Nds. MVollzG,NI - Niedersächsisches Maßregelvollzugsgesetz

Niedersächsisches Maßregelvollzugsgesetz (Nds. MVollzG) (1)

Bibliographie

Titel
Niedersächsisches Maßregelvollzugsgesetz (Nds. MVollzG) 
Amtliche Abkürzung
Nds. MVollzG
Normtyp
Gesetz
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
34140010000000

Vom 1. Juni 1982 (Nds. GVBl. S. 131 - VORIS 34140 01 00 00 000 -)

Zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 23. Februar 2022 (Nds. GVBl. S. 134)

Der Niedersächsische Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird:

Inhaltsübersicht(2)§§
Erster Teil.
Anwendungsbereich, Grundsätze, Organisation
Anwendungsbereich1
Grundsätze2
Einrichtungen des Maßregelvollzuges3
Verwaltungsvollzugsbeamtinnen und Verwaltungsvollzugsbeamte, Aufsicht3a
Zusammenarbeit der Einrichtungen4
Vollstreckungsplan, Einweisung und Verlegung5
Vollzugsleitung und Therapeutische Leitung5a
Zweiter Teil.
Untersuchung, Behandlung und Förderung
Aufnahmeuntersuchung6
Behandlungs- und Eingliederungsplan7
Anspruch auf Behandlung, Aufklärung und Einwilligung8
Behandlung der Anlasskrankheit gegen den natürlichen Willen zur Erreichung des Vollzugsziels8a
Behandlung ohne Einwilligung oder gegen den natürlichen Willen zur Abwehr erheblicher Gefahren8b
Ausbildung, berufliche Eingliederung9
Seelsorge10
Taschengeld11
Zuwendungen und sonstige Einkünfte, Überbrückungsgeld12
Eigengeld, Schutzvorschriften13
Ersatz von Aufwendungen14
Lockerung des Vollzuges und Urlaub15
Mitwirkung bei der Aussetzung zur Bewährung und der Entlassung16
Wiederaufnahme auf freiwilliger Grundlage16a
Dritter Teil.
Hausordnung, Beschränkungen, Sicherheit und Ordnung
Anordnungen, Hausordnung17
Grundsätze für Beschränkungen, unmittelbarer Zwang18
Besitz, Erwerb und Verwendung von Sachen19
Besuche20
Postverkehr, Telekommunikation, Hörfunk, Fernsehen21
Datenverarbeitung21a
Besonders schutzwürdige Daten21b
Auskunft21c
Durchsuchung22
Besondere Sicherungsmaßnahmen23
Fesselung23a
Vierter Teil.
Schlussvorschriften
Ausschuss für Angelegenheiten der psychiatrischen Krankenversorgung, Besuchskommissionen24
Kosten25
Einschränkungen von Grundrechten26
In-Kraft-Treten27

Nach Nummer 1 der Bekanntmachung vom 14. Februar 2024 (Nds. GVBl. 2024 Nr. 12) wird die Richtlinie (EU) 2016/800 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über Verfahrensgarantien in Strafverfahren für Kinder, die Verdächtige oder beschuldigte Personen in Strafverfahren sind (ABl. L 132 vom 21.5.2016, S. 1) umgesetzt durch die §§ 3, 6 bis 10, 15 und 20 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 126a Abs. 1 der Strafprozessordnung.

Die Inhaltsübersicht wurde redaktionell angepasst.

§§ 1 - 5a, Erster Teil - Anwendungsbereich, Grundsätze, Organisation

§ 1 Nds. MVollzG - Anwendungsbereich

Bibliographie

Titel
Niedersächsisches Maßregelvollzugsgesetz (Nds. MVollzG) 
Amtliche Abkürzung
Nds. MVollzG
Normtyp
Gesetz
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
34140010000000

Dieses Gesetz regelt den Vollzug der durch strafrichterliche Entscheidung angeordneten freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt (Unterbringung).

§ 2 Nds. MVollzG - Grundsätze

Bibliographie

Titel
Niedersächsisches Maßregelvollzugsgesetz (Nds. MVollzG) 
Amtliche Abkürzung
Nds. MVollzG
Normtyp
Gesetz
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
34140010000000

(1) 1Ziel einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ist es, die untergebrachte Person soweit wie möglich zu heilen oder ihren Zustand so weit zu bessern, dass sie nicht mehr gefährlich ist. 2Ziel einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt ist es, die untergebrachte Person von ihrem Hang zu heilen und die zugrundeliegende Fehlhaltung zu beheben. 3Beide Maßregeln dienen zugleich dem Schutz der Allgemeinheit.

(2) 1Der Vollzug soll den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit wie möglich angeglichen werden und die untergebrachte Person auf eine selbständige Lebensführung vorbereiten. 2Ihre familiäre, soziale und berufliche Eingliederung soll gefördert werden.

(3) 1Die untergebrachte Person wird unverzüglich über ihre Rechte und Pflichten unterrichtet. 2Hat sie eine gesetzliche oder rechtsgeschäftliche Vertreterin oder einen gesetzlichen oder rechtsgeschäftlichen Vertreter, so soll diese oder dieser Gelegenheit erhalten, an der Unterrichtung teilzunehmen.

§ 3 Nds. MVollzG - Einrichtungen des Maßregelvollzuges

Bibliographie

Titel
Niedersächsisches Maßregelvollzugsgesetz (Nds. MVollzG) 
Amtliche Abkürzung
Nds. MVollzG
Normtyp
Gesetz
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
34140010000000

(1) 1Die Maßregeln werden in psychiatrischen Krankenhäusern und Entziehungsanstalten als Einrichtungen des Landes vollzogen. 2Das Fachministerium kann den Vollzug von Maßregeln einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder im Wege der Beleihung einer juristischen Person des Privatrechts oder einer Kommanditgesellschaft als Träger einer entsprechenden Einrichtung mit deren Zustimmung durch Verwaltungsakt unter dem Vorbehalt des Widerrufs oder durch öffentlich-rechtlichen Vertrag mit dem Recht zur Kündigung übertragen. 3Das Fachministerium hat öffentlich bekannt zu machen, auf wen und in welchem Umfang der Vollzug von Maßregeln übertragen worden ist. 4Von der Übertragung auf eine juristische Person des Privatrechts oder eine Kommanditgesellschaft sind ausgeschlossen

  1. 1.

    die Aufgaben der Vollzugsleitung,

  2. 2.

    die Entscheidung über die Einweisung oder Verlegung in den offenen Vollzug (§ 5 Abs. 4),

  3. 3.

    die Durchführung von Aufnahmeuntersuchungen (§ 6),

  4. 4.

    die Aufstellung, Anpassung und Erörterung des Behandlungs- und Eingliederungsplans (§ 7),

  5. 5.

    die Entscheidung über Ansprüche auf Behandlung (§ 8 Abs. 1 und 2),

  6. 6.

    die Anordnung der Behandlung oder Untersuchung gegen den natürlichen Willen der untergebrachten Person zur Erreichung des Vollzugsziels (§ 8a),

  7. 7.

    die Anordnung einer Behandlung oder Untersuchung ohne Einwilligung oder gegen den natürlichen Willen einer untergebrachten Person zur Abwehr einer erheblichen Gefahr für das Leben oder die Gesundheit der untergebrachten oder einer anderen Person sowie die Anordnung einer zwangsweisen Untersuchung zum Gesundheits- oder Hygieneschutz (§ 8b),

  8. 8.

    die Entscheidung über die Berücksichtigung des Bedürfnisses nach Seelsorge bei Beschränkungen (§ 10 Abs. 1),

  9. 9.

    die Entscheidung über die Beschränkung der freien Verfügung über das Taschengeld (§ 11 Satz 2),

  10. 10.

    die Entscheidung über die Bildung von Überbrückungsgeld (§ 12 Abs. 3 Satz 1),

  11. 11.

    die Entscheidung zur Verfügung über Eigengeld (§ 13 Abs. 1 Satz 2),

  12. 12.

    die Entscheidung über die Gewährung und Gestaltung von Lockerungen des Vollzuges und von Urlaub (§ 15),

  13. 13.

    die Entscheidung über die Anwendung unmittelbaren Zwangs (§ 18 Abs. 2),

  14. 14.

    die Entscheidung über die Vorenthaltung oder den Entzug von Sachen sowie über die Beschränkung des Erwerbs und der Verwendung von Sachen (§ 19 Abs. 1),

  15. 15.

    die Entscheidung über den Besitz, den Empfang, die Weitergabe und die Verwendung von Tonträgern (§ 19 Abs. 3),

  16. 16.

    die Entscheidung über die Vernichtung oder Unbrauchbarmachung von Aufzeichnungen und anderen Sachen (§ 19 Abs. 5),

  17. 17.

    die Entscheidung über die Einschränkung oder Untersagung von Besuchen einschließlich der Entscheidung über die Durchsuchung der Besucherinnen und Besucher und über die Überprüfung der von diesen mitgeführten Gegenstände (§ 20 Abs. 1),

  18. 18.

    die Entscheidung über den Abbruch von Besuchen (§ 20 Abs. 2 Satz 2),

  19. 19.

    die Entscheidung über die Speicherung der in § 20 Abs. 3 genannten Daten,

  20. 20.

    die Entscheidung über die Überwachung und Beschränkung des Postverkehrs und der Telekommunikation, die Erteilung einer erforderlichen Nutzungsgestattung und deren Widerruf sowie die Entscheidung über die Beschränkung des Zugangs zu Hörfunk und Fernsehen (§ 21),

  21. 21.

    die Entscheidung über die Verarbeitung der Erkenntnisse aus der Überwachung (§ 21a),

  22. 22.

    die Anordnung von Durchsuchungen der Untergebrachten (§ 22),

  23. 23.

    die Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen (§ 23) und

  24. 24.

    die Anordnung der Fesselung der untergebrachten Person (§ 23a).

(2) 1Die Einrichtungen sind so zu gliedern und auszustatten, dass eine auf die unterschiedlichen Anforderungen abgestimmte Behandlung ermöglicht und die Eingliederung der Untergebrachten gefördert wird. 2Es sind namentlich die Voraussetzungen für einen offenen und geschlossenen Vollzug sowie für eine gesonderte Behandlung Jugendlicher und Heranwachsender zu schaffen.

(3) Die Maßregeln können auf Grund besonderer Vereinbarungen auch in Einrichtungen außerhalb des Landes Niedersachsen vollzogen werden.