Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 04.01.2012, Az.: 14 U 126/11

Verjährung von Gewährleistungsansprüchen wegen fehlerhaft erbrachter Architektenleistung im Hinblick auf Brandschutz

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
04.01.2012
Aktenzeichen
14 U 126/11
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2012, 38823
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2012:0104.14U126.11.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
LG Hannover - 04.01.2012 - AZ: 19 O 137/10

Fundstellen

  • BauR 2013, 2036-2039
  • IBR 2013, 627

In dem Rechtsstreit
...,
Klägerin und Berufungsklägerin,
Prozessbevollmächtigte:
Anwaltsbüro ...
gegen
1. ...,
2. ...,
Beklagte und Berufungsbeklagte,
Prozessbevollmächtigte zu 1:
Rechtsanwälte ...
Prozessbevollmächtigter zu 2:
Rechtsanwalt...
hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 20. Dezember 2011 durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht... und den Richter am Oberlandesgericht...
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung ihres weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des Landgerichts Hannover vom 30. Mai 2011 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte zu 1 wird verurteilt, an die Klägerin 84.538,11 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. August 2008 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.935,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13. Juli 2010 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Gerichtskosten in beiden Instanzen trägt die Klägerin 55 % und die Beklagte zu 1 45 %. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2 trägt die Klägerin vollständig. Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt die Beklagte zu 1 45 %. Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1 trägt die Klägerin 18 %. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Seite in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin macht Gewährleistungsansprüche wegen fehlerhaft erbrachter Architektenleistung der Beklagten zu 1 und fehlerhafter Planung des Beklagten zu 2 als Statiker geltend.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen und der Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin. Sie ist der Auffassung, die geltend gemachten Gewährleistungsansprüche seien nicht verjährt: Die Verjährung sei spätestens ab dem Erhalt des Schreibens vom 18. Dezember 2007 gehemmt gewesen. Dazu behauptet sie, die Mängel seien am 18. Dezember 2007 gerügt worden und es hätten sich danach bis zur Klageerhebung Verhandlungen zwischen den Parteien ergeben.

Sie ist zudem der Auffassung, beide Beklagten hätten arglistig gehandelt. Aus der Zeichnung, die der Beklagte zu 2 als Statiker gemacht habe, sei für die Beklagte zu 1 erkennbar gewesen, dass die Detailzeichnung nicht den Brandschutzanforderungen entspreche. Beide Beklagte hätten erkannt, dass ein Mangel vorliege. Sollten sie den Mangel nicht erkannt haben, dann hätten sie das Wissen nicht gehabt, derartige Zeichnungen zu erstellen und die Ordnungsgemäßheit dieser Detailzeichnung zu überprüfen. Aus dem Sachverständigengutachten ergebe sich, dass dieser Mangel sofort erkennbar gewesen sei. Auch der Mitarbeiter der Stadt L. hätte diesen Fehler sofort erkannt. Das Herstellen der Detailzeichnung durch den Beklagten zu 2 sei bewusst, vorsätzlich und damit arglistig erfolgt.

Schließlich liege ein Organisationsverschulden bei der Beklagten zu 1 vor.

In gleicher Weise argumentiert die Klägerin hinsichtlich der behaupteten Mängel bei der Dachabdichtung und der Brandschutzmängel im Dachbereich. Die Klägerin trägt vor, die Mängel seien sofort für jeden sichtbar und so gravierend, dass man sie nicht übersehen könne. Die Beklagte zu 1 habe überhaupt keine Bauüberwachung getätigt oder die dazu abgestellten Mitarbeiter seien mit Blindheit geschlagen gewesen oder hätten nicht die Sachkunde gehabt, die Mängel zu erkennen.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Hannover vom 30. Mai 2011 den in erster Instanz gestellten Anträgen stattzugeben, nämlich:

  1. 1.

    die Beklagte zu 1 zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 102.140,80 € nebst 8 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz auf 90.000 € seit dem 1. August 2008, auf 8.640 € seit dem 1. Dezember 2009 und 3.500,80 € seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

  2. 2.

    den Beklagten zu 2 zu verurteilen, als Gesamtschuldner mit der Beklagten zu 1 an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 84.538,11 € nebst 8 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2009 zu zahlen;

  3. 3.

    die Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 2.051 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil. Sie vertreten die Auffassung, Verjährung sei eingetreten, da verjährungshemmende Maßnahmen vor Ablauf der Gewährleistungsfrist nicht erfolgt seien. Das Schreiben der Klägerin vom 18. Dezember 2007 habe die Verjährung nicht gehemmt, weil in dem Schreiben eine Erwiderungsfrist bis zum 9. Januar 2008 gesetzt gewesen sei, welche erst nach bereits eingetretener Verjährung ablief.

Arglist oder ein Organisationsverschulden habe bei keinem der Beklagten vorgelegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien samt Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll vom 20. Dezember 2011 verwiesen.

II.

Die Berufung ist zwar zulässig, hat in der Sache aber nur zum Teil gegenüber der Beklagten zu 1 Erfolg.

Das Zahlungsbegehren ist trotz der Bezeichnung "Kostenvorschuss" als Fordern von Schadensersatz auszulegen.

Der Kläger haftet nämlich nicht auf Zahlung eines Kostenvorschusses, da sich die in Betracht kommenden Fehler seiner Architektenleistung bereits in dem fertigen Bauwerk niedergeschlagen haben. In diesem Fall schuldet der Architekt von vornherein nur noch Schadensersatz gemäß § 635 BGB a. F. (hier i. V. m. Art. 229 § 5 S. 1 EGBGB), wobei ein dahingehender Anspruch auch nicht voraussetzt, dass gegenüber dem Architekten eine Mängelrüge erhoben oder ihm Gelegenheit zur Nachbesserung gegeben worden wäre (vgl. BGH, Urteil vom 11. Oktober 2007 - VII ZR 65/06 - [...]Rdnr. 15 m. w. N.).

Bei verständiger Würdigung des Prozessvortrags der Klägerin, der so auszulegen ist, wie es nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig und interessengerecht ist, wurde von der Klägerin ungeachtet der Bezeichnung der Klage als "Vorschussklage" Schadensersatz verlangt (vgl. zu dieser Auslegung BGH, BauR 2001, 425; BGH, BauR 2004, 1477). Durch ihren Vortrag, die Verstöße gegen den Brandschutz, die sich im Bauwerk bereits unstreitig verwirklicht haben, beruhten auf fehlerhafter Planung und/oder Objektüberwachung der Beklagten, hatte die Klägerin hinreichend verdeutlicht, dass sie gegen die Beklagten keinen Vorschussanspruch gemäß § 633 Abs. 3 BGB a. F. geltend machen wollte, sondern einen Schadensersatzanspruch gemäß § 635 BGB a. F. Denn dieser kam unter den gegebenen Umständen allein in Betracht, weil gegenüber der Beklagten ein Nachbesserungsanspruch zweifelsfrei nicht mehr bestand (vgl. hierzu OLG Celle, BauR 2010, 1613 - [...]Rdnrn. 99, 100).

1. Ansprüche gegen den Beklagten zu 2:

Hinsichtlich des Beklagten zu 2 hat die Berufung keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage gegen den Beklagten zu 2 im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten zu 2 der geltend gemachte Schadensersatzanspruch wegen der Verletzung von Brandschutzvorschriften im Zusammenhang mit der Durchdringung der Brandschutzwand nicht zu. Es fehlt an der für eine Haftung erforderlichen schuldhaften Pflichtverletzung des Beklagten zu 2. Dem Beklagten zu 2 als Tragwerksplaner ist der Verstoß gegen die Brandschutzvorschriften nicht als Pflichtverletzung vorzuwerfen.

Die Parteien waren miteinander durch einen Werkvertrag verbunden. Der Beklagte zu 2 war als Tragwerksplaner tätig. Seine Aufgabe war es, die Auflage der Leimbinder statisch zu berechnen.

Zwar entsprach die später umgesetzte Durchdringung der Brandschutzwand nicht den geltenden Brandschutzvorschriften mit der Folge, dass insoweit ein Baumangel gegeben ist. Dies ergibt sich aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr.-Ing. F. vom 22. Januar 2009. Allerdings ist die Werkleistung des Beklagten zu 2 als solche nicht zu beanstanden; denn er hatte sich nur mit dem "Wie" der baulichen Umsetzung zu befassen, also Möglichkeiten der Realisierung in statischer Hinsicht aufzuzeigen (vgl. dazu Senat, Urteil vom 26. Oktober 2011, Az.: 14 U 59/11- [...]Rdnr. 15), und hat dies getan. Ein Tragwerksplaner ist kein Fachmann für den Brandschutz. Aufgabe des Statikers ist es lediglich, statische Berechnungen und Feststellungen, ggf. auch Alternativvorschläge, dem Bauherrn bzw. dessen Architekten vorzuschlagen. Der Bauherr oder sein Architekt entscheiden dann über die tatsächliche Umsetzung der aufgezeigten Möglichkeiten, also über das "Ob" und "Wie". Der Architekt muss dann prüfen, ob und wie die Möglichkeiten der Statik mit den Wünschen des Auftraggebers und den Brandschutzvorschriften kompatibel gemacht werden können, nicht aber der Tragwerksplaner (vgl. dazu Senat, Urteil vom 26. Oktober 2011, Az.: 14 U 59/11 - [...]Rdnr. 16).

2. Ansprüche gegen die Beklagte zu 1:

Die Berufung hat hinsichtlich der Beklagten zu 1 teilweise Erfolg.

a) Durchdringung der Brandschutzwand:

Der Klägerin steht gegen die Beklagte zu 1 entgegen der Auffassung des Landgerichts ein Anspruch auf Zahlung von 84.538,11 € aus § 635 BGB a. F. i. V. m. Art. 229 § 5 S. 1 EGBGB zu. Die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch sind gegeben und die Beklagte zu 1 kann sich insoweit nicht mit Erfolg auf Verjährung berufen.

Die Parteien waren durch einen Werkvertrag verbunden. Es liegt auch unstreitig ein Mangel der Architektenleistung der Beklagten zu 1 vor in Form fehlerhafter Planung und Umsetzung in Bezug auf die Brandschutzwand. Der Sachverständige Prof. Dr. Ing. F. hat in seinem Gutachten vom 22. Januar 2009 (Anlage K 18, Bl. 51 ff. d. A.) festgestellt, dass die Durchdringung der Brandschutzwand durch die Auflagerung der BSH-Binder des zweiten Bauabschnitts auf den Stahlbetonstützen des ersten Bauabschnitts mangelhaft ist, weil die bauaufsichtlichen Anforderungen der Niedersächsischen Bauordnung nicht eingehalten wurden. Das räumt die Beklagte zu 1 auch ein. Der Mangel beruht auf der fehlerhaften - weil gegen die Brandschutzvorschriften verstoßenden - Planung der Beklagten zu 1. Planungsfehler beim Brandschutz eines Gebäudes sind Architektenfehler, weil dies in den Verantwortungsbereich der Planungen des Architekten fällt (BGH, BauR 1994, 367; OLG Düsseldorf, BauR 2005, 423 f.). Auch dies nimmt die Beklagte zu 1 ausdrücklich hin.

Eine Fristsetzung gemäß §§ 635, 634 I 1 BGB a. F. ist nach der Rechtsprechung nicht erforderlich, wenn sich der Mangel schon im fertigen Bauwerk niedergeschlagen hat.

Deshalb kann die Klägerin von der Beklagten zu 1 Schadensersatz in Höhe der für die zur Beseitigung des Mangels erforderlichen Aufwendungen und Betriebsunterbrechungskosten verlangen. Die Höhe der zur Beseitigung des Mangels erforderlichen Aufwendungen sowie des Betriebsunterbrechungsmehraufwandes hat die Klägerin hinreichend belegt. Insoweit wird auf die Anlage K 20 (Bl. 80 d. A.) verwiesen. Aus der von der Klägerin vorgelegten Kostenschätzung ergeben sich gut nachvollziehbar und verständlich die einzelnen zur Mängelbeseitigung erforderlichen Maßnahmen bzw. Positionen mit den entsprechenden Beträgen. Die Beklagte zu 1 hat die geltend gemachte Vorschusshöhe zwar bestritten; sie hat sich aber inhaltlich zu den einzelnen Positionen nicht geäußert. Die Beklagte zu 1 hätte aber qualifiziert bestreiten müssen, weil sie die maßgeblichen Massen kennt und über eigene Sachkunde verfügt. Das pauschale Bestreiten ist unzureichend und deshalb unbeachtlich.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts kann sich die Beklagte zu 1 bezüglich dieses Mangels nicht mit Erfolg auf Verjährung berufen.

Nach § 634 a Abs. 1 Nr. 2 BGB i. V. m. Art. 229 § 6 I 1 EGBGB unterliegen Gewährleistungsansprüche des Bauherrn gegen den Architekten einer 5-jährigen Verjährung. Gemäß § 634 a Abs. 2 BGB beginnt die Verjährung mit der Abnahme. Vorliegend ist eine ausdrückliche Abnahme der Leistungen des Beklagten zu 1 durch die Klägerin nicht vorgetragen. Es kann jedoch - wie vom Landgericht mit Recht angenommen - eine konkludente Abnahme bejaht werden. Die konkludente Abnahme als besondere Abnahmeform ist im BGB nicht ausdrücklich geregelt, aber nach allgemeiner Meinung zulässig. Sie ist immer dann gegeben, wenn der Auftraggeber durch sein Verhalten zum Ausdruck bringt, dass er das Bauwerk als im Wesentlichen vertragsgemäße Leistung ansieht (BGH, BauR 1996, 386, 388). Die Klägerin hat die Schlussrechnung der Beklagten zu 1 vom 15. Juli 2002 durch Übersendung eines Schecks im Dezember 2002 bezahlt. Der Scheck wurde am 9. Dezember 2002 eingelöst und dem Konto der Beklagten zu 1 gutgeschrieben.

In Rechtsprechung und Literatur ist anerkannt, dass in der vorbehaltlosen Zahlung des Honorars bzw. Werklohns eine schlüssige Abnahme liegen kann (BGH, BauR 1970, 48; OLG Köln, BauR 1992, 514, 516; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 12. Aufl., Rdnr. 1354), sofern keine entgegenstehenden Anhaltspunkte erkennbar sind, was hier nicht der Fall ist. Damit begann die Verjährungsfrist für Ansprüche gegen die Beklagte zu 1 im Dezember 2002 und endete im Dezember 2007.

Entgegen der Behauptung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung war die Beklagte nicht mit der Erbringung der LP 9 gemäß § 15 HOAI a. F. beauftragt. Das ergibt sich aus dem Vertrag der Parteien vom 1./2. Juli 1997 (Bl. 6 ff. der Beiakten 19 OH 6/08 LG Hannover).

Verjährungshemmende Maßnahmen hat die Klägerin bis Dezember 2007 nicht eingeleitet. Insbesondere ist der Antrag auf Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens erst am 2. August 2008 bei Gericht eingegangen. Die pauschale Behauptung der Klägerin in der Berufungsbegründung, es habe Verhandlungen zwischen den Parteien in der Folge des Klägerschreibens vom 18. Dezember 2007 (Bl. 41 f. d. A.) gegeben und dadurch sei die Verjährung gehemmt gewesen, ist von der Beklagten zu 1 in der Berufungserwiderung bestritten worden. Belege oder nähere Details dazu hat die Klägerin nicht vorgetragen. Auch fehlt es an einem Beweisantritt. Deshalb kann auch nicht von einer Hemmung der Verjährung ausgegangen werden.

Die Verjährung der Ansprüche gilt auch nicht deshalb als nicht eingetreten, weil der Beklagte zu 1 als Sachwalter des Bauherrn im Rahmen seines jeweils übernommenen Aufgabengebietes die unverzügliche Aufklärung der Ursachen sichtbar gewordener Baumängel oder die sachkundige Unterrichtung des Bauherrn vom Ergebnis der Untersuchung und von der sich daraus ergebenden Rechtslage unterlassen hätte (Sekundärhaftung des Architekten, vgl. hierzu BGH BauR 2007, 423 ff.).

Zwar spricht i. d. R. eine tatsächliche Vermutung für die Ursächlichkeit einer fehlenden Aufklärung dafür, dass der Bauherr anderenfalls rechtzeitig gegen den Architekten vorgegangen wäre. Diese Vermutung ist im vorliegenden Fall indes widerlegt.

Die Klägerin hat ausweislich des Schreibens ihrer Bevollmächtigten vom 18. Dezember 2007 (Bl. 41 f. d. A.) in noch unverjährter Zeit sowohl von dem Mangel selbst erfahren als auch die Verantwortlichkeit der Beklagten zu 1 erkannt, gleichwohl verjährungsunterbrechende Maßnahmen nicht ergriffen.

Die Klägerin kann sich aber auf die Ausnahmeregelung des § 634 a Abs. 3 BGB berufen. Danach verjähren die Gewährleistungsansprüche bei einem arglistigen Verschweigen eines Mangels abweichend von der sonst geltenden Regelung innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist.

Arglistig in diesem Sinne handelt derjenige, der bewusst einen offenbarungspflichtigen Mangel verschweigt. Ein solches Bewusstsein fehlt, wenn der Mangel von seinem Verursacher nicht als solcher wahrgenommen wird (BGH, BauR 2010, 1959 ff.; BGH, BGHZ 174, 32 ff.). Diese Voraussetzung ist hier nicht gegeben.

Aus dem Brandschutzgutachten, das auch der Beklagten zu 1 bekannt war, ergibt sich, dass die Brandschutzwand nicht von brennbaren Bauteilen der Fassade oder brennbaren Baustoffen des Daches überbrückt werden darf (Anlage K 11, Bl. 35 d. A.). Durch die Einholung des Brandschutzgutachtens hat die Klägerin für die Beklagte zu 1 erkennbar deutlich gemacht, dass die Einhaltung der Brandschutzvorschriften ihr wichtig ist. Die Einhaltung der Brandschutzvorschriften und hier konkret die Arbeiten und Planungen in Bezug auf die Brandschutzwand waren keine handwerkliche Selbstverständlichkeit, sondern sicherheitsrelevante Maßnahmen. Aus dem Schreiben vom 29. August 2001 (Anlage B 2.2; Bl. 184 d. A.) ergibt sich, dass die Beklagte zu 1 erkannt hat, dass mit der Planung der Auflage der Leimbinder in der Brandschutzwand von den Vorgaben des Brandschutzgutachters abgewichen wird und Klärungsbedarf mit einem Brandschutzgutachter darüber besteht, ob die ins Auge gefasste Lösung korrekt ist. Die Beklagte zu 1 hat jedoch nicht behauptet, dass sie diese Abstimmung mit einem Brandschutzsachverständigen - weder mit dem der Klägerin noch mit einem eigenen - durchgeführt hat. Sie hat lediglich behauptet, es habe eine Abstimmung mit einem Prüfstatiker, dem Beklagten zu 2, dem Leimbinder-Hersteller und dem Generalunternehmer gegeben.

Wer aber bewusst von Vorgaben eines Brandschutzgutachters abweicht, das Erfordernis der Abstimmung einer abweichenden Lösung mit einem Brandschutzgutachter erkennt, diese Abstimmung dann nicht durchführt und den Auftraggeber darüber nicht informiert, handelt arglistig.

An der Kausalität bestehen keine Zweifel. Es kann sicher davon ausgegangen werden, dass ein Brandschutzgutachter - wäre er befragt worden - sofort erkannt hätte, dass die von den Beklagten favorisierte Lösung mit den Brandschutzvorschriften nicht kompatibel ist. Das Brandschutzgutachten (Anlage K 11, Bl. 35 d. A.) besagt eindeutig, dass die Brandschutzwand nicht von brennbaren Bauteilen der Fassade oder brennbaren Baustoffen des Daches überbrückt werden darf. Aus der Detailskizze (Anlage K 13, Bl. 40 d. A.) ergibt sich aber selbst für einen Laien auf den ersten Blick, dass eine Durchdringung durch brennbare Materialien geplant ist. Die Kausalität kann der Senat dementsprechend selber feststellen, ohne dass es der Einholung eines zusätzlichen Sachverständigengutachtens bedurft hätte. Auch der Gutachter Prof. Dr. Ing. F. bestätigt in seinem Gutachten vom 22. Januar 2009 (Bl. 64 d. A.), dass bei der Bauausführung die mangelhafte Planung hätte auffallen müssen. Dies gilt dann erst recht für die Kontrolle durch einen sachkundigen Brandschutzsachverständigen.

b) Mängel im Dachbereich:

Hinsichtlich der Mängel im Dachbereich ist die Berufung unbegründet. Das Landgericht hat die Klage insoweit zu Recht abgewiesen, weil Mängelgewährleistungsansprüche verjährt sind. Bezüglich der geltend gemachten Mängel bei der Befestigung des Foliendaches und der nicht dem Brandschutz entsprechenden Ausführung der Dämmung an der Attika-Wand ist die 5-jährige Gewährleistungsfrist bereits abgelaufen und es ist auch der Ausnahmetatbestand des § 634 a Abs. 3 BGB nicht gegeben.

Zwar kann arglistiges Verhalten vorliegen, wenn der Architekt ein überwachungspflichtiges Gewerk nicht überwacht und dies seinem Auftraggeber gegenüber verschweigt.

Bei der Befestigung des Foliendaches handelt es sich jedoch um eine handwerkliche Selbstverständlichkeit. Das ergibt sich aus dem Gutachten des Sachverständigen O. vom 24. Januar 2008 (Bl. 81 ff. d. A., insbesondere Bl. 94 d. A.). Insofern bestanden hier keine Überwachungspflichten für die Beklagte zu 1 (vgl. dazu OLG Köln, IBR 2007, 86 [OLG Köln 19.10.2005 - 11 U 170/03]; OLG Naumburg, NZBau 2003, 389, 390 [OLG Naumburg 26.11.2002 - 11 U 234/01]; OLG Hamm, MDR 1990, 338). Anders wäre dies nur gewesen, wenn es Anhaltspunkte dafür gegeben hätte, dass die Handwerker unsorgfältig arbeiten (vgl. dazu Werner/Pastor, Der Bauprozess, 12. Auflage, Rdnr. 1499 m. w. N.). Dafür ist jedoch nichts ersichtlich.

Auch hinsichtlich der nicht dem Brandschutz entsprechenden Dachabdichtung fehlt es an der erforderlichen Arglist. Grundsätzlich muss der Architekt hier zwar wegen der Sicherheitsrelevanz des Brandschutzes die Arbeiten prüfen und überwachen. Dies ist hier ersichtlich nicht geschehen. Allerdings kann ein Architekt an sich erwarten, dass die mit derartigen Arbeiten betrauten Handwerker diese Arbeiten richtig ausführen, weil dies zwar nicht im technischen Sinne, aber von der Arbeitsleistung her schon einer handwerklichen Selbstverständlichkeit nahe kommt. Auch der Sachverständige O. schreibt in seinem Gutachten vom 4. September 2009 (Anlage K 22, Bl. 109, 118 d. A.), die Frage, ob der Bauüberwachende bis ins Detail hätte erkennen müssen, dass die aufgehenden Attiken unter Beachtung des Brandschutzes ausgeführt werden mussten, sei nur vom Prinzip her zu bejahen. Zudem lässt sich diesbezüglich der Einwand der Beklagten zu 1 nicht widerlegen, sie habe diese Arbeiten als handwerkliche Selbstverständlichkeit angesehen und sei deshalb nicht von einer Überwachungspflicht ausgegangen. Wie aber bereits ausgeführt, erfordert arglistiges Verhalten des Architekten das Bewusstsein, eine an sich geschuldete Leistung nicht erbracht zu haben. Dies lässt sich hier nicht mit dem erforderlichen Grad an Überzeugung feststellen, ebenso wenig, dass die Beklagte zu 1 ihre Augen bewusst vor dieser Erkenntnis verschlossen hat.

3. Die Klägerin kann anteilig auch vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten mit Erfolg geltend machen. Insofern handelt es sich um notwendige Kosten der Rechtsverfolgung. Allerdings kann die Klägerin nur die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.935,50 € verlangen. Maßgeblich für die Berechnung der Gebühr ist der berechtigte Gegenstandswert. Dieser beträgt hier bis zu 95.000 €. Die einfache Gebühr beträgt 1.277 €. Die Klägerin kann Erstattung einer 1,5-fachen Gebühr verlangen, denn sie hat nachvollziehbar dargelegt, dass die Tätigkeit überdurchschnittlich schwer und aufwändig gewesen ist (§ 14 RVG, VV 2300). Hinzu kommen 20 € Postpauschale. Umsatzsteuer macht die vorsteuerabzugsberechtigte Klägerin nicht geltend.

4. Der geltend gemachte Zinsanspruch rechtfertigt sich lediglich in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz.

Nach den vorliegenden Unterlagen hat sich der Planungsfehler der Beklagten zu 1 im Jahr 2001 im Bauwerk verwirklicht, d. h. zu diesem Zeitpunkt wurde der geltend gemachte Schadensersatzanspruch grundsätzlich fällig. Nach der vom 1. Mai 2000 bis 31. Dezember 2001 gültigen Gesetzesfassung des § 288 BGB war die Höhe des Verzugszinses indes für Forderungen, die innerhalb dieses Zeitraums fällig wurden, auf 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz begrenzt, sofern der Gläubiger nicht einen höheren Zinsschaden nachweist, Art. 229 § 5 Satz 1 und § 1 Abs. 1 Satz e EGBGB.

Verzug trat aufgrund der gesetzten Fristen hinsichtlich der Hauptforderung am 1. August 2008 ein. Für die vorgerichtlichen Anwaltskosten hat die Klägerin Anspruch auf Rechtshängigkeitszinsen ab dem 13. Juli 2010, § 291 BGB.

5. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

6. Es gibt keine Veranlassung, die Revision zuzulassen, § 543 ZPO.