Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 22.03.2007, Az.: 6 W 47/07

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
22.03.2007
Aktenzeichen
6 W 47/07
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2007, 59879
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:2007:0322.6W47.07.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Oldenburg - 09.02.2007 - AZ: 8 T 39/07

Fundstellen

  • HRA 2007, 6
  • IMR 2007, 171
  • OLGReport Gerichtsort 2007, 535

Tenor:

  1. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner wird der Beschluss des Landgerichts Oldenburg vom 09. Februar 2007 aufgehoben. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegner wird der Beschluss des Amtsgerichts Delmenhorst vom 22. November 2006 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung über den Kostenfestsetzungsantrag der Antragstellerin an das Amtsgericht Delmenhorst zurückverwiesen.

  2. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens und des Verfahrens über die weitere Beschwerde haben die Antragsteller als Gesamtschuldner zu tragen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

  3. Gegenstandswert: bis zu 20 000,- €

Gründe

1

Die Antragsteller wandten sich mit dem vorliegenden Verfahren gegen mehrere in der Eigentümerversammlung vom 29.11.2003 getroffene Beschlüsse. Das Amtsgericht Delmenhorst hatte die Anträge zurückgewiesen. Dagegen legten die Antragsteller sofortige Beschwerde ein. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Oldenburg am 20. Juni 2006 schlossen die Parteien einen Vergleich. In Ziff. 3 Satz 2 des Vergleichs einigten sich die Parteien darauf, dass von den "Kosten des Verfahrens" die Antragsteller 2/3 und die Antragsgegner 1/3 tragen sollten.

2

Daraufhin haben die Antragsgegner beantragt, ihre außergerichtlichen Kosten festzusetzen. Diesen Antrag hat das Amtsgericht Delmenhorst mit Beschluss vom 22.11.2006 zurückgewiesen und dies damit begründet, dass sich die Kostenregelung in dem Vergleich nur auf die gerichtlichen Kosten beziehe. Die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde der Antragsgegner hat das Landgericht mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. Das Landgericht teilt die Auffassung des Amtsgerichts und führt ergänzend aus, dass nach § 47 S. 2 WEG die außergerichtlichen Kosten grundsätzlich von jeder Partei selbst zu tragen seien. Hiervon werde nur in Ausnahmefällen abgewichen. Deshalb sei davon auszugehen, dass auch in dem Vergleich nur eine Regelung über die gerichtlichen Kosten habe getroffen werden sollen. Dagegen wenden sich die Antragsgegner mit ihrer (sofortigen) weiteren Beschwerde.

3

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig (§§ 45 I WEG, 20 a II, 22, 27 II, 29 I FGG); sie hat auch in der Sache Erfolg.

4

Die Entscheidung des Landgerichts hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die vom Landgericht vorgenommene Auslegung lässt eine Auseinandersetzung mit dem Wortlaut der von den Parteien vergleichsweise getroffenen Kostenregelung vermissen und berücksichtigt nicht hinreichend die Interessenlage der Parteien. Es entspricht zwar allgemeiner Auffassung, dass im Falle einer gerichtlichen Kostenentscheidung nach § 47 S. 2 WEG grundsätzlich jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen hat. Nur ausnahmsweise kommt im Einzelfall eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten in Betracht. Das ist beispielsweise der Fall, wenn ein Rechtsmittel offensichtlich unbegründet, ein Antrag mutwillig oder aufgrund einer eindeutigen Rechtslage von vorneherein aussichtslos war oder bei offensichtlich unbegründeter Nichtzahlung von Wohngeld (vgl. BGH, NJW 2005, 2061 [BGH 02.06.2005 - V ZB 32/05]; 2069; BayObLG, WuM 2000, 382; Bärmann/Pick, WEG, 17. Aufl., § 47 Rdn. 2; Hügel in BeckOK WEG, § 47 Rdn. 4 und Engelhardt in Münch.-Komm., BGB, § 47 WEG Rdn. 7 jeweils m.w.N.). Ob hier ein solcher Ausnahmefall vorliegt, kann jedoch offen bleiben. Denn es geht nicht um eine gerichtliche Kostenentscheidung. Wäre eine gerichtliche Kostenentscheidung in Anlehnung an die Vorschrift des § 47 WEG von den Parteien gewollt gewesen, hätten sie auch in dem Vergleich die Kostenentscheidung dem Gericht überlassen können. Das haben sie jedoch nicht getan, sondern in dem Vergleich auch die Verpflichtung zur Tragung der Kosten geregelt. Nach dem Wortlaut der getroffenen Vereinbarung sollten die "Kosten des Verfahrens" von den Antragstellern zu 2/3 und von den Antragsgegnern zu 1/3 getragen werden. Zu den Kosten des Verfahrens gehören aber sowohl die gerichtlichen als auch die außergerichtlichen Kosten. Die von den Antragstellern vertretene Auffassung, dass die Kosten des Verfahrens mit den Gerichtskosten identisch seien, teilt der Senat nicht. Schon begrifflich sind Verfahrens- und Gerichtskosten etwas anderes. Ebenso wie sich die Kosten eines Rechtsstreits aus den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten zusammensetzen, gehören auch zu den Kosten des Verfahrens sowohl die Gerichts- als auch die außergerichtlichen Kosten der Parteien (vgl. auch Bumiller/Winkler, FGG, 8. Aufl., § 13 a Rdn. 31 m.w.N.). Da hier eine Differenzierung zwischen den gerichtlichen und den außergerichtlichen Kosten in dem Vergleich nicht erfolgt ist, erfasst die getroffene Kostenreglung nach ihrem Wortlaut also die gesamten Kosten des Verfahrens und damit grundsätzlich auch die außergerichtlichen Kosten. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Parteien - entgegen dem Wortlaut - nur eine Teilregelung über die Kosten, nämlich nur über die gerichtlichen Kosten treffen wollten. Vielmehr ist - auch und gerade aus Sicht der Parteien - davon auszugehen, dass sie mit dem Vergleich eine endgültige, abschließende und umfassende Regelung getroffen haben. Die Annahme des Landgerichts, dass die vereinbarte Kostenquote nur die gerichtlichen Kosten erfassen sollte und jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen wollte, findet in dem Wortlaut und bei verständiger Auslegung der Tragweite der getroffenen Regelung (§§ 133, 157 BGB) keine Stütze. Auch die Antragsteller behaupten nicht, dass sich die Parteien, abweichend von dem Wortlaut, ausdrücklich darauf geeinigt hätten, dass in dem Vergleich nur die Gerichtskosten hätten geregelt werden sollen. Da nicht ersichtlich ist, dass weitere tatsächliche Feststellung getroffen werden können, konnte der Senat die Auslegung selbst vornehmen.

5

Die angefochtenen Beschlüsse waren danach aufzuheben und die Sache an das Amtsgericht zur Entscheidung über die wechselseitigen Kostenfestsetzungsanträge zurückzuverweisen.

6

III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 47 S. 1 und 2, 48 III 1 WEG.