Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 25.02.2020, Az.: 9 K 112/18
Möglichkeit der Änderung eines bestandskräftigen Einkommensteuerbescheides aufgrund neuer Tatsachen; Steuerliche Anerkennung von negativen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 25.02.2020
- Aktenzeichen
- 9 K 112/18
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2020, 63908
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2020:0225.9K112.18.00
Rechtsgrundlagen
- § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO
- § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG
Tatbestand
Streitig ist, ob ein bestandskräftiger Einkommensteuerbescheid des Streitjahres aufgrund neuer Tatsachen gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) geändert werden kann und ob negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung steuerlich anzuerkennen sind.
Die Kläger sind Eheleute, die im Streitjahr 2015 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger war im Streitjahr Partner einer Steuerberatungsgesellschaft und erzielte insoweit Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Daneben erzielte er Einkünfte aus Gewerbebetrieb und aus der Vermietung verschiedener Grundstücke. Die Klägerin war im Streitjahr nichtselbständig tätig und erzielte ebenfalls Einkünfte aus verschiedenen vermieteten Grundstücken.
Durch notariellen Vertrag vom 27. Dezember 2012 übertrug die Mutter des Klägers diesem das mit einem Einfamilienhaus bebaute Grundstück "L, H-weg 18" gegen Einräumung eines Wohnrechts am Grundstück "L, ". Der Besitzübergang erfolgte zum 1. Mai 2013. Mit mehreren weiteren notariellen Verträgen vom 27. Dezember 2012 erfolgten mehrere Grundstücks-/Erbbaurechtsübertragungen der Kläger auf ihre Söhne M. und J. Dabei erklärten die Kläger in der notariellen Urkunde-Nr. 1659 der Urkundenrolle Jahrgang 2012 des Notars ..., L, dass eine in etwa gleichwertige Zuweisung von Grundeigentum zu Gunsten ihrer beiden Kinder erfolgen sollte (Seite 18 unter B I). Auf den Sohn M übertrugen die Kläger seinerzeit das Erbbaurecht "L, ...-Straße " im Wert von 700.000 € und die Wohnungen "H, Straße 13 und 20" im Wert von 130.000 €. Der Sohn J erhielt die Wohnungen "H, S-Straße 4, 8, 9, 17, 22 und 24" im Gesamtwert von 350.000 €.
Am 25. April 2013 schloss der Kläger einen Mietvertrag mit seinem Sohn J und dessen Ehefrau über die Wohnung "L, H-weg 18". Die Wohnfläche war mit ca. 150 m2 vereinbart worden. Als Mietzeitbeginn wurde der 1. Mai 2013 festgelegt. Der Mietvertrag war auf unbestimmte Zeit geschlossen. Die Netto-Kaltmiete betrug 1.550 €. Sämtliche Nebenkosten waren durch den Mieter direkt zu zahlen. Die Übergabe der Mieträume sollte nach dem Mietvertrag im Hinblick auf noch durchzuführende Renovierungs- und Sanierungsarbeiten spätestens bis zum 31. Dezember 2013 erfolgen. In der Anlage zum Mietvertrag vereinbarten die Mietvertragsparteien zudem Folgendes:
"
1. Bauliche Veränderungen jeder Art durch den Mieter sind in Absprache mit dem Vermieter jederzeit zulässig. Der Vermieter ist entsprechend zu informieren und die Kosten sind nachzuweisen. Die Kosten werden rechnerisch auf eine Nutzungszeit von 15 Jahren verteilt. Beim Auszug erhält der Mieter eine Zahlung in Höhe des nicht verbrauchten Restes.
2. Wegen der umfangreichen Renovierungspflichten des Vermieters beginnt die Mietzahlungsverpflichtung des Mieters am 1. des Monats, der auf die Beendigung der Bauarbeiten folgt."
Am 23. Juli 2013 stellte der Kläger einen Bauantrag wegen Umbau und Erweiterung des Einfamilienhauses "L, H-weg 18". Ausweislich des Bauantrags wurde die Wohn- und Nutzfläche dabei durch einen Anbau um 36,36 qm erweitert. Die in diesem Zusammenhang entstandenen Aufwendungen betrugen im Veranlagungszeitraum (VZ) 2013 109.065,60 €, im VZ 2014 304.386,18 € und im VZ 2015 59.923 €. Die Aufwendungen wurden vom Kläger aus Eigenmitteln finanziert. Der Kläger erklärte für den VZ 2013 Mieteinnahmen von 0 €, für den VZ 2014 7.750 € (= fünf Monatsmieten) und für den VZ 2015 18.600 € (= 12 Monatsmieten).
Ausweislich der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Kontoauszüge überwiesen die Mieter jedoch im Streitjahr lediglich monatlich einen Betrag von 1.500 € (anstatt vereinbart und erklärt 1.550 €). Nach Auskunft des Klägers in der mündlichen Verhandlung überwies die Klägerin im Rahmen eines Dauerauftrags ab Beginn des Mietverhältnisses ebenfalls einen Betrag in Höhe von 1.500 € monatlich als "Unterstützungsleistung" an ihren Sohn J. Die anfallenden Verbrauchskosten trugen die Mieter wie vereinbart direkt. Die Kosten für die Wohngebäudeversicherung und die Grundsteuer trug dagegen der Kläger, ohne dass diesbezüglich eine Nebenkostenabrechnung oder Kostenerstattung erfolgte.
Bei dem Einfamilienhaus in L, H-weg 18, handelt es sich um das Elternhaus des Klägers. Gegenüber dem beklagten Finanzamt erklärte der Kläger mit Schriftsatz vom 7. Juni 2017:
"Klar war zu diesem Zeitpunkt, dass das Grundstück H-weg 18 wahrscheinlich irgendwann einmal, aber zumindest nicht kurzfristig auf J übertragen werden würde. ... Die Vermietung des Grundstücks L, H-weg 18, an familienfremde Personen wurde nicht erwogen, weil der größere Wohnraum langfristig in jedem Fall für J genutzt werden sollte."
Der andere Sohn der Kläger, M, wohnte bis zum Ende des Jahre 2014 auf Grundlage eines Mietvertrages im Hause der Kläger, L, S-straße. Dieser Mietvertrag wurde nach Angaben der Kläger durch mündliche Vereinbarung und Einstellung der Mietzahlung Anfang 2015 aufgehoben. Seither wohnte der Sohn M unentgeltlich in dieser Wohnung.
Der Beklagte veranlagte die Kläger in den Jahren 2013 bis 2015 zunächst erklärungsgemäß und erkannte dabei Verluste aus Vermietung und Verpachtung aus dem Objekt "L, H-weg 18" von 114.000 € (2013), 245.918 € (2014) und 100.087 € (2015) steuermindernd an. Der - nur teilweise vorläufige - Einkommensteuerbescheid 2013 datierte vom 6. Mai 2014 und wurde bestandskräftig. Der Einkommensteuerbescheid 2014 erging zunächst am 20. April 2015 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 AO). Im Rahmen eines Änderungsbescheides vom 18. Juni 2015 hob der Beklagte den Vorbehalt der Nachprüfung schließlich auf. Für das Streitjahr 2015 erging der entsprechende Einkommensteuerbescheid am 23. Mai 2016. Dieser Einkommensteuerbescheid 2015 wurde bestandskräftig.
Im Rahmen der Bearbeitung der Einkommensteuererklärung für das Folgejahr 2016 (Erklärungseingang am 7. Februar 2017) fiel das Fehlen einer Anlage V für das Grundstück "L, H-weg 18" auf. Auf Nachfrage teilten die Kläger mit, dass die Immobilie H-weg mit notarieller Urkunde vom 9. Juli 2015 - mit Wirkung vom 1. Januar 2016 - im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf den Sohn J übertragen worden sei. Mit Schreiben vom 23. Mai 2017 teilten die Kläger ergänzend mit, dass ursprünglich geplant gewesen sei, das Grundstück für eine längere Zeit zu vermieten und hiermit Einkünfte zu erzielen. Die wirtschaftliche Situation des Sohnes und seiner Ehefrau habe sich so gestaltet, dass sie die Miete leicht hätten zahlen können. Dann habe sich die Situation durch die Geburt eines Enkelsohnes im Dezember 2014 dergestalt geändert, dass die Schwiegertochter nach Ende der Elternzeit nicht mehr in Vollzeit würde arbeiten können. Wegen der eintretenden Einkommenseinbußen sei die weitere Mietzahlung daher mit Schwierigkeiten verbunden gewesen. Deshalb hätten die Kläger helfen müssen. Der Kläger habe das Grundstück "L, H-weg 18" durch notariellen Vertrag vom 9. Juli 2015 daher unentgeltlich auf den Sohn übertragen. Parallel dazu sei dem anderen Sohn der Kläger, M, die Wohnung in der S-straße unentgeltlich zur Nutzung überlassen worden.
Das beklagte Finanzamt vertrat dagegen die Auffassung, dass der tatsächliche Sachverhalt nicht vollständig erklärt worden sei. Es hätte hinsichtlich des Objektes "L, H-weg 18" keine Vermietungstätigkeit vorgelegen. Die Übertragung des schließlich umgebauten Hauses an den Sohn habe von vornherein festgestanden.
Der Beklagte änderte daraufhin den Einkommensteuerbescheid 2015 vom 23. Mai 2016 gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO durch Bescheid vom 30. November 2017 und erkannte dabei den Verlust aus der Vermietung des Grundstücks "L, H-weg 18", nicht mehr an. In gleicher Weise änderte der Beklagte die bestandskräftigen Einkommensteuerfestsetzungen 2013 und 2014. Gegen sämtliche Änderungsbescheide vom 30. November 2017 legten die Kläger Einspruch ein. Das Einspruchsverfahren für die Jahre 2013 und 2014 ruht derzeit.
Zur Begründung des Einspruchs gegen den geänderten Einkommensteuerbescheid 2015 vom 30. November 2017 trugen die Kläger vor, es habe eine Einnahmeerzielungsabsicht bestanden. Es seien auch Einnahmen in erheblichem Umfange erzielt worden. Der entsprechende Mietvertrag habe dem Finanzamt vorgelegen und sei geprüft worden. Sämtliche Rechnungen hätten dem Finanzamt zur Prüfung vorgelegen. Die Übertragung an den Sohn sei im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge unentgeltlich erfolgt. Der Sohn J sei als Rechtsnachfolger in die Rechtsposition des Vorgängers eingetreten und habe diese fortgeführt. Die vorweggenommene Erbfolge mit Wirkung zum 1. Januar 2016 hätte keine Auswirkung auf die steuerliche Beurteilung in den Jahren bis Ende 2015 gehabt.
Im Rahmen der weiteren Einspruchsbearbeitung bat der Beklagte um Vorlage geeigneter Unterlagen, aus denen sich der Beginn der Selbstnutzung ergebe. Weiterhin bat der Beklagte um Vorlage der Kostenermittlung der vom Mieter vorgenommenen baulichen Veränderungen nebst Nachweises entsprechender Zahlungen des Mieters. In der Folge übersandten die Kläger Kopien von Kontoauszügen für die Zeit vom 8. September bis 30. September 2014, die Zuzahlungen der Mieter in Höhe von 65.520,42 € belegten. Zudem konnten die Kläger dadurch die Mietzahlungen für die Monat August und September 2014 (je 1.550 €) nachweisen. Zudem gaben die Kläger auf Nachfrage an, die Regelung hinsichtlich der von den Mietern zu tragenden Nebenkosten habe die Verbrauchskosten wie Wasser, Strom, Müll und Heizung betroffen. Eine Erstattung der vom Kläger getragenen Aufwendungen für Versicherung und Grundsteuer durch den Sohn sei nicht erfolgt, weil versäumt worden sei, eine Nebenkostenabrechnung zu erstellen.
Schließlich ermittelte das beklagte Finanzamt im Einspruchsverfahren, dass die Ummeldung der Mieter laut Melderegister zum 5. November 2014 erfolgte.
Mit Einspruchsbescheid vom 11. April 2018 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Das beklagte Finanzamt sei nicht davon überzeugt, dass der Kläger in den Jahren 2013 bis 2015 die Absicht gehabt habe, auf Dauer Einkünfte aus der Vermietung des Objektes "L, H-weg 18", zu erzielen. Dabei stellte das Finanzamt auf den engen Zeitraum zwischen dem Erwerb von der Mutter und der Übertragung auf den Sohn als Indiz ab. Von Beginn an habe die Absicht des Klägers bestanden, das Grundstück auf seinen Sohn unentgeltlich übertragen zu wollen. Im Streitfall mangele es an dem Mieternachweis über eigene Baumaßnahmen. Dass der Kläger und sein Sohn sich auf eine Schätzung der auf sie jeweils entfallenden Beträge aus Gesamtrechnungen der Handwerker untereinander eingelassen hätten, sei Ausdruck eines den Gleichklang wirtschaftlicher Interessen indizierenden Näheverhältnisses gewesen und dokumentiere die private Veranlassung der gewählten Vertragsgestaltung, die auf eine nur zeitlich eingeschränkte Vermietung, die in eine Selbstnutzung des Objektes durch den Sohn münden sollte, hindeute.
Zudem enthalte der Mietvertrag keinen Hinweis darauf, dass das Wohnhaus in Kürze durch einen Anbau/Dachgeschossausbau erweitert werden und die Zahl der Zimmer sowie die Wohnfläche (zusätzlich 36,36 qm) sich nach Abschluss der Umbaumaßnahmen nachhaltig vergrößern sollte. Zudem wies das beklagte Finanzamt darauf hin, dass entgegen der tatsächlichen Durchführung die erste Mietzahlung erst zum 1. November 2014 hätte erfolgen müssen. Schließlich fehlten auch hinreichende Indizien für einen im Jahr 2015 neu gefassten Entschluss des Klägers, die Wohnung H-weg 18 seinem Sohn unentgeltlich zur Selbstnutzung zu überlassen. Dass der Familienzuwachs beim Sohn den Kläger (plötzlich) zum Entschluss gezwungen habe, das Grundstück - mit einer Zeitverzögerung von fast sechs Monaten - unentgeltlich auf diesen zu übertragen, könne man selbst dann nicht gelten lassen, wenn dem anderen Sohn der Kläger bereits seit Anfang des Jahres 2015 eine andere Wohnung unentgeltlich zur Nutzung überlassen worden sei. Den finanziellen Engpass beim Sohn und seiner Familie hätte der Kläger auch durch andere Maßnahmen, z. B. unentgeltliche Überlassung der Wohnung, überbrücken können. Aus diesen Umständen sei ersichtlich, dass die Vermietung nicht auf Dauer angelegt gewesen sei. Aufgrund des Gesamtverlustes von über 400.000 € fehle es im tatsächlichen Vermietungszeitraum an einer Einkünfteerzielungsabsicht.
Die Voraussetzungen für eine Änderung des Einkommensteuerbescheides 2015 hätten vorgelegen. Die Kläger hätten in ihrer Einkommensteuererklärung 2015 die unentgeltliche Übertragung des Grundstücks "L, H-weg 18" durch notariellen Vertrag vom 9. Juli 2015 mit Wirkung ab 1. Januar 2016 auf den Sohn unerwähnt gelassen, obgleich die Übertragung zum Zeitpunkt der Erklärungsabgabe bereits vollzogen worden sei. Dadurch sei der Sachverhalt in einem anderen Lichte erschienen und habe für die Annahme ausgereicht, dass der Kläger in den Jahren 2013 bis 2015 nicht die Absicht gehabt habe, auf Dauer Einkünfte aus der Vermietung des Objektes "L, H-weg 18" zu erzielen. Wegen der unterlassenen Mitteilung der Grundstücksübertragung habe das beklagte Finanzamt keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen gehabt. Auch müsse der Beklagte wegen einer möglicherweise vorhandenen Veräußerungsmitteilung die Grundstücksübertragung nicht als bekannt gegen sich gelten lassen. Eine möglicherweise vorhandene Veräußerungsmitteilung lasse die Erklärungspflicht des Steuerpflichtigen jedoch nicht entfallen.
Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage, mit der die Kläger ihr Begehren aus dem Einspruchsverfahren weiterverfolgen. Zur Begründung vertiefen sie ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren und tragen im Wesentlichen Folgendes vor:
Entgegen der Auffassung des beklagten Finanzamtes gebe es keine neuen Tatsachen, die eine Änderung des bestandskräftigen Einkommensteuerbescheides 2015 rechtfertigen würden. Entgegen der Behauptung des Finanzamtes habe in den Jahren bis 2015 nicht nur eine Einnahmeerzielungsabsicht bestanden. Es seien auch in erheblichem Umfange tatsächlich Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung erzielt worden. Der entsprechende Mietvertrag habe dem Finanzamt vorgelegen und sei überprüft worden. Die entsprechenden Werbungskosten in diesem Zusammenhang seien daher auch abzugsfähig. Dies gelte auch für die entsprechenden Erhaltungsaufwendungen. Alle diesbezüglichen Rechnungen hätten dem Beklagten vorgelegen. Die Übertragung auf den Sohn J sei weder eine Veräußerung noch hätten die Kläger die Vermietung auf andere Art aufgegeben. Es handele sich um eine vorweggenommene Erbfolge. Der Sohn sei als Rechtsnachfolger vollständig in die Rechtsposition des Vorgängers eingetreten und führe diese weiter. Die vorweggenommene Erbfolge mit Wirkung zum 1. Januar 2016 habe keine Auswirkungen auf die steuerliche Beurteilung in den Jahren bis zum 31. Dezember 2015. Der Sohn nutze das Haus weiterhin, allerdings derzeit durch Selbstnutzung, sodass bei ihm derzeit keine Möglichkeit zum Abzug von Werbungskosten bestünden. Er könne jedoch auch ausziehen und das Objekt vermieten, beispielsweise, wenn er oder seine Frau aus L versetzt würden. Dann würde das Objekt wieder zur Erzielung von Einkünften genutzt.
Bei den vermeintlichen neuen Tatsachen handele es sich lediglich um Unterstellungen. Es sei tatsächlich ernsthaft geplant gewesen, das Grundstück für eine längere Zeit zu vermieten und damit Einkünfte zu erzielen. Die wirtschaftliche Situation des Sohnes und seiner Frau hätten sich jedoch durch die Geburt des Sohnes und tatsächlichen höheren Herstellungskosten für die Erweiterungen verschlechtert. Auf diese schwierige finanzielle Situation nach Geburt des Enkelsohnes habe man im Jahr 2015 reagiert und neu entschieden. Eine weitere Überlegung habe diese Entscheidung erleichtert. Auch dem anderen Sohn M hätten die Kläger inzwischen die Miete erlassen. Deshalb sei es auch wegen der Gleichbehandlung beider Kinder unbillig gewesen, J und seiner Frau trotz deren inzwischen verminderter Leistungsfähigkeit weiterhin die Miete abzuverlangen. Dies seien die geänderten Überlegungen gewesen, die neue Entscheidungen zur Folge gehabt und dazu geführt hätten, dass die Kläger ihren ursprünglichen Plan, langfristig Mieteinnahmen zu erzielen, aufgegeben hätten.
Es sei im Übrigen zulässig, Reparaturmaßnahmen in die Zeit der Vermietung vorzuverlagern, auch wenn die spätere Selbstnutzung fest geplant sei. Nach Auffassung des Bundesfinanzhofes (BFH) im Urteil vom 10. Oktober 2000 (IX R 15/96) sei typisierend anzunehmen, dass die während der Vermietungszeit durchgeführten Erhaltungsmaßnahmen noch der Einkünfteerzielungsabsicht dienten und als Werbungskosten zu berücksichtigen seien. Ein Zusammenhang der Aufwendungen mit der Selbstnutzung sei nicht festzustellen. Der bei weitem größte Teil der Aufwendungen sei entstanden, um die völlig unzureichende Wärmedämmung zu verbessern und hätte bei jeder Vermietung erfolgen müssen. Im Übrigen seien alle wesentlichen, zur Beurteilung des Mietvertrages erforderlichen Tatsachen dem Beklagten bekannt gewesen. Es treffe zwar zu, dass im Rahmen der Abgabe der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2015 eine Mitteilung über die Übertragung im Rahmen des Veranlagungszeitraumes nicht gemacht worden sei. Die Übertragung sei jedoch mit Wirkung zum 1. Januar 2016 erfolgt. Für das Streitjahr ergebe sich hieraus keine Auswirkung. Erst im VZ 2016 sei keine Zurechnung des Mietobjektes beim Kläger mehr gegeben. Hieraus habe sich jedoch kein Anlass ergeben, im VZ 2015 auf diesen Umstand hinzuweisen. Die amtlichen Formulare sähen derartige Fragen und Hinweise auch nicht vor. Auch Steuerberater hätten in diesem Zusammenhang keine Verpflichtung, derartige Angaben zu machen. Dass bereits Verträge geschlossen seien, die erst Bedeutung für spätere Veranlagungszeiträume hätten, sei nicht ungewöhnlich. Dies führe jedoch nicht dazu, dass diese bereits in früheren Jahren erwähnt werden müssten.
Die Grundstücksübertragungen vom 27. Dezember 2012 seien kein Indiz für eine kurzfristige Übertragung auch des Grundstücks H-weg 18 auf den Sohn. Der Sohn M habe auch nicht wertmäßig mehr erhalten, weil J kurzfristig das Grundstück H-weg erhalten sollte. Tatsächlich seien die Übertragungen vom 27. Dezember 2012 lediglich zur Minderung von Erbschaftsteuer durch Verteilung des Nachlasses auf mehrere Übertragungen im Abstand von mehr als zehn Jahren erfolgt. Eine wirtschaftliche Zuwendung habe es dabei nicht gegeben, weil sämtliche Übertragungen unter Nießbrauchsvorbehalt erfolgt seien. Beide Kinder hätten lediglich eine Rechtsposition erhalten, die zu diesem Zeitpunkt und bis heute keinerlei wirtschaftliche Bedeutung hätten. Daraus habe sich keine Notwendigkeit ergeben, hier irgendwie zu einer gleichmäßigen Behandlung beider Kinder zu kommen. Dies sei durch Regelungen im Testament erfolgt.
Bezüglich des weiteren Vorbringens wird auf die Klageschrift vom 22. April 2018, sowie die Schriftsätze vom 15. September 2018 und 3. November 2018 Bezug genommen.
Die Kläger beantragen,
den geänderten Einkommensteuerbescheid 2015 vom 30. November 2017, in Gestalt des Einspruchsbescheides vom 11. April 2018, ersatzlos aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung des Klageabweisungsantrages verweist der Beklagte auf seinen Einspruchsbescheid vom 11. April 2018. Die Beweisanzeichen des Streitfalles sprächen dafür, dass der Kläger von Anfang an nur eine kurzfristige Vermietung geplant habe und die offensichtliche und zeitlich einschränkte Vermietung in einer Selbstnutzung des Objektes durch den Sohn münden sollte. Dass der Kläger infolge der Geburt seines Enkels in einer temporär überschwänglichen Gemütsverfassung den (neuen) Entschluss zur Übertragung des Grundstücks auf den Sohn gefasst habe, erscheine in Anbetracht der Anzeichen für eine im Voraus geplante Eigennutzung durch den Sohn als neuer Eigentümer lediglich als fingiert. Der Mietvertrag sei jedenfalls nicht mit der gebotenen Ernsthaftigkeit vollzogen worden. Die Umstände zeigten deutlich, dass das Haus insgesamt als Familienwohnsitz des Sohnes J hergerichtet werden sollte. Die angedachte langfristige Vermietung sei nur aus Steuerersparnisgründen vorgeschoben worden. Von vornherein sei klar gewesen, dass es nach Ablauf der Investitionsphase zum Erlöschen des Mietverhältnisses kommen und diese Einkunftsquelle in eine Selbstnutzung überführt werden sollte. Ein Überschuss sei aufgrund dieser kurzen Mietdauer nicht erzielbar gewesen.
Die Voraussetzungen für eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO seien gegeben. Der Tatbestand, dass das Grundstück "L, H-weg 18" zum 1. Januar 2016 im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unentgeltlich vom Kläger auf seinen Sohn J übertragen worden sei, sei dem Finanzamt im Zeitpunkt der Willensbildung über die Einkommensteuerfestsetzung 2015 (Schlusszeichnung am 11. Mai 2016) nicht bekannt gewesen. Für die Beurteilung der Frage, ob eine dauerhafte Vermietung vorliege oder nicht, sei diese Tatsache aber von substantieller Bedeutung. Der Mietvertrag sei nicht vertragsgemäß gelebt worden. Die Mietzahlungen für August und September 2014 seien durch den Sohn erst am 15. September 2014 überwiesen worden. Außerdem hätten die Vertragsparteien keine Nebenkostenabrechnungen vorgenommen. Die fehlende Überschusserzielungsabsicht infolge der nur kurzfristigen Vermietungstätigkeit sei dem Finanzamt erst bei den Veranlagungsarbeiten für das Jahr 2016 bekannt geworden. Auch bei unentgeltlichen Übertragungen sei die Einkünfteerzielungsabsicht alleine beim Kläger zu überprüfen. Die Berücksichtigung des Verhaltens des Sohnes sei insoweit unerheblich. Der Sohn habe aufgrund des Mietvertrages die Möglichkeit gehabt, das Objekt genau nach seinen individuellen Wünschen zu gestalten. Dies habe er durch die Investitionen von eigenen finanziellen Mitteln auch umgesetzt. Eine solche Vorgehensweise sei unter fremden Dritten unüblich und erkläre sich dadurch, dass eine längerfristige Selbstnutzung durch ihn von vornherein geplant gewesen sei.
Auf Befragen des Gerichts hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass er gewusst habe, dass die Klägerin dem Sohn J während der Vermietungszeit monatlich 1.500 € zur Unterstützung überwiesen habe. Zum Zeitpunkt des Einzugs der Mieter hat der Kläger zudem erklärt, ein konkretes Datum nicht nennen zu können, da sich der Umzug über einen längeren Zeitraum erstreckt habe.
Entscheidungsgründe
1. Die Klage ist unbegründet.
Der geänderte Einkommensteuerbescheid 2015 vom 30. November 2017, in Gestalt des Einspruchsbescheides vom 11. April 2018, ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-).
Der Beklagte hat zu Recht den Verlust aus der Vermietung des Objektes "L, H-weg 18" mangels Vorliegen einer Einkünfteerzielungsabsicht nicht mehr zum Abzug zugelassen (hierzu unter a.) und durfte den Einkommensteuerbescheid 2015 vom 23. Mai 2016 auch entsprechend gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO ändern (dazu unter b.). Aufgrund dessen kam es nicht mehr darauf an, ob das Mietverhältnis überhaupt als Ganzes wegen Annahme eines Scheinmietverhältnisses oder fehlender tatsächlicher Durchführung steuerlich anzuerkennen war (dazu unter c.).
a. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erzielt, wer ein Grundstück gegen Entgelt zur Nutzung überlässt und beabsichtigt, auf die voraussichtliche Dauer der Nutzung des Grundstücks einen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen (vgl. Urteile des BFH vom 14. Dezember 2004 IX R 1/04, BFHE 208, 235, BStBl II 2005, 211, und vom 10. Oktober 2000 IX R 52/97, BFH/NV 2001, 587, m. w. N.).
aa. Nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich und typisierend davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, einen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften (ständige Rechtsprechung, grundlegend Urteil vom 30. September 1997 IX R 80/94, BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771; vgl. auch Urteile vom 19. April 2005 IX R 10/04, BFHE 210, 20, BStBl II 2005, 692, und IX [BFH 08.07.2004 - VII R 55/03] R 15/04, BFHE 210, 24, BStBl II 2005, 754 [BFH 19.04.2005 - IX R 15/04]).
Diese Annahme setzt voraus, dass der Steuerpflichtige den Entschluss, auf Dauer zu vermieten, endgültig gefasst hat; hieran fehlt es, wenn der Steuerpflichtige das Grundstück kurzfristig wieder verkaufen will oder wenn er sich noch nicht entschieden hat, ob er das Grundstück langfristig vermieten oder kurzfristig verkaufen will (vgl. BFH-Urteil vom 4. Dezember 2001 IX R 70/98, BFH/NV 2002, 635). Demgegenüber ist die Einkünfteerzielungsabsicht nach Maßgabe der Grundsätze des Urteils in BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771 [BFH 30.09.1997 - IX R 80/94] auch dann zu bejahen, wenn der Steuerpflichtige nach dem Beginn seiner Vermietungstätigkeit das bebaute Grundstück aufgrund eines neu gefassten Entschlusses veräußert (BFH-Urteile vom 9. Juli 2003 IX R 102/00, BFHE 203, 86, BStBl II 2003, 940 [BFH 20.08.2003 - I R 49/02], und vom 9. Juli 2002 IX R 47/99, BFHE 199, 417, BStBl II 2003, 580; siehe auch FG Baden-Württemberg, Urteil vom 23. April 2013 5 K 3591/09, juris, rkr).
Ein gegen die Einkünfteerzielungsabsicht sprechendes Indiz aber liegt vor, wenn der Steuerpflichtige ein bebautes Grundstück innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs - von in der Regel bis zu fünf Jahren - seit der Anschaffung oder Herstellung wieder veräußert und innerhalb dieser Zeit nur einen Werbungskostenüberschuss erzielt. Je kürzer der Abstand zwischen der Anschaffung oder Errichtung des Objekts und der nachfolgenden Veräußerung ist, umso mehr spricht dies gegen eine auf Dauer angelegte Vermietungstätigkeit und für eine von Anfang an bestehende Veräußerungsabsicht (z. B. BFH-Urteil in BFHE 199, 417, BStBl II 2003, 580 [BFH 09.07.2002 - IX R 47/99], unter II. 1. c am Ende). Entsprechendes gilt, wenn der Steuerpflichtige innerhalb des Fünf-Jahreszeitraums zur Selbstnutzung übergeht oder das Mietobjekt unentgeltlich überträgt (FG Düsseldorf, Urteil vom 10. Oktober 2007 7 K 2177/04 F, EFG 2008, 377).
Ob im Einzelfall Indizien gegen die Einkünfteerzielungsabsicht sprechen, ist eine Frage der Tatsachenfeststellung und Beweiswürdigung, die dem FG obliegt (BFH-Urteile in BFHE 208, 235, BStBl II 2005, 211 [BFH 14.12.2004 - IX R 1/04], und vom 9. Juli 2002 IX R 57/00, BFHE 199, 422, BStBl II 2003, 695, m. w. N.).
bb. Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechungsgrundsätze und aller besonderen Umstände des Einzelfalls ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger bei der Vermietung des Objektes "L, H-weg 18" an seinen Sohn J und seine Schwiegertochter nicht mit Dauervermietungsabsicht gehandelt hat mit der Folge, dass die Werbungskostenüberschüsse in der gesamten Vermietungszeit - und damit auch im Streitjahr 2015 - mangels Überschusserzielungsabsicht steuerlich nicht berücksichtigt werden können.
(1) Auch wenn - wie im Streitfall - beim Abschluss des Mietvertrages noch keine derartigen Beweisanzeichen für eine von vorn herein bestehende zeitliche Begrenzung der Vermietungsabsicht erkennbar sind, ist die für die Überschusserzielungsabsicht sprechende Regelvermutung im Sinne der vorgenannten BFH-Rechtsprechung (Urteil in BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771 [BFH 30.09.1997 - IX R 80/94]) gleichwohl nicht anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige das Objekt in engem mit der Anschaffung/ Herstellung (i.d.R. bis zu 5 Jahren) tatsächlich veräußert, zur Selbstnutzung übergeht oder unentgeltlich überträgt (vgl. hierzu auch Kulosa in: Schmidt, Kommentar zum EStG, 38. Aufl. 2019, § 21 Rz. 33 m. w. N. auf die Rechtsprechung).
Unstreitig hat der Kläger das Objekt "L, H-weg 18" mit notariellem Vertrag vom 9. Juli 2015 (mit Wirkung ab 1. Januar 2016) auf seinen Sohn im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen und die Vermietung damit innerhalb des vorgenannten - für die Annahme einer Dauervermietungsabsicht schädlichen - 5-Jahreszeitraums beendet. Selbst wenn man den im Mietvertrag festgelegten Beginn der Mietzeit am 1. Mai 2013 zugrunde legt, bestand das Mietverhältnis tatsächlich nur 2 Jahre und 8 Monate. Berücksichtigt man zudem den erst deutlich späteren tatsächlichen Beginn des Mietverhältnisses (unklar ob August 2014 - erste Mietzahlung - oder erst 5. November 2014 - Datum der Ummeldung-), bleiben als Mietzeit lediglich 14 bzw. 17 Monate.
(2) Entgegen der Auffassung der Kläger steht dieser zeitlichen Begrenzung des für die Beurteilung der Überschusserzielungsabsicht maßgeblichen Zeitraums auch die unentgeltliche Übertragung nicht entgegen.
Nach dem Grundsatz der Individualbesteuerung hat sich die Überschussprognose auch bei unentgeltlicher Übertragung einer Einkunftsquelle (etwa Vermietungsobjekt) regelmäßig an der Nutzung des Vermögensgegenstandes durch den Steuerpflichtigen zu orientieren. Nur ausnahmsweise kann auch die Nutzung durch einen (unentgeltlichen) Rechtsnachfolger berücksichtigt werden (BFH, Beschluss vom 18. April 2018 I R 2/16, BFHE 261, 298, BStBl II 2018, 567). So hat der BFH ausnahmsweise die Nutzung durch einen Rechtsnachfolger bei der Überschussprognose berücksichtigt, etwa bei der Nutzung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes durch mehrere Generationen (sog. "Generationenbetriebe"; dazu BFH, Urteil vom 24. August 2000 IV R 46/99, BStBl II 2000, 674, sowie BFH, Urteil vom 11. Oktober 2007 IV R 15/05, BStBl II 2008, 465), wegen der langen Nutzungsdauer von Gebäuden bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (BFH, Urteil vom 6. November 2001 IX R 97/00, BStBl II 2002, 726) sowie bei Renten, die erst nach dem Tod des Versicherungsnehmers an dessen Ehegatten ausgezahlt werden (BFH, Urteil vom 16. August 2004 (Anm. Dok-Stelle: richtiges Datum 16. September 2004) X R 29/02, BStBl II 2006, 234).
Vorliegend muss es jedoch bei der Beurteilung der Nutzung ausschließlich durch den Kläger allein schon deshalb verbleiben, weil sein Sohn als Rechtsnachfolger das Mietobjekt nicht zu Vermietungszwecken - sondern zur Selbstnutzung - genutzt hat. Die nur theoretische Möglichkeit einer späteren Vermietung bleibt hier außer Betracht, weil sie auf einem neuen Entschluss beruhen würde.
(3) Zur Überzeugung des Senats steht im Streitfall auch nicht fest, dass die Kläger das gegen die Dauervermietungsabsicht sprechende Indiz widerlegt haben.
Das sich aus der Übertragung innerhalb des 5-Jahreszeitraums ergebende Indiz für eine fehlende Dauervermietungsabsicht kann grundsätzlich vom Steuerpflichtigen widerlegt werden. Er kann das gegen die Überschusserzielungsabsicht sprechende Beweisanzeichen erschüttern, indem er Umstände darlegt und nachweist, die dafürsprechen, dass er den Entschluss zur Veräußerung, Selbstnutzung oder unentgeltlichen Übertragung erst nachträglich gefasst hat; denn es ist unschädlich, wenn er sich die Veräußerung, Selbstnutzung oder unentgeltlichen Übertragung des erworbenen Grundstücks allgemein für den Fall vorbehält, dass die Änderung äußerer Umstände und Bedingungen ihn dazu zwingen (BFH, Urteile vom 4. Dezember 2001 IX R 70/98, BFH/NV 2002, 635, m. w. N.; vom 9. Juli 2002 IX R 99/00, BFH/NV 2002, 1563).
Der BFH hat ein solches Widerlegen etwa akzeptiert bei einer Veräußerung nach vier Jahren wegen Trennung der Eheleute (BFH, Urteil vom 17. Dezember 2002 IX R 18/00, BFH/NV 2003, 749) oder einer Selbstnutzung aufgrund eingetretener schwerer Erkrankung des Ehegatten (BFH, Urteil vom 9. Oktober 2008 IX R 54/07, BFH/NV 2009, 150). Das FG Baden-Württemberg ist ebenfalls von einem später neu gefassten, kurzfristigen Veräußerungsentschluss in einem Fall ausgegangen, in dem die zuvor mietenden Angehörigen das Mietobjekt erwarben wegen einer drohenden Absenkung der Einkommensgrenze für die Eigenheimzulage in den Folgejahren (Urteil vom 23. April 2013 5 K 3591/09, juris, rkr).
Im vorliegenden Streitfall haben die Kläger vorgebracht, es sei zu einem neu gefassten, kurzfristigen Entschluss zur unentgeltlichen Übertragung des Mietobjektes auf den Sohn J gekommen, weil sich die wirtschaftliche Situation des Sohnes und seiner Frau durch die Geburt des Kindes (Dezember 2014) und tatsächlich höhere Herstellungskosten für die Erweiterungen verschlechtert habe und weil man die Söhne hinsichtlich der Tragung von Wohnkosten gleichbehandeln wollte. Seit Anfang 2015 habe man nämlich dem anderen Sohn M die Miete erlassen. Die Kläger hätten es wegen der Gleichbehandlung beider Kinder als unbillig angesehen, J und seiner Frau trotz deren inzwischen verminderter Leistungsfähigkeit weiterhin die Miete abzuverlangen.
Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Streitfalls überzeugt den Senat diese Argumentation nicht. Dabei fallen folgende Gesichtspunkte ins Gewicht:
Auch wenn der Beklagte das streitbefangene Mietverhältnis grundsätzlich steuerlich anerkannt hat, sieht es der Senat als außergewöhnlichen - fremdunüblichen - Umstand an, dass im Mietvertrag zwar der 1. Mai 2013 als Beginn des Mietverhältnisses festgelegt wird, die Zuverfügungstellung des Mietobjektes - die Hauptleistungspflicht des Vermieters - wegen umfangreicher Renovierungs- und Umbaumaßnahmen tatsächlich erst ca. 1,5 Jahre später erfolgt. Der Senat geht in diesem Zusammenhang davon aus, dass zivilrechtlich als Mietzeitbeginn - anders als § 2 Ziff. 1 (Mietzeit: Mietverhältnis beginnt am 1. Mai 2013) vermuten lässt - entsprechend der Regelung des § 5 des Mietvertrags (Zustand und Übergabe der Mieträume) erst der Zeitpunkt anzunehmen ist, in dem das Objekt zum Zwecke der Gebrauchsgewährung tatsächlich übergeben werden (vgl. Kern in: Spielbauer/Schneider, Mietrecht, 2. Aufl. 2018, § 535 BGB, Inhalt und Hauptpflichten des Mietvertrags, Rz. 229; Weidenkaff in: Palandt, BGB, § 535 Rn. 15). Erst ab diesem Zeitpunkt, der im Streitfall frühestens mit dem Beginn des Monats August 2014 (erste Mietzahlung) anzunehmen ist, sind die Ansprüche aus den Hauptleistungspflichten (Gebrauchsüberlassung, Mietzahlung) durchsetzbar. Nach Auffassung des Senates kann auch - steuerlich - erst ab diesem Zeitpunkt von dem eigentlichen Beginn des Mietverhältnisses ausgegangen werden. In diesem Zusammenhang gewährt der vor Beginn der Bauarbeiten geschlossene Mietvertrag lediglich dem Mieter - im Sinne eines Vorvertrags - die Sicherheit, dass nach Abschluss der Renovierungsarbeiten der Anspruch auf Gebrauchsüberlassung gesichert ist. Davon abgesehen haben die Mietvertragsbeteiligten auch im Zeitraum 25. April 2013 (Abschluss des Mietvertrags) bis 1. August 2014 (frühestens Beginn der Vermietung) weiter auch keine Folgerungen aus dem Mietvertrag gezogen, insbesondere sind keine Nebenkostenabrechnungen erfolgt.
Selbstverständlich hat diese Annahme des tatsächlichen Mietbeginns keine unmittelbare Auswirkung auf die Erwerbsveranlassung der zuvor entstandenen Werbungskosten. Hier ist gleichwohl ein Abzug als vorab veranlasste Aufwendungen zulässig, sofern mit Überschusserzielungsabsicht gehandelt wird. Gleichwohl ergibt sich hieraus, dass die Ausführungen der Kläger zur Widerlegung der vorgenannten Indizwirkung gegen eine Dauervermietungsabsicht in einem anderen Licht erscheinen.
Bei dem so definierten Beginn des Mietverhältnisses (ggf. erst zum Zeitpunkt des tatsächlichen Bezugs, frühestens August 2014, möglicherweise auch erst gemäß Melderegister am 5. November 2014) waren die von den Klägern angeführten, den Entschluss zur Übertragung der Immobilie tragenden Umstände bereits eingetreten bzw. deutlich erkennbar. Sofern tatsächlich der ernsthafte Plan eines dauerhaften Mietverhältnisses bestanden hat, hätte sich geradezu aufgedrängt, den Mietvertrag erst gar nicht zur Wirkung kommen zu lassen, sondern die unentgeltliche Übertragung oder eine unentgeltliche Überlassung sogleich in Gang zu setzen. Zum Zeitpunkt des Einzugs standen die Geburt des Enkelsohnes und die sich daraus ergebenen finanziellen Einbußen bei der Schwiegertochter infolge Auszeit oder Teilzeittätigkeit fest. Zudem muss es schon um diesen Zeitpunkt herum Überlegungen gegeben haben, dem Sohn M seine Miete an die Kläger zu erlassen (Umsetzung zum 1. Januar 2015). Unter dem von den Klägern angeführten Gleichbehandlungsgrund machte es - abgesehen von steuerlichen Gründen - keinen Sinn, dem Sohn J das Objekt "L, H-weg 18" noch entgeltlich (wie behauptet tatsächlich bis Ende 2015) zu überlassen. Wird dennoch das Mietverhältnis angesichts der von den Klägern angeführten Begleitumstände tatsächlich in Gang gesetzt, handelt es sich jedenfalls nur um ein nun zeitlich begrenztes Mietverhältnis bis zur beabsichtigten unentgeltlichen Übertragung.
Dass der Sohn des Klägers und seine Ehefrau die Mietzahlung tatsächlich mit dem Einzug aufgenommen haben, kann angesichts der Gesamtumstände nur den Zweck gehabt haben, nach außen gegenüber dem Finanzamt während der Zeit des Entstehens der sehr hohen Renovierungs- und Umbaukosten den Eindruck des Bestehens eines auf Dauer angelegten Mietverhältnisses zu erzeugen. Hierfür spricht aus Sicht des Senates auch die Zeitdauer zwischen Abschluss des notariellen Übertragungsvertrags (9. Juli 2015) und der Festlegung des Zeitpunktes des Eigentumsübergangs (1. Januar 2016). Wären die von den Klägern angeführten Gründe nicht nur vorgeschoben, wäre es aus Sicht des Senates nicht erklärlich, warum der Sohn J trotz der behaupteten Minderung der finanziellen Leistungsfähigkeit den Klägern noch das ganze Jahr 2015 Miete zahlen musste, wenn zeitlich dem anderen Sohn bereits seit Anfang 2015 die Miete erlassen wird. Der Senat sieht sich in dieser Annahme auch in dem Umstand bestätigt, dass der Beginn des Mietverhältnisses bereits vertraglich auf den 1. Mai 2013 festgelegt wird, obwohl den Beteiligten klar war, dass zu diesem Zeitpunkt die Gewährung der Nutzungsüberlassung nicht erfolgen konnte und auch der vertraglich festgelegte Übergabetermin (spätestens 31. Dezember 2013) unrealistisch erscheint. Durch diese Vorverlegung des Mietzeitbeginns und der auffallend langen Zeitspanne zwischen dem Abschluss des notariellen Übertragungsvertrags und der Eigentumsübertragung erscheint der Zeitraum des Bestehens des Mietverhältnisses länger als er tatsächlich war. Zudem wird dadurch "verdeckt", dass bei tatsächlichem Beginn des Mietverhältnisses dessen nahe Beendigung bereits geplant war. Schließlich versetzte das Hinausschieben des Datums der Eigentumsübertragung in das Jahr 2016 den Kläger in die Lage, den Übertragungsvertrag nicht mit der Steuererklärung 2015 - sondern erst in einem VZ nach Beendigung der Renovierungsarbeiten - dem Finanzamt vorlegen zu müssen.
Außerdem hätten die von den Klägern geschilderten Umstände - im Unterschied zu den vom BFH bisher entschiedenen Fällen - in keiner Weise zur Aufgabe der Vermietungstätigkeit gezwungen. Die unentgeltliche Übertragung an den Sohn hätte nicht die Folge sein müssen. Es wäre gleichsam etwa eine zeitweise Minderung der Miete oder die Schenkung eines Geldbetrags zur Überwindung finanzieller Engpässe in Betracht gekommen.
Wie sich erst im Klageverfahren herausgestellt hat, ist ein entsprechender Ausgleich für die Mietbelastung auch tatsächlich durch die betragsgleichen monatlichen Unterstützungszahlungen der Klägerin an ihren Sohn erfolgt mit der Folge, dass die mit dem Kläger vereinbarte Miete - wirtschaftlich betrachtet - die Mieter gar nicht belastet, mit anderen Worten sie quasi unentgeltlich wohnen. Einer unentgeltlichen Übertragung hätte es zum Ausgleich einer finanziellen Belastung durch die Mietzahlungen tatsächlich gar nicht bedurft. Mit diesem, erst im Klageverfahren offenbarten Sachverhalt fällt die Argumentation des Klägers gleichsam in sich zusammen.
Im Übrigen betreffen die vorgebrachten, den Entschluss für die Übertragung tragenden Umstände ausschließlich die Sphäre der Mieter. Zwingende (objektive) Gründe in der Person des Klägers wurden nicht vorgetragen. Der Senat weist in diesem Zusammenhang auch auf die Rechtsprechung des BFH zur Widerlegung der Veräußerungsabsicht im Rahmen des gewerblichen Grundstückshandels hin (vgl. hierzu auch Wacker in: Schmidt, Kommentar zum EStG, 38. Aufl. 2019, § 15 Rz. 48 m. w. N. auf die BFH-Rechtsprechung). Bei Veräußerung eines Objektes innerhalb von 5 Jahren kann danach die indizierte Veräußerungsabsicht nicht durch die konkreten Anlässe oder persönlichen Motive für die Übertragung widerlegt werden. Nur objektive Umstände können die Indizwirkung widerlegen.
Bei der Gesamtbetrachtung musste der Senat auch berücksichtigen, dass das Objekt "L, H-weg 18" das Elternhaus des Klägers ist, umfassend - in der Größenordnung eines Neubaus - renoviert und nach den Bedürfnissen des Sohnes umgebaut wurde. Zudem konnte nicht außer Acht bleiben, dass das Objekt nach eigenem Bekunden der Kläger in jedem Fall in der Familie bleiben sollte und daher eine durchaus mögliche Option - Vermietung an Fremde nach Auszug des Sohnes und der Schwiegertochter - von vorn herein ausgeschlossen war.
Im Ergebnis geht der Senat davon aus, dass der Kläger von Anfang an vorhatte, das Objekt nach einer kurzen Vermietungsphase an den Sohn J unentgeltlich zu übertragen und damit nur für diese Zeit Vermietungseinkünfte in Form von Werbungskostenüberschüssen zu erzielen. Auch aus steuerlicher Sicht hätte eine langfristige Vermietung mit der Erzielung und Versteuerung von Überschüssen bei den Klägern angesichts der Einkommenshöhe - im Unterschied zu der Verrechnung von Werbungskostenüberschüssen - keinen Sinn gemacht.
Damit sind die in den Jahren 2013 bis 2015 sich ergebenden Werbungskostenüberschüsse aus materiell-rechtlicher Sicht mangels Feststellung einer Überschusserzielungsabsicht nicht abzugsfähig.
(4) Etwas anderes ergibt sich - entgegen der Auffassung der Kläger - auch nicht unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BFH zur typisierenden Berücksichtigung von Werbungskosten vor Beendigung des Mietverhältnisses. Bei den während der Vermietungszeit durchgeführten Erhaltungsmaßnahmen ist danach typisierend anzunehmen, dass sie noch der Einkünfteerzielung dienen und die dadurch entstandenen Aufwendungen - unabhängig vom Zahlungszeitpunkt - grundsätzlich als Werbungskosten zu berücksichtigen sind. Eine Aufteilung der Aufwendungen auf den Zeitraum der Vermietung und auf den der Selbstnutzung im Wege der Schätzung scheide mangels objektiver Abgrenzungskriterien aus. Deshalb sei allein der Zeitpunkt der Reparatur als maßgeblich zu erachten (vgl. BFH, Urteil vom 10. Oktober 2000 IX R 15/96, BFHE 193, 318, BStBl II 2001, 787).
Die Anwendung dieser Rechtsprechung führt zu keinem anderen Ergebnis, weil es hier nur um die Frage der Erwerbsveranlassung von Aufwendungen am Ende der Mietzeit geht. Die Rechtsprechungsgrundsätze sind damit nur anwendbar, wenn die Vermietungstätigkeit grds. von Überschusserzielungsabsicht getragen ist. Dies ist jedoch - wie dargestellt - nach Überzeugung des Senats nicht der Fall.
b. Der Beklagte konnte den Einkommensteuerbescheid 2015 vom 23. Mai 2016 auch entsprechend den Ausführungen zur materiellen Rechtslage gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO ändern, da die formellen Voraussetzungen einer Änderung des bestandskräftigen Bescheides vorlagen.
aa. Nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen. Tatsache i.S. des § 173 Abs. 1 AO ist alles, was Merkmal oder Teilstück eines gesetzlichen Steuertatbestands sein kann, also Zustände, Vorgänge, Beziehungen und Eigenschaften materieller oder immaterieller Art. Keine Tatsachen i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO sind demgegenüber Schlussfolgerungen aller Art, insbesondere juristische Subsumtionen (ständige Rechtsprechung, z. B. BFH-Urteile vom 21. August 2019 X R 16/17, DStR 2020, 105; vom 29. November 2017 II R 52/15, BFHE 260, 306, BStBl II 2018, 419, und vom 21. Februar 2017 VIII R 46/13, BFHE 257, 198, BStBl II 2017, 745, jeweils m.w.N.).
Nachträglich bekannt geworden ist eine Tatsache, wenn sie das Finanzamt beim Erlass des geänderten Steuerbescheids noch nicht kannte (z. B. BFH-Urteile in BFHE 238, 295, BStBl II 2013, 5 [BFH 13.06.2012 - VI R 85/10]; in BFHE 257, 198, BStBl II 2017, 745 [BFH 21.02.2017 - VIII R 46/13], und in BFHE 260, 306, BStBl II 2018, 419 [BFH 29.11.2017 - II R 52/15], Rz 25). Die Tatsache muss daher zu dem für eine Aufhebung oder Änderung nach § 173 AO maßgebenden Zeitpunkt bereits vorhanden, aber noch unbekannt sein. Keine neuen Tatsachen sind nachträglich entstandene Tatsachen (BFH, Urteil vom 9. März 2016 X R 9/13, BFHE 253, 299, BStBl II 2016, 815). Dies gilt auch für Hilfstatsachen, die den sicheren Schluss auf eine (innere) Haupttatsache (wie z.B. eine Kenntnis oder eine Absicht) zulassen (vgl. BFH, Urteile vom 12. März 2019 IX R 29/17, BFH/NV 2019, 1057; Loose in: Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 173 AO Rz 25). Da die einzelne Hilfstatsache nur ein Beweisanzeichen (kein Beweismittel) und damit nicht selbst Tatsache i. S. d. § 173 AO ist, kommt es auf den Zeitpunkt der Entstehung nicht an. So kann auch eine nach dem Zeitpunkt der Steuerfestsetzung entstandene oder bekannt gewordene Hilfstatsache, die für diesen Zeitpunkt zu einer veränderten Würdigung in Bezug auf eine innere Tatsache führt, eine Berichtigung nach § 173 AO rechtfertigen, denn durch sie wird die Haupttatsache nachträglich bekannt.
Bekannt sind alle Tatsachen, die dem für die Entscheidung über die Steuerfestsetzung zuständigen Sachbearbeiter zur Kenntnis gelangen (vgl. BFH-Urteil vom 16. Juni 2004 X R 56/01, BFH/NV 2004, 1502). Dabei ist grundsätzlich bekannt, was sich aus den bei der Finanzbehörde geführten Akten ergibt, ohne dass es auf die individuelle Kenntnis des Bearbeiters ankommt (BFH, Urteil vom 12. März 2019 IX R 29/17, BFH/NV 2019, 1057). Dazu gehören alle Schriftstücke, die bei der Dienststelle vorliegen oder sie im Dienstgang erreichen. Unerheblich ist, ob der Sachbearbeiter den Vorgang tatsächlich liest, in sein Wissen aufnimmt oder ihn nur überfliegt. Die Finanzbehörde muss sich den gesamten Inhalt der bei ihr geführten Akte als bekannt zurechnen lassen (vgl. BFH, Urteil vom 12. März 2019 IX R 29/17, BFH/NV 2019, 1057). Dies gilt auch, wenn der Bearbeiter den ihm vorliegenden Akteninhalt nicht vollständig prüft, z. B. weil er nur überschlägig prüft, ihm keine Prüfhinweise dazu vorliegen oder die vorliegenden Prüfhinweise andere im Änderungsverfahren nicht streitige Tatsachen betreffen. Eine andere Sichtweise würde es dem Finanzamt ermöglichen, durch einseitige Beschränkung seiner steuerlichen Ermittlungspflichten das Bekanntwerden bestimmter Tatsachen zu vermeiden und damit den gesetzlich geregelten Umfang der Bestandskraft nach eigenem Belieben zu verschieben. Verzichtet das Finanzamt daher auf die Sichtung ihm vorliegender Belege und damit auf die Nutzung ihm zugänglicher Erkenntnisquellen, so fällt dies in seinen eigenen Risikobereich (so auch BFH, Urteil vom 12. März 2019 IX R 29/17, BFH/NV 2019, 1057 m. w. N.).
Für das nachträgliche Bekanntwerden kommt es nicht auf die Kenntnis des Steuerpflichtigen und auch nicht auf die "Finanzbehörde" als solche, sondern allein auf die Kenntnis der für die Bearbeitung des Steuerfalls organisationsmäßig zuständigen Dienststelle des Finanzamts, nicht irgendeiner Stelle des Finanzamts an (von Wedelstädt in: Gosch, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 1. Aufl. 1995, 150. Lieferung, Stand 1. August 2019, § 173 AO Rz. 55). Die Kenntnisse einer anderen Stelle innerhalb einer Finanzbehörde muss sich die zuständige Stelle grundsätzlich nicht zurechnen lassen, es sei denn, vor Erlass der erstmaligen Steuerbescheide hat der Vorsteher des Finanzamts positive Kenntnis von der Tatsache erlangt oder derselbe Sachgebietsleiter war für beide Stellen zuständig gewesen und hat positive Kenntnis erlangt, sofern der Vorsteher ausnahmsweise oder der Sachgebietsleiter die Veranlagung zeichnet. Bei der Änderung eines Steuerbescheids wegen nachträglich bekannt gewordener Tatsachen nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO kann daher der Dienststelle, die für die Bearbeitung der Einkommensteuer zuständig ist, nicht das Wissen einer anderen Dienststelle zugerechnet werden (etwa BFH, Beschluss vom 20. Mai 2014 III B 135/13, BFH/NV 2014, 1351 zum Verhältnis zwischen Einkommensteuer- und Körperschaftsteuerdienststelle).
bb. Im Streitfall hatte der Beklagte in den VZ 2013 bis VZ 2015 bis zur jeweiligen abschließenden Schlusszeichnung des Eingabewertbogens (im Streitfall: 11. Mai 2016) keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Vermietungstätigkeit innerhalb eines Zeitraums von 5 Jahren seit Beginn der Vermietung wieder beendet wird. Dies hat das beklagte Finanzamt erstmal - auf Nachfrage - im Rahmen der Bearbeitung der Einkommensteuererklärung 2016 und der anschließenden Vorlage des Übertragungsvertrags vom 9. Juli 2015 erfahren. Die unentgeltliche Übertragung hat im Streitjahr stattgefunden und stellt für den Beklagten eine (Hilfs-)Tatsache dar, die auf die Beurteilung der inneren Haupttatsache "Überschusserzielungsabsicht" Einfluss hast. Da es sich bei dieser Hilfstatsache nur um ein Beweisanzeichen handelt, kommt es auf den Entstehungszeitpunkt nicht an mit der Folge, dass allein diese Hilfstatsache auch die Änderung der nicht streitbefangenen Einkommensteuerbescheide 2013 und 2014 gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO trägt (vgl. etwa BFH, Urteile vom 6. Juli 1999 VIII R 17/97, BStBl II 2000, 306, und vom 6. Dezember 1994 IX R 11/91, BStBl II 1995, 192; FG München, Urteil vom 9. November 2005 1 K 2004/03, juris, rkr., alle zur Abgrenzung gegenüber der Anwendung des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO).
Zudem hat der Beklagte auch erst im Zuge des vorliegenden Einspruchsverfahrens erfahren, dass die Kläger die Geburt des Enkels (Dezember 2014) und sich daraus für den Sohn und die Schwiegertochter ergebende finanzielle Engpässe zum Anlass genommen haben, das Mietobjekt unentgeltlich auf den Sohn zu übertragen. Neu war für das Finanzamt in diesem Zusammenhang auch der tatsächlich spätere Beginn des Mietverhältnisses, die Höhe der dem Sohn J entstandenen Umbaukosten, die Vergrößerung der Wohnfläche und das Fehlen einer nach dem Mietvertrag erforderlichen Nebenkostenabrechnung. Zusammen mit der nachträglich bekanntgewordenen unentgeltlichen Übertragung bzw. vorzeitigen Beendigung des Mietverhältnisses lassen diese einzelnen Hilfstatsachen - wie oben dargelegt - die Frage der Dauervermietungsabsicht in einem anderen Licht erscheinen, zumal nach der darstellten BFH-Rechtsprechung die unterstellte Überschusserzielungsabsicht nicht mehr gilt und nunmehr der Kläger am Zuge gewesen wäre, das Indiz für das Fehlen der Dauervermietungsabsicht zu widerlegen.
Im Streitfall kommt es - entgegen der Auffassung der Kläger - nicht darauf an, ob etwa die Grunderwerbsteuerstelle oder eine andere Dienststelle Kenntnis von der unentgeltlichen Übertragung erhalten haben. Jedenfalls hatte die für die Einkommensteuerbearbeitung der Kläger zuständige Stelle nach Aktenlage keine Kenntnis.
c. Da die Klage bereits aus den unter a. und b. genannten Gründen keinen Erfolg haben konnte, konnte der Senat dahinstehen lassen, ob der streitbefangene Verlust aus der Vermietung des Grundstücks "L, H-weg 18" auch deshalb materiell-rechtlich nicht anzuerkennen war, weil das zugrundeliegende Mietverhältnis als Ganzes der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden konnte und die insoweit relevanten Tatsachen dem beklagten Finanzamt erst nachträglich bekannt geworden sind.
Der Senat weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung eines Mietverhältnisses zunächst ist, dass es nicht nur zum Schein abgeschlossen ist (§ 41 Abs. 2 AO) und überdies - im hier vorliegenden Falle eines Mietvertrags zwischen nahen Angehörigen bzw. nahestehenden Personen - zivilrechtlich wirksam geschlossen und sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entspricht (ständige Rechtsprechung, etwa BFH, Urteil vom 19. November 2014 VIII R 23/11, EStB 2015, 320).
Ein Mietverhältnis ist gemäß § 41 Abs. 2 AO für die Besteuerung unerheblich, wenn der Vermieter dem Mieter die Miete im vorhinein zur Verfügung stellt oder die Miete nach Eingang auf seinem Konto alsbald wieder an den Mieter zurückzahlt, ohne hierzu aus anderen Rechtsgründen verpflichtet zu sein. Ein Beweisanzeichen für eine solche Vorauszahlung oder Rückzahlung kann sich insbesondere daraus ergeben, dass der Mieter wirtschaftlich nicht oder nur schwer in der Lage ist, die Miete aufzubringen (BFH, Urteil vom 28. Januar 1997 IX R 23/94, BFHE 182, 542, BStBl II 1997, 655).
Diesbezüglich bestehen im Streitfall allein deshalb erhebliche Anhaltspunkte, weil die Klägerin mit Wissen des Klägers dem Sohn J monatlich - und zwar beschränkt auf den Zeitraum des Bestehens des behaupteten Mietverhältnisses - den exakt identischen Betrag, der monatlich als Miete überwiesen hat, als "Unterstützungsleistung" überwiesen hat. Daher bestehen erhebliche Zweifel, ob die gezahlte Miete tatsächlich endgültig aus dem Vermögen der Mieter in das Vermögen des Klägers als Vermieters gelangt ist. Dies gilt umso mehr, weil der Kläger die anschließende unentgeltliche Übertragung des Mietobjektes mit finanziellen Engpässen bei den Mietern infolge der Geburt des Sohnes begründet hat.
Hinsichtlich der tatsächlichen Durchführung des abgeschlossenen Mietverhältnisses ist auch erst nachträglich bekannt geworden, dass - entgegen der Vereinbarung im Mietvertrag ("Überlassung der Mieträume spätestens Ende 2013") - die Räumlichkeiten erst Ende 2014 überlassen wurden, eine um 50 € geringere monatliche Miete in 2015 überwiesen wurde und - anders als vereinbart - nicht sämtliche Nebenkosten von den Mietern getragen wurden (Gebäudeversicherung und Grundsteuer verblieben endgültig beim Kläger ohne Nebenkostenabrechnung). Zudem haben die Mieter die durchgeführten Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen nicht selbst durchgeführt und - entgegen der Sondervereinbarung zum Mietvertrag - dem Kläger als Vermieter gegenüber auch nicht nachgewiesen. Die insoweit entstandenen Aufwendungen sind - soweit ersichtlich - vom Kläger bezahlt und anschließend von den Mietern zum Teil erstattet worden. Eine genaue Abrechnung, welche Kosten auf den Umbau und die Erweiterung der Wohnfläche entfallen, ist vielmehr erkennbar nicht erfolgt. Neben der sicher unüblichen Festlegung des Beginns des Mietverhältnisses auf einen Zeitpunkt, der ca. 1,5 Jahre vor dem tatsächlichen Einzug liegt, fällt bei der Frage der Fremdüblichkeit ins Gewicht, dass die Miethöhe auf einer Wohnfläche von 150 qm beruht und im Anschluss an die Erweiterung um weitere 36,36 qm nicht angepasst wurde.
Wegen der Abweisung der Klage aus anderen Gründen kam es hierauf jedoch letzten Ende nicht an.
Nach alledem konnte die Klage keinen Erfolg haben.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.