Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 22.03.2007, Az.: 14 U 88/06
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 22.03.2007
- Aktenzeichen
- 14 U 88/06
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2007, 59878
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:2007:0322.14U88.06.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Aurich - 02.10.2006 - AZ: 2 O 695/05
- nachfolgend
- BGH - 16.10.2007 - AZ: VIII ZR 150/07
In dem Rechtsstreit
...
hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... und die Richter am Oberlandesgericht ... und ... auf die mündliche Verhandlung vom 15.03.2007 für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen das im Urkundenprozess am 02.10.2006 verkündete Urteil des Landgerichts Aurich abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 34 679,78 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.04.2005 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages, die auch durch eine unwiderrufliche und selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank erbracht werden kann, abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Beklagten bleibt die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren vorbehalten, wobei der Rechtsstreit zum Zweck der Durchführung des Nachverfahrens an das Landgericht Aurich zurückverwiesen wird.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Entscheidungsgründe
I.
Der Kläger war als selbstständiger Wirtschafts- und Finanzberater für die Beklagte, die früher als Gesellschaft für Handel und Finanz mbH (GHF) firmiert hatte, beim Vertrieb von Fonds-Anteilen tätig. Nach vorausgegangener langjähriger Zusammenarbeit wurde eine Treueprämienvereinbarung am 15.4./20.06.1996 abgeschlossen, aus welcher der Kläger jetzt im Urkundenprozess seine Ansprüche auf Auszahlung von Treueprämien für die Jahre 2002 bis 2004 ableitet. Mit der Klage wurden erstinstanzlich € 58 581,79 geltend gemacht (restliche Zahlung für 2002 noch € 5 642,11; für 2003 komplett € 26 469,84 und für 2004 komplett € 26 469,84). Nachdem sich während des Prozesses herausgestellt hatte, dass für das Jahr 2003 bereits € 23 902,01 gezahlt worden waren und der Beklagtenvertreter diesbezüglich einer entsprechenden teilweisen Klagrücknahme nicht zugestimmt hatte, hat das Landgericht im angefochtenen Urteil die Klage in Höhe von € 23 902,01 abgewiesen. Die gegenüber der ursprünglichen Klagforderung infolge der für das Jahr 2003 erfolgten Zahlung reduzierte Restforderung von € 34 679,78 ist weiterhin unverändert Gegenstand des Berufungsrechtsstreits, nachdem das Landgericht im angefochtenen Urteil die Klage "im Übrigen als im Urkundenprozess unstatthaft abgewiesen" hat. Ergänzend wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Nachdem der Klägervertreter zunächst geltend gemacht hatte, beim angefochtenen Urteil handele es sich mangels Verkündung nur um ein Scheinurteil, hat er diesen Einwand nach Akteneinsichtnahme ausdrücklich fallen gelassen. Bezüglich des zunächst gestellten Vollstreckungsschutzantrages hat er sodann um Zurückstellung der Entscheidung gebeten, ohne diesen Antrag wieder aufzugreifen, so dass der Senat deshalb hierüber nicht befunden hat. Der Kläger begehrt nunmehr noch in erster Linie Aufhebung und Zurückverweisung des Verfahrens an das Landgericht Aurich und hilfsweise Abänderung des Urteils durch Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von € 34 679,78 nebst Zinsen an den Kläger.
Mit der Berufung macht er geltend, das Urteil enthalte Ungenauigkeiten (Nennung am Rechtsstreit nicht beteiligter Parteien im Rubrum; Streitwertfestsetzung im Tenor) sowie schwerwiegende Sachverhaltsfehler, die nahe legten, dass gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs verstoßen worden sei und das Verfahren somit an einem schwerwiegenden Mangel leide. Grundsätzlich sei zwar anzunehmen, dass das Gericht den Akteninhalt und den Sachvortrag der Parteien nebst Beweismitteln vollständig zur Kenntnis genommen habe, selbst wenn nicht alle Einzelheiten wiedergegeben oder für die Entscheidung verwendet worden seien. Vorliegend seien aber die Abweichungen vom Parteivortrag "geradezu elementar", denn die schriftsätzlich vorgetragene und urschriftlich vorgelegte Abtretungsvereinbarung vom 18.04.2006 finde im Urteil keine Erwähnung. Zudem seien in dem mit "Entscheidungsgründen" überschriebenen Teil des Urteils Tatbestandselemente enthalten, die sich im "Tatbestand" nicht wiederfänden, sondern besorgen ließen, dass der Schriftsatz des Klägers vom 06.07.2006 übergangen worden sei. Dort sei ausdrücklich bestritten worden, dass Vertragswerke der hier zu Grunde liegenden Art auch mit juristischen Personen als "Berater" abgeschlossen worden seien. Gleichwohl führe das Gericht auf Seite 7 im letzten Absatz aus, es sei unstreitig, dass die Beklagte mit einer Vielzahl von Kapitalvermittlern ohne Differenzierung nach natürlichen und juristischen Personen entsprechende Verträge abgeschlossen habe. Darin liege eine massiv verfahrensfehlerhafte Nichtberücksichtigung von Sachvortrag, was bereits für sich eine Ermessensprüfung nach § 538 Abs. 2 Ziff. 1 und 3 ZPO nahe lege. Ferner rege der Hinweisbeschluss des Landgerichts vom 12.06.2006 unter seiner Nr. 2 "Der Kläger mag sich überlegen, ob er nicht vom Urkundsprozess Abstand nimmt und den Rechtsstreit im ordentlichen Verfahren weiter betreibt.") lediglich zum "Rätselraten" an. Er sei nicht geeignet, die Voraussetzungen für einen gebotenen Hinweis zu erfüllen.
In der Sache sei die Klage unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt begründet, weil dem Kläger aus der Vereinbarung der im Hilfsantrag genannte Betrag "für die Abrechnungsjahre 2003 und 2004" zustehe. Denn entweder habe der damalige Geschäftsführer der Beklagten das Vertragsangebot genau in dem Sinne verstanden, in welchem es vom Beklagten durch Streichung des Zusatzes "GmbH" angenommen worden sei, wofür der Inhalt des Angebotes spreche. Dann wäre durch Konsens ein wirksamer Vertrag eben dieses Inhaltes zu Stande gekommen und die Klage sei deswegen begründet. Oder aber in der Zusendung des vom Kläger unterzeichneten geänderten Vertragstextes an die Beklagte sei ein neues Angebot (§ 150 Abs. 2 BGB) zu sehen, welches die Beklagte sodann angenommen habe, wiederum mit der Folge des Zustandekommens eines wirksamen Vertrages. Dies ergebe sich entweder aus den Regeln des kaufmännischen Bestätigungsschreibens, weil die Parteien Kaufleute gewesen seien und seitens der Beklagten der Streichung des Zusatzes "GmbH" nicht widersprochen worden sei, oder aber er sei durch konkludentes Verhalten im Übrigen angenommen worden, indem er seitens der Beklagten tatsächlich in diesem Sinne durchgeführt worden sei. Selbst wenn man dem nicht folge und meine, der Vertrag sei der juristischen Person zuzurechnen, sei der Kläger jedenfalls aus der urkundlich belegten Abtretung heraus berechtigt. Denn die Beklagte behaupte ja nicht, "mit niemandem" einen Vertrag geschlossen zu haben. Dagegen spreche auch ihr Kündigungsschreiben, welches belege, dass sie jedenfalls bis zum 19.04.2005 von einem wirksam geschlossenen Vertrag ausgegangen sei.
Der Kläger beantragt,
das am 02.10.2006 verkündete Urteil des Landgerichts Aurich aufzuheben und die Sache unter Aufhebung des bisherigen Verfahrens an das Landgericht Aurich zurückzuverweisen,
hilfsweise,
das vorgenannte Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 34 679,78 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.04.2005 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und meint, die Rüge des Klägers, dass die Entscheidung des Landgerichts "absolut unstimmig" sei, stelle keinen Berufungsgrund gemäß § 513 BGB dar. Der Klägervortrag, das Landgericht hätte der Klage stattgeben müssen, weil von einem wirksamen Vertragsschluss und einer zahlenmäßig unstreitigen Anspruchshöhe auszugehen sei, sei unklar, und es sei einer Auslegung nicht zugänglich, ob der Kläger hiermit die Tatsachenfeststellung oder aber die rechtliche Schlussfolgerung angreifen wolle, zumal der Klägervortrag Ausführungen dazu vermissen lasse, wem der hier geltend gemachte originäre Anspruch aus der vorgelegten Vereinbarung zustehe. Der Kläger habe seinen Anspruch gleichwertig auf einen ihm selbst aus der Vereinbarung zustehenden Anspruch sowie auf einen der "L... GmbH" zustehenden Anspruch aus abgetretenem Recht gestützt, ohne die beiden unvereinbaren Lebenssachverhalte in ein Alternativverhältnis zu stellen und urkundlich zu belegen. Die Beklagte könne dem gegnerischen Vortrag keine Berufungsgründe entnehmen.
Ziffer 2 der Berufungsbegründung lasse sich dahin auslegen, dass der Kläger sich gegen die Auslegung der Vereinbarung durch das Landgericht wende und sich somit offenbar auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung stützen wolle. Insoweit habe das Landgericht zutreffend festgestellt, dass kein Raum sei für eine Auslegung der Treueprämienvereinbarung im klägerischen Sinn. Im Übrigen sei anzumerken, dass die Beklagte die geänderte Vertragserklärung nicht kommentarlos entgegen genommen habe. Der Beklagten sei vielmehr erst im hiesigen Verfahren die vorgenommene Änderung aufgefallen. Die Treueprämien seien per Verrechnungsscheck gegenüber der Streitverkündeten zu 2) abgerechnet worden, und die Beklagte bestreite ausdrücklich, Treueprämien an den Kläger gezahlt zu haben. Rein vorsorglich werde bestritten, dass Auslöser des Rechtsstreits eine sachlich-inhaltliche Differenz zwischen dem Kläger in seiner Funktion als Beirat eines Fonds mit dem Geschäftsführer der Beklagten sei. Soweit der Kläger mit Schriftsatz vom 11.12.06 weitere Berufungsgründe nachgeschoben habe, sei dies nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist erfolgt und deswegen unzulässig. Rein vorsorglich bestreite die Beklagte ferner, dass die streitgegenständliche Vereinbarung mit der Streitverkündeten zu 2) geschlossen worden sei oder aber durch Vertragsänderung auf die Streitverkündete zu 2) übergegangen sei.
Gründe
II.
Die Berufung ist zulässig und bezüglich des hilfsweise gestellten Zahlungsantrages auch begründet, allerdings mit der Maßgabe, dass der Beklagten die Rechte im Nachverfahren vorzubehalten sind.
1.) Der Kläger beantragt in erster Linie die Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Aurich im Hinblick auf die förmlichen Beanstandungen bezüglich des Urteils.
Dieser Antrag ist nicht begründet. Nach § 538 ZPO ist - infolge seiner Neugestaltung durch die ZPO-Reform - grundsätzlich von der Selbstentscheidung des Berufungsgerichts auszugehen (§ 538 Abs. 1 ZPO). Die eigene Sachentscheidung des Berufungsgerichts ist die Regel, und nur in den enumerativ aufgezählten Fällen des Absatzes 2 darf das Berufungsgericht von der Sachentscheidung absehen und die Sache zurückverweisen, wobei das Berufungsgerichts insoweit eine Ermessensentscheidung zu treffen hat.
a.) Soweit der Kläger Ungenauigkeiten geltend macht (Nennung am Rechtsstreit nicht beteiligter Parteien im Rubrum - hier die Streitverkündeten, die nicht beigetreten sind - und die Streitwertfestsetzung im Tenor) liegen keine erheblichen Mängel vor, die eine Zurückverweisung rechtfertigen könnten.
b.) Wenn der Kläger den Hinweis des Landgerichts, er möge überlegen, ob er nicht ins ordentliche Verfahren übergehen und vom Urkundsprozess Abstand nehmen wolle, als einen rätselhaften Hinweis bezeichnet, übersieht er offenbar, dass er im Urkundsprozess infolge des Widerspruchs der Beklagten ohnehin nur ein Vorbehaltsurteil erstreiten kann und dass daher noch ein weiterer Prozess im Nachverfahren zusätzlich erforderlich werden wird. Ein solcher Hinweis des Landgerichts war hier durchaus angebracht und auch in seiner Bedeutung für eine anwaltlich vertretene Partei erkennbar. Er bietet deshalb keinen Grund, einen Verfahrensfehler anzunehmen.
c.) Soweit allerdings die fehlerhafte Behandlung von Parteivorbringen gerügt wird, trifft es zu, dass das Landgericht die zur Akte gereichte Abtretungsurkunde offenkundig völlig übersehen und im Urteil nicht erwähnt hat. Auch trifft es zu, dass im Urteil trotz des Bestreitens des Klägers im Schriftsatz vom 06.07.2006 fälschlicherweise als unstreitig behandelt wurde, dass Vertragswerke der hier zu Grunde liegenden Art auch mit juristischen Personen abgeschlossen worden seien.
Wegen dieser begründeten Rügen kommt zwar grundsätzlich eine Zurückverweisung in Betracht. Der Senat hat im Rahmen der Ermessensentscheidung indessen auch die Sachdienlichkeit einer eigenen Entscheidung einzubeziehen. Im vorliegenden Fall bedarf es keiner weiteren Beweisaufnahme, sondern nur einer Auswertung der vorgelegten Urkunden und des unstreitigen Vortrags, weil der Kläger unverändert trotz des vom Landgericht erteilten Hinweises im Urkundenprozess klagt. Der Senat kann deshalb wegen gegebener Entscheidungsreife in der Sache selbst entscheiden, ohne dass Verzögerungen erforderlich werden. Eine Zurückverweisung an das Landgericht Aurich zur erneuten Entscheidung ist deshalb nicht gerechtfertigt.
2.) In der Sache selbst ist die Entscheidung des Landgerichts entsprechend dem gestellten Hilfsantrag abzuändern und die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung, allerdings wegen des Widerspruchs des Beklagten gegen den Anspruch gemäß § 599 ZPO nur unter dem Vorbehalt der Rechte im Nachverfahren zu verurteilen. Ein Vorbehaltsurteil kann auch erstmals in der Rechtsmittelinstanz ergehen (Zöller-Greger, ZPO Komm., 26. Aufl., § 599 Rz 12).
a.) Der Zahlungsanspruch des Klägers in der zuletzt noch geltend gemachten Höhe ist bereits aufgrund der im Urkundenprozess zugelassenen Entscheidungsgrundlagen, den vorgelegten Urkunden in Verbindung mit dem unstreitigen Vortrag der Parteien, begründet. Denn der Senat geht davon aus, dass die als Urkunde vorliegende Vereinbarung vom 15.04./ 20.06.1996, aus welcher der streitbefangene Zahlungsanspruch abzuleiten ist, bei verständiger Würdigung aller unstreitigen Umstände dahin auszulegen ist, dass der Kläger persönlich Vertragspartner und damit anspruchsberechtigt geworden ist.
aa.) Die gegenteilige Auslegung des Landgerichts überzeugt nicht. Denn der Kläger hatte das Angebot der Gegenseite durch Streichung des bei seinem Namen befindlichen Firmenzusatzes seinerseits abgeändert, so dass gemäß § 150 Abs. 2 BGB die Annahme unter Änderungen als Ablehnung verbunden mit einem neuen Antrag gilt. In dieser geänderten Fassung hat dann der Kläger den Vertrag der Beklagten wieder zugeleitet. Beide Parteien waren unstreitig Kaufleute. Ein Widerspruch ist ebenfalls unstreitig nicht erfolgt, denn die Beklagte macht jetzt im Rahmen der Berufungserwiderung selbst geltend, die Beklagte habe die geänderte Vertragserklärung nicht kommentarlos entgegen genommen, sondern ihr sei vielmehr erst im jetzigen Prozess die vorgenommene Änderung aufgefallen. Das impliziert den Empfang des zurückgeleiteten vom Kläger veränderten Vertragstextes. Zudem sind auf der Grundlage dieses abgeänderten Vertrages die vereinbarten Treueprämien in der Folgezeit seit dem Vertragsschluss 1996 auch bis zum Jahr 2001 vollständig und für 2002 mit einem gekürzten Betrag gezahlt worden. Dass in den Folgejahren berechtigterweise Prämienansprüche verdient wurden, war bereits durch entsprechende Zahlungen seitens der im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bis 2004 noch anders firmierenden Beklagten anerkannt worden.
Angesichts dieser unstreitigen Fakten ist das blanke Bestreiten der Beklagten im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 20.03.2007, das vom Kläger veränderte neue Angebot überhaupt nicht erhalten zu haben, unbeachtlich, weil die übrigen unstreitigen Umstände den Zugang in ausreichender Weise belegen. Der weitere Vortrag in diesem Schriftsatz, wonach es nach eigenem Klägervortrag "unstreitig" sei, dass es sich nicht um ein neues Angebot handele, ist ebenfalls unbeachtlich, weil eine fehlerhafte rechtliche Beurteilung angesichts unstreitiger Tatsachen keinen rechtsfehlerhaften unstreitigen Sachvortrag begründen kann.
bb.) Unschädlich ist insoweit auch der Umstand, dass die Beklagte ihre Schreiben und Zahlungen nicht an den Kläger persönlich, sondern an die "F... L.... Wirtschafts- und Finanzberatungs GmbH und Co. KG" gerichtet und erbracht hat, wie z.B. die Zahlung per Scheck für die Treueprämie 2003 in Höhe von € 23 902,01. Denn zum einen will sich der Kläger die erfolgten Zahlungen sämtlich zurechnen lassen und zum anderen kann eine nachträgliche Adressierung von Schreiben und Zahlungen nicht die vorausgegangene vertragliche Vereinbarung zwischen dem Kläger persönlich und der Beklagten in dem Sinne beeinflussen, dass der Kläger nicht mehr Vertragspartei sein soll.
cc.) Infolge der vom Senat vorgenommenen Vertragsauslegung, wonach der Kläger persönlich Vertragspartei und damit Anspruchsberechtigter geworden ist, kommt es entscheidungserheblich nicht mehr darauf an, dass das Landgericht die vom Kläger vorgelegte Abtretungsurkunde übersehen hat.
b.) Der antragsgemäßen Verurteilung - unter dem Vorbehalt der Ausführung der Rechte im Nachverfahren - steht auch nicht entgegen, dass der Kläger angesichts der Forderung von € 34 679,78 (insgesamt ursprünglich eingeklagter Betrag € 58 581,79 bezogen auf die Jahre 2002 bis 2004 - vgl. Klagschrift Seite 3 - abzüglich des unstreitig nur für das Jahr 2003 gezahlten Teilbetrages von € 23 902,01, so dass der jetzt mit der Berufung noch verfolgte restliche Differenzbetrag von € 34 679,78 verbleibt) im Rahmen der schriftsätzlichen Berufungsbegründung seine Forderung auf Ansprüche "aus den Abrechnungsjahren 2003 und 2004" gestützt hatte, obwohl sich ausweislich der Forderungsaufstellung in der Klagschrift (dort Seite 3) ein Teilbetrag der Forderung in Höhe von € 5 642,11 als eine Restzahlung für das Jahr 2002 darstellt. Insoweit hat der Klägervertreter im Termin der mündlichen Verhandlung auf einen Senatshinweis klargestellt, dass hier nur eine versehentlich unsaubere Formulierung gewählt wurde, nicht aber ein Verzicht auf die Teilforderung bezogen auf das Jahr 2002 erklärt werden sollte.
c.) Die Ausführungen der Beklagten in ihrer Berufungserwiderung bieten keinen Anlass, von einer Sachentscheidung des Senats im Sinne des Hilfsantrags des Klägers durch Verurteilung zur Zahlung unter Vorbehalt der Rechte im Nachverfahren abzusehen, da vom Kläger ausreichende Berufungsangriffe gegen das angefochtene Urteil vorgetragen sind.
d.) Soweit die Beklagte im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 20.03.2007 erneut auf ihren erstinstanzlichen Vortrag verweist, die Ansprüche seien teilweise wegen Stundungen und Verzichtserklärungen nicht begründet, worauf auch das Landgericht bereits hingewiesen habe, ergibt sich daraus im Urkundsverfahren keine abweichende Beurteilung, weil auch Einwendungen der Beklagten gemäß § 598 ZPO den Regeln des Urkundsverfahrens unterworfen sind.
Der Kläger hat in der vorgelegten Aufstellung (Anlage K 3) die Anspruchshöhe von jährlich € 26 469,84 - dort gekennzeichnet als "Treueprämie-Soll" - hinreichend belegt. Aus dieser tabellarischen Übersicht ist den weiteren mit "Stundung" und "Verzicht" überschriebenen Spalten nicht im Sinne eines Urkundsbeweises zu entnehmen, dass der Kläger damit bestätigt hat, seinerseits mit einer Stundung oder einem teilweisen Verzicht einverstanden zu sein. Diese Spalten sind vielmehr so zu verstehen, dass der Kläger mit von der Beklagten einseitig vorgenommenen "Stundungen" und "Verzichten", wie sie sich aus den vorgelegten Anlagen B 5 bis B 7 ergeben, nicht einverstanden ist, diese seinerseits nur gesondert auswirft, um sie gemäß dieser Aufstellung über den tatsächlich gezahlten Betrag gemäß der Spalte "Treueprämie-Ist" hinaus noch einzufordern. Mit diesem Verständnis korrespondiert zudem die umgehende Erwiderung des Klägers in dessen Schriftsatz vom 10.10.2005 gegenüber den Einwendungen der Beklagten in den Schriftsätzen vom 13. und 14.09.2005, wonach die von der Beklagten vorgenommenen Kürzungen anhand der überlassenen Unterlagen nicht nachvollziehbar seien und dass daher die behaupteten Einwendungen ausdrücklich bestritten werden, so dass die Beklagte diese Einwendungen im Nachverfahren geltend machen möge. Soweit das Landgericht eine gegenüber dem Senat abweichende Meinung im Hinweisbeschluss vom 06.04.2006 vertreten hat, besteht keine Bindungswirkung.
3.) Der Senat sieht keinen Anlass, die Revision zuzulassen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, wobei dem zurückgewiesenen als Hauptantrag gestellten Verfahrensantrag auf Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landgericht ein eigener den Streitgegenstand bestimmender Wert nicht beizumessen ist, weil von einem kostenrechtlichen Erfolg eines Rechtsmittels im Sinn des § 97 ZPO nur auszugehen ist, wenn das Rechtsmittel zu einer gegenüber dem Hauptsachebetrag oder den Nebenforderungen erheblichen Veränderung geführt hat (vgl. dazu Musielak-Wolst, Komm. zur ZPO, 5. Aufl., § 97 Rz 3). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 4, 711 S 1, 108 ZPO.
14 U 88/06
2 O 695/05 Landgericht Aurich
Oldenburg, den 23.05.2007
Oberlandesgericht Oldenburg
Beschluss
In dem Rechtsstreit
des Herrn F.... L..., W...., F...,
- Kläger und Berufungskläger -,
- Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt A..., B.... -,
gegen
die Firma G.... Treuhand Gesellschaft für Investmentbetreuung mbH, vertreten durch den Geschäftsführer S.... K..., H...., L...,
- Beklagte und Berufungsbeklagte -,
- Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt B..., B.... -,
hat der 14. Zivilsenat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ... und der Richter am Oberlandesgericht ... und ...
am 23.05.2007
beschlossen:
1.) Das Senatsurteil vom 22.03.2007 wird entsprechend dem Antrag des Beklagtenvertreters vom 11.04.2007 gemäß § 319 ZPO wegen offenbarer Unrichtigkeit dahingehend berichtigt, dass
a.) der Tenor des Urteils bezüglich der Kostenentscheidung dahingehend berichtigt wird, dass der Satz "Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits" ersetzt wird durch die Sätze "Von den Kosten des Verfahrens in erster Instanz tragen der Kläger 1/3 und die Beklagte 2/3. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte"
und dass
b.) demgemäß in den letzten Absatz der Urteilsgründe (Ziff. 3) in Satz 2 nach den Worten "Die Kostenentscheidung beruht"eingefügt wird "bezüglich des Verfahrens erster Instanz auf § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO und bezüglich des Berufungsverfahrens"
2.) Der Berichtigungsantrag des Klägervertreters vom 11.04.2007 wird zurück gewiesen.
Gründe:
1. Dem Antrag des Beklagtenvertreters vom 11.04.2007 auf Berichtigung der Kostenentscheidung im Senatsurteil war in entsprechender Anwendung des § 319 ZPO zu entsprechen, da bei der Entscheidung über die Verfahrenskosten offenkundig die teilweise Klagabweisung in erster Instanz versehentlich unberücksichtigt geblieben ist.
2. Der Berichtigungsantrag des Klägervertreters vom 11.04.2007 ist hingegen zurückzuweisen, weil er nicht begründet ist. Mit diesem Antrag begehrt der Klägervertreter eine inhaltliche Korrektur der Senatsentscheidung dahin, dass der Rechtsstreit zur Durchführung des Nachverfahrens entgegen der bewussten Senatsentscheidung nicht an das Landgericht Aurich zurückverwiesen werden und vielmehr vor dem Senat fortgeführt werden soll. Dieses Begehren ist offenkundig nicht berichtigungsfähig im Sinn des § 319 ZPO, weil weder ein Schreibfehler, noch ein Rechenfehler oder eine ähnlich offenbare Unrichtigkeit vorliegt.
Im Übrigen hat der Senat den Rechtsstreit zur Durchführung des Nachverfahrens an das Landgericht Aurich zurückverwiesen, nachdem der Klägervertreter selbst noch im abschließenden Termin der mündlichen Verhandlung als Hauptantrag die Zurückverweisung an das Landgericht Aurich beantragt hatte. Diesen Hauptantrag hat der Senat im Urteil zwar insoweit zurückgewiesen, als die erhobenen Rügen gegen das landgerichtliche Verfahren eine Zurückverweisung zur Fortsetzung des Urkundsvorverfahrens wegen Verfahrensfehlern nicht rechtfertigen, wie der Senat im Urteil näher ausgeführt hat. Gleichwohl war der Antrag auf Zurückverweisung an das Landgericht zugleich dahin zu verstehen, dass das nach erstmaligem Erlass eines Vorbehaltsurteils durch den Senat notwendigerweise mit dem Nachverfahren fortzusetzende Urkundsverfahren vor dem Landgericht Aurich fortgesetzt werden soll. Demgemäß hat der Senat bewusst eine Zurückverweisung wegen Verfahrensfehlers verneint, eine Zurückverweisung zur Durchführung des Nachverfahrens indessen in entsprechender Anwendung des § 538 Abs. 2 Nr. 5 ZPO antragsgemäß angenommen (vgl. dazu Musielak - Voit, ZPO-Komm., 5. Aufl., 2007, § 600 Rz 5 iVm § 538 Rz 32 mwN). Dem steht auch die vom Klägervertreter zitierte Entscheidung BGH NJW 2005, 2701 ff [BGH 01.06.2005 - VIII ZR 216/04] nicht entgegen, weil es im dort entschiedenen Fall an einem Antrag auf Zurückverweisung gefehlt hatte.