Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 11.06.2020, Az.: 1 K 99/19

Abzug von bisher nicht berücksichtigten Unterhaltsaufwendungen als Sonderausgaben bei bestandskräftigem Einkommensteuerbescheid

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
11.06.2020
Aktenzeichen
1 K 99/19
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2020, 70486
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
BFH - AZ: X R 33/20

Tatbestand

Streitig ist, ob ein bestandskräftiger Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr 2015 zu ändern ist, um bisher nicht berücksichtigte Unterhaltsaufwendungen des Klägers an seine inzwischen von ihm geschiedene Ehefrau (EF) im Wege des sog. Realsplitting als Sonderausgaben abzuziehen.

Der Kläger war im Streitjahr nichtselbstständig tätig. Er lebte seit dem Jahr 2013 von EF, der Beigeladenen, dauernd getrennt und zog aus der gemeinsamen Familienwohnung aus. Er traf mit EF durch notariellen Vertrag vom November 2015 eine Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung. Danach sollte EF mit den beiden gemeinsamen Kindern noch bis Dezember 2015 die bisherige Familienwohnung bewohnen. Bei dieser Wohnung handelte es sich um eine Doppelhaushälfte mit einer Wohnfläche von über 235,62 qm, deren Eigentümer der Kläger und EF je zur ideellen Hälfte waren.

Die Doppelhaushälfte wurde im August 2015 an fremde Dritte veräußert und nach Auszug von EF und den Kindern im Dezember 2015 übergeben. Nach der Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung war eine Zahlung des Klägers an EF in Höhe von 600 €/Monat für die Zeit ab dem 1. August 2015 bis zur Rechtskraft der Scheidung vereinbart. Zudem waren folgende Vereinbarungen getroffen:

"Solange die Ehefrau noch im Haus in X lebt, wird ein Anteil von 400 € als Wohnvorteil der Ehefrau bewertet und mithin nur ein Betrag in Höhe von 200 € an die Ehefrau vom Ehemann ausgezahlt. (...) Für den Monat Dezember 2015 zahlt der Ehemann zusätzlich einen Unterhaltsbetrag von 200 €."

"Die Ehefrau verpflichtet sich, für den Ehemann die Anlage U zur Einkommensteuererklärung zu unterzeichnen. Im Gegenzug verpflichtet sich der Ehemann, die Ehefrau von allen hieraus erwachsenen steuerlichen Nachteilen freizuhalten."

Der Kläger gab seine Einkommensteuererklärung für das Streitjahr im Folgejahr 2016 ab. Darin machte er Unterhaltsleistungen an EF in Höhe von 9.450 € als Sonderausgaben geltend.

EF hatte eine Anlage U unterschrieben, in der sie erklärte, im Streitjahr Geldleistungen in Höhe von 2.250 € und Sachleistungen in Höhe von 4.800 € vom Kläger erhalten zu haben, mithin insgesamt einen Betrag in Höhe von 7.050 €. In dieser Höhe stimmte sie dem Abzug von Unterhaltsleistungen als Sonderausgaben beim Kläger zu.

Der Beklagte berücksichtigte mit Hinweis auf die ihm vorliegende Anlage U im Einkommensteuerbescheid Unterhaltsleistungen Höhe von 7.050 € als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG). Der Bescheid wurde bestandskräftig.

Wegen der Auswertung eines Grundlagenbescheids über Beteiligungseinkünfte erging ein Einkommensteueränderungsbescheid. Dieser Bescheid wurde ebenfalls bestandskräftig.

Im Juli 2018 beantragte der Kläger beim Beklagten die Änderung der Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr mit dem Begehren, nunmehr einen höheren Betrag an Unterhaltsleistungen als Sonderausgaben abzuziehen als bisher. Grund für diesen Antrag war eine Vereinbarung des Klägers und EF vor dem Amtsgerichts Y - Familiengericht - aus dem Mai 2018. In dieser Sitzung erklärte EF:

"Ich stimme für die Veranlagungszeiträume 2015, 2016, 2017 und 2018 dem begrenzten Realsplitting zu - unter Berücksichtigung der BGH-Entscheidung vom 29.04.1998 (Aktenzeichen: XII ZR 266-96)."

Im Gegenzug verpflichtete sich der Kläger, EF alle daraus für den Veranlagungszeitraum entstehenden weiteren steuerlichen Nachteile zu ersetzen.

Der Kläger war der Auffassung, neben dem unstreitigen Barunterhalt in Höhe von 2.250 € sei durch Sachleistung gewährter Unterhalt in Höhe von 9.816,84 € steuerlich zu berücksichtigen, mithin insgesamt ein Betrag in Höhe von 12.066,84 €. Der Sachunterhalt ergebe sich aus dem Ansatz des Mietwerts für seinen Miteigentumsanteil an der Doppelhaushälfte, die EF im Streitjahr bewohnt habe. Die ortsübliche Miete betrage 8,68 €/qm. Bei einer Größe von 235,62 qm ergäbe sich ein monatlicher Mietwert in Höhe von 2.045,18 €. Berücksichtige man darauf einen Abzug von 20 %, weil die lineare Fortschreibung der flächenbezogenen Nettokaltmiete bei großen Objekten ggf. eine Überschätzung darstelle, errechne sich immer noch ein Mietwert in Höhe von 1.636,14 €/Monat. Davon seien nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 12. April 2000 XI R 127/96 (BFHE 192, 75, BStBl II 2002, 130) 50 %, also dem hälftigen Eigentumsanteil des Klägers entsprechend, als Sachunterhalt zu berücksichtigen. Dies ergäbe einen Betrag in Höhe von 9.816,84 € (1.636,14 €: 2 = 818,07 €, x 12).

Der Beklagte lehnte den Antrag auf Änderung der Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr ab. Zwar habe EF in der vor dem Amtsgericht Y getroffenen Vereinbarung dem Realsplitting nunmehr voll zugestimmt. Dies stelle nach § 175 Abgabenordnung (AO) ein rückwirkendes Ereignis dar, das eine entsprechende Änderung eines bestandskräftigen Bescheids rechtfertigen könne. Im Streitfall komme eine Änderung jedoch nicht in Betracht, weil die Abzugsfähigkeit von Sonderausgaben auf die tatsächlich geleisteten Unterhaltsaufwendungen beschränkt sei. Der Kläger und EF hätten notariell Unterhaltsleistungen in Höhe von 600 €/Monat vereinbart. An dieser Vereinbarung habe sich auch nach der Sitzung beim Amtsgericht Y nichts geändert. Es seien somit für das Jahr 2015 höchstens 600 €/Monat, mithin 7.200 € für das Gesamtjahr, als Sonderausgaben abziehbar. Da der Kläger Barunterhalt jedoch nicht in Höhe der vereinbarten 2.400 €, sondern nur in Höhe von 2.250 € gezahlt habe, sei der Sonderausgabenabzug im bisherigen Bescheid in Höhe der tatsächlichen Unterhaltsaufwendungen von insgesamt 7.050 € zutreffend.

Der Kläger legte Einspruch ein. Er verfolgte sein Begehren weiter.

Der Beklagte wies den Einspruch des Klägers durch Einspruchsentscheidung als unbegründet zurück. Er hielt an seiner Auffassung fest, eine Änderung des bestandskräftigen Einkommensteuerbescheids komme nicht in Betracht, weil die darin festgesetzte Einkommensteuer zutreffend sei. Durch die Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung hätten sich der Kläger und EF für die Überlassung der Doppelhaushälfte zu Wohnzwecken an EF auf ein monatliches Entgelt in Höhe von 400 € geeinigt. Die absolute Höhe des Trennungsunterhalts sei auf 600 €/Monat festgelegt. Ab 1. August 2015 habe der Kläger davon 400 € durch die Wohnungsüberlassung geleistet. Für den Zeitraum Januar bis Juli 2015 gebe es zwar keine Angaben zu Regelungen und zur Höhe des Trennungsunterhalts. Im Schätzungswege sei aber davon auszugehen, dass zumindest die Höhe der Geldleistungen in diesen Monaten in ähnlicher Weise geregelt gewesen sei wie in den Monaten danach. Durch die Festlegung der absoluten Höhe der Unterhaltsleistungen unterscheide sich der Streitfall deutlich von dem Sachverhalt, der dem BFH-Urteil vom 12. April 2000 XI R 127/96 (BFHE 192, 75 BStBl II 2002, 130) zugrunde gelegen habe. Durch die zwischen den Ehegatten getroffene Vereinbarung sei ein Entgelt in Höhe von 400 €/Monat für die Wohnungsnutzung festgelegt. Nur dieser Wert sei Gegenleistung für die Überlassung des Wohnraumes und damit als Unterhaltsleistungen zu berücksichtigen. Auf den tatsächlichen Mietwert des Objektes komme es nicht an. Wäre aber der Mietwert anzusetzen, sei dabei zu berücksichtigen, dass nicht nur EF, sondern auch die beiden gemeinsamen Kinder, denen der Kläger gegenüber unterhaltspflichtig sei, ebenfalls die Wohnung genutzt hätten. Teile man den vom Kläger errechneten Mietwert von 818,07 €/Monat durch die Zahl der Wohnungsnutzer, so entfalle auf EF ein Mietwert von 272,69 €/Monat, der damit noch unter dem als Unterhalt angesetzten Entgelt in Höhe von 400 €/Monat liege.

Hiergegen richtet sich die Klage. Der Kläger ist weiterhin der Auffassung, in materiell-rechtlicher Hinsicht sei der bestandskräftige Einkommensteuerbescheid zu ändern, um höhere Unterhaltsleistungen als Sonderausgaben steuermindernd zu berücksichtigen. In formeller Hinsicht stütze sich die Änderung des Bescheides auf die Vorschrift des § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO. Das BFH-Urteil vom 12. April 2000 XI R 127/69 (BFHE 192,75 BStBl II 2002, 130 [BFH 12.04.2000 - XI R 127/96]) ließe sich auf den Streitfall übertragen. So habe der Kläger EF seinen Miteigentumsanteil an der Doppelhaushälfte zur Nutzung unentgeltlich überlassen. Die Höhe des Mietwerts sei als Sachunterhalt zu berücksichtigen und bei den Sonderausgaben abzuziehen. Insoweit sei der in der Scheidungsfolgenvereinbarung genannte Betrag von 400 €/Monat nicht relevant. Dieser Betrag habe zivilrechtlich nicht dem Mietwert entsprechen dürfen, er entspreche diesem auch nicht. Der Mietwert sei wesentlich höher, nämlich 818,07 €/Monat.

Der Senat hat EF zum Verfahren beigeladen.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids in der Fassung der Einspruchsentscheidung den Einkommensteueränderungsbescheid dahingehend zu ändern, dass weitere Sonderausgaben in Höhe von 5.016,86 € berücksichtigt werden.

Die Beigeladene beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist zunächst der Auffassung, eine Änderung des Einkommensteuerbescheids des Klägers scheitere bereits aus formellen Gründen. Denn der Einkommensteuerbescheid sei bestandskräftig, die Voraussetzungen einer Änderungsvorschrift seien nicht erfüllt. Insbesondere stelle die Erklärung der Beigeladenen vor dem Amtsgericht Y kein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 AO dar. Denn die Beigeladene habe dort nur das erklärt, was sie bereits zuvor erklärt hatte, nämlich dem Grunde nach dem Realsplitting zuzustimmen. So habe die Beigeladene die vom Kläger ausgefüllte Anlage U schon im Jahr 2016 unterschrieben, ihm damit den von ihm selbst errechneten Unterhaltsbetrag bestätigt und der Versteuerung dieses Betrags zugestimmt. Ebenso habe sich die Beigeladene schon in der Scheidungsfolgenvereinbarung im November 2015 dazu verpflichtet, die Anlage U zu unterzeichnen, was sie schließlich auch getan habe. Das Verfahren vor dem Amtsgericht Y im Jahr 2018 habe letztlich einen Streit betroffen, der sich auf die Höhe des Realsplittings bezog. Dies sei dort jedoch nicht hinreichend klar verhandelt worden, so dass es dort nur zu einer wiederholten Erklärung der Beigeladenen gekommen sei, dem Realsplitting dem Grunde nach zuzustimmen. Ein Betrag sei dort weder genannt worden, noch habe die Beigeladene dazu eine Erklärung abgegeben. In materiell-rechtlicher Sicht sei der der Steuerfestsetzung des Klägers zugrunde gelegte Sonderausgabenabzug jedenfalls nicht zu niedrig. Der Kläger könne für die Wohnungsnutzung der Beigeladenen im Streitjahr keinen Mietwert steuerlich geltend machen, sondern nur 400 €/Monat, denn dieser Betrag sei im Wege des abgekürzten Zahlungswegs auf den vereinbarten Barunterhalt angerechnet worden. Es habe sich nicht um eine unentgeltliche Wohnungsüberlassung gehandelt, deren Wert mit dem Mietwert zu bemessen sei, sondern um eine entgeltliche zu einem Entgelt von 400 €/Monat.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält an seiner Auffassung fest und verweist zur Begründung zunächst auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung. Weiterhin ist der Beklagte zwar der Auffassung, dass das vom Kläger genannte BFH-Urteil vom 12. April 2000 XI R 127/96 (BStBl II 2002, 130), im Hinblick auf die hier interessierende Problematik relevant sei, der Streitfall aber anders gelagert sei als der diesem Urteil zugrundeliegende Sachverhalt. Denn im Streitfall sei der vom Kläger zu leistende Trennungsunterhalt mit 600 €/Monat in konkreter Höhe vereinbart gewesen. Diese Vereinbarung betreffe sowohl den Zeitraum, in dem EF die Wohnung genutzt habe, als auch den Zeitraum danach. Auf den so vereinbarten Barunterhalt sei für die Zeit der Wohnungsnutzung ein Betrag in Höhe von 400 €/Monat in Form eines abgekürzten Zahlungsweges angerechnet worden. Der Streitfall sei für den vom Kläger begehrten Sonderausgabenabzug im Ergebnis genauso zu beurteilen wie der Fall der Zahlung eines Barunterhalts in Höhe von 600 €/Monat. Auf den Mietwert der von EF genutzten Wohnung komme es nicht an. Hilfsweise ist der Beklagte noch der Ansicht, der vom Kläger angestellten Berechnung zum Mietwert sei nicht zu folgen. Der Kläger gehe dabei nämlich von Quadratmetermieten aus, die wesentlich kleinere und damit nicht vergleichbare Wohnungen beträfen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Zu Recht hat der Beklagte die Änderung des Einkommensteuerbescheids für das Streitjahr 2015 abgelehnt.

1.Ob der bestandskräftige Einkommensteuerbescheid, wie vom Kläger begehrt, zu ändern ist, hängt in formeller Hinsicht zunächst davon ab, ob die Tatbestandsmerkmale einer entsprechenden Änderungsvorschrift, insbesondere der §§ 172 ff. AO, erfüllt sind.

Der Beklagte sieht die Vorschrift des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO als einschlägig an. Danach ist ein Steuerbescheid zu ändern, soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis). Der Beklagte sieht ein rückwirkendes Ereignis in der Erklärung der EF vor dem Amtsgericht Y. Dieser Ansicht schließt sich der erkennende Senat an.

Denn, entgegen der Auffassung der Beigeladenen, hat EF erstmals dort erklärt, dem begrenzten Realsplitting zuzustimmen. Zuvor hatte sie sich in der Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung lediglich dazu verpflichtet, die Anlage U zu unterzeichnen. Schließlich hat sie diese Verpflichtung in der Weise erfüllt, indem sie zwar die Anlage U unterzeichnet, dem begrenzten Realsplitting jedoch nur in einer Höhe bis zu 7.050 € zugestimmt hat.

Die Erklärung der EF vor dem Amtsgericht Y ändert und erweitert insbesondere auch durch die Bezugnahme auf die BGH-Entscheidung vom 29. April 1998 XII ZR 266-96 (FamRZ 1998, 953) die bisherigen Zustimmungen der EF zum Realsplitting. Wie der BGH nämlich in der genannten Entscheidung ausgeführt hat, besteht als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben im Rahmen des zwischen den Beteiligten bestehenden Unterhaltsrechtsverhältnisses eine Verpflichtung zur Zustimmung des unterhaltsberechtigten Ehegatten zum begrenzten Realsplitting, wenn der Unterhaltsverpflichtete die finanziellen Nachteile ausgleicht, die dem Berechtigten aus der Zustimmung erwachsen. Dieser Verpflichtung ist EF durch ihre Erklärung vor dem Amtsgericht Y nachgekommen. Nicht verlangen kann der Unterhaltsverpflichtete nach der genannten Entscheidung hingegen eine Unterzeichnung des Vordrucks "Anlage U" in der von ihm gewünschten Weise. EF hat dementsprechend auch keine anderslautende "Anlage U" unterzeichnet und keine solche Verpflichtungserklärung abgegeben.

Die Zustimmung zu dem begrenzten Realsplitting stellt eine öffentlich-rechtliche Willenserklärung dar. Die von EF bisher durch die Unterzeichnung der Anlage U erklärte Zustimmung zu einem begrenzten Realsplitting nur bis zu einem Teilbetrag in Höhe von 7.050 € ist damit überholt und hinfällig. Die neuerlich abgegebene Zustimmung stellt als rechtsgestaltende Erklärung ein rückwirkendes Ereignis dar (Schmidt/Krüger, EStG § 10 Rz 134f.).

Eine Änderung des Einkommensteuerbescheids nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO wäre insoweit aus formellen Gründen möglich.

2. Die Änderung des Einkommensteuerbescheids kommt jedoch aus materiell-rechtlichen Gründen nicht in Betracht. Denn der Beklagte hat die Unterhaltsleistungen des Klägers und damit den Sonderausgabenabzug bei der Einkommensteuerfestsetzung bereits in zutreffender Höhe berücksichtigt.

Der Kläger kann im Wege des Realsplittings nicht mehr als einen Betrag in Höhe von 7.050 € als Sonderausgaben abziehen.

Nach § 10 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 EStG in der für das Streitjahr gültigen Fassung kann ein Steuerpflichtiger Aufwendungen für Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten bis zur Höhe von 13.805 € im Kalenderjahr von seinem Gesamtbetrag der Einkünfte abziehen (vgl. § 2 Abs. 4 EStG), wenn er dies mit Zustimmung des Empfängers beantragt (sog. begrenztes Realsplitting).

Der Begriff "Aufwendungen" wird im Allgemeinen im Sinn von Ausgaben verstanden; dabei handelt es sich um alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und beim Steuerpflichtigen abfließen. Entgangene Einnahmen sind grundsätzlich keine Aufwendungen (BFH-Urteil vom 26. Juli 1995 X R 91/92, BFHE 178, 339, BStBl II 1995, 836, m.w.N.). Der Begriff "Unterhaltsleistungen" i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG stimmt mit dem in § 33a EStG verwendeten Begriff "Aufwendungen für den Unterhalt" inhaltlich überein (BFH-Beschluss vom 3. Juni 2002 XI B 206-208/01, juris). Maßgeblich ist, dass die Aufwendungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG für Zwecke des Unterhalts gemacht worden sind (vgl. BFH-Beschluss vom 8. März 1989 X B 203/88, BFH/NV 1989, 779). Danach sind Unterhaltsleistungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG die typischen Aufwendungen zur Bestreitung der Lebensführung, z.B. für Ernährung, Kleidung, Wohnung. Der Unterhalt kann in Geld oder geldwerten Sachleistungen erbracht werden (BFH-Urteil vom 12. April 2000 XI R 127/96, BFHE 192, 75, BStBl II 2002, 130).

Die unentgeltliche Überlassung einer Wohnung stellt eine sog. Naturalunterhaltsleistung dar, die in sinngemäßer Anwendung des § 15 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes (BewG) mit den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsorts anzusetzen ist (-z.B. ortsüblicher Mietzins bei unentgeltlicher Wohnungsüberlassung zu Unterhaltszwecken- BFH-Urteil vom 9. November 1993 IX R 74/90, BFH/NV 1994, 474). Wird eine Wohnung unentgeltlich zu Unterhaltszwecken überlassen und dadurch der Anspruch des Unterhaltsberechtigten auf Barunterhalt vermindert, so ist die Wohnungsüberlassung einer geldwerten Sachleistung (Ausgabe) gleichzusetzen, die mit der Überlassung zur Nutzung abfließt. Denn durch die Wohnungsüberlassung unter gleichzeitiger Verminderung des Barunterhalts wird lediglich der Zahlungsweg der Unterhaltsleistungen abgekürzt. Der Fall, dass der Unterhaltsberechtigte mit dem ihm gewährten (höheren) Barunterhalt selbst eine Wohnung mietet, kann für den Bereich des Sonderausgabenabzugs nicht anders behandelt werden als der vorliegende Fall, in dem sich die Unterhaltsleistung aus (niedrigerem) Barunterhalt und unentgeltlicher Wohnungsüberlassung zusammensetzt (BFH-Urteil vom 12. April 2000 XI R 127/96, BFHE 192, 75, BStBl II 2002, 130).

Entgegen der Auffassung des Klägers stellt die Überlassung der Doppelhaushälfte an EF im Streitfall keine Naturalunterhaltsleistung dar. In der Trennung- und Scheidungsfolgenvereinbarung war ausdrücklich ein Barunterhaltsanspruch in Höhe von 600 €/Monat vereinbart. Dies entspricht den zivilrechtlichen Regelungen zum Trennungsunterhalt. Denn grundsätzlich kann der geschiedene oder dauernd getrennt lebende Ehegatte nur eine Geldrente verlangen (§ 1585 Abs. 1 BGB), lediglich in Ausnahmefällen eine Kapitalabfindung (§ 1585 Abs. 2 BGB) oder andere Formen des Unterhalts (vgl. Palandt/Diederichsen, § 1585 Rn. 1). Ein Anspruch des Unterhaltsverpflichteten, ihm aus besonderen Gründen zu gestatten, auf andere Weise Unterhalt zu gewähren, wie er gegenüber Verwandten in gerader Linie gegeben ist (§ 1612 Abs. 1 Satz 2 BGB), oder ein einseitiges Bestimmungsrecht wie für Eltern hinsichtlich des Unterhalts ihrer Kinder (§ 1612 Abs.2 BGB), besteht gegenüber dem geschiedenen oder getrenntlebenden Ehegatten nicht (Palandt/Diederichsen, a.a.O., § 1585 Rn. 2). War danach der Kläger grundsätzlich gesetzlich zur Leistung von Barunterhalt in voller Höhe verpflichtet, so war auch der Abschluss eines Mietvertrages grundsätzlich angemessen. Mit Rücksicht auf die Barunterhaltspflicht besteht für den Unterhaltsverpflichteten regelmäßig kein Anlass, seiner geschiedenen oder dauernd getrenntlebenden Ehefrau eine Wohnung unentgeltlich zur Nutzung zu überlassen.

Im Streitfall lag es aber offensichtlich im beiderseitigen Interesse des Klägers und EF, in der Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung zum einen eine Befristung für die Wohnungsnutzung zu vereinbaren, denn die Doppelhaushälfte war gemeinsam verkauft worden und musste geräumt werden. Zum anderen bestand offensichtlich ein Interesse der EF, die Doppelhaushälfte noch eine gewisse Zeit zu nutzen. Im Rahmen dieser mietvertragsähnlichen Vereinbarung hatten sich der Kläger und EF auf ein Entgelt für die Wohnungsnutzung in Höhe von 400 €/Monat geeinigt. In dieser Höhe reduzierte sich der zusätzlich zu zahlende Barunterhalt. In der Folgezeit, also auch für die Zeit nach der Räumung des Hauses ergab sich dann ein vom - Bestand des Mietverhältnisses - unabhängiger Barunterhaltsanspruch von 600 €/Monat. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung auch ausdrücklich erklärt, er hätte EF nur die 600 € gezahlt, wenn sie die Doppelhaushälfte am 30. November ab Dezember 2015 geräumt hätte.

Diese Vereinbarung hält einer Überprüfung am Maßstab des Fremdvergleichs stand. Verträge zwischen Angehörigen sind der Besteuerung nur zugrunde zu legen, wenn der Vertrag zivilrechtlich wirksam abgeschlossen ist, tatsächlich durchgeführt wird und nach Inhalt und Ausführung dem entspricht, was zwischen Fremden üblich ist (BFH-Urteile vom 19. Juni 1991 IX R 306/87, BFHE 165, 359, BStBl II 1992, 75; vom 25. Mai 1993 IX R 17/90, BFHE 171, 452, BStBl II 1993, 834). Im Streitfall kann offenbleiben, ob diese Grundsätze uneingeschränkt auch für Verträge unter geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten gelten. Jedenfalls hält der vom Kläger mit EF geschlossene Vertrag einem Fremdvergleich stand. Er ist zivilrechtlich wirksam vereinbart und tatsächlich durchgeführt. Die Doppelhaushälfte ist EF überlassen worden, und das dafür eindeutig vereinbarte Entgelt ist im Wege der Verrechnung mit Unterhaltszahlungen des Klägers an diesen geflossen (vgl. BFH-Urteil vom 21. Mai 1993 VIII R 1/91, BFHE 172, 42, BStBl II 1994, 93). Dass dieses Entgelt möglicherweise nicht marktüblich war, kann gemäß § 21 Abs.2 Satz 2 EStG allenfalls zur Kürzung der Werbungskosten führen, ist jedoch für den Fremdvergleich unerheblich (BFH-Urteil vom 30. November 1993 IX R 99/91, BFH/NV 1994, 776).

Nach alledem war als Unterhaltsleistung im Streitjahr das vereinbarte Entgelt für die Wohnungsüberlassung in Höhe von 400 €/Monat, mithin 4.800 €, sowie der darüber hinaus zu zahlende Barunterhalt in Höhe von 2.250 €, insgesamt also ein Betrag in Höhe von 7.050 € steuermindernd zu berücksichtigen. Dies war bereits im bestandskräftigen Einkommensteuerbescheid geschehen, so dass ein Grund für eine Änderung dieses Bescheids nicht erkennbar ist.

3. Selbst, wenn man der Ansicht des Klägers folgte, ein Mietwert für die Wohnungsnutzung sei nach bewertungsrechtlichen Maßstäben anzusetzen, führte dies die Klage nicht zum Erfolg. Denn die dazu vom Kläger angestellte Berechnung ist schon vom Ansatz hier unrichtig. So weist der Beklagte zu Recht darauf hin, dass die Wohnungsnutzung nicht der EF allein zustand, sondern nur zusammen mit den beiden gemeinsamen Kindern des Klägers und der EF, denen der Kläger gegenüber unterhaltspflichtig ist.

Der Kläger selbst, der berufsmäßig durchaus "vom Fach" ist, hatte den Mietwert der Doppelhaushälfte zunächst mit 2.045,18 €/Monat errechnet, gleichzeitig aber eingeräumt, dass dieser Mietwert der Hochrechnung von Mietwerten kleinerer - also nicht vergleichbarer - Wohnungen entstamme, überhöht und ein 20%-iger Abschlag gerechtfertigt sei. Aber selbst ohne diesen Abschlag wäre der Mietwert von 2.045,18 €/Monat, also für den hälftigen Anteil des Klägers von 1.022,59 €/Monat nach Köpfen auf die Nutzer der Wohnung aufzuteilen, wodurch sich ein Betrag von 340,86 €/Monat je Nutzer ergebe. Dieser Betrag liegt immer noch unter dem vom Beklagten bereits steuermindernd als Unterhaltsleistung an EF berücksichtigten Betrag von 400 €/Monat. Insoweit ist der Vortrag des Klägers bereits unschlüssig.

Sieht man die Wohnungsüberlassung an EF und die beiden gemeinsamen Kinder als eine einheitlich geleistete Unterhaltszahlung des Unterhaltsverpflichteten für Zwecke des Realsplittings an, so darf das Gericht für die Aufteilung der Unterhaltsleistung auf die unterhaltenen Personen auf übereinstimmende Berechnungen der Beteiligten zurückgreifen (BFH-Urteil vom 12. Dezember 2007 XI R 36/05, BFH/NV 2008, 792). Auch danach wäre also als an EF geleistete Unterhaltszahlung nur ein Betrag in Höhe von 400 €/Monat anzusetzen.

Nach alledem ist die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

5. Die Entscheidung über die Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen beruht auf § 139 Abs. 4 FGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind dem Kläger aus Billigkeit aufzuerlegen, da der Beigeladenen durch die Inanspruchnahme eines Prozessbevollmächtigten und Wahrnehmung des Termins zur mündlichen Verhandlung Kosten tatsächlich entstanden sind und sie einen Sachantrag gestellt hat (vgl. Gräber/Stapperfend, FGO § 139 Rn. 158).