Landgericht Lüneburg
Beschl. v. 04.07.2022, Az.: 3 O 27/22

Streitwert einer Drittschuldnerklage auf Löschung eines Grundpfandrechts

Bibliographie

Gericht
LG Lüneburg
Datum
04.07.2022
Aktenzeichen
3 O 27/22
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2022, 59332
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
OLG - 15.07.2022 - AZ: 4 W 38/22

Für den Streitwert der Drittschuldnerklage auf Löschung eines Grundpfandrechts ist nicht der Nennwert des vorrangigen Grundpfandrechts maßgebend, sondern die Höhe der dem Gläubiger zustehenden Forderung.

Tenor:

1.) Der sofortigen Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin wird nicht abgeholfen.

2.) Die Akten werden dem zuständigen Oberlandesgericht zur Entscheidung zugeleitet.

Gründe

Die zulässige Streitwertbeschwerde ist unbegründet. Denn die Kammer hat den Streitwert zu Recht – entsprechend der Höhe der titulierten Forderungen der Klägerin gegen den Schuldner und ungeachtet des Nennwertes der Sicherungshypothek – auf lediglich 6.838,23 EUR festgesetzt. Die Beschwerdeschrift und der Schriftsatz der Klägerin vom 30.06.2022 enthalten keine Gesichtspunkte, die eine anderweitige Beurteilung der Sach- und Rechtslage rechtfertigen können.

Die Frage, ob man den Streitwert einer Klage auf Löschung eines Grundpfandrechts anhand seines Nennwertes oder anhand seiner Valutierung bzw. des Löschungsinteresses des Klägers zu bemessen hat, ist umstritten (vgl. nur die Nachweise bei Zöller/Herget, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 3, Rn. 16.113). Für den Fall, dass der Eigentümer des belasteten Grundstücks den Grundpfandgläubiger unmittelbar auf Löschung in Anspruch nimmt, hat der BGH diese Frage mit Beschluss vom 16.02.2017 – V ZR 165/16 – dahingehend geklärt, dass grundsätzlich selbst dann noch der eingetragene Nennwert maßgeblich ist, wenn die Grundschuld nicht mehr valutiert (BGH, aaO, juris, Rn. 7). Zur Begründung hat der BGH darauf abgestellt, dass sich die dingliche Belastung des Grundbesitzes regelmäßig sowohl bei einem Verkauf als auch bei einer möglichen Beleihung in voller Höhe des Nennwertes zum Nachteil des Grundstückseigentümers auswirke (ebd.).

Allerdings hat der BGH in der genannten Entscheidung einen Spielraum für abweichende Wertfestsetzungen im Einzelfall gelassen („grundsätzlich“). Ein solcher Ausnahmefall ist vorliegend mit Rücksicht auf die besondere Situation der Drittschuldnerklage gegeben. Denn in dieser – vom BGH bislang nicht entschiedenen – Fallkonstellation geht es letztlich allein um die (vorrangige) Befriedigung des Gläubigers wegen der ihm gegen den Schuldner zustehenden Forderung. Um diese Befriedigung aus dem belasteten Grundstück des Schuldners erreichen zu können, muss der Gläubiger, der selbst über ein nachrangiges Grundpfandrecht an diesem Grundstück verfügt, das vorrangige Grundpfandrecht beseitigen. Auf dessen Nennwert kommt es ihm dabei nicht entscheidend an, da ihm in jedem Falle an der Beseitigung des vorrangigen Sicherungsrechtes gelegen sein muss, droht er doch anderenfalls mit seiner Forderung zumindest teilweise auszufallen.

Die Interessenlage ist mithin eine andere als in der vom BGH entschiedenen Fallkonstellation. Das Problem der nachteiligen Auswirkung einer bestehenden Belastung für den Fall des Verkaufs oder der (weiteren) Beleihung stellt sich für den Gläubiger des Grundstückseigentümers, der nur die Sicherung seiner eigenen Forderung gegen den Eigentümer betreibt, naturgemäß nicht.

Grundsätzlich soll zwar für den Streitwert der Drittschuldnerklage weder der titulierte Anspruch noch das Pfandrecht, sondern allein die Höhe des Anspruches des Schuldners gegen den Drittschuldner maßgeblich sein (so zumindest Zöller/Herget, aaO, Rn. 16.54), wobei dieser nach der o.g. Entscheidung des BGH anhand des Nennwertes des zu löschenden Grundpfandrechtes zu bemessen ist. Allerdings muss der Streitwert der Drittschuldnerklage zugleich durch die Höhe des titulierten Anspruches des Gläubigers begrenzt sein (vgl. nur OLG Köln, Beschluss vom 27.03.1991 – 2 W 46/91 –, MDR 1991, 899, BeckOK ZPO/Wendtland, 44. Edition, Stand: 01.03.2022, ZPO, § 3, Rn. 17 und Schneider, MDR 1990, 20, 22). Dies folgt schon aus dem Rechtsgedanken des § 6 Satz 2 ZPO und überzeugt auch sonst, weil der Gläubiger materiell-rechtlich nur bis zur Höhe seines titulierten Anspruches berechtigt ist, Leistung an sich zu verlangen, nicht aber darüber hinaus (vgl. BeckOK ZPO/Wendtland, ebd. und Schneider, ebd.; da Zöller/Herget, ebd., sich zur Begründung seiner Ansicht auf das OLG Köln, ebd., und Schneider, ebd., bezieht, ist davon auszugehen, dass auch er keine abweichende Meinung vertritt).

Die Klägerin kann demgegenüber schließlich auch nicht damit gehört werden, dass ihr Interesse darin bestehe, im Falle der Löschung der Sicherungshypothek um den Nennwert derselben – mithin um 124.000,00 EUR – besser zu stehen. Denn sie kann maximal in Höhe ihrer eigenen Forderung von der Löschung der vorrangigen Sicherungshypothek profitieren. Mithin ist ihr Löschungsinteresse gleichzusetzen mit dem Interesse an der Durchsetzung ihrer eigenen – vorliegend lediglich 6.838,23 EUR betragenden – Forderung. Insoweit macht es keinen Unterschied, ob im Wege der Drittschuldnerklage unmittelbar Zahlung oder lediglich Löschung eines Grundpfandrechtes begehrt wird.