Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 16.12.2010, Az.: 13 U 98/10
Begriff der Gläubigerbenachteiligung bei der Insolvenzanfechtung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 16.12.2010
- Aktenzeichen
- 13 U 98/10
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2010, 33895
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2010:1216.13U98.10.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Verden - 17.05.2010 - AZ: 10 O 152/09
Rechtsgrundlage
- § 129 InsO
Fundstellen
- GWR 2011, 70
- NWB 2011, 1520-1521
- NWB direkt 2011, 533-534
- NZG 2011, 135
- NZI 2011, 115-117
- StuB 2011, 436
- ZAP 2011, 552
- ZAP EN-Nr. 361/2011
- ZIP 2011, 676-677
Amtlicher Leitsatz
Zur Frage der objektiven Gläubigerbenachteiligung der Insolvenzgläubiger einer Muttergesellschaft im Falle der Verringerung des Vermögens der Tochtergesellschaft.
In dem Rechtsstreit
H. GmbH & Co. KG, ...,
Beklagte und Berufungsklägerin,
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Sch., ...,
Geschäftszeichen: ...
gegen
Rechtsanwalt Dr. C. W. als Insolvenzverwalter über das Vermögen der B. GmbH & Co. KG, ...,
Kläger und Berufungsbeklagter,
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte B., ...,
Geschäftszeichen: ...
hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 9. November 2010 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Knoke, die Richterin am Oberlandesgericht Ziemert und den Richter am Oberlandesgericht Bormann für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 10. Zivilkammer (2. Kammer für Handelssachen) des Landgerichts Verden vom 17. Mai 2010 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger macht als Insolvenzverwalter der B. GmbH & Co. KG (im Folgenden: B.) insolvenzrechtliche Anfechtungsansprüche gegen die Beklagte geltend.
Wegen der näheren Einzelheiten des Sach und Streitstandes erster Instanz und der darin gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Voraussetzungen für eine Insolvenzanfechtung nach § 133 InsO gegeben seien. Es liege eine Rechtshandlung der Schuldnerin vor. Bei Abschluss des streitgegenständlichen Vertrages vom 12. März 2009 habe der Geschäftsführer H. B. gehandelt, der sowohl Geschäftsführer der Schuldnerin als auch der S. KG gewesen sei. Zudem habe die 100 %ige Gesellschafterin der S. KG, die Schuldnerin, in dem Gesellschafterbeschluss vom 12. März 2009 dem Schuldbeitritt und der Verpfändung zugestimmt. Die Rechtshandlung sei auch in der Absicht erfolgt, andere Gläubiger zu benachteiligen. Denn die Schuldnerin und ihre Tochtergesellschaften hätten knapp 200.000 € Schulden bei der Beklagten gehabt, die sie offenbar bis zum Vertragsschluss nicht bezahlt hätten. Von der Gläubigerbenachteiligungsabsicht habe die Beklagte auch Kenntnis gehabt. Dies folge allein schon daraus, dass es sich bei der Beklagten um die steuerberatende und wirtschaftsprüfende Gesellschaft der Schuldnerin und ihrer Mitgliedsgesellschaften gehandelt habe, die tiefe Einblicke in die wirtschaftlich angeschlagene Situation der Gruppe gehabt habe.
Mit der Berufung verfolgt die Beklagte ihren erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiter. Die Beklagte wiederholt und vertieft zunächst ihr Vorbringen aus dem ersten Rechtszug. Ergänzend führt sie aus, das Landgericht habe verkannt, dass es sich bei der streitgegenständlichen Vereinbarung nicht um eine Rechtshandlung der Schuldnerin, sondern um eine solche der S. KG gehandelt habe. Ferner sei das Landgericht zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Schuldnerin in Benachteiligungsabsicht gehandelt und die Beklagte von einer - etwaigen - derartigen Benachteiligungsabsicht Kenntnis gehabt habe. Insoweit habe das Landgericht ihren erstinstanzlichen Vortrag nicht hinreichend gewürdigt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Verden aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil unter Bezugnahme auf sein Vorbringen aus dem ersten Rechtszug.
Auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen wird ergänzend verwiesen.
II. Die Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Kläger mit seiner vorliegenden Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) mit Erfolg den Einwand der Anfechtbarkeit erhebt (vgl. dazu BGH, Urteil vom 31. Oktober 1956 - V ZR 177/55, zitiert nach juris, Tz. 43. MünchKomm InsOKirchhof, 2. Aufl,§ 143 Rdnr. 45. HambKomm/Rogge, 3. Aufl., § 143 Rdnr. 33). Die von dem Kläger erklärte Insolvenzanfechtung ist nach § 133 Abs. 1 InsO begründet.
1. Es liegt eine Rechtshandlung der Schuldnerin vor.
a) Eine Rechtshandlung der Schuldnerin ist zunächst in dem Abschluss des Gesellschafterbeschlusses vom 12. März 2009 zu sehen. Diese Rechtshandlung hat der Kläger auch - neben anderen - angefochten. Dies als solches verhilft dem Kläger allerdings nicht zu einem rechtlichen Erfolg.
Bei den streitgegenständlichen, in dem notariellen Vertrag vom 12. März 2009 geregelten Maßnahmen handelt es sich um Handlungen i. S. von §§ 116 Abs. 2, 161 Abs. 2 HGB (vgl. dazu Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, 34. Aufl., § 116 Rdnr. 7). Demgemäß war hierfür - wie in Form des Gesellschafterbeschlusses vom 12. März 2009 auch tatsächlich geschehen - ein Gesellschafterbeschluss erforderlich. Würde der zustimmende Gesellschafterbeschluss fehlen, hätte dies jedoch keine Auswirkungen auf die Vertretungsmacht des Geschäftsführers (vgl. von Gerkan/Haas in Röhricht/Graf v. Westphalen, HGB, 3. Aufl., § 116 Rdnr. 5. Hopt in Baumbach/Hopt, aaO.,§ 116 Rdnr. 7). Wäre daher der Gesellschafterbeschluss vom 12. März 2009 von dem Kläger wirksam angefochten worden, hätte dies auf die Wirksamkeit des notariellen Vertrages vom selben Tag keine Auswirkungen.
b) Eine - vorliegend relevante - Rechtshandlung ist in dem Abschluss des notariellen Vertrages vom 12. März 2009 zu sehen.
Allerdings war an diesem Vertragsschluss nicht unmittelbar die Schuldnerin, sondern eine ihrer Tochtergesellschaften, die M. "S." KG (im Folgenden: S. KG), beteiligt. Rechtshandlungen Dritter sind grundsätzlich nicht nach § 133 InsO anfechtbar. Jedoch ist zu prüfen, ob zum Erfolg des Dritthandelns auch eigene Rechtshandlungen des Schuldners ursächlich beigetragen haben. dann kann die Vermögensverlagerung insgesamt anfechtbar sein (vgl. MünchKommInsoKirchhof, aaO., § 133 Rdnr. 8. HambKomm/Rogge, aaO., § 133 Rdnr. 3).
Nach dieser Maßgabe sind die streitgegenständlichen Maßnahmen in dem notariellen Vertrag vom 12. März 2009, also der Schuldbeitritt sowie die Verpfändung des Kommanditanteils seitens der S. KG, nach § 133 Abs. 1 InsO anfechtbar. Wie vorstehend ausgeführt, war für den Abschluss des notariellen Vertrages vom 12. März 2009 im Innenverhältnis eine Mitwirkungshandlung der Schuldnerin in Form eines zustimmenden Gesellschafterbeschlusses erforderlich. Dieser unter dem 12. März 2009 gefasste Gesellschafterbeschluss, auf den auf Seite 13 des notariellen Vertrages vom 12. März 2009 auch Bezug genommen worden ist, war kausal für den Abschluss des notariellen Vertrages vom 12. März 2009. Ob letztgenannter wirksam auch ohne zustimmenden Gesellschafterbeschluss hätte gefasst werden können (s. o.), ist insoweit unerheblich, da allein auf den tatsächlichen Geschehensablauf abzustellen ist.
2. Die Rechtshandlung der Schuldnerin hat zu einer objektiven Gläubigerbenachteiligung i. S. von § 129 Abs. 1 InsO geführt.
Eine objektive Gläubigerbenachteiligung i. S. des § 129 Abs. 1 InsO liegt vor, wenn die Befriedigung der Insolvenzgläubiger verkürzt, vereitelt, erschwert, gefährdet oder verzögert wird (st. Rspr., vgl. z. B. BGH, Urteil vom 9. Oktober 2008 -IX ZR 59/07, zitiert nach juris, Tz. 26).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Zwar berühren die seitens der S. KG in dem notariellen Vertrag vom 12. März 2009 eingegangenen Verpflichtungen zunächst einmal nur deren eigenen Vermögensbestand und jedenfalls nicht unmittelbar auch den ihrer Muttergesellschaft, der Schuldnerin. Demgemäß soll es nach einer in der Literatur vertretenen Auffassung bei einer Fallkonstellation wie der vorliegenden an dem erforderlichen Zurechnungszusammenhang zwischen Rechtshandlung und Gläubigerbenachteiligung fehlen (vgl. MünchKommInsoKirchhof, aaO., § 129 Rdnr. 170 b). Der Senat sieht dagegen die Gegenauffassung als vorzugswürdig an, wonach eine - im Rahmen von § 133 Abs. 1 InsO ausreichende - mittelbare Benachteiligung darin zu sehen ist, dass die - wie vorliegend - jedenfalls nicht unerhebliche Verringerung des Reinvermögens der Tochtergesellschaft auch zu einer Verringerung des Wertes der Gesellschaft insgesamt und damit zu einer Verringerung des Beteiligungswertes der Muttergesellschaft führt. Eine - wie vorliegend - Verringerung des Vermögens der Tochtergesellschaft benachteiligt daher auch die Insolvenzgläubiger der Muttergesellschaft (vgl. Hirte, ZinsO 2004, 1161, 1165. HambKomm/Rogge, aaO., § 129 Rdnr. 109).
3. Die Schuldnerin hat mit dem Vorsatz gehandelt, ihre Gläubiger zu benachteiligen.
Eine inkongruente Deckung bildet in der Regel ein Beweisanzeichen für den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners und für die Kenntnis des Gläubigers von diesem Vorsatz, wenn die Wirkungen der Rechtshandlungen zu einem Zeitpunkt eintreten, als zumindest aus Sicht des Empfängers der Leistung Anlass bestand, an der Liquidität des Schuldners zu zweifeln (vgl. BGH, Urteil vom 18. März 2010 - IX ZR 57/09, zitiert nach juris, Tz. 15). Allerdings macht das Vorliegen einer inkongruenten Deckung eine Gesamtwürdigung nicht entbehrlich und darf nicht schematisch i. S. einer vom anderen Teil zu widerlegenden Vermutung angewandt werden. Die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung hat der Tatrichter vielmehr gem. § 286 ZPO unter Würdigung alle maßgeblichen Umstände des Einzelfalls auf der Grundlage des Gesamtergebnisses der Verhandlung und einer etwaigen Beweisaufnahme zu prüfen (BGH, aaO., Tz. 18).
Nach dieser Maßgabe ist vorliegend von einem Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin auszugehen.
a) Mit den streitgegenständlichen Maßnahmen in dem notariellen Vertrag vom 12. März 2009 hat die Beklagte eine inkongruente Deckung erhalten. Wird - wie vorliegend - eine bereits bestehende Verbindlichkeit nachträglich besichert, ist darin in der Regel eine inkongruente Deckung zu sehen (vgl. BGH, Urteil vom 18. März 2010 - IX ZR 57/09, zitiert nach juris, Tz. 16).
b) Neben dem Umstand der inkongruenten Deckung liegt nach Auffassung des Senats ein weiteres Beweisanzeichen für eine Gläubigerbenachteiligungsabsicht der Schuldnerin vor.
Aus dem notariellen Vertrag vom 12. März 2009 (Seiten 4/5) ergibt sich, dass die Schuldnerin gegenüber der Beklagten zum Zeitpunkt 12. März 2009 Verbindlichkeiten in Höhe von 63.857,30 € hatte. Hiervon rührten 43.732,50 € aus dem Zeitraum bis 14. Juli 2008 her, diese bestanden daher zum Zeitpunkt des Abschlusses des notariellen Vertrages bereits 8 Monate. Ob der Kläger hiermit bereits eine Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin (vgl. dazu BGH, Urteil vom 18. März 2010 -IX ZR 57/09, zitiert nach juris, Tz. 19) hinreichend dargelegt hat, kann dahinstehen. Unabhängig davon hält der Senat die vorgenannten Umstände, also eine nachträgliche Besicherung von Forderungen in Höhe von knapp 64.000 €, von denen knapp 44.000 € aus einem Zeitraum von vor 8 Monaten herrühren, in einer Gesamtschau als hinreichend, um von einem Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin auszugehen.
c) Die Indizien, die die Beklagte gegen die Annahme eines Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes der Schuldnerin einwendet, ändern hieran im Ergebnis nichts.
aa) Die Beklagte behauptet, die Schuldnerin habe in den drei Quartalen vor der streitgegenständlichen Notarvereinbarung Honorarzahlungen an die Beklagte in Höhe von über 15.000 € geleistet. Im Zeitraum Januar 2008 bis Juni 2009 seien insgesamt über 50.000 € von der Insolvenzschuldnerin an die Beklagte gezahlt worden. Die gesamte B.Gruppe habe im Zeitraum Januar 2008 bis März 2008 an die Beklagte insgesamt knapp 150.000 €, im Zeitraum Januar 2008 bis Juli 2009 knapp 264.000 € gezahlt.
Soweit sich die Beklagte auf Gesamtzahlungsbeträge der "B.Gruppe" beruft, ist das unerheblich. Genauso wenig, wie es ein Beweisanzeichen für eine Gläubigerbenachteiligungsabsicht der Schuldnerin darstellt, dass der Beklagten zum Zeitpunkt 12. März 2009 gegen die Komplementärin der Schuldnerin sowie deren diverse Tochtergesellschaften Forderungen zustanden (ausweislich des notariellen Vertrages vom 12. März 2009 in Höhe von ca. 130.000 €), sind diese angeblichen Zahlungen "der B.Gruppe" ein Indiz gegen eine Gläubigerbenachteiligungsabsicht. Die Tochtergesellschaften der Schuldnerin sind selbständige juristische Personen. Entscheidend für die Frage der Gläubigerbenachteiligungsabsicht der Schuldnerin sowie die Kenntnis der Beklagten davon sind allein die Vermögensbeziehungen der Schuldnerin zu der Beklagten.
Soweit die Beklagte ausführt, dass die Schuldnerin im Zeitraum Januar 2008 bis Juni 2009 insgesamt über 50.000 € an sie gezahlt habe, ist das unsubstantiiert. Denn auf Zahlungsvorgänge nach dem 12. März 2009 kann es nicht ankommen. Welche Zahlungen die Schuldnerin bis zum 12. März 2009 geleistet hat, hat die Beklagte nicht vorgetragen. Der Senat musste die Beklagte hierauf nicht hinweisen, § 139 ZPO. Der Senat kann nämlich sogar unterstellen, dass die seitens der Beklagten behaupteten Zahlungen der Schuldnerin bis zum 12. März 2009 erfolgt sind. Dies ändert im Ergebnis an der Gesamtwürdigung des Senats nichts (s. dazu unten).
bb) Die Beklagte verweist auf eine EMail vom 18. März 2009 (Anlage B 5), nach der sich die Schuldnerin verpflichtet habe, auf ihre Verbindlichkeiten monatlich ca. 6.500 € zu zahlen. Diese Zahlungen seien seitens der Schuldnerin in den Monaten März, April und Mai 2009 auch vereinbarungsgemäß erfolgt.
Der Senat muss nicht aufklären (§ 139 ZPO), ob der diesbezügliche Vortrag auf Seite 3 des Schriftsatzes der Beklagten vom 23. März 2010 (Bl. 96 d. A.) so zu verstehen ist, dass behauptet wird, dass eine diesbezügliche Vereinbarung zumindest zeitgleich mit dem notariellen Vertrag vom 12. März 2009 geschlossen worden ist, obwohl die in Bezug genommene EMail erst vom 18. März 2009 datiert. Ferner muss der Senat nicht auf eine Klarstellung dahingehen hinwirken, ob mit diesem Vortrag behauptet werden soll, dass (allein) die Schuldnerin versprochen hat, diese Zahlungen zu leisten (die EMail vom 18. März 2009 bezieht sich offenbar nicht lediglich allein auf die Schuldnerin). Der Senat kann vielmehr unterstellen, dass der genannte Vortrag in dem für die Beklagte günstigsten Sinn (Vereinbarung am 12. März 2009, dass (nur) die Schuldnerin die avisierten Zahlungen leistet) gemeint ist. Auch in diesem Fall ändert sich an der Gesamtwürdigung des Senats im Ergebnis nichts (s. dazu unten).
cc) Die Beklagte behauptet, Herr B. habe ihr im Februar 2009 mitgeteilt, dass er davon ausgehe, dass seine Gruppe für 2008 Steuern zahlen müsse. Einige Wochen später habe Herr B. das Gruppenergebnis auf einen Betrag von 1,8 Mio. Euro beziffert. Dieser Vortrag ist von dem Kläger bestritten worden.
Das Vorbringen der Beklagten ist bereits unerheblich, da es nicht auf die wirtschaftliche Situation der "B.Gruppe" ankommt, sondern allein auf die der Schuldnerin. Im Übrigen hat die Beklagte für ihre bestrittene Behauptung auch kein hinreichendes Beweisangebot erbracht. Die Beklagte hat sich lediglich auf die Vernehmung ihrer beiden Geschäftsführer H. und G. K. bezogen. Das wäre - im Falle der Erheblichkeit des Vortrags - nicht in Betracht gekommen. Eine Vernehmung nach § 447 ZPO konnte nicht erfolgen, da sich der Kläger hiermit nicht einverstanden erklärt hat. Auch eine Vernehmung nach § 448 ZPO kam nicht in Betracht, da die hierfür erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen. Für die Richtigkeit der Behauptung der Beklagten spricht nicht mehr als gegen sie (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 448 Rdnr. 4).
dd) Die Beklagte habe auch nach dem Zeitpunkt 12. März 2009 gegenüber der Schuldnerin Leistungen "in erheblichem Umfang" erbracht.
Der Senat kann auch diesen Vortrag als wahr unterstellen, ohne dass sich hieran an dem Ergebnis der Gesamtwürdigung etwasändert.
d) Auch unter Zugrundelegung der vorgenannten Behauptungen der Beklagten unter aa), bb) und dd) ändert sich an der Überzeugung des Senats davon, dass die Schuldnerin mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz gehandelt hat, im Ergebnis nichts. Zwar wäre nach dieser Maßgabe davon auszugehen, dass die Schuldnerin zeitlich vor dem 12. März 2009 Zahlungen auf bestehende Verbindlichkeiten an die Beklagte geleistet, weitere Zahlungen für die Zukunft versprochen und zeitlich nach dem 12. März 2009 auch Zahlungen vorgenommen sowie die Beklagte Leistungen gegenüber der Schuldnerin getätigt hat. Andererseits bleiben die Umstände fortbestehen, dass sich die Beklagte Verbindlichkeiten gegenüber der Schuldnerin in Höhe von knapp 64.000 € nachträglich hat besichern lassen, von denen knapp 44.000 € bereits aus einem Zeitraum herrühren, der 8 Monate vor diesem Vorgang lag. Unter Gesamtabwägung aller vorgenannten Umstände verbleibt es dabei, dass der Senat davonüberzeugt ist, dass die Schuldnerin mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz gehandelt hat.
4. Nach einer Gesamtwürdigung der vorstehend unter Ziff. 3 erörterten Umstände ist der Senat auch davon überzeugt, dass die Beklagte zum Zeitpunkt des Abschlusses des notariellen Vertrages vom 12. März 2009 Kenntnis von dem Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin hatte (vgl. dazu BGH, Urteil vom 18. März 2010 - IX ZR 57/09, zitiert nach juris, Tz. 15).
III. Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Der Senat lässt die Revision gem. § 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 1. Alt. ZPO im Hinblick darauf zu, dass - wie ausgeführt - in der Literatur unterschiedliche Auffassungen dazu bestehen, ob bei einer Fallkonstellation wie der vorliegenden von einer objektiven Gläubigerbenachteiligung auszugehen ist.