Landgericht Lüneburg
Urt. v. 08.09.2022, Az.: 6 O 80/22
Schadensersatz aus einem Steuerberatervertrag wegen Verstoßes gegen die vertragliche Schadensverhütungspflicht; Irrtümliches Nichtabführen von Beiträgen zur Sozialversicherung i.R. der Übernahme der Lohnabrechnung und Lohnkontenführung
Bibliographie
- Gericht
- LG Lüneburg
- Datum
- 08.09.2022
- Aktenzeichen
- 6 O 80/22
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2022, 64215
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 241 Abs. 2 BGB
- § 280 Abs. 1 BGB
- § 33 Satz 2 StBerG
- § 34 Abs. 5 StBGebV
In dem Rechtsstreit
T. e.V., vertreten durch d. Vorstandsvorsitzenden, B.,
Kläger
Prozessbevollmächtigte: XXX
gegen
Dr. G. Steuerberater, L.,
Beklagte
Prozessbevollmächtigte: XXX
wegen Zahlung
hat die 6. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg auf die mündliche Verhandlung vom 11.08.2022 durch die Richterin O. als Einzelrichterin
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.985,89 € nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 31.12.2021 zu zahlen.
- 2.
Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 627,13 € gegenüber seiner Prozessbevollmächtigten freizustellen.
- 3.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
- 4.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
- 5.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Der Kläger begehrt Schadensersatz aus einem Steuerberatervertrag.
Der Kläger ist ein gemeinnütziger und mildtätiger Verein im Bereich der Sterbe- und Trauerbegleitung. Die beklagte Kanzlei führte für den Kläger in den Jahren 2008 bis 2018 die Buchhaltung einschließlich der Lohnbuchhaltung. Darüber hinaus war die Beklagte mit der Erstellung von Jahresabschlüssen und der Beantragung der Befreiung von der Körperschaftssteuer beauftragt. Ein Mandat zur sozialversicherungsrechtlichen Beratung bestand nicht. Die Leiterin des Klägers, Frau A.D., setzte die Beklagte mit E-Mail vom 19.06.2017 unter Beifügung entsprechender Unterlagen darüber in Kenntnis, dass zum 01.06.2017 Frau A.B., die Tochter der Leiterin, als neue Mitarbeiterin ihre Tätigkeit als Sozialarbeiterin bei der Klägerin begonnen habe. Die Zeugin B. war bereits zuvor als freiberufliche Studentin bei der Klägerin tätig. Die Leiterin der Klägerin erklärte gegenüber der Beklagten bezüglich der sozialversicherungsrechtlichen Behandlung:
"Krankenkasse: privat: S. -> Bitte Abrechnung des AG-Anteils (Beleg folgt)."
Die Beklagte rechnete die Zeugin B. daraufhin als von der Krankenversicherungspflicht befreit ab. Auf Grund dessen wurden keine Beträge an die gesetzliche Krankenkasse abgeführt. Am 15.08.2018 fand eine Betriebsprüfung des Klägers bei der Beklagten statt. Mit Bescheid vom 07.11.2018 setzte die Deutsche Rentenversicherung eine sich aus der Betriebsprüfung ergebende Nachforderung bzgl. der Mitarbeiterin B. in Höhe von insgesamt 5.037,44 € (davon 534,00 € Säumniszuschlag) gegen den Kläger fest. Zudem zog die zuständige Einzugsstelle (T. Krankenkasse) die Nachforderung der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung für die Monate Januar bis Dezember 2018 in Höhe von 10.072,69 € vom Bankkonto des Klägers ein. Weiterhin zahlte der Kläger für die Mitarbeiterin B. für die Zeit von Juni 2017 bis November 2019 Zuschussbeiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von monatlich 234,65 €. Diese Beiträge konnte der Kläger gegenüber der Mitarbeiterin wegen § 28g SGB IV nicht mehr geltend machen. Von Oktober 2018 bis Januar 2019 leistete die Mitarbeiterin doppelte Beitragszahlungen an die Krankenversicherungen, wobei auf die private Krankenversicherung ein Betrag in Höhe von 1.893,48 € entfiel.
Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte habe ihre Hinweispflichten verletzt. Sie habe auf die Notwendigkeit anwaltlicher Beratung hinweisen müssen. Der Beklagten habe bereits anhand der Umstände auffallen müssen, dass eine Befreiung von der Krankenversicherungspflicht fehlerhaft sei.
Der Kläger beantragt,
- 1.
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 12.675,72 € nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 31.12.2021 zu zahlen,
- 2.
die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von Schadensersatzforderungen in Höhe von 1.893,48 € gegenüber seiner ehemaligen Mitarbeiterin A.B. freizustellen,
- 3.
die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.134,55 € gegenüber seiner Prozessbevollmächtigten freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, die Anweisung der Frau D. sei eindeutig gewesen. Hierüber habe sie sich nicht hinwegsetzen dürfen. Ein konkreter Anlass für einen Hinweis auf eine anwaltliche Beratung habe sich für die Beklagte gerade nicht ergeben.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
I.
1.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 5.985,89 € gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB.
a.
Die Beklagte hat ihre Schutzpflichten aus dem Steuerberatungsverhältnis mit dem Kläger verletzt.
Im Rahmen seines Auftrags hat der Steuerberater seinen Mandanten, von dessen Belehrungsbedürftigkeit er grundsätzlich auszugehen hat, umfassend zu beraten und ungefragt über alle bedeutsamen steuerlichen Einzelheiten und deren Folgen zu unterrichten (BGH, Urt. v. 18. Dezember 1997 - IX ZR 153/96, WM 1998, 301, 302; v. 23. Januar 2003 - IX ZR 180/01, WM 2003, 936, 937). Insbesondere muss der Steuerberater seinen Auftraggeber möglichst vor Schaden bewahren; deshalb muss er den nach den Umständen sichersten Weg zu dem erstrebten steuerlichen Ziel aufzeigen und sachgerechte Vorschläge zu dessen Verwirklichung unterbreiten (BGHZ 129, 386, 396; BGH, Urt. v. 18. Dezember 1997 aaO S. 302).
Er kann gegen seine vertragliche Schadensverhütungspflicht verstoßen, wenn er - wie hier - die Lohnabrechnung und Lohnkontenführung übernommen hat und auf der von ihm erarbeiteten Grundlage Beiträge zur Sozialversicherung irrtümlich nicht abgeführt, sondern an den Beschäftigten ausbezahlt werden. Nach § 33 Satz 2 StBerG kann zum geschuldeten Gegenstand der steuerlichen Beratung auch die Hilfeleistung bei der Erfüllung von Buchführungspflichten gemacht werden, die aufgrund von Steuergesetzen bestehen. Nach der hieran anknüpfenden Gebührenvorschrift des § 34 Abs. 5 StBGebV erhält der Steuerberater für die Hilfeleistung bei sonstigen Tätigkeiten "im Zusammenhang mit dem Lohnsteuerabzug und der Lohnbuchführung" die Zeitgebühr. Aus der Umschreibung dieses Gebührentatbestandes sowie aus § 57 Abs. 3 Nr. 3 StBerG, der es mit dem Beruf eines Steuerberaters ausdrücklich für vereinbar erklärt, eine wirtschaftsberatende, gutachterliche oder treuhänderische Tätigkeit vorzunehmen sowie Bescheinigungen über die Beachtung steuerrechtlicher Vorschriften zu erteilen, wird vielfach geschlossen, dass sich die dem Steuerberater übertragene Lohnbuchhaltung nicht auf die steuerliche Lohnabrechnung und die Führung des Lohnkontos zu beschränken braucht, sondern daneben auch die Berechnung der Sozialversicherungsabzüge erfassen kann (vgl. Gräfe/Lenzen/Schmeer, Steuerberaterhaftung 3. Aufl. Rn. 311; Gehre, Steuerberatungsgesetz 4. Aufl. § 33 Rn. 8, § 57 Rn. 106).
Es ist mittlerweile anerkannt, dass ein steuerlicher Berater, der im Auftrag des Arbeitgebers die Lohnabrechnung besorgt, grundsätzlich auch zu prüfen hat, ob für Arbeitnehmer eine Befreiung von der Versicherungspflicht in Betracht kommt, wenn Beiträge nicht abgeführt werden (s. nur OLG Brandenburg, Urt. v. 7.11.2006 - 6 U 23/06 , DStR 2007, 1789 f. = juris Rz. 28; BGH, Urt. v. 23.9.2004 - IX ZR 148/03 , MDR 2005, 89). Anderenfalls muss er entweder auf die Abführung der geschuldeten Beiträge hinwirken oder bei Zweifelsfragen die Einschaltung eines in Fragen des Sozialversicherungsrechts besonders ausgewiesenen weiteren Beraters empfehlen (BGH, a.a.O.).
Vorliegend ist ersichtlich beides nicht erfolgt, obwohl ein Tätigwerden der Beklagten angezeigt war. Im Streitfall hat die Beklagte unstreitig weder weitere Informationen von dem Kläger eingeholt, noch eine Empfehlung ausgesprochen, wegen etwaiger sozialversicherungsrechtlichen Fragen den Rat eines Rechtsanwalts einzuholen. Diese hätten sich der Beklagten jedoch aufdrängen müssen. Die vollständige Untätigkeit war mit den von der Beklagten übernommenen Pflichten der Lohnabrechnung und Lohnkontenführung nicht zu vereinbaren.
Angesichts der deutlichen Unterschreitung der Einkommensgrenzen hätte die Beklagte die Voraussetzungen der Beitragspflicht zwingend anhand von Belegen prüfen müssen, um die Klägerin vor Schaden zu bewahren. Die hauptberufliche Selbstständigkeit der Mitarbeiterin hat die Beklagte unterstellt, anstatt den Umfang der Selbstständigkeit zu prüfen und sich entsprechend von dem Kläger belegen zu lassen. Es kann angesichts des Schreibens der Beklagten vom 08.10.2018 (Anlage K2) sogar bezweifelt werden, ob überhaupt eine Prüfung stattgefunden hat.
Sofern sich die Beklagte darauf beruft, die Leiterin des Klägers bzw. ihre Tochter und betroffene Mitarbeiterin B. habe sich schlecht durch den gemäß der E-Mail vom 09.10.2018 offenbar eingeschalteten Versicherungsmakler beraten lassen, so greift dieser Umstand nicht durch. Denn dass die Beklagte von diesem Umstand bereits im Zeitpunkt der Fertigung der Lohnabrechnung Kenntnis hatte und auf eine ordnungsgemäße Beratung von Seiten des Versicherungsmaklers vertraute, ist nicht ersichtlich.
Auf dieser Grundlage ist von einer schuldhaften Schlechterfüllung des Steuerberatervertrags auszugehen. Die Beklagte hat den vom Kläger erteilten Weisungen blindlings Folge geleistet und dabei sich aufdrängende Nachteile für den Kläger außer Acht gelassen. Er war vor diesem Hintergrund auch angehalten, den Kläger auf diese Umstände und eine damit verbundene anwaltliche Beratung hinzuweisen.
Das Verschulden wird gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB vermutet. Diese Vermutung hat die Beklagte nicht widerlegt.
b.
Aus der Pflichtverletzung der Beklagten ist dem Kläger ein Schaden in Höhe von 11.971,77 € entstanden.
Dieser setzt sich wie folgt zusammen:
(1)
Dem Kläger ist ein Schaden in Höhe der Hälfte der mit Bescheid der Deutschen Rentenversicherung vom 07.11.2018 festgesetzten Nachforderungsbeträge nebst Säumniszuschlägen, mithin in Höhe von insgesamt 7.822,07 € entstanden.
Auch wenn es sich um die Arbeitnehmeranteile zur Krankenversicherung handelt, konnten diese gemäß § 28g SGB IV nur durch Abzug vom Arbeitsentgelt des Arbeitnehmers geltend gemacht werden, wobei ein unterbliebener Abzug nur innerhalb der nächsten drei Gehaltszahlungen nachgeholt werden konnte. Dieser Zeitraum war zum Zeitpunkt des Festsetzungsbescheides der Deutschen Rentenversicherung vom 07.11.2018 bereits verstrichen. Die Arbeitnehmeranteile zur Krankenversicherung konnte der Kläger somit nicht mehr gegenüber ihrer Mitarbeiterin durch entsprechenden Abzug vom Gehalt geltend machen, sodass die Klägerin mit den unterbliebenen Abzügen des Arbeitnehmeranteils belastet blieb. Es handelt sich hierbei jeweils um die Hälfte der im Rückforderungsbescheid festgesetzten Beträge in Höhe von 4.503,44 € für das Jahr 2017 und 10.072,69 € für das Jahr 2018 mithin um einen Schaden in Höhe von insgesamt 7.288,07 €.
Der Kläger kann zudem den festgesetzten Säumniszuschlag in Höhe von 534,00 € von der Beklagten ersetzt verlangen, da er sich gegenüber der Deutschen Rentenversicherung das Fehlverhalten der Beklagten gemäß § 278 BGB zurechnen lassen muss.
(2)
Dem Kläger ist weiterhin ein Schaden in Höhe von 160,65 € für die Einholung eines steuerlichen Wertgutachtens entstanden.
Diese war vorliegend zweckmäßig. Grundsätzlich hat die Beklagte den gesamten durch die pflichtwidrige Handlung adäquat verursachten Schaden der Klägerin zu tragen. Bildet - wie hier - eine Vermögensverletzung den Haftungsgrund, sind diejenigen adäquat verursachten Rechtsverfolgungskosten zu ersetzen, die aus Sicht des Schadensersatzgläubigers zur Wahrnehmung und Durchsetzung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (BGH, Urteil vom 23. Oktober 2003 - IX ZR 249/02, WM 2004, 475, 478 unter cc). Dazu können selbst die Kosten eines objektiv unberechtigten Rechtsstreits gehören, falls der Geschädigte ihn vernünftigerweise für erforderlich halten durfte, um den Schaden abzuwenden oder gering zu halten (BGH, Urteil vom 14. Juni 2012 - IX ZR 145/11, BGHZ 193, 297 Rn. 48). Im Streitfall war die Beauftragung der Steuerberaterin zweckmäßig, um den Umfang des Schadens zu ermitteln und auf dieser Grundlage zunächst eine gütliche Einigung mit den Beklagten zu ersuchen. Die hierfür entstandenen Kosten stehen auch nicht außer Verhältnis zum hiesigen Streitgegenstand. Sie sind als sachgerechte Aufwendungen der Rechtsverfolgung von der Beklagten zu erstatten.
(3).
Dem Kläger ist weiterhin ein Schaden in Höhe der festgesetzten Zuschussbeiträge zur privaten Krankenversicherung in Höhe von 3.989,05 € entstanden.
Aus der diesbezüglich vorgelegten Anlage K6 ergibt sich, dass der Kläger für die Zeit ab Juni 2017 bis Oktober 2018, mithin für 17 Monate einen monatlichen Zuschussbeitrag in Höhe von 234,65 € zu zahlen hatte. Auch hierbei handelt es sich um nachträglich festgesetzte Kosten, die der Kläger unstreitig gegenüber der Mitarbeiterin nicht mehr nachträglich abrechnen konnte. Es wird insoweit auf Ziffer (1) verwiesen.
c.
Die Pflichtverletzung war auch kausal für den eingetretenen Schaden.
Im Rahmen von Verträgen mit rechtlichen oder steuerlichen Beratern gilt die Vermutung, dass der Mandant beratungsgemäß gehandelt hätte, wenn im Hinblick auf die Interessenlage oder andere objektive Umstände eine bestimmte Entschließung des zutreffend unterrichteten Mandanten mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten gewesen wäre. Voraussetzung sind danach tatsächliche Feststellungen, die im Falle sachgerechter Aufklärung durch den Berater aus der Sicht eines vernünftig urteilenden Mandanten eindeutig eine bestimmte tatsächliche Reaktion nahegelegt hätten (BGH, Urteil vom 16. Juli 2015 - IX ZR 197/14, WM 2015, 1622 Rn. 25). Vorliegend wäre zu erwarten gewesen, dass sich der Kläger bei einem Anwalt rückversichert hätte und der Fehler aufgedeckt worden wäre. Dass dieser Umstand unterblieb, führte letztlich dazu, dass die Versicherungsfreiheit für die Mitarbeiter fälschlicherweise über einen erheblichen Zeitraum angenommen und gelebt wurde.
d.
Der Kläger muss sich jedoch ein hälftiges Mitverschulden seiner Leiterin nach § 254 BGB zurechnen lassen.
Es ist Aufgabe des Auftraggebers, den Steuerberater wahrheitsgemäß und vollständig über den wesentlichen Sachverhalt zu unterrichten (vgl. BGH, Urt. v. 14. November 1996 - IX ZR 215/95, WM 1997, 328, 330; Zugehör, WM Sonderbeilage Nr. 4 zu Heft 42/2000, 1, 8, 22).
Die Beklagte hat von dem Kläger eine deutliche Anweisung hinsichtlich der sozialversicherungsrechtlichen Behandlung der Mitarbeiterin B. erhalten. Die Erklärung unterliegt der Auslegung. Als empfangsbedürftige Willenserklärung ist sie nach dem objektiven Empfängerhorizont auszulegen. Die Beklagte konnte die Anweisung den Umständen nach nur dahingehend verstehen, dass ausschließlich die Abrechnung des Arbeitgeberanteils erfolgen und die Befreiung von der Krankenversicherungspflicht angenommen werden sollte. Andernfalls wäre die Anweisung überflüssig gewesen. Es ist mithin irrelevant, dass es der Anweisung an ausdrücklichen Beschränkungen wie "nur" oder "ausschließlich" in Bezug auf die Abrechnung mangelte.
Weiterhin ist die Mitarbeiterin des Klägers über einen erheblichen Zeitraum als von der Krankenversicherungspflicht befreit abgerechnet worden. Dies ergab sich auch aus den jeweiligen Lohnabrechnungen, die dieser bzw. der Leiterin des Klägers zur Verfügung standen. Sofern der Kläger also selbst nicht von einer entsprechenden Befreiung ausgegangen ist, hätte ihm der Fehler anhand der Lohnabrechnungen auffallen können und müssen.
Zudem hat der Kläger die Beklagte nicht hinreichend auf den Umfang der Selbstständigkeit der Mitarbeiterin B. hingewiesen. Dies wäre auch deswegen zu erwarten gewesen, weil die Mitarbeiterin bereits zuvor beim Kläger als freiberufliche Studenten gearbeitet hat, was der Beklagten bekannt war. Eine Klarstellung der nunmehr geänderten Verhältnisse hätte von Seiten des Klägers erfolgen müssen. Die der Beklagten zur Verfügung gestellten Informationen waren mithin nicht vollständig.
Zudem ist unstreitig, dass sich die Leiterin des Klägers bzw. ihre Tochter und betroffene Mitarbeiterin durch einen Versicherungsmakler informieren ließen. Sofern diese Beratung offenbar fehlerhaft erfolgte und den Kläger veranlasste, eine derart deutliche Anweisung gegenüber der Beklagten zu erteilen, vermag dies jedenfalls nicht zu Lasten der Beklagten zu wirken.
e.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1, 288 Abs. 2 BGB. Die Beklagte befindet sich mit Ablauf der klägerseits gesetzten Zahlungsfrist bis 30.12.2021 in Verzug.
2.
Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Freistellung gegenüber etwaigen Schadensersatzansprüchen der Mitarbeiterin B. in Höhe von 1.893,48 € durch die Beklagte.
Sofern die Mitarbeiterin B. gegenüber dem Kläger einen Anspruch auf Ersatz ihrer nutzlos aufgewendeten Krankenversicherungsbeiträge zustehen sollte, kann der Kläger diesen jedenfalls nicht gegenüber der Beklagten geltend machen. Ein solcher Schaden beruht nicht auf der Pflichtverletzung der Beklagten.
Der Krankenversicherungsvertrag mit der S. datiert vom 01.04.2017. Die vorwerfbare Pflichtverletzung erfolgte jedoch erst mit der entsprechenden Mitteilung über das geänderte Anstellungsverhältnis der Mitarbeiterin an die Beklagte, mithin im Juni 2017. Auf einen früheren Zeitpunkt stellt der Kläger jedenfalls nicht ab. Mit diesem Vertragsschluss ist die Verpflichtung der Mitarbeiterin zur Zahlung der Beiträge entstanden. Ein Anspruch wegen nutzlos aufgewendeter Krankenversicherungsbeiträge wegen falscher Beratung gegenüber der Beklagten kommt daher nur dann in Betracht, wenn sich der Schaden hierdurch vertieft hat. Da aber der Kläger selbst vorträgt, ein Sonderkündigungsrecht habe für die Mitarbeiterin nicht bestanden und eine ordentliche Kündigung sei erst zum März 2019 möglich gewesen, ist nicht ersichtlich, inwiefern eine auf der Falschberatung durch die Beklagte beruhende Schadensvertiefung stattgefunden hätte. Die Mitarbeiterin hätte die Beiträge ohnehin aufwenden müssen.
3.
Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Freistellung von seinen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 627,13 €.
Der Anspruch besteht lediglich im Hinblick auf den stattzugebenden Gegenstandswert in Höhe von bis zu 6.000,00 €. Aus der gesetzlichen Gebühr in Höhe von 390,00 € ergibt sich bei einer 1,3er Geschäftsgebühr, einer Auslagenpauschale in Höhe von 20,00 € und der 19 %igen Umsatzsteuer der errechnete Wert.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
III.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht hinsichtlich der Vollstreckung des Klägers auf § 709 ZPO sowie hinsichtlich der Vollstreckung der Beklagten auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem Oberlandesgericht Celle, 29221 Celle, Schloßplatz 2.
Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Beschwerdegegenstand 600,00 € übersteigt oder das Gericht die Berufung in diesem Urteil zugelassen hat. Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Berufung kann nur in elektronischer Form und nur durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden.