Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 26.09.2016, Az.: L 8 SO 228/16

Übernahme der Stromkosten i.R.d. Gewährung von Leistungen der Grundsicherung im Alter

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
26.09.2016
Aktenzeichen
L 8 SO 228/16
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2016, 35408
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
SG Hannover - 12.07.2016 - AZ: S 81 SO 101/16
nachfolgend
BSG - AZ: B 14 AS 186/10 R

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 12. Juli 2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten für das Berufungsverfahren sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt die rückwirkende Gewährung von höheren Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII (Grundsicherungsleistungen).

Der 1948 geborene Kläger bezog in den Jahren 2007 bis 2014 von der namens und im Auftrag des Beklagten handelnden Stadt Celle Grundsicherungsleistungen. Der Leistungsbezug endete wegen einer im September 2014 erfolgten Inhaftierung des Klägers, der Kläger ist weiterhin - seit Dezember 2014 in der Justizvollzugsanstalt C. - inhaftiert.

Am 15. Februar 2016 hat der Kläger beim Sozialgericht (SG) Lüneburg eine "sozialrechtliche Klage auf Schadensersatz" gegen die Stadt Celle erhoben. Die Stadt Celle habe die monatlichen Stromkosten mit den Grundsicherungsleistungen verrechnet, was nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) unzulässig sei (Hinweis auf das Verfahren B 14 AS 186/10 R). Im Übrigen habe er Grundsicherungsleistungen von der Stadt Celle nicht ab 2007, sondern ab 2006 bezogen. Auf den Hinweis des SG Lüneburg, dass das SG - örtlich zuständig sei das SG Hannover - zwar für eine Entscheidung über die Nachzahlung von Stromkosten, nicht aber für eine Entscheidung über einen Schadensersatzanspruch zuständig sei, hat der Kläger erklärt, er sei hiermit einverstanden und werde den Schadensersatzanspruch in einem gesonderten Verfahren beim Landgericht Lüneburg verfolgen (Schreiben vom 27. Februar 2016). Das SG Lüneburg hat sich für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das SG Hannover verwiesen (Beschluss vom 2. März 2016).

Das SG Hannover hat die Klage mit Urteil vom 12. Juli 2016 abgewiesen. Die Klage sei unzulässig, weil die hinsichtlich der Grundsicherungsleistungen ergangenen Bewilligungsbescheide bestandskräftig geworden seien. Im Übrigen sei die Klage auch unbegründet, denn die Stromkosten seien im Regelbedarf enthalten.

Gegen das Urteil vom 12. Juli 2016 richtet sich die am 28. Juli 2016 eingelegte Berufung des Klägers, mit der er sein Begehren weiterverfolgt.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 12. Juli 2016 aufzuheben und den Beklagten unter Änderung der ergangenen Bewilligungsentscheidungen zu verurteilen, weitere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für die Zeit von September 2006 bis Dezember 2014 in Höhe der angefallen Stromkosten zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Der Senat hat den Beteiligten mit Verfügung vom 26. September 2016 Gelegenheit gegeben, zu einer Entscheidung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG Stellung zu nehmen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen. Diese Akten haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

II.

Der Senat entscheidet gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG durch Beschluss, weil er einstimmig die Berufung für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind hierzu gehört worden, ihrer Zustimmung bedarf es nicht.

Die form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 SGG) und auch im Übrigen zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Zutreffend hat das SG das Vorbringen des Klägers dahin ausgelegt, dass sich die Klage gegen den beklagten Landkreis richtet, in dessen Namen die Stadt Celle die Bescheide über die Gewährung von Grundsicherungsleistungen erlassen hat (zur Bezeichnung des Beklagten gemäß § 92 Abs. 1 Satz 1, 2 SGG: Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 92 Rn. 6, 7).

Die Klage ist unzulässig. Sie kann nur als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1, 4 SGG) oder - wenn sie auf eine Rücknahme der ergangenen Bewilligungsbescheide gemäß § 44 SGB X gerichtet sein sollte - als kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2015 - B 8 SO 24/14 R - Rn. 10) statthaft sein. Bei Fehlen einer gerichtlich überprüfbaren Verwaltungsentscheidung ist die Anfechtungsklage unzulässig (BSG, Urteil vom 28. Oktober 2008 - B 8 SO 33/07 R - Rn. 13), was die Unzulässigkeit von Verpflichtungs- und Leistungsklage zur Folge hat (BSG, Urteil vom 21. September 2010 - B 2 U 25/09 R - Rn. 17). Vorliegend richtet sich die Klage nicht gegen eine gerichtlich überprüfbare Verwaltungsentscheidung. Die Bescheide, mit denen die Stadt Celle im Namen des Beklagten Grundsicherungsleistungen bewilligt hat, sind bestandskräftig geworden (§ 77 SGG). Mit der Klage wird auch kein Verwaltungsakt angefochten, mit dem die Rücknahme von Leistungsbescheiden gemäß § 44 SGB X abgelehnt worden ist.

Im Übrigen hat das SG zutreffend darauf hingewiesen, dass die Kosten für die Haushaltsenergie vom Regelbedarf umfasst sind (§ 27a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Satz 1 SGB XII in den seit dem 1. Januar 2011 geltenden Fassungen, zuvor § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB XII), so dass der Bezieher von Grundsicherungsleistungen im Regelfall keinen Anspruch auf eine gesonderte Übernahme der Stromkosten hat. Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem vom Kläger angeführten Urteil des BSG. Das Urteil betrifft die Frage, ob ein Guthaben aus einer Stromkostenabrechnung als Einkommen zu berücksichtigen ist, wobei das BSG ausdrücklich davon ausgeht, dass die Stromkosten grundsätzlich im Regelbedarf enthalten sind (Urteil vom 23. August 2011 - B 14 AS 186/10 R - Rn. 24). Auf die sich aus § 116a SGB XII i.V.m. § 44 Abs. 4 SGB X ergebenden Einschränkungen für eine rückwirkende Leistungsgewährung kommt es (auch) deswegen nicht an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Ein Grund für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) ist nicht ersichtlich.-