Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 21.12.1999, Az.: 7 K 710/98
Einschränkung der Dienstreiseregelung bei mehr als 3 Monate dauernden vorübergehenden Auswärtstätigkeiten; Geltung bei Fortbildung
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 21.12.1999
- Aktenzeichen
- 7 K 710/98
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1999, 18011
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:1999:1221.7K710.98.0A
Tatbestand
Der K ist als Großhandelskaufmann nichtselbständig. Seit Oktober 1996 studiert er an der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie in O. Dabei handelt es sich um ein Studium, das mit dem Abschluss"Diplom-Betriebswirt (VWA)" endet. Der K führt dieses Studium vorwiegend in den Abendstunden parallel zu seiner Tätigkeit durch.
Für das Streitjahr machte der K Fahrtkosten zur Akademie sowie zu durchgeführten Lerngemeinschaften mit dem eigenen Kraftfahrzeug geltend. Dabei setzte der K für die gefahrenen km einen Pauschalbetrag von 0,52 DM an. Abweichend hiervon berücksichtigte der Beklagte den geltend gemachten Aufwand nur bis Januar 1997 mit dem km-Satz von 0,52 DM. Ab Februar 1997 berücksichtigte der Beklagte lediglich einen Betrag von 0,70 DM je Entfernungskilometer. Er begründete diesen damit, dass nach Ablauf einer Dreimonatsfrist die auswärtige Tätigkeitsstätte als neue regelmäßige Arbeitsstätte anzusehen sei und deshalb die Grundsätze der Vollberücksichtigung des Fahrtaufwandes über Dienstreisen nicht mehr gelten.
Die hiergegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage begründet der K im Wesentlichen wie folgt: Weder die Fortbildungsstätte noch der jeweilige Ort, an dem die Lerngemeinschaft tätig geworden sei, sei eine regelmäßige Arbeitsstätte. Als regelmäßige Arbeitsstätte sei der Ort anzusehen, der beruflicher Mittelpunkt des Arbeitnehmers sei. An diesem Ort habe der Arbeitnehmer zumindest einen Teil der ihm übertragenen Arbeiten zu verrichten. Seinem Arbeitgeber gegenüber schulde er weder an der Fortbildungsstätte noch an dem Ort der Lerngemeinschaft eine Arbeitsleistung.
Der K beantragt,
die Einkommensteuer auf DM herabzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt der Beklagte vor, dass Aufwendungen, die durch die Teilnahme an einer Fortbildungsmaßnahme entstehen, in sinngemäßer Anwendung der Abschnitte 37 - 43 der Lohnsteuerrichtlinien (LStR) zwar als Werbungskosten berücksichtigt werden könnten. Nach Ablauf von 3 Monaten sei aber nach Abschnitt 37 Abs. 3 Satz 5 LStR die auswärtige Tätigkeitsstätte als neue regelmäßige Arbeitsstätte anzusehen. Hieraus folge, dass noch 3 Monate Fahrtkosten nur mit dem Satz von 0,70 DM je Entfernungskilometer Berücksichtigung finden könnten. Dieses Ergebnis sei auch sachgerecht. Es führe zur gleichen Behandlung von Steuerpflichtigen, die über einen längeren Zeitraum Dienstreisen durchführen, zu denen, deren Fahrten als solche zwischen Wohnung und Arbeitsstätte steuerlich behandelt werden. Des weiteren werde durch die vom Finanzamt vertretene Auffassung auch erreicht, dass eine Gleichbehandlung zwischen dem berücksichtigungsfähigen Fortbildungsaufwand im Rahmen der Werbungskosten und der Berücksichtigung von Ausbildungskosten im Rahmen des Sonderausgabenabzugs bestehe.
Dem Gericht hat die beim Beklagten für den K geführte Steuerakte vorgelegen.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung vor dem Senat verzichtet.
Gründe
Die Klage ist unbegründet.
Übereinstimmend mit den Beteiligten geht das Gericht davon aus, dass die Studien des K an der Wirtschafts-Akademie als Fortbildung im ausgeübten Beruf anzusehen sind. Denn nach den Prinzipien der Akademie findet dort eine berufsbegleitende Fortbildung statt. Deshalb sind die mit dem Studium verbundenen Aufwendungen als Werbungskosten bei Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit berücksichtigungsfähig.
Nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 EstG sind Aufwendungen eines Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, die er mit einem Kraftwagen durchführt, nur mit einem Pauschalbetrag von 0,70 DM je Entfernungskilometer anzusetzen. Diese eingeschränkte Berücksichtigung von Werbungskosten hat im Streitfall auch bezüglich derjenigen Fahrten Bedeutung, die der K zur Akademie bzw. zu den Lerngemeinschaften durchgeführt hat. Zwar ist dem K soweit zuzustimmen, dass diese Fahrten prinzipiell als Dienstreisen zu behandeln sind. Die Annahme einer Dienstreise ist deshalb gerechtfertigt, weil die regelmäßige Arbeitsstätte des K in dem Großhandelsbetrieb war, bei dem er angestellt ist. Deshalb liegt der Besuch der Akademie bzw. der Orte der Lerngemeinschaften örtlich sowohl außerhalb seiner Wohnung als auch seiner regelmäßigen Arbeitsstätte.
Die Dienstreiseregelung ist jedoch durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs eingeschränkt. Typisierend wird angenommen, dass bei einer längerfristigen vorübergehenden Auswärtstätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte eine Dienstreise nur für die ersten 3 Monate anzuerkennen ist. Danach wird die auswärtige Tätigkeit als neue regelmäßige Arbeitsstätte angesehen (vgl. BFH-Urteil vom 10. Oktober 1994 VI R 2/92, BStBl. II 1995, 137 m.w.N. und BFH-Urteil vom 19. Juli 1996 VI R 38/93, BStBl. II 1997, 95). Die Verwaltung folgt diesen Grundsätzen, wie aus Abschnit 37 Abs. 3 LStR ersichtlich ist. Das erkennende Gericht schließt sich dieser typisierenden Betrachtungsweise an. Dann aber ist im Streitfall anzunehmen, dass die 3 Monate, für die die Dienstreiseregelung anzuwenden ist, im Januar des Streitjahres endeten. Zutreffend hat damit der Beklagte ab Februar 1997 eine Kürzung des pauschal zu ermittelnden Werbungskostenaufwandes entsprechend der Regelung in § 9 Abs. 1 Nr. 4 EstG vorgenommen.
Nach allem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung abzuweisen.