Oberlandesgericht Braunschweig
Beschl. v. 28.03.2024, Az.: 2 W 11/24
Bemessung des Geschäftswerts und der Gebühr einer Rückauflassungsvormerkung mit der Hälfte des Grundstückswerts
Bibliographie
- Gericht
- OLG Braunschweig
- Datum
- 28.03.2024
- Aktenzeichen
- 2 W 11/24
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2024, 12822
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGBS:2024:0328.2W11.24.00
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Northeim - 24.01.2024 - AZ: N-11291-6
Rechtsgrundlage
- § 51 Abs. 1 S. 2 GNotKG
Fundstellen
- FGPrax 2024, 139-140
- JurBüro 2024, 260-261
- MDR 2024, 1105-1106
Amtlicher Leitsatz
Der Geschäftswert einer Rückauflassungsvormerkung ist entsprechend § 51 Abs. 1 Satz 2 GNotKG mit der Hälfte des Grundstückswerts zu bemessen.
Tenor:
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts - Grundbuchamt - Northeim vom 24.01.2024, berichtigt mit Beschluss vom 02.02.2024, abgeändert.
Der Wert für die Vormerkungen Mühlenanger wird auf 335.000,00 € und der Wert für die Vormerkungen Friedrich-Ebert-Wall auf 160.000,00 € festgesetzt.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens: Wertstufe bis 1.000,00 €
Gründe
I.
Der Antragsteller war als Eigentümer des in den Grundbüchern von Northeim Blatt X und Blatt Y verzeichneten Grundbesitzes eingetragen. Mit notariellem Vertrag zur Gesellschaftsgründung und Grundstücksüberlassung vom 30.12.2022 (UR-Nr. H 1231/22 des Notars Z., Northeim/Bl. 72 ff. d. A.) hat der Antragsteller die AB GbR gegründet und dieser den Grundbesitz übertragen. Daneben ist unter § 6 des Vertrags eine Rückübertragungsverpflichtung begründet worden, wonach das Vertragsobjekt an den Antragsteller und seine Ehefrau als Gesamtberechtigte auf Verlangen des Berechtigten zu übertragen ist,
"wenn
a) der Erwerber ohne Zustimmung des Berechtigten über das Vertragsobjekt oder über Teile davon verfügt, insbesondere dieses veräußert oder belastet;
b) über das Vermögen des Erwerbers oder eines Gesellschafters des Erwerbers ein Insolvenzverfahren eröffnet oder die Eröffnung mangels Masse abgelehnt wird;
c) Zwangsvollstreckungen in den Vertragsbesitz oder Teile davon betrieben werden; oder
d) ein Gesellschafter des Erwerbers vor dem Veräußerer verstirbt."
Zur Sicherung des Übereignungsanspruchs ist die Eintragung entsprechender Vorbemerkungen bewilligt worden.
Das Amtsgericht - Grundbuchamt - Northeim hat die Eintragungen am 23.11.2023 vorgenommen und mit Kostenrechnung vom selben Tag Gebühren in Höhe von 9.605,00 € gegenüber dem Antragsteller geltend gemacht. Dabei sind für die Vormerkungen an dem Grundstück Mühlenanger entsprechend den im Vertrag vom 30.12.2022 zum Grundstückswert gemachten Angaben 670.000,00 € und für die Vormerkungen am Grundstück Friedrich-Ebert-Wall jeweils 320.000,00 € als Geschäftswert zugrunde gelegt worden.
Der Antragsteller hat gegen die Kostenrechnung unter dem 06.12.2023 mit Blick auf die Geschäftswerte für die Rückauflassungsvormerkungen Erinnerung eingelegt, woraufhin das Grundbuchamt die Gegenstandswerte gemäß § 79 Abs. 1 S. 1 GNotKG nochmals gesondert mit Beschluss vom 24.01.2024, berichtigt mit Beschluss vom 02.02.2024 (vgl. Bl. 130 u. 135 d. A.), festgesetzt hat. Zur Begründung heißt es im Festsetzungsbeschluss, die Wertfestsetzung erfolge gemäß § 51 Abs. 1 S. 2 GNotKG.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers vom 19.02.2024, mit welcher er geltend macht, der Geschäftswert für die Rückauflassungsvormerkungen sei gemäß § 51 Abs. 1 S. 2 GNotKG auf die Hälfte zu reduzieren, was der vorherrschenden Meinung entspreche.
Das Grundbuchamt hat der Beschwerde mit Beschluss vom 26.02.2024 aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses nicht abgeholfen und sie dem Oberlandesgericht Braunschweig als Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.
Der nach §§ 83 Abs. 2 S. 5, 81 Abs. 6 S. 1, 1. Hs. GNotKG zuständige Einzelrichter des Beschwerdegerichts hat das Verfahren wegen grundsätzlicher Bedeutung dem Senat übertragen.
II.
1.
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers (§ 83 Abs. 1 GNotKG) ist begründet.
a) Aus prozessökonomischen Gründen sieht der Senat von der Rückgabe der Sache an das Ausgangsgericht zur Durchführung eines ordnungsgemäßen Abhilfeverfahrens ab.
aa) Obwohl die Durchführung des Abhilfeverfahrens für das erstinstanzliche Gericht grundsätzlich zwingend ist, stellt eine ordnungsgemäße Abhilfeentscheidung keine Verfahrensvoraussetzung für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens vor dem Beschwerdegericht dar (vgl. z. B. für § 68 Abs. 1 FamFG: BGH, Beschluss vom 15.02.2017 - XII ZB 462/16, NJW-RR 2017, 707 Rn. 13 m. w. N).
bb) Allerdings hat ein Abhilfebeschluss eine auf den Einzelfall bezogene Sachüberprüfung der mit der Beschwerde vorgetragenen Beanstandungen zu enthalten, die erkennen lässt, dass das Ausgangsgericht diese zur Kenntnis genommen, erwogen und sich hiermit auseinandergesetzt hat. Anderenfalls wird der mit dem Abhilfeverfahren verfolgte Zweck unterlaufen, durch die Vorschaltung einer Selbstkontrolle eine Befassung des Beschwerdegerichts mit der Sache zu vermeiden (vgl. z. B. OLG Frankfurt, Beschluss vom 20.11.2009 - 11 W 59/09, BeckRS 2010, 1576; OLG Köln, Beschluss vom 21.03.2007 - 4 WF 28/07, BeckRS 2007, 6914; OLG Rostock, Beschluss vom 02.11.2005 - 8 W 97/05, BeckRS 2005, 13437).
Die schlichte Bezugnahme im Nichtabhilfebeschluss des Grundbuchamts vom 26.02.2024 auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses wird diesen Anforderungen nicht gerecht, insbesondere da die Beschwerde vorliegend ausführlich begründet ist und auch die Begründung des angefochtenen Beschlusses selbst nur in dem pauschalen Verweis auf eine Rechtsnorm, nämlich § 51 Abs. 1 S. 2 GNotKG besteht, die überdies vom Grundbuchamt nicht einmal zur Anwendung gebracht wurde, weil die Geschäftswerte dann entsprechend dem Ansinnen des Antragstellers hätten festgesetzt werden müssen.
b) Die Beschwerde ist begründet. Das Grundbuchamt hat die Geschäftswerte für die Rückauflassungsvormerkungen zu hoch festgesetzt.
aa) Bei Rückauflassungen zur Sicherung eines Rückforderungsrechts des Schenkers, welches - wie hier - den Eintritt einer bestimmten Fallkonstellation voraussetzt, etwa die Veräußerung des Objekts, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Erwerbers oder die Zwangsvollstreckung in den Vertragsgegenstand, ist für die Vormerkung nicht der volle Wert nach §§ 45 Abs. 3, 51 Abs. 1 S. 1 GNotKG anzusetzen, sondern entsprechend § 51 Abs. 1 S. 2 GNotKG die Hälfte des gesicherten Rechts, da der Anspruch bedingt ist und nur einen potentiellen Rückerwerb sichert.
bb) Diese Sichtweise entspricht der in Rechtsprechung und Literatur weit überwiegend vertretenen Auffassung (vgl. z. B. OLG Oldenburg, Beschluss vom 11.03.2020 - 12 W 32/20, BeckRS 2020, 4142; OLG Celle, Beschluss vom 19.07.2018 - 18 W 50/18, BeckRS 2018, 16529; OLG München, Beschluss vom 09.07.2015 - 34 Wx 136/15, NJOZ 2015, 1608; OLG Hamm, Beschluss vom 10.03.2016 - 15 W 98/16, NJOZ 2016, 1291; Diehn in: BeckOK Kostenrecht, Dörndorfer/Wendtland/Gerlach/Diehn, 44. Edition, § 45 GNotKG Rn. 30; Schwarz in: Korintenberg, GNotKG, 22. Aufl., § 51 Rn. 25a; Pfeiffer in: Borman/Diehn/Sommerfeldt, GNotKG, 4. Aufl., § 45 Rn. 15 Röhl in: Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 3. Aufl., § 45 GNotKG Rn. 23).
Die Gegenauffassung (vgl. OLG Bamberg, Beschluss vom 07.01.2015 - 1 W 44/14, BeckRS 2015, 9178, aufgegeben durch OLG Bamberg, Beschluss vom 20.12.2017 - 8 W 115/17, BeckRS 2017, 141705; OLG Köln, Beschluss vom 09.05.2016 - 2 Wx 74/16, FGPrax 2016, 188; Kawell in: Toussaint, Kostenrecht, 53. Aufl., §45 Rn. 9) überzeugt nicht.
cc) Maßgebend ist der Gesichtspunkt der Kostengerechtigkeit, der es gebietet, Rückauflassungsvormerkungen nicht Erwerbsvormerkungen gleichzustellen, sondern sie wegen der häufig gegebenen völligen Ungewissheit des Bedingungseintritts für den gesicherten Anspruch entsprechend einem Vorkaufs- oder Wiederkaufsrecht zu bewerten. Dabei ist die Ungewissheit in doppelter Hinsicht gegeben. Einerseits muss der Rückübertragungsfall überhaupt eintreten, andererseits muss der Berechtigte zusätzlich noch den Entschluss fassen, das Recht mit Blick auf den eingetretenen Rückübertragungsfall wirksam auszuüben. Damit ist das Rückübertragungsrecht so stark eingeschränkt, dass es einem Vorkaufs- oder Wiederkaufsrecht ähnelt (vgl. z. B. OLG Celle, Beschluss vom 19.07.2018 - 18 W 44/18, NJOZ 2019, 201).
Der Gesetzeswortlaut steht dieser Sichtweise nicht entgegen. Wenn § 45 Abs. 3, 2. Hs. GNotKG auf eine entsprechende Anwendung von § 51 Abs. 1 S. 2 GNotKG verweist, bedeutet dies nicht zwingend, dass nur solche Vormerkungen mit der Hälfte zu bewerten sind, die ein Vorkaufs- oder Wiederkaufsrecht im engeren Sinne sichern. Bei einem derartig engen Verständnis der Vorschrift bedürfte es der Verweisung nicht, denn in diesem Falle ergäbe sich der Wert der jeweiligen Vormerkung auch schon ohne weiteres aus § 45 Abs. 3, 1. Hs. i. V. m. § 51 Abs. 1 S. 1 u. 2 GNotKG. Die Anordnung einer entsprechenden Anwendung von § 51 Abs. 1 S. 2 GNotKG bedeutet vielmehr, dass Vormerkungen, die Rechte dieser Art sichern, auch entsprechend dem halben Wert bemessen werden sollen (so OLG München, Beschluss vom 09.07.2015 - 34 Wx 136/15, NJOZ 2015, 1608 Rn. 11).
dd) Dies zugrunde gelegt sind die hier eingetragenen Rückauflassungsvormerkungen - wie aus dem Tenor ersichtlich - entsprechend § 51 Abs. 1 S. 2 GNotKG nach der Hälfte des jeweiligen Grundstückswerts zu bewerten.
2.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 83 Abs. 3 GNotKG.
3.
Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf §§ 36 Abs. 1, 61 Abs. 1 S. 1, 79 Abs. 1 S. 1 GNotKG und orientiert sich an dem mit der Beschwerde verfolgten Gebühreninteresse.