Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 22.11.2018, Az.: 6 A 705/17

Hundeführerschein; Hundetrainer; Sachkundeprüfer; Sachkundeprüfung

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
22.11.2018
Aktenzeichen
6 A 705/17
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2018, 74279
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Unter Zugrundelegung der gegenwärtigen Rechtslage in Niedersachsen ist ohne Weiteres davon auszugehen, dass der Inhaber einer Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 lit. f) TierSchG über die für die Anerkennung nach § 3 Abs. 3 Satz 2 NHundG erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Anerkennung als zur Abnahme von Sachkundeprüfungen nach dem Niedersächsischen Hundegesetz (NHundG; sogenannter „Hundeführerschein“) berechtigte Person.

Unter dem 21. September 2017 beantragte sie bei dem Beklagten die genannte Anerkennung. Zur Begründung führte sie an, dass sie seit dem 26. März 2015 die Erlaubnis zum Ausbilden von Hunden gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 lit. f) des Tierschutzgesetzes (TierSchG) innehabe. Zudem bereite sie seit 2013 in ihrer eigenen Hundeschule Hunde und deren Halter auf Sachkundeprüfungen gemäß § 3 NHundG vor. Sie verfüge vor diesem Hintergrund über den für die Abnahme der Prüfungen erforderlichen Sachverstand. Ihr sei bekannt, dass der Beklagte nach der Erlasslage die Zulassung nur im Falle des Nachweises einer Zertifizierung durch die Tierärztekammer oder die Industrie- und Handelskammer aussprechen könne. Hierdurch werde sie allerdings unverhältnismäßig in ihren Rechten eingeschränkt, da sie zwar eine solche Zertifizierung nicht vorweisen könne, gleichwohl aber über die für die Abnahme der Sachkundeprüfungen erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfüge. In Schleswig-Holstein etwa verhalte es sich so, dass, wer eine Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 lit. f) TierSchG besitze, zugleich auch zur Abnahme von Sachkundeprüfungen nach dem schleswig-holsteinischen Hundegesetz berechtigt sei. Da es in Niedersachsen eine entsprechende Regelung nicht gebe, werde sie ungerechtfertigt in ihren Rechten aus Art. 3 GG und Art. 12 GG verletzt.

Der Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 12. Oktober 2017 mit, dass insbesondere ein Zertifikat der Tierärztekammer Niedersachsen als Nachweis der für die Abnahme der Sachkundeprüfungen erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten gelte. Auch bei Prüfern und Leistungsrichtern verschiedener Verbände sowie bei Tierärzten mit der Berechtigung zur Abnahme des „Dog-Owners-Qualification-Tests 2.0“ gehe man von dem Vorliegen der erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten aus. Zur Abnahme von Sachkundeprüfungen gemäß § 3 NHundG würden ausschließlich Personen anerkannt, die die in den Durchführungshinweisen des Landwirtschaftsministeriums aufgeführten Kenntnisse und Fähigkeiten nachweisen könnten.

Mit Schreiben vom 26. Oktober 2017 bekräftigte die Klägerin, nunmehr rechtsanwaltlich vertreten, dass sie, da ihr die Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 lit. f) TierSchG bereits von dem Beklagten erteilt worden sei, über die für die Abnahme der Sachkundeprüfungen erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfüge. Dies sei auch dem Beklagten bekannt, der die Erlaubnis selbst erteilt habe. Der Beklagte habe nur zwei Möglichkeiten: Entweder er spreche die Anerkennung aus oder er befinde die vorgelegten Nachweise für nicht ausreichend und lehne den Antrag ab. Vor diesem Hintergrund bat die Klägerin um Bescheidung ihres Antrages bis zum 8. November 2017.

Mit Bescheid vom 3. November 2017 lehnte der Beklagte die Anerkennung der Klägerin als zur Abnahme von Sachkundeprüfungen nach § 3 NHundG berechtigte Person ab (Ziffer 1 des Bescheides) und erlegte ihr die Kosten des Verfahrens dem Grunde nach auf (Ziffer 2 des Bescheides). Die Ablehnung begründete er damit, dass die Voraussetzungen für den Erhalt einer Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 lit. f) TierSchG sich von denen für die Anerkennung nach § 3 NHundG unterschieden. Das TierSchG sei Bundes-, das NHundG Landesrecht. Dass in Schleswig-Holstein Sachkundeprüfungen abnehmen dürfe, wer die Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 lit. f) TierSchG innehabe, sei zwar richtig, treffe aber auf Niedersachsen nicht zu. Er könne nur Personen anerkennen, die in einer den Durchführungshinweisen des Landwirtschaftsministeriums entsprechenden Weise die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten belegt hätten. Dies treffe auf die Klägerin nicht zu.

Die Klägerin hat am 29. November 2017 Klage erhoben. Zur Begründung führt sie an, der Beklagte habe ihr die Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 lit. f) TierSchG erteilt. Aus diesem Grunde verfüge sie auch über die für die Abnahme von Sachkundeprüfungen gemäß § 3 NHundG erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten. Dem Beklagten sollten auch sämtliche Unterlagen aus dem tierschutzrechtlichen Antragsverfahren vorliegen. Sei dies nicht der Fall, sei sie bereit, benötigte Belege nachzureichen. Sie führt die von ihr besuchten Aus-/Fortbildungsveranstaltungen auf, insoweit wird auf die Aufzählung auf Seite 6 der Klageschrift (Bl. 37 der Gerichtsakte) verwiesen. Ferner sei sie publizistisch tätig und habe die Fachbücher „Hunde homöopathisch selbst behandeln“, „Kräuterbuch für Hunde“ sowie „Schüssler-Salze für Hunde“ geschrieben und verfasse regelmäßig Artikel für die Fachzeitschrift „Sitz, Platz, Fuß“. Darüber hinaus habe sie diverse Workshops zum Thema „Erste Hilfe beim Hund“ durchgeführt und geleitet und betreibe seit 2001 eine Tierheilpraxis mit einem Schwerpunkt auf der Behandlung von Hunden. Seit 2013 betreibe sie eine Schule für Hunde und deren Halter. Auf der Grundlage der ihr von dem Beklagten erteilten Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 lit. f) TierSchG bilde sie gewerblich Hunde für Dritte aus und leite gewerblich Tierhalter bei der Ausbildung deren Hunde an.

Die Klägerin beantragt,

den Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 3. November 2017, zugestellt am 7. November 2017, mit sofortiger Wirkung aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin die mit Antrag vom 21. September 2017 begehrte Anerkennung zur Abnahme von Sachkundeprüfungen nach § 3 NHundG umgehend zu erteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er führt aus, es sei unstreitig, dass die Klägerin die in den Durchführungshinweisen des Landwirtschaftsministeriums aufgestellten Voraussetzungen für die Anerkennung nicht erfülle. Er sei an die Durchführungshinweise aber gebunden, da er im übertragenen Wirkungskreis tätig werde. Aus diesem Grunde habe er nicht die Möglichkeit, die Anerkennung abweichend von den Durchführungshinweisen zu erteilen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat Erfolg, sie ist zulässig und begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 3. November 2017 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Anerkennung als zur Abnahme der Sachkundeprüfungen gemäß § 3 des Niedersächsischen Hundegesetzes vom 26. Mai 2011 (GVBl., S. 130, ber. S. 184), zuletzt geändert durch Gesetz vom 3. Juni 2015 (GVBl., S. 100; nachfolgend: NHundG), berechtigte Person (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Grundlage des Anspruches der Klägerin auf Anerkennung als Sachkundeprüferin ist § 3 Abs. 3 Satz 2 NHundG. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 NHundG muss, wer einen Hund hält, die dafür erforderliche Sachkunde besitzen. Diese ist nach Satz 2 der Vorschrift der Gemeinde auf Verlangen durch die erfolgreiche Ablegung einer theoretischen und einer praktischen Sachkundeprüfung nachzuweisen. § 3 Abs. 1 Satz 3 NHundG sieht vor, dass die theoretische Sachkundeprüfung vor der Aufnahme der Hundehaltung und die praktische Prüfung während des ersten Jahres der Hundehaltung abzulegen ist. Abgenommen werden die Sachkundeprüfungen von Personen und Stellen, die eine Fachbehörde zu diesem Zweck anerkannt hat (§ 3 Abs. 3 Satz 1 NHundG). Gemäß § 3 Abs. 3 Satz 2 NHundG erhält die Anerkennung auf Antrag, wer die für die Abnahme der Prüfungen erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nachweist. Dabei handelt es sich bei dem einzigen Tatbestandsmerkmal der ein gebundenes Verwaltungshandeln vorsehenden Vorschrift – dem „Nachweis der für die Abnahme der Prüfungen erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten“ – um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Ob dessen Voraussetzungen erfüllt sind, ist gerichtlich in vollem Umfang überprüfbar; ein die gerichtliche Kontrolldichte begrenzender behördlicher Beurteilungsspielraum besteht insoweit nicht (so zu § 11 Abs. 2 Nr. 1 TierSchG a.F.: Bay. VGH, Beschl. v. 18.8.2015 - 9 CE 15.934 -, juris, Rn. 17; VG Berlin, Urt. v. 6.4.2016 - 24 K 238.15 -, juris, Rn. 35; VG Lüneburg, Urt. v. 18.12.2015 - 6 A 414/14 -, n.v.; VG Stade, Urt. v. 19.10.2015 - 6 A 1882/14 -, juris, Rn. 34).

Die Klägerin hat nachgewiesen, dass sie die für die Abnahme der Sachkundeprüfungen erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt. Das Vorhandensein dieser Kenntnisse und Fähigkeiten bei der Klägerin ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass die Klägerin eine Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 lit. f) des Tierschutzgesetzes i.d.F. der Bekanntmachung vom 18. Mai 2006 (BGBl. I, S. 1206, ber. S. 1313), zuletzt geändert durch Gesetz vom 29. März 2017 (BGBl. I, S. 626; nachfolgend: TierSchG), innehat. Unter Zugrundelegung der gegenwärtigen Rechtslage in Niedersachsen ist ohne Weiteres davon auszugehen, dass der Inhaber einer Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 lit. f) TierSchG über die für die Anerkennung nach § 3 Abs. 3 Satz 2 NHundG erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt.

Zwar ist dieses Ergebnis allein bei Betrachtung des Wortlautes der beiden Vorschriften keineswegs zwingend: Während § 3 Abs. 3 Satz 2 NHundG die von der Klägerin begehrte Anerkennung von dem Nachweis der für die Abnahme der Prüfung erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten abhängig macht, darf nach § 11 Abs. 2 Nr. 1 TierSchG in der bis zum 13. Juli 2013 geltenden Fassung (nachfolgend: TierSchG a.F.), die nach § 21 Abs. 5 Satz 1 TierSchG weiterhin Anwendung findet, eine Erlaubnis unter anderem nur erteilt werden, wenn der Antragssteller die für die Tätigkeit erforderlichen fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt. Dem Wortlaut nach gehen die Anforderungen des § 3 Abs. 3 Satz 2 NHundG mithin insoweit über diejenigen des § 11 Abs. 2 Nr. 1 TierSchG a.F. hinaus, als sie auch auf die Abnahme von Prüfungen bezogene Fertigkeiten – im Gegensatz zu (nur) fachlichen Fertigkeiten – verlangen (so auch VG Stade, Urt. v. 28.10.2018 - 10 A 2075/17 -, V.n.b.).

Dieser dem Wortlaut nach bestehende Unterschied führt bei derzeitiger Rechtslage – insbesondere mit Blick auf die Prüfungsordnungen zur Abnahme der Sachkundeprüfungen gemäß § 3 Abs. 1, Abs. 2 NHundG – allerdings nicht dazu, dass die nachzuweisenden Kenntnisse und Fähigkeiten im Sinne des § 3 Abs. 3 Satz 2 NHundG über die nach § 11 Abs. 2 Nr. 1 TierSchG a.F. erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten hinausgehen. Ein Überhang an erforderlichen Kenntnissen und Fähigkeiten im Rahmen des § 3 Abs. 3 Satz 2 NHundG liegt im Verhältnis zu § 11 Abs. 2 Nr. 1 TierSchG a.F. weder in fachlicher noch in prüfungsspezifischer Hinsicht vor.

In fachlicher Hinsicht ist festzustellen, dass die von einem Sachkundeprüfer abzunehmende Sachkundeprüfung gemäß § 3 Abs. 1, Abs. 2 NHundG aus einem theoretischen und einem praktischen Teil besteht. Im theoretischen Teil der Prüfung sind nach § 3 Abs. 2 Satz 1 NHundG die erforderlichen Kenntnisse über die Anforderungen an die Hundehaltung unter Berücksichtigung des Tierschutzrechts (Nr. 1), das Sozialverhalten von Hunden und rassespezifische Eigenschaften von Hunden (Nr. 2), das Erkennen und Beurteilen von Gefahrensituationen mit Hunden (Nr. 3), das Erziehen und Ausbilden von Hunden (Nr. 4) sowie Rechtsvorschriften für den Umgang mit Hunden (Nr. 5) nachzuweisen. In der praktischen Sachkundeprüfung hat der Prüfling den Nachweis zu erbringen, dass er in der Lage ist, diese Kenntnisse im Umgang mit einem Hund anzuwenden (§ 3 Abs. 2 Satz 2 NHundG). Bei diesen Fertigkeiten handelt es sich ausnahmslos um solche, auf die (jedenfalls) auch eine Person zurückgreifen muss, die für Dritte Hunde ausbildet oder die Ausbildung von Hunden durch deren Halter anleitet (§ 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 lit. f) TierSchG). Ein Sachkundeprüfer muss selbstverständlich nicht nur selbst über diese Fertigkeiten verfügen, sondern darüber hinaus auch in der Lage sein zu beurteilen, ob ein Dritter – ein Prüfling – diese Fertigkeiten aufweist. Nichts Anderes gilt aber mit Blick auf einen Hundetrainer, der zur ziel- und weiterführenden Gestaltung seines Trainings nicht nur erkennen können muss, ob die genannten Fertigkeiten gegeben sind, sondern gegebenenfalls auch und darüber hinaus, in welchem Grade sie vorliegen.

In prüfungsspezifischer Hinsicht bedarf ein Hundetrainer im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 lit. f TierSchG ) keinerlei Kenntnisse und Fähigkeiten. Die Abnahme von Prüfungen ist nicht Bestandteil seiner Tätigkeit. Bei Zugrundelegung der derzeit geltenden Prüfungsordnung für die Sachkundeprüfung gemäß § 3 Abs. 1, Abs. 2 NHundG bedarf allerdings auch ein Sachkundeprüfer keinerlei prüfungsspezifischer Kenntnisse oder Fähigkeiten. Die Prüfungsordnung für die Sachkundeprüfung zerfällt in eine solche für die theoretische und eine solche für die praktische Sachkundeprüfung.

Nach der Prüfungsordnung für die theoretische Prüfung ist diese durch die Teilnahme an einem Multiple-Choice-Test unter Aufsicht des Sachkundeprüfers zu absolvieren. Zum Einsatz kommt dabei ein vom Niedersächsischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz freigegebener Fragenkatalog, der die in § 3 Abs. 2 Satz 1 NHundG genannten Themenbereiche abdeckt. Bestanden ist die theoretische Prüfung, wenn aus jedem Themenbereich mindestens vier von sieben Fragen und im Gesamtergebnis mindestens 26 von insgesamt 35 Fragen richtig beantwortet sind. Die Bearbeitungszeit beträgt grundsätzlich 45 Minuten. Ausgewertet werden die Prüfungsbögen durch eine vom Niedersächsischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz benannte zentrale Stelle.

Die Durchführung der praktischen Prüfung gestaltet sich nach der entsprechenden Prüfungsordnung so, dass insgesamt elf durch die Prüfungsordnung vorgegebene Prüfungssituationen mit einem Hund zu durchlaufen sind, die teils im verkehrsöffentlichen Raum, teils in einem sogenannten ablenkungsarmen Bereich, beispielsweise einer Grünanlage, nachzustellen sind. Bestanden ist die Prüfung, deren Dauer 60 Minuten betragen sollte, wenn die nach § 3 Abs. 2 Satz 1 NHundG erforderlichen Kenntnisse nachgewiesen wurden und der Hund sicher durch die vorgegebenen Prüfungssituationen geführt werden konnte. Nicht bestanden ist die Prüfung insbesondere, wenn der Prüfling den Hund nicht unter Kontrolle hat, sich unangemessen verhält oder von elf Prüfungssituationen weniger als sechs erfolgreich absolviert. Der Sachkundeprüfer hat eine Niederschrift über den Ablauf und den wesentlichen Inhalt der praktischen Prüfung sowie deren Ergebnis anzufertigen. Unmittelbar im Anschluss an die Prüfung hat er die Beurteilung und Ergebnismitteilung vorzunehmen sowie eine Bescheinigung über die erfolgreich abgelegte Prüfung auszuhändigen. Auf Verlangen des Prüflings ist das Ergebnis zu erläutern und auch über eine nicht erfolgreich abgelegte Prüfung eine formlose Bescheinigung auszustellen.

Nach dieser Prüfungsordnung erschöpft sich die Tätigkeit des Sachkundeprüfers in der theoretischen Sachkundeprüfung darin, die Aufsicht über den Multiple-Choice-Test zu führen und für die Weiterleitung der ausgefüllten Testbögen an die für deren Auswertung zuständige Stelle zu sorgen. Hierfür bedarf es keinerlei prüfungsspezifischer Kenntnisse oder Fähigkeiten. Mit Blick auf die praktische Sachkundeprüfung sind die Anforderungen an den Sachkundeprüfer zwar deutlich weitergehend. Er hat hier die Einschätzung vorzunehmen, ob die Kenntnisse nach § 3 Abs. 2 Satz 1 NHundG nachgewiesen und die einzelnen Situationen sicher durchlaufen worden sind, ob der Hund unter Kontrolle gehalten worden ist und der Prüfling sich angemessen verhalten hat. Zudem bedarf es des Anfertigens einer Niederschrift über den Prüfungsverlauf und – nach der Ergebnismitteilung – auf Verlangen des Prüflings einer Erläuterung des Prüfungsergebnisses. Die insoweit an den Sachkundeprüfer gestellten Anforderungen sind indes mit Ausnahme der Anfertigung der Niederschrift über den Prüfungsverlauf ausschließlich solche fachlicher Natur. Die zu deren Erfüllung erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt – wie ausgeführt – auch ein Hundetrainer im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 f) TierSchG. Die einzige prüfungsspezifische Anforderung, das Anfertigen einer Niederschrift über den Prüfungsverlauf, stellt eine Tätigkeit von derart geringer Komplexität dar, dass ohne Weiteres angenommen werden kann, dass nicht nur ein Sachkundeprüfer, sondern auch ein Hundetrainer sie ohne Schwierigkeiten zu erfüllen in der Lage ist.

Dass ein Sachkundeprüfer spezifische Kenntnisse und Fähigkeiten hinsichtlich des Prüfungsverfahrens nicht besitzen muss und die Anforderungen für eine Anerkennung nach § 3 Abs. 3 Satz 2 NHundG damit jedenfalls nicht über diejenigen für eine Erteilung einer Erlaubnis nach § 11 Abs. 2 Nr. 1 TierSchG a.F. hinausgehen, nimmt – zumindest der tatsächlichen Umsetzung nach – auch der Beklagte selbst an. Denn als im übertragenen Wirkungskreis tätige und daher weisungsgebundene Fachbehörde (§ 17 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 NHundG) hat er die „Durchführungshinweise zum Gesetz zur Neufassung des Niedersächsischen Gesetzes über das Halten von Hunden und zur Änderung des Niedersächsischen Kommunalabgabengesetzes vom 26.05.2011 (Nds. GVBl. S. 130, ber. S. 184)“ im Rahmen der Umsetzung des § 3 Abs. 3 Satz 2 NHundG anzuwenden. Nach diesen Durchführungshinweisen müssen Personen, die Sachkundeprüfungen abnehmen wollen, die nach § 3 Abs. 3 Satz 2 NHundG erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten durch eine Prüfung bei der Niedersächsischen Tierärztekammer nachweisen. Die Prüfung erfolgt nach der „Prüfungsordnung für den professionellen Sachkundenachweis“ der Niedersächsischen Tierärztekammer in der jeweils vom Ministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Verbraucherschutz bestätigten Fassung. Ausweislich der Prüfungsordnung dient die Prüfung „dem Nachweis professioneller, sachkundiger und tierschutzgerechter Ausbildung von Hund-Halter-Gespannen“ (Ziffer 1 Satz 2 der Prüfungsordnung, abrufbar unter https://www.tknds.de/cms_tknds/index.php?page=274, abgerufen am 16.11.2018). Die Prüfung ist untergliedert in eine theoretische Prüfung, ein Fachgespräch sowie eine praktische Prüfung. Alle drei Prüfungsteile dienen ausschließlich der Prüfung des Vorhandenseins fachlicher Kenntnisse und Fähigkeiten; prüfungsspezifische Kenntnisse oder Fähigkeiten werden nicht abgefragt. Hervorhebenswert ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Niedersächsische Tierärztekammer auf ihrer Homepage (https://www.tknds.de/cms_tknds/index.php?page=274) die Prüfung nicht als solche zum Erwerb der Anerkennung als Sachkundeprüfer gemäß § 3 Abs. 3 Satz 2 NHundG, sondern als „Zertifizierung von Hundetrainerinnen und Hundetrainern in Niedersachsen“ – mithin als Grundlage für den Erwerb der Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 lit. f) TierSchG – bewirbt.

Neben Personen, die die genannte Prüfung bei der Niedersächsischen Tierärztekammer absolviert haben, gelten nach den Durchführungshinweisen als für die Abnahme der Sachkundeprüfung qualifiziert auch

-Deutscher Hundesportverband e.V. (DHV)-zertifizierte Leistungsrichter,
-Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH)-zertifizierte Leistungsrichter,
-Hundeerzieher und Verhaltensberater Industrie- und Handelskammer/Berufsverband der Hundeerzieher/innen und Verhaltensberater/innen e.V. (IHK/BHV),
-Prüfer zum BHV-Hundeführerschein,
-Prüfer zum VDH-Hundeführerschein,
-Tierärzte mit der Berechtigung zur Abnahme des Dog-Owners-Qualification-Test 2.0 (D.O.Q.-Tests 2.0),
-Tierärztinnen/Tierärzte mit Zusatzbezeichnung Verhaltenstherapie,
-Fachtierärztinnen/Fachtierärzte für Tierverhalten sowie
-Fachtierärztinnen/Fachtierärzte für Tierschutzkunde.

Bereits mit Blick auf die Bezeichnungen der einzelnen Personen kann festgestellt werden, dass diese zumindest ganz überwiegend – ausgenommen sind insoweit lediglich die Prüfer zum BHV-Hundeführerschein und zum VDH-Hundeführerschein sowie die Tierärzte mit der Berechtigung zur Abnahme des D.O.Q.-Tests 2.0 – keine prüfende Tätigkeit wahrnehmen und vor diesem Hintergrund bei diesen Personen – ebenso wie im Hinblick auf Personen, die die erwähnte Prüfung der Niedersächsischen Tierärztekammer bestanden haben – nicht von dem Vorhandensein prüfungsspezifischer Kenntnisse und Fähigkeiten ausgegangen werden kann.

Die derzeit für den Beklagten geltenden Durchführungshinweise haben aus den vorstehend dargelegten Gründen zur Folge, dass ein Antragsteller durch Vorlage (beispielsweise) des Zertifikats der Niedersächsischen Tierärztekammer zunächst eine Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 lit. f) TierSchG erhalten könnte. Beantragte er im Weiteren eine Anerkennung nach § 3 Abs. 3 Satz 2 NHundG und verwiese zur Begründung seines Antrages (allein) auf das Vorhandensein der Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 lit. f) TierSchG, wäre ihm die Anerkennung nach den Durchführungshinweisen zu verweigern. Legte er dagegen zur Begründung seines Antrages das Zertifikat der Niedersächsischen Tierärztekammer vor, das zuvor die Grundlage für die Erteilung der Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 lit. f) TierSchG dargestellt hat, würde er – obwohl die Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 lit. f) TierSchG Kenntnisse und Fähigkeiten in identischem Umfang nachweist wie das Zertifikat der Niedersächsischen Tierärztekammer – gemäß § 3 Abs. 3 Satz 2 NHundG als Prüfer anerkannt. Der Beklagte muss bei Anwendung der Durchführungshinweise mit anderen Worten annehmen, dass das Zertifikat der Niedersächsischen Tierärztekammer Kenntnisse und Fähigkeiten im Sinne von § 11 Abs. 2 Nr. 1 TierSchG a.F. sowie Kenntnisse und Fähigkeiten im Sinne von § 3 Abs. 3 Satz 2 NHundG nachweist, die Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 lit. f) TierSchG ihrerseits aber nicht geeignet ist, Kenntnisse und Fähigkeiten im Sinne von § 3 Abs. 3 Satz 2 NHundG zu belegen. Dies ist mathematisch-logisch ausgeschlossen.

Unschädlich in diesem Zusammenhang ist, dass die Klägerin weder über das Zertifikat der Niedersächsischen Tierärztekammer noch über ein anderes der in den Durchführungshinweisen genannten Zertifikate verfügt. Denn der Umstand, dass die Klägerin im Besitz der Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 lit. f) TierSchG ist, belegt, dass sie über die hierfür erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt. Auf welche Art und Weise sie dem Beklagten gegenüber diese Kenntnisse und Fähigkeiten im Rahmen der Beantragung der Erlaubnis nachgewiesen hat, ist dabei ohne Belang. Werden aber auch mit dem Zertifikat der Niedersächsischen Tierärztekammer gerade diese Kenntnisse und Fähigkeiten belegt, steht – ebenfalls mathematisch-logisch zwingend – fest, dass die Klägerin Kenntnisse und Fähigkeiten in dem durch dieses Zertifikat nachweisbaren Umfang besitzt.

Unbeschadet der vorstehenden Ausführungen begegnet die dem Beklagten auferlegte Verwaltungspraxis insoweit erheblichen Bedenken, als sie die Möglichkeit des Nachweises der Kenntnisse und Fähigkeiten im Sinne von § 3 Abs. 3 Satz 2 NHundG auf die Vorlage der in den Durchführungshinweisen genannten Zertifizierungen begrenzt. Diese Eingrenzung findet im Gesetz keinerlei Verankerung. Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist maßgeblich allein, dass der Antragsteller seine Kenntnisse und Fähigkeiten nachweist; wie er diese nachweist, ist im Grundsatz ihm überlassen. Insbesondere dürfte einem Antragsteller – ähnlich wie einem Antragsteller im Genehmigungsverfahren nach § 11 Abs. 2 Nr. 1 TierSchG a.F. – die Möglichkeit zu eröffnen sein, seine Kenntnisse und Fähigkeiten in einem Fachgespräch zu belegen. Die Unterschiede im Wortlaut der gesetzlichen Regelungen (§ 3 Abs. 3 Satz 2 NHundG: „wer […] Kenntnisse und Fähigkeiten nachweist.“; § 11 Abs. 2 Nr. 1 TierSchG a.F.: „wenn […] die […] Person […] Kenntnisse und Fähigkeiten hat;“) rechtfertigt insoweit keine unterschiedliche Sichtweise. Der Antragsteller ist jeweils in gleichem Umfang darlegungs- und mitwirkungspflichtig, er trägt in beiden Fällen die materielle Beweislast für das Vorhandensein der jeweils erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten. Dies wird nicht zuletzt durch § 11 Abs. 2 Nr. 1, 2. Hs. TierSchG a.F. unterstrichen, der die Nachweisführung durch den Antragsteller zum Gegenstand hat.

Der Bescheid des Beklagten ist auch rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, soweit er in seiner Ziffer 2 der Klägerin die Kosten des Verfahrens dem Grunde nach auferlegt. Zwar stellt auch die Anerkennung als Sachkundeprüfer eine gebührenpflichtige Amtshandlung dar. Rechtsgrundlage für die Auferlegung der Kosten dem Grunde nach sind §§ 1, 3, 5 des Niedersächsischen Verwaltungskostengesetzes i.d.F. vom 25. April 2007 (GVBl., S. 172), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15. Dezember 2016 (GVBl., S. 301), i.V.m. §§ 1, 2 der Gebührenordnung für die Verwaltung im Bereich des Verbraucherschutzes und des Veterinärwesens vom 29. November 2014 (GVBl., S. 318), zuletzt geändert durch Verordnung vom 15. Mai 2018 (GVBl., S. 107). Da die Anerkennung allerdings noch nicht ausgesprochen, die gebührenpflichtige Amtshandlung mithin nicht vorgenommen wurde, ist die Gebührenpflicht bisher nicht entstanden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Berufung gemäß § 124 a Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO durch das Verwaltungsgericht liegen nicht vor.