Landgericht Lüneburg
Urt. v. 01.01.2022, Az.: 7 O 4/20
Unterlassung des Inverkehrbringens von Lebensmitteln mit Hanfextrakt sowie die Verwendung bestimmter Auslobungen für ein solches Produkt; Vertrieb eines nicht nach der Novel-Food-VO zugelassenen Lebensmittels
Bibliographie
- Gericht
- LG Lüneburg
- Datum
- 01.01.2022
- Aktenzeichen
- 7 O 4/20
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2022, 65420
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG
- § 3 Abs. 1 UWG
- § 8 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 UWG
- Art. 6 Abs. 2 Novel-Food-VO
In dem Rechtsstreit
V. S. W. e. V., vertreten durch den 1. Vorsitzenden, XXX,
Kläger
Prozessbevollmächtigte: XXX
gegen
Dr. L. + Co. GmbH, vertreten durch d. Geschäftsführer, XXX,
Beklagte
Prozessbevollmächtigte: XXX
hat die 7. Zivilkammer (1. Kammer für Handelssachen) des Landgerichts Lüneburg auf die mündliche Verhandlung vom 21. Juli 2022 durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht S.,
den Handelsrichter K.und
die Handelsrichterin R.
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen,
- 1.1
im Rahmen geschäftlicher Handlungen Lebensmittel mit Hanfextrakt, welche Cannabinoide wie Cannabidiol enthalten, in den Verkehr zu bringen und/oder in den Verkehr bringen zu lassen, ohne dass das Lebensmittel im Sinne der Verordnung (EU) 2015/2283 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über neuartige Lebensmittel zugelassen und in der Unionsliste zugelassener neuartiger Lebensmittel aufgeführt ist, wie das folgende Produkt:
"XXX Cannabis-Öl"
sofern dies geschieht, wie in Anlage K 5 wiedergegeben.
- 1.2
für das Produkt "C Cannabis-Öl" folgende Auslobungen zu verwenden und/oder verwenden zu lassen:
- 1.2.1
"Vollspektrum-Cannabis-Öl";
- 1.2.2
"XXX Cannabis-Öl";
- 1.2.3
"Der Gipfel der Qualität";
- 1.2.4
"Vegane Rezeptur auf Sesamöl-Basis"
sofern dies jeweils geschieht, wie in Anlage K 6 wiedergegeben
Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird der Beklagten ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht, wobei die Ordnungshaft an ihren organschaftlichen Vertretern zu vollziehen ist.
- 2.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
- 3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, jedoch hinsichtlich der Verurteilung zur Unterlassung nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 150.000 EUR, hinsichtlich der Kostenentscheidung nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Unterlassung des Inverkehrbringens von Lebensmitteln mit Hanfextrakt sowie die Verwendung bestimmter Auslobungen für ein solches Produkt.
Der Kläger, ein eingetragener Verein, nimmt seiner Satzung gemäß die Aufgabe wahr, die gewerblichen Interessen seiner Mitglieder zu wahren und die Achtung der Regeln des lauteren Wettbewerbs zu gewährleisten.
Die Beklagte ist Herstellerin von pflanzlichen Arzneimitteln sowie Nahrungsergänzungsprodukten und vertreibt diese auch. Der Vertrieb an die Endverbraucher erfolgt dabei nicht durch die Beklagte selbst, sondern ausschließlich über Apotheken, die die Produkte an die Endverbraucher vertreiben. Zu den Produkten der Beklagten zählt auch ein als "x Cannabis-Öl" bezeichnetes Nahrungsergänzungsmittel. Dieses besteht aus Sesamöl und einem Hanfextrakt, welches Cannabidiol enthält.
Der Kläger behauptet, das beschriebene Produkt sei vor dem 15. Mai 1997 nicht in nennenswertem Umfang in der Union für den menschlichen Verzehr verwendet worden. Er meint, das Produkt stelle mithin ein neuartiges Lebensmittel im Sinne der Verordnung (EU) 2015/2283 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über neuartige Lebensmittel zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 258/97 des Europäischen Parlaments und des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 1852/2001 der Kommission (Novel-Food-VO) dar.
Der Kläger hat ursprünglich beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen Lebensmittel mit Hanfextrakt, welche mit Cannabinoiden und Cannabidiol angereichert wurden, in den Verkehr zu bringen und/oder in den Verkehr bringen zu lassen, ohne dass das Lebensmittel zugelassen und in der Unionsliste zugelassener neuartiger Lebensmittel aufgeführt ist, sowie die Beklagte zu verurteilen, die Verwendung bestimmter Auslobungen für das Produkt "XXX Cannabis-Öl" zu verwenden und/oder verwenden zu lassen.
Der Kläger beantragt nunmehr,
die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu 2 Jahren, die Ordnungshaft zu vollziehen an dem Geschäftsführer der Beklagten, es zu unterlassen,
- 1.
im Rahmen geschäftlicher Handlungen Lebensmittel mit Hanfextrakt, welche Cannabinoide wie Cannabidiol enthalten, in den Verkehr zu bringen und/oder in den Verkehr bringen zu lassen, ohne dass das Lebensmittel im Sinne der Verordnung (EU) 2015/2283 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über neuartige Lebensmittel zugelassen und in der Unionsliste zugelassener neuartiger Lebensmittel aufgeführt ist, wie das folgende Produkt:
"x Cannabis-Öl" sofern dies geschieht, wie in Anlage K 5 wiedergegeben.
- 2.
für das Produkt "XXX Cannabis-Öl" folgende Auslobungen zu verwenden und/oder verwenden zu lassen:
- 2.1
"Vollspektrum-Cannabis-Öl";
- 2.2
"XXX Cannabis-Öl";
- 2.3
"Der Gipfel der Qualität";
- 2.4
"Vegane Rezeptur auf Sesamöl-Basis"
sofern dies jeweils geschieht, wie in Anlage K 6 wiedergegeben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, nur solche Hanfextrakte, die mit Cannabinoiden angereichert wurden, seien als neuartige Lebensmittel zu qualifizieren. Das von ihr vertriebene Produkt werde aber nicht mit Cannabinoiden angereichert.
Wegen des weitergehenden Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist in ihrer letzten Fassung zulässig und begründet.
A.
Der zuletzt vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag stellt eine zulässige Klageänderung dar. Eine Klageänderung liegt vor, wenn der Streitgegenstand, der sich aus Klageantrag und Klagegrund zusammensetzt, geändert wird (BGH, Urt. v. 19.09.1996 - I ZR 76/95, GRUR 1997, 141 [BGH 19.09.1996 - I ZR 76/95]). Vorliegend hat der Kläger seinen Klageantrag verändert, denn mit der Umformulierung des Antrages hat er nicht bloß seinen ursprünglichen Antrag erörtert, sondern sein Rechtsschutzziel umgestellt. Der vom Kläger zunächst gestellte Antrag schränkte das begehrte Verbot dahingehend ein, dass lediglich der Vertrieb von Hanfextrakten, die mit Cannabinoiden und Cannabidiol angereichert wurden, untersagt werden sollte. Demgegenüber erstreckt sich das mit dem zuletzt in der mündlichen Verhandlung beantragte Verbot auf Lebensmittel mit Hanfextrakt, welche Cannabinoide wie Cannabidiol enthalten. Mit dem Wegfall des Kriteriums der Anreicherung setzt das beantragte Verbot nicht mehr voraus, dass der prozentuale Anteil von Cannabinoiden und Cannabidiol im Vergleich zum Ausgangsstoff vergrößert ist und geht damit über den ursprünglichen Klageantrag hinaus. Die Klageänderung ist sachdienlich und mithin gem. § 263 Alt. 2 ZPO zulässig. Für die Beurteilung der Sachdienlichkeit kommt es entscheidend auf den Gedanken der Prozessökonomie an. Maßgeblich ist, ob die Zulassung der Klageänderung den sachlichen Streit zwischen den Parteien endgültig ausräumt und einen neuen Prozess vermeidet (Becker-Eberhard/MüKo ZPO, 6. Aufl. 2020, § 263 Rn. 32). Die Sachdienlichkeit kann bei der gebotenen prozesswirtschaftlichen Betrachtungsweise im Allgemeinen nur dann verneint werden, wenn ein völlig neuer Streitstoff in den Rechtsstreit eingeführt werden soll, bei dessen Beurteilung das Ergebnis der bisherigen Prozessführung nicht verwertet werden kann (BGH, Urt. v. 27.09.2006 - VIII ZR 19/04, NJW 2007, 2414, 2415 [BGH 27.09.2006 - VIII ZR 19/04]). Bei einer Nichtzulassung der Klageänderung droht ein neuer Rechtsstreit mit dem Inhalt des zuletzt gestellten Antrags. Dies ist mit dem Gedanken der Prozessökonomie nicht vereinbar. Zudem wurde die nunmehr streitentscheidende Frage, ob das Produkt der Beklagten auch ohne eine Anreicherung mit Cannabinoiden und Cannabidiol ein neuartiges Lebensmittel im Sinne der Novel-Food-VO darstellt, bereits ausgiebig zwischen den Parteien diskutiert. Das Ergebnis der bisherigen Prozessführung bleibt mithin auch nach der Klageänderung verwertbar.
B.
Die Klagebefugnis des Klägers folgt aus § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG (vgl. BGH, Urt. v. 16.04.2015 - I ZR 27/14 -, juris).
I. Dem Kläger steht für das mit dem Klageantrag zu 1. verfolgte Verbot ein Unterlassungsanspruch gem. § 8 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 UWG gegen die Beklagte zu. Der Vertrieb des Produktes stellt eine geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG dar.
Diese geschäftliche Handlung ist auch unlauter im Sinne des § 3 Abs. 1 UWG. Denn sie verstößt gegen eine gesetzliche Vorschrift im Sinne des § 3a UWG. Zu den Vorschriften im Sinne des § 3a UWG zählen auch die Vorschriften der Novel-Food-VO (OLG Hamm, Urt. v. 27.03.2007 - 4 U 7/07, LMRR 2007, 28). Der Vertrieb, ohne dass das Lebensmittel nach der Novel-Food-VO zugelassen und in der Unionsliste zugelassener neuartiger Lebensmittel aufgeführt ist, stellt einen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 2 Novel-Food-VO dar. Gem. Art. 6 Abs. 2 Novel-Food-VO dürfen nur zugelassene und in der Unionsliste aufgeführte neuartige Lebensmittel nach Maßgabe der in der Liste festgelegten Bedingungen und Kennzeichnungsvorschriften als solche in Verkehr gebracht oder in und auf Lebensmitteln verwendet werden. Lebensmittel mit Hanfextrakt, welche Cannabinoide wie Cannabidiol enthalten, einschließlich des streitgegenständlichen Produktes der Beklagten "XXX Cannabis-Öl", stellen neuartige Lebensmittel im Sinne des Art. 3 Abs. 2 lit. a) iv) der Novel-Food-VO dar. Neuartige Lebensmittel im Sinne des Art. 3 Abs. 2 lit. a) der Novel-Food-VO sind Lebensmittel, die vor dem 15. Mai 1997 unabhängig von den Zeitpunkten der Beitritte von Mitgliedstaaten zur Union nicht in nennenswertem Umfang in der Union für den menschlichen Verzehr verwendet wurden und aus Pflanzen oder Pflanzenteilen bestehen oder daraus isoliert oder erzeugt wurden. Ausgenommen sind Fälle, in denen das Lebensmittel eine Verwendungsgeschichte als sicheres Lebensmittel in der Union hat und das Lebensmittel aus einer Pflanze oder einer Sorte derselben Pflanzenart besteht oder daraus isoliert oder erzeugt wurde, die ihrerseits gewonnen wurde mithilfe herkömmlicher Vermehrungsverfahren, die vor dem 15. Mai 1997 in der Union zur Lebensmittelerzeugung eingesetzt wurden, oder nicht herkömmlicher Vermehrungsverfahren, die vor dem 15. Mai 1997 in der Union nicht zur Lebensmittelerzeugung eingesetzt wurden, sofern diese Verfahren nicht bedeutende Veränderungen der Zusammensetzung oder Struktur des Lebensmittels bewirken, die seinen Nährwert, seine Verstoffwechselung oder seinen Gehalt an unerwünschten Stoffen beeinflussen.
Bezugspunkt der Frage, ob eine Verwendung für den menschlichen Verzehr in der Union vor dem Stichtag des 15. Mai 1997 in nennenswertem Umfang gegeben ist, ist gem. Art. 3 Abs. 2 lit. a) der Novel-Food-VO das konkrete Lebensmittel. Maßgeblich ist mithin das von der Beklagten zu vertreibende Endprodukt. Eine Verwendung für den menschlichen Verzehr in nennenswertem Umfang von ähnlichen oder vergleichbaren Lebensmitteln genügt nicht (EuGH, Urt. v. 09.06.2005 - C-211/03, C-299/03, C-316/03, C-317/03, C-318/03, BeckRS, 2005, 70422; OVG Lüneburg, Beschl. v. 12.12.2019 - 13 ME 320/19, ZVertriebsR 2020, 40, 44; vgl. BGH, Urt. v. 16.04.2015 - I ZR 27/14 -, juris).
Eine Indizwirkung für die Beurteilung der Neuartigkeit eines Lebensmittels kommt dem Novel-Food-Katalog der EU-Kommission zu (BGH, Urt. v. 16.04.2015 - I ZR 27/14 -, juris; VG Lüneburg, Beschl. v. 12.12.2019 - 13 ME 320/19, ZVertriebsR 2020, 40, 43). Der Novel-Food-Katalog listet nicht abschließend Produkte tierischen und pflanzlichen Ursprungs und andere Stoffe auf, die unter die Novel-Food-VO fallen. Unter der Überschrift "Cannabis sativa L."hält der Novel-Food-Katalog fest, dass einige aus der Cannabis-sativa-Pflanze oder aus Teilen dieser Pflanze gewonnene Produkte wie Samen, Samenöl, Hanfsamenmehl und entfettete Hanfsamen schon seit langem in der EU konsumiert werden und nicht neu sind. Unter der Überschrift "Cannabinoids" hält der Novel-Food-Katalog hingegen fest, dass für Extrakte aus Cannabis sativa L. sowie daraus hergestellte Produkte, die Cannabinoide enthalten, keine Verwendung in der EU vor dem 15. Mai 1997 nachgewiesen wurde und diese Produkte mithin als neuartiges Lebensmittel unter die Novel-Food-VO fallen. Streitgegenständlich sind Produkte aus Hanfextrakt, die Cannabinoide wie Cannabidiol enthalten. Der Novel-Food-Katalog weist die streitgegenständlichen Produkte mithin als neuartige Lebensmittel aus. Die Indizwirkung des Novel-Food-Katalogs begründet eine sekundäre Darlegungslast der Beklagten (vgl. OLG Hamburg, Hinweisbeschl. v. 22.11.2021 - 3 U 46/21, GRUR-RS 2021, 47742). Der Vortrag der Beklagten beschränkt sich darauf dazulegen, dass zwischen natürlichen Hanfextrakten und solchen Hanfextrakten, die mit Cannabinoiden angereichert wurden, zu unterscheiden sei und die Einordnung als neuartiges Lebensmittel nur bei mit Cannabinoiden angereicherten Hanfextrakten, nicht aber bei natürlichen Hanfextrakten zutreffe. Der Novel-Food-Katalog hält aber zudem fest, dass auch aus Hanfextrakt hergestellte Produkte neuartig sind. Hiergegen wendet sich die Beklagte aber nicht. Das für die Beurteilung der Neuartigkeit maßgebliche konkrete Endprodukt der Beklagten besteht neben Hanfextrakt auch aus Sesamöl. Die Beklagte hat nicht vorgetragen, dass es in der EU vor dem 15. Mai 1997 eine Verwendungsgeschichte für Produkte gab, die sich aus Sesamöl und Hanfextrakt zusammensetzen. Auch eine Verwendungsgeschichte für generell aus Hanfextrakt hergestellte Produkte hat sie nicht dargelegt. Die Beklagte hat die Indizwirkung des Novel-Food-Katalogs in Bezug auf die streitgegenständlichen Endprodukte nicht widerlegt. Sie wird den Anforderungen an ihre sekundäre Darlegungslast nicht gerecht.
Es besteht auch die gem. § 8 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 UWG erforderliche Wiederholungsgefahr. Nach ständiger höchstrichterrechtlicher Rechtsprechung begründet der erfolgte Wettbewerbsverstoß eine tatsächliche Vermutung für die Wiederholungsgefahr (BGH, Urt. v. 12.3.2020 - I ZR 126/18, GRUR 2020, 755, 763 [BGH 12.03.2020 - I ZR 126/18]). Diese Vermutung hat die Beklagte nicht widerlegt.
Der Kläger ist gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG anspruchsberechtigt. Die Anspruchsberechtigung entspricht vorliegend der Klagebefugnis (vgl. BGH, Urteil vom 16. 11. 2006 - I ZR 218/03, GRUR 2007, 610 [BGH 16.11.2006 - I ZR 218/03]).
Die Beklagte ist auch passivlegitimiert. Sie hat die unzulässige geschäftliche Handlung selbst vorgenommen, § 8 Abs. 1 UWG.
II. Dem Kläger steht auch für das mit dem Klageantrag zu 2. verfolgte Verbot ein Unterlassungsanspruch gem. § 8 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 UWG gegen die Beklagte zu.
Die geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG liegt in der Auslobung des Produktes "XXX Cannabis-Öl" durch die Beklagte.
Die geschäftliche Handlung ist auch unlauter im Sinne des § 3 Abs. 1 UWG. Die Bewerbung des Produktes durch die Beklagte, ohne dass das Produkt im Sinne der Novel-Food-VO zugelassen und in der Unionsliste zugelassener neuartiger Lebensmittel aufgeführt ist, stellt einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 lit. a, Abs. 2 und Abs. 4 lit. a der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel dar. Diese ist als gesetzliche Vorschrift im Sinne des § 3a UWG zu qualifizieren.
Die Wiederholungsgefahr wird durch den Verstoß vermutet und wurde nicht durch die Beklagte widerlegt. Der Kläger ist gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG anspruchsberechtigt. Die Beklagte ist gem. § 8 Abs. 1 UWG passivlegitimiert.
C.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Für die Kostenentscheidung ist allein der Ausgang des Streits über den zuletzt durch den Kläger gestellten Antrag maßgeblich. Denn das alte und das neue Begehren des Klägers sind wirtschaftlich identisch (vgl. Bacher/BeckOK ZPO, 46. Ed., Stand 01.09.2022, § 263 Rn. 36).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 und 2 ZPO.
Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem Oberlandesgericht Celle, 29221 Celle, Schloßplatz 2.
Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Beschwerdegegenstand 600,00 € übersteigt oder das Gericht die Berufung in diesem Urteil zugelassen hat. Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Berufung kann nur in elektronischer Form und nur durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden.