Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 05.10.2010, Az.: 12 U 51/10
Wirksamkeit beeinträchtigender Verfügungen des erbvertraglich gebundenen Erblassers
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 05.10.2010
- Aktenzeichen
- 12 U 51/10
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2010, 37869
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:2010:1005.12U51.10.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Osnabrück - 16.06.2010 - AZ: 10 O 1571/09
Rechtsgrundlagen
- § 2287 BGB
- § 2288 BGB
Fundstelle
- ZEV 2011, 6
Amtlicher Leitsatz
Die Absicht, den Bestand eines Unternehmens zu erhalten und dieses auf einen geeigneten Nachfolger zu übertragen als billigenswertes Eigeninteresse des Erblassers i.S.v. § 2287 BGB.
In dem Rechtsstreit
1. H...B...,
2. S...B...,
3. C...B...,
Kläger und Berufungskläger,
Prozessbevollmächtigte:
...
gegen
J... B..., ...
Beklagter und Berufungsbeklagter,
Prozessbevollmächtigte:
...
hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Amtsgericht...auf die mündliche Verhandlung vom 7. September 2010 für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Kläger gegen das am 16.06.2010 verkündete Urteil des Einzelrichters der 10. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Klägern bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags abzuwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Gründe
I. Die Parteien streiten über Erbansprüche nach dem am 07.06.2008 verstorbenen Erblasser H...B....
Der Erblasser hatte drei Kinder, und zwar H...(vorverstorben am 18.06.2007), J... (der Beklagte) und I... Die Kläger zu 1. und 2. sowie der hinter der Klägerin zu 3) stehende A.. (im Folgenden: die Kläger) sind Kinder von H.. B... bzw. Enkel des Erblassers.
Am 16.07.1992 schlossen der Erblasser, seine Ehefrau E... und ihre drei Kinder einen Erb und Erbverzichtsvertrag (URNr. 136 des Notars ...). Hierin setzten sich die Eheleute E... und H...B...wechselseitig zu ´alleinigen Vorerben´ ein und beriefen ihre Kinder zu´alleinigen Nacherben´. Sie bestimmten gleichzeitig, dass bei Vorversterben ihre Kinder Erben werden sollen.
Das Vermögen des Erblassers bestand hauptsächlich in Anteilen an drei Geschäftsbetrieben, und zwar der B... O.... G..., der H... B... O..und der H... B... G...sowie einem Betriebsgrundstück. Die Anteile an den Betrieben sowie das Grundstück sollten an den Sohn H..gehen, und zwar zum Zweck der Firmenfortführung. Für die weiteren Kinder war ein anderweitiger Ausgleich vorgesehen.
Im Hinblick auf den Betriebsübergang bestimmte der Erblasser in Teil I unter Ziff. 5 folgendes:
Für den Fall der Rechtsnachfolge nach Maßgabe der vorstehenden Bestimmungen ... verfüge ich folgende Teilungsanordnung und folgendes Vorausvermächtnis:
a) Mein Unternehmen Fahrschule und meine Unternehmensbeteiligungen erbt mein Sohn H... B...., soweit ich nicht schon zu Lebzeiten hierüber verfüge.
b) Meinen Grundbesitz, insbesondere den Grundbesitz, der betrieblichen Belangen dient, erbt ebenfalls mein Sohn H...B.... insoweit behalte ich mir vor, gegebenenfalls einen Teil meines Grundbesitzes zu Lebzeiten meinem Sohn J... zu übereignen, wenn dies zur Arrondierung des Grundbesitzes, den er als Erbteil von meiner Ehefrau haben soll, angezeigt ist.
Ende 2006/Anfang 2007 sah sich der Erblasser vor die Notwendigkeit gestellt, die Betriebsnachfolge anders zu regeln. Sein Sohn H... war schwer an Krebs erkrankt. Ab Anfang 2007 war mit einer Genesung nicht mehr zu rechnen. Im Anschluss an juristische und steuerrechtliche Beratungen entschloss sich der Erblasser, sein Firmenvermögen durch Rechtsgeschäft unter Lebenden auf den Beklagten zu übertragen. Die hierzu nötigen Verträge wurden 2007/2008 geschlossen und vollzogen.
Die Kläger halten diese Geschäfte für unwirksam. Sie machen geltend, der Erblasser habe hiermit gegen die Bindungswirkung des Erbvertrags verstoßen. Der Erblasser sei nicht befugt gewesen, anderweitig über sein Firmenvermögen zu verfügen. Zudem sei dieÜbertragung der Geschäftsanteile auf den Beklagten auch aus gesellschaftsrechtlichen Gründen gescheitert. Zumindest sei der Beklagte zum Wertersatz verpflichtet.
Der Beklagte ist der Auffassung, der Erblasser habe zu Lebzeiten frei über sein Vermögen verfügen dürfen. Dies folge schon aus Rechtsgründen. Dem Erblasser sei zudem eine lebzeitigeÜbertragung ausdrücklich freigestellt worden. Daher scheide auch ein Wertersatzanspruch aus. Dieser scheitere auch deswegen, weil die Übertragung des Firmenvermögens einem berechtigten Eigeninteresse des Erblassers entsprochen habe. Der Erblasser habe hiermit den Erhalt bzw. Bestand seines Geschäftsbetriebs sichern wollen.
Der Einzelrichter der 10. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück hat mit seinem am 16.06.2010 verkündeten Urteil die Klage abgewiesen. Er führt aus, der Erblasser sei durch den Erbvertrag vom 16.07.1992 nicht daran gehindert gewesen, über seine Gesellschaftsanteile und seinen Grundbesitz zu Lebzeiten zu verfügen. Eine Benachteiligungsabsicht sei nicht feststellbar, da der Erblasser an den von ihm getroffenen Verfügungen ein nachvollziehbares Eigeninteresse gehabt habe.
Dagegen richtet sich die Berufung der Kläger. Sie rügen, das Landgericht sei rechtsfehlerhaft von einer Wirksamkeit der Verfügungen des Erblassers ausgegangen. Der Erbvertrag enthalte auch keinen Verfügungsvorbehalt zu Gunsten des Erblassers. Weiterhin wiederholen sie ihren Rechtsstandpunkt, dass der Erblasser kein berechtigtes Interesses daran gehabt habe, sein Vermögen anderweit zuübertragen.
Die Kläger beantragen,
a) das angefochtene Urteil zu ändern und festzustellen, dass sie hinsichtlich des Nachlasses Fahrschule B... G..., B...O...G..., H... B... G..., Unternehmensbeteiligungen des Erblassers und des betrieblichen Belangen dienenden Grundbesitzes des Erblassers Erben des am 07.06.2008 verstorbenen Erblassers H... B... geworden sind,
b) hilfsweise festzustellen, dass der Beklagte ihnen für die vom Erbvertrag vom 16.07.1992 abweichenden Verfügungen des Erblassers H... B... zugunsten des Beklagten zum Wertersatz verpflichtet ist,
c) weiter hilfsweise festzustellen, dass die Kläger Erben der Eheleute H.. und E... B... zu je 1/9 geworden sind.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte tritt der Berufung nach Maßgabe seiner Erwiderung entgegen.
Die Akte HRA .... Amtsgericht Osnabrück sowie die Akten 5 IV 5/93 und 5 VI 214/07 Amtsgericht Bersenbrück waren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung verwiesen. Ergänzende Feststellungen hat der Senat nicht getroffen.
II. Die Berufung hat keinen Erfolg.
Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Klage ist sowohl hinsichtlich des Hauptantrags wie auch hinsichtlich der Hilfsanträge unbegründet.
1) Mit dem Hauptantrag begehren die Kläger die Feststellung, dass sie im Hinblick auf die Gesellschaftsbeteiligungen und auf den Grundbesitz Erben des Erblassers geworden sind.
Hiermit dringen die Kläger schon deswegen nicht durch, weil eine Erbfolge in einzelne Nachlassgegenstände nicht stattfindet. Sie wäre mit dem Prinzip der Universalsukzession nicht vereinbar. Geht man von dem Rechtsstandpunkt der Kläger aus und unterstellt, dass der Erblasser an die zu Gunsten von H... B... getroffenen Verfügungen im Vertrag vom 16.07.1992 gebunden war und dass es ihm auch nicht möglich war, die H... B... zugedachten Vermögenswerte durch Geschäft unter Lebenden zuübertragen, so können die Kläger diese Vermögenswerte nur im Wege einer Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft nach H.. B... beanspruchen. Die Kläger sind aufgrund der Ersatzerbenbestimmung im Erbvertrag vom 16.07.1992 zu gleichen Teilen, d.h. zu je 1/3 an die Stelle ihres Vaters getreten und damit je zu 1/9 Mitglieder der Erbengemeinschaft nach H...B.. geworden. Diese Gesamthandsgemeinschaft ist Träger aller Nachlassrechte. Die Kläger könnten daher allenfalls einen schuldrechtlichen Anspruch gegen die Erbengemeinschaft auf Übertragung der in Rede stehenden Vermögensgegenstände haben, und zwar unabhängig davon, ob man die erbvertragliche Verfügungen zu Gunsten von H... B... als Teilungsanordnung oder als Vorausvermächtnis einordnet. Allenfalls mit dieser Maßgabe könnten die Kläger daher auch nur Feststellung vom Beklagten beanspruchen.
Der Senat macht allerdings diesen rechtlichen Gesichtspunkt nicht zur tragenden Erwägung für die Abweisung des Hauptantrags. Demgemäß hat er auch davon abgesehen, die Kläger zur Formulierung eines sachdienlichen Antrags zu veranlassen (§ 139 Abs. 1 S. 2 ZPO). Denn auch das Begehren, das hinter dem nicht zutreffend formulierten Antrag steht, ist nicht begründet.
Eine Feststellung dahin, dass die Kläger im Rahmen der Auseinandersetzung einen Anspruch auf Übertragung der H...B... zugedachten Vermögensgegenstände haben, scheitert schon daran, dass diese Gegenstände zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht mehr Teil des Erblasservermögens waren. Der Erblasser hat vor seinem Tod wirksam darüber verfügt.
Der Wirksamkeit der Verfügungen stehen die Regelungen in dem Erbvertrag vom 16.07.1992, insbesondere die Regelungen in Teil I Ziff. 5 nicht entgegen. Vertragsmäßige Verfügungen (§ 2278 Abs. 2 BGB) hindern den Erblasser zwar, über sein Vermögen durch Verfügung von Todes wegen anderweitig zu bestimmen (§ 2289 Abs. 1 S. 2 BGB), nicht jedoch durch Rechtsgeschäft unter Lebenden (§ 2286 BGB). Erbeinsetzungen, Vermächtnisse oder Auflagen in Erbverträgen schränken die Testierfreiheit ein, nicht aber die Freiheit, lebzeitige Rechtsgeschäfte aller Art - auch unentgeltliche - vorzunehmen. Rechtsgeschäfte unter Lebenden sind dabei selbst dann wirksam, wenn sie in der Absicht abgeschlossen werden, die Rechte eines vertragsmäßig Bedachten zu beeinträchtigen (vgl. BGH NJW 1989, 2389). Lediglich in besonderen Ausnahmefällen kann sich ein´benachteiligter´ Begünstigter auf § 138 BGB berufen (vgl. BGH NJW 1973, 240 [BGH 05.07.1972 - IV ZR 125/70]). Ein solcher besonderer Ausnahmefall - wie z.B. bei einem Verstoß gegen einen schuldrechtlichen Verfügungsunterlassungsvertrag (BGH NJW 1959, 2252 [BGH 30.09.1959 - V ZR 66/58]) - ist vorliegend nicht gegeben. Letztendlich kann dies auch dahingestellt bleiben, da etwaige Vereinbarungen wegen § 137 S. 1 BGB nur schuldrechtliche Wirkung haben können, so dass sie ausschließlich zwischen den Vertragsschließenden wirken und die Wirksamkeit verbotswidriger Verfügungen unberührt lassen.
Die vom Erblasser getroffenen Verfügungen scheitern auch nicht - wie die Kläger meinen - aus anderen rechtlichen Gründen. Die geschlossen Rechtsgeschäfte sind vielmehr sämtlich wirksam und ordnungsgemäß vollzogen worden.
a) Die Übertragung der Geschäftsanteile an der Fahrschule B... G... ist mit notariell beurkundetem Vertrag vom 04.03.2008 erfolgt. Sie ist wirksam (§ 15 Abs. 3 GmbHG).
b) Die Übertragung der Geschäftsanteile des Erblassers an der B... O...G... ist durch notariell beurkundeten Vertrag vom 16.05.2007 vorgenommen worden. Auch insoweit bestehen keine Wirksamkeitsbedenken. DieÜbertragung bedurfte gesellschaftsrechtlich (§ 15 Abs. 5 GmbHG) nicht einer Zustimmung durch Beschluss der Gesellschafterversammlung. In § 16 Ziff. 1) des Gesellschaftsvertrags ist normiert, dass jeder Gesellschafter seinen Geschäftsanteil an seine ehelichen Abkömmlinge - vorliegend an den Beklagten als Sohn des Erblassers - abtreten darf. Einer Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedarf nach § 16 Ziff. 2) nur die Abtretung an den Ehegatten oder Ehegatten eines ehelichen Abkömmlings.
c) Die restlichen Geschäftsanteile des Erblassers an der H...B...G... hat der Beklagte gemäß §§ 413, 398 BGB, 105, 161 HGB mittels Abtretung durch notariell beurkundeten Vertrag vom 28.06.2007 erworben. Die nach § 14 Abs. (1) des Gesellschaftsvertrags erforderliche Zustimmung der übrigen Gesellschafter ist erteilt worden. In § 14 Abs. (1) des Gesellschaftsvertrags ist zwar bestimmt, dass jeder Gesellschafter seinen Geschäftsanteil nur mit Zustimmung der übrigen Gesellschafter abtreten darf. Einer Zustimmung der Kläger zu diesem Rechtsgeschäft bedurfte es nicht. Denn zum Zeitpunkt der Übertragung waren die Kläger nicht Gesellschafter der H... B...G..., und zwar auch nicht in ihrer Eigenschaft als Rechtsnachfolger von H...B.... Nach dem Tod des vormaligen weiteren Gesellschafters H...B... am 18.06.2007 sind weder seine Kinder H.., S... oder A... B... noch seine Ehefrau C...B... in seine Gesellschafterstellung eingetreten. C... B... ist aufgrund des gemeinschaftlichen Testaments der Eheleute C... und H... B...vom 26.10.2006 Alleinerbin ihres verstorbenen Ehemannes geworden. H..., S... und A... B... sind aufgrund des Vorausvermächtnisses im gemeinschaftlichen Testament vom 26.10.2006 nach dem Tod ihres Vaters H... B...zu gleichen Anteilen lediglich Vermächtnisnehmer bezüglich der Geschäftsanteile ihres Vaters an der H... B... G...geworden. Nach § 15 des Gesellschaftsvertrags wird die Gesellschaft bei dem Tod eines Gesellschafters nur mit seinen ehelichen Abkömmlingen fortgesetzt. Die übrigen Erben scheiden aus der Gesellschaft hingegen aus. C...B...als Alleinerbin und Ehefrau - aber eben nicht als Abkömmling von H...B... - ist demgemäß nicht Gesellschafterin geworden. Die Kinder von H...B... waren ebenfalls nicht Inhaber der Geschäftsanteile bzw. Gesellschafter, da die Zuwendung eines Vermächtnisses den Vermächtnisnehmern nur einen schuldrechtlichen Anspruch auf Erfüllung des Vermächtnisses verschafft, nicht aber eine dingliche Rechtsänderung herbeiführt. Eine Übertragung der Anteile von H... B... an der H... B... G...auf seine Kinder hatte bis zum 28.06.2007 nicht stattgefunden.
Abgesehen hiervon würde sich selbst dann nichts anderes ergeben, wenn die Kläger zum Zeitpunkt der Übertragung der Gesellschaftsanteile bereits Mitgesellschafter gewesen wären. Denn in diesem Fall hätten sie - dabei A... B... vertreten durch C... B...als Testamentsvollstreckerin - ausweislich der notariellen Urkunde vom 28.06.2007 der Übertragung des Kommanditanteils auf den Beklagten wirksam zugestimmt. An einer vererblichen Kommanditbeteiligung ist eine Dauerverwaltung durch den erbrechtlich zuständigen Testamentsvollstrecker möglich (BGHZ 108, 187 = NJW 1989, 3152). Voraussetzung ist, dass die übrigen Gesellschafter - im Gesellschaftsvertrag oder im Einzelfall - der Wahrnehmung der Gesellschafterrechte durch den Testamentsvollstrecker zugestimmt haben. Diese Zustimmung kann auch stillschweigend erteilt werden (OLG Hamm NJWRR 1991, 837). Da die Testamentsvollstreckerin C...B... an der Übertragung der Kommanditanteile im Einvernehmen der übrigen Gesellschafter beteiligt wurde, haben die Gesellschafter konkludent ihre Zustimmung zu der Testamentsvollstreckung erklärt. Rechtlich unschädlich wäre des Weiteren, dass C...B... ihre Zustimmung zur Übertragung des Kommanditanteils ausdrücklich nur als Testamentsvollstreckerin für den zum damaligen Zeitpunkt noch minderjährigen A...B... und nicht zugleich als dessen gesetzliche Vertreterin gemäß § 1629 BGB bzw. für sich selbst als Alleinerbin erklärt hat. Ihre Erklärung als Testamentsvollstreckerin ist zugleich eine Zustimmung in ihrer Eigenschaft als gesetzliche Vertreterin. Gleichfalls steht der Zustimmungserklärung der Testamentsvollstreckerin nicht§ 1795 BGB entgegen. Nach § 1629 Abs. 2 BGB können der Vater und die Mutter das minderjährige Kind zwar insoweit nicht vertreten, als nach § 1795 BGB ein Vormund von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen ist. Dies bedeutet, dass ein Elternteil das Kind bei den unter § 1795 Abs. 1 Nr. 1 - 3 BGB genannten Rechtsgeschäften oder Rechtsstreitigkeiten nicht vertreten kann. Aus § 1795 Abs. 2 BGB ergibt sich zudem, dass das Verbot des Selbstkontrahierens gemäß § 181 BGB auch im Verhältnis zwischen Eltern und Kindern gilt. Derartige rechtliche Angelegenheiten hat die gesetzliche Vertreterin vorliegend aber nicht besorgt. Letztlich bedurfte die Testamentsvollstreckerin für die Zustimmungserklärung auch nicht der Genehmigung durch das Familiengericht gemäß §§ 1643, 1821, 1822 BGB. Nach § 1822 Nr. 1 BGB bedarf ein gesetzlicher Vertreter bei Geschäften über einen angefallenen Erbteil der familiengerichtlichen Genehmigung. Die Zustimmung von C... B... als gesetzliche Vertreterin bezog sich hingegen nicht auf einen bereits angefallenen Erbteil. Der Erbfall, nämlich der Tod des Erblassers H...B..., war zu diesem Zeitpunkt noch nicht eingetreten.
d) Das Betriebsgrundstück, Grundbuch vom Bramsche Blatt .... ist mit notariell beurkundetem Vertrag vom 28.06.2007 gemäß §§ 873, 925 BGBübertragen und aufgelassen worden. Die Umschreibung auf den Beklagten im Grundbuch ist am 04.07.2007 erfolgt.
Damit sind sämtliche streitigen Vermögensgegenstände wirksam durch Rechtsgeschäft unter Lebenden auf den Beklagten übertragen worden. Sie gehören mithin nicht zur Erbmasse.
2. Die Kläger haben des Weiteren auch keinen Anspruch auf Feststellung, dass der Beklagte zum Wertersatz verpflichtet ist. Ein Wertersatzanspruch folgt weder aus §§ 2288 Abs. 1 BGB noch aus § 2288 Abs. 2 S. 1, 2170 BGB.
a) Der Erblasser hat sich in dem Erbvertrag vom 16.07.1992 das Recht vorbehalten, über die Geschäftsanteile an der Fahrschule B...G..., B... O... G... und H... B... G...frei, d.h. entgeltlich oder auch unentgeltlich, zu verfügen. Bereits durch diesen Verfügungsvorbehalt sind Ansprüche aus §§ 2288, 2287 BGB ausgeschlossen.
Es ist allgemein anerkannt, dass sich der Erblasser das Recht vorbehalten kann, nach Belieben Verfügungen zu machen, ohne dass dadurch Ansprüche nach §§ 2288, 2287 BGB begründet werden (vgl. MünchKomm, § 2287 Rz. 24 BGB m.w.N.). Dies folgt aus der Vertragsfreiheit und der Möglichkeit eines Rücktrittsvorbehalts (§ 2293 BGB). Dieses Recht nimmt den Verfügungen im Erbvertrag nicht den vertragsmäßigen Charakter. Denn der Erblasser bleibt trotz der vorbehaltenen Befugnis gebunden und kann keine davon abweichenden Verfügungen von Todes wegen treffen. Daher können durch eine Vorbehaltsklausel alle oder einzelne lebzeitigen Verfügungen von der Bindung ausgenommen werden. Ob dies gewollt ist, ist durch Auslegung zu ermitteln. Dass dem Gebundenen eine solche Befugnis eingeräumt wurde, muss sich eindeutig und ausdrücklich den Formulierungen entnehmen lassen.
Der Wille des Erblassers, sich ein unumschränktes Verfügungsrecht vorzubehalten, ergibt sich aus der Formulierung in Teil I unter Ziff. 5 a) des Erbvertrags vom 16.07.1992 ´soweit ich nicht schon zu Lebzeiten hierüber verfüge´. Diese Formulierung begründet ein umfassendes Verfügungsrecht. Untermauert wird dies durch den Sinn und Zweck der vertraglichen Bestimmungen und durch das Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme. Für ein einschränkendes Verständnis dieser Bestimmung dahin, dass in Wahrheit gemeint gewesen sei´soweit ich nicht schon zu Lebzeiten hierüber zugunsten von H... B...verfüge´, besteht kein Anhalt. Da nach Ziff. 5 a) des Erbvertrags vom 16.07.1992 H...B...die Fahrschule und die Beteiligungen an den Gesellschaften ´erben´, d.h. nach seinem Tod entweder aufgrund eines Vorausvermächtnisses oder einer Teilungsanordnung erhalten sollte, machte der genannte Änderungsvorbehalt nur dann einen Sinn, wenn durch die Verfügung zu Lebzeiten gerade nicht H... B..., sondern ein Dritter begünstigt werden durfte. Dass dies so gemeint war und dem Willen des Erblassers entsprach, hat zudem die erstinstanzliche Beweisaufnahme bestätigt. Die Zeugin D. hat bekundet, dass zumindest im Jahr 2007 alle noch lebenden an dem Erbvertrag Beteiligten (einschließlich des Erblassers selbst) davon ausgegangen seien, dass der Erblasser zu Lebzeiten durch den Erbvertrag nicht gehindert gewesen sei, über sein Vermögen anderweitig zu verfügen. Dies habe auch der Intention des Erbvertrages entsprochen. In ähnlicher Weise haben sich auch die übrigen vernommenen Zeugen geäußert. Der Zeuge K. hat ausgesagt, allgemein habe die Auffassung geherrscht, dass der Erblasser eine vom Erbvertrag abweichende Regelung zu Lebzeiten durchaus würde treffen können. Es habe Einigkeit zwischen allen Gesprächbeteiligten am 09.02.2007, insbesondere auch vom Erblasser selber, darüber bestanden, dass Verfügungen zu Lebzeiten nicht ausgeschlossen seien. Gleichfalls haben die Zeugen W. und I. D sich dahingehend geäußert, dass alle davon ausgegangen seien, dass der Erblasser zu Lebzeiten über sein gesamtes Vermögen und damit auch über die Firma und Firmenteile frei verfügen könne.
b) Ansprüche auf Wertersatz gemäß §§ 2288, 2287 BGB scheitern weiterhin auch daran, dass der Erblasser nicht in Benachteiligungsabsicht gehandelt hat. Die Übertragung der Vermögensgegenstände war durch ein billigenswertes lebzeitiges Eigeninteresse des Erblassers gerechtfertigt.
Die Absicht, dem Bedachten die erbvertraglich zugedachten Vorteile zu entziehen oder sie zu schmälern, muss allerdings nicht der tragende Beweggrund des Erblassers gewesen sei. Ansprüche gemäß §§ 2288, 2287 BGB können bereits dann bestehen, wenn die Schenkung ihrem Gehalt nach auf eine Korrektur des Erbvertrags angelegt war. Dies ist dann der Fall, wenn der Erblasser sein Vermögen einem Dritten unentgeltlich oder ohne angemessene Gegenleistung zuwendet, ohne dass er hierfür ein anerkennenswertes lebzeitiges Eigeninteresse hat (BGH NJWRR 1998, 577. BGH NJW 1973, 240 [BGH 05.07.1972 - IV ZR 125/70]. BGH NJW 1984, 121 [BGH 28.09.1983 - IVa ZR 168/82]. Staudinger/Kanzleiter § 2287 Rdn. 10). Ein berechtigtes Eigeninteresse des Erblassers ist aber dann gegeben, wenn die Beweggründe des Erblassers nach dem Urteil eines objektiven Betrachters in Anbetracht der gegebenen Umstände so sind, dass sie der Bedachte anerkennen und seine Beeinträchtigung durch die Verfügung billiger Weise hinnehmen muss. Darlegungs und beweispflichtig dafür, dass der Erblasser ohne rechtfertigendes Eigeninteresse gehandelt hat, ist grundsätzlich der Benachteiligte (Staudinger/Kanzleiter aaO. Rdn. 11).
Der Senat gelangt ebenso wie das Landgericht zu der Feststellung, dass der Erblasser ein anerkennenswertes lebzeitiges Eigeninteresse hatte, sein Firmenvermögen abweichend vom Erbvertrag auf den Beklagten zuübertragen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme bestehen keinerlei Zweifel, dass der Erblasser den Bestand seines Geschäftsbetriebes sichern wollte. Er hat in dem Beklagten ersichtlich Denjenigen gesehen, der in der Lage war, anstelle des erkrankten Bruders die Geschäfte fortzuführen. Die Zeugin D... hat hierzu ausgesagt, der Erblasser sei sehr konservativ und traditionsbewusst gewesen. Schon bei der Errichtung des Erbvertrages sei für alle Beteiligten klar gewesen, dass der Erbvertrag im Wesentlichen auch dem Erhalt der Unternehmen der Unternehmensgruppe B... dienen sollte. Nachdem sich herausgestellt habe, dass ihr Bruder H...aufgrund seiner Erkrankung dies nicht würde leisten können, habe man gemeinsam nach einer Lösung gesucht. Dies entspricht auch den Aussagen der Zeugen W...und I... D.... Hiernach sei es dem Erblasser stets um die Fortführung seiner Unternehmen im Familienbesitz gegangen. Ohne Belang ist diesem Zusammenhang die von den Klägern unter Beweis gestellte Behauptung, der Beklagte habe vor der Übertragung der Vermögensgegenstände - nämlich am 19.12.2006 - geäußert, er selbst wolle nur einen kleinen Anteil von 2 % bis 5 %. Diese Äußerung ändert nichts an der hier allein in Rede stehenden Motivationslage des Erblassers.
Die Absicht, den Bestand des Geschäfts zu erhalten und das Geschäft auf einen geeigneten Nachfolger zu übertragen, ist zweifelsohne ein billigenswertes Eigeninteresse des Erblassers. Sie schließt eine Benachteiligungsabsicht aus.
Dies gilt auch für die Übertragung des Grundstücks. Aus der Vorbemerkung zum Grundstücksüberlassungsvertrag vom 28.06.2007 ergibt sich, dass das Grundstück mit dem Geschäftshaus bebaut und der Sitz des Familienunternehmens ist. Der Grundbesitz dient auch als Sicherheit für die Betriebsmittelkredite der Unternehmen der Firmengruppe. Nur mit der Übertragung des Grundbesitzes ist auf Dauer die Unternehmensgruppe leistungsfähig. Die Gehaltszahlung und die Leibrentenzahlung an den Erblasser sollen durch das Grundstück gesichert werden und hängen vom Bestand des Unternehmens ab. Daher ist auch insoweit eine Benachteiligungsabsicht nicht ersichtlich.
3. Der weitere Hilfsantrag, mit dem die Kläger die Feststellung begehren, dass sie Erben der Eheleute H...und E...B...zu je 1/9 geworden sind, scheitert schon an dem besonderen Feststellungsinteresse gemäß § 256 ZPO.
Ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses ist gegeben, wenn dem Recht oder der Rechtslage des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (BGH FamRZ 2010, 1068). Bei einer Feststellungsklage liegt eine solche Gefährdung in der Regel schon darin, dass der Beklagte das Recht des Klägers ernstlich bestreitet. Gegenstand einer Feststellungsklage kann hierbei das Bestehen oder Nichtbestehen eines (Mit)Erbrechts sein (BGH, aaO.). Der Beklagte hat vorliegend nie in Abrede gestellt und es stand nicht in Streit, dass die Kläger aufgrund der Ersatzerbenbestimmung im Erbvertrag an die Stelle ihres Vaters getreten sind und den Erblasser mit einer Quote von je 1/9 beerbet haben. Streitig zwischen den Parteien ist allein die Rechtsposition der Kläger hinsichtlich der Gesellschaftsanteile des Erblassers an der Fahrschule B... G..., der B... O...G... und der H..B... G...sowie des betrieblichen Belangen dienenden Grundbesitzes des Erblassers.
4. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Entgegen dem Antrag der Kläger bestand kein Anlass, die Revision zulassen. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Der Senat weicht - entgegen der Auffassung der Kläger - auch nicht von der Rechtsprechung der Bundesgerichtshofs oder anderer Gerichte ab.