Vorhaben den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen dürfen.

69

Das Erfordernis eines Raumordnungsverfahrens ergibt sich für die Zeit bis zum 24. Juli 2003 aus § 15 Abs. 1 ROG i.V.m. § 1 Satz 3 Nr. 1 ROV. Danach ist ein solches Verfahren durchzuführen bei der Errichtung einer Anlage im Außenbereich im Sinne von § 35 BauGB, die der Genehmigung in einem Verfahren unter Einbeziehung der Öffentlichkeit nach § 4 BImschG bedarf und die in den Nummern 1 bis 10 der Anlage 1 zum UVPG aufgeführt ist. Die klägerischen Anlagen unterfallen §§ 4, 10 BImschG i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 c) der 4. BImschV i.V.m. Nr. 1.6 Spalte 2 des Anhangs hierzu i.V.m. § 3 c Satz 1 UVPG i.V.m. Nr. 1.6.2 Spalte 2 der Anlage 2 zu dieser Vorschrift. Danach ist für sechs bis weniger als 20 Windkraftanlagen eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vorzunehmen. Da insoweit die bereits vorhandenen drei Anlagen mit einzubeziehen sind, sind die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt. Selbst wenn nur auf die klägerischen vier Anlagen abzustellen wäre, ergäbe sich nichts anderes. Dann wäre nach Nr. 1.6.3 Spalte 2 der Anlage 2 zur § 3 c Satz 1 UVPG eine standortbezogene Einzelfallprüfung durchzuführen. Auf die Fassung des § 2 Abs. 1 Nr. 1 c) der 4. BImschV vom 20. Juni 2005 kommt es nicht an, da für die begehrte Feststellung auf einen vorhergehenden Zeitpunkt abzustellen ist. Da die Klägerin das Erfordernis eines Raumordnungsverfahren verneint hatte und aus Sicht des Beklagten erforderliche Unterlagen nicht vorgelegt hatte, war der Beklagte bis zum 24. Juli 2003 nicht verpflichtet, den Antrag der Klägerin vom 25. März 2003 zu bescheiden.

70

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladene keinen Antrag gestellt hat, entspricht es nicht der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Kosten der - unterlegenen - Klägerin aufzuerlegen.

71

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.