Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 27.05.1999, Az.: XI 308/96

Arbeitgeberaufwendungen für eine betriebliche Feier aus Anlass des zehnjährigen Bestehens des Unternehmens

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
27.05.1999
Aktenzeichen
XI 308/96
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1999, 18019
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:1999:0527.XI308.96.0A

Tenor:

Unter Änderung des Lohnsteuer-Nachforderungsbescheids vom 28. Februar 1996 und des Einspruchsbescheids vom 25. Juli 1996 wird der Nachforderungsbetrag für 1993 auf 138,05 DM herabgesetzt.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der an den Kläger zu erstattenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Verfahrensgegenstand ist der Lohnsteuer-Nachforderungsbescheid des Beklagten (Finanzamt - FA -) vom 28. Februar 1996 (Bl. 29 der vorgelegten Lohnsteuerakte) in der Fassung des Einspruchsbescheids vom 25. Juli 1996 (Bl. 70 bis 77 Lohnsteuerakte).

2

Streitig ist, ob das FA zu Recht wegen der auf die Arbeitnehmer des Klägers entfallenden Kosten einer Feier zum zehnjährigen Betriebsjubiläum des Klägers Lohnsteuer vom Kläger angefordert hat.

3

Der Kläger betreibt seit 1983 eine Steuerberaterpraxis. Im Rahmen einer beim Kläger durchgeführten Lohnsteuer-Außenprüfung für die Jahre 1993 bis 1995 stellte der Prüfer u. a. fest, dass der Kläger in jedem Prüfungsjahr eine Karnevalsfeier, einen Betriebsausflug und eine Weihnachtsfeier durchgeführt hatte. Außerdem hatte der Kläger im Jahre 1993 aus Anlass des zehnjährigen Bestehens seiner Praxis ein Abendessen mit anschließendem geselligen Beisammensein für seine Arbeitnehmer durchgeführt. Dafür waren ihm Kosten in Höhe von 2.450,70 DM entstanden. Der Kläger beschäftigte im letzten Prüfungsjahr 42 Arbeitnehmer.

4

Der Prüfer und ihm folgend das FA vertraten die Auffassung, dass bei mehr als zwei solcher Betriebsveranstaltungen pro Jahr der übliche Rahmen überschritten sei. Anderes könne nur für Pensionärs- und Jubilartreffen gelten sowie in Fällen, in denen Arbeitnehmer durch die Teilnahme an der Veranstaltung der Erfüllung betrieblicher Aufgaben nachgingen. In Höhe der Kosten der zusätzlichen Veranstaltungen sei eine Zuwendung des Kläger an seine Arbeitnehmer gegeben.

5

Auch eine Steuerbefreiung der Zuwendung komme nicht in Betracht, weil die Praxis nicht 25 Jahre oder ein Mehrfaches hiervon bestehe.

6

Das FA setzte daher in dem angegriffenen Lohnsteuer-Nachforderungsbescheid u. a. eine Lohnsteuer-Nachforderung von 25% auf die Kosten der Karnevalsfeiern und der Jubiläumsfeier fest.

7

Der Kläger wendet sich nach erfolglosem Einspruch mit seiner Klage gegen die Behandlung der Jubiläumsfeier als unüblich. Er vertritt die Auffassung, eine Jubiläumsfeier im zehnten Betriebsjahr sei auch dann üblich, wenn daneben ein Betriebsausflug und eine Weihnachtsfeier durchgeführt würden. Da es sich um eine übliche Betriebsveranstaltung handele, liege bereits keine Zuwendung vor, sodass es auf die Frage, ob Steuerfreiheit nur für Zuwendungen aus Anlass des 25jährigen Bestehens der Praxis gewährt werden könne, nicht mehr ankomme.

8

Der Kläger beantragt,

unter Änderung des Lohnsteuer-Nachforderungsbescheids vom 28. Februar 1996 und des dazu ergangenen Einspruchsbescheids vom 25. Juli 1996 die Lohnsteuer-Nachforderung für 1993 auf 138,05 DM herabzusetzen.

9

Das Finanzamt beantragt

Klagabweisung.

10

Unabhängig vom Anlass der Betriebsfeier sei die Anzahl von mehr als zwei Feiern innerhalb eines Jahres als unüblich anzusehen. Diese Auffassung entspreche auch der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH).

11

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Lohnsteuerakten sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

12

Die Klage hat Erfolg.

13

Die Aufwendungen des Klägers im Zusammenhang mit der von ihm durchgeführten Feier zum zehnjährigen Bestehen seiner Praxis stellen keinen Arbeitslohn dar, sodass für eine Lohnsteuer-Nachforderung kein Raum ist.

14

Auf herkömmlichen Betriebsveranstaltungen gewährte übliche Zuwendungen sind nicht durch das Arbeitsverhältnis veranlasst und deshalb kein Arbeitslohn. Solche Zuwendungen sollen vielmehr das Betriebsklima fördern und liegen im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers (BFH-Urteil vom 25. Mai 1992 VI R 85/90, BFHE 167, 542, BStBl II 1992, 655 m.w.N.).

15

Bei den anlässlich der Jubiläumsfeier den Arbeitnehmern des Klägers zugewandten Vorteilen handelt es sich um solche üblichen Zuwendungen im Rahmen einer Betriebsveranstaltung. Die hiergegen vom FA vorgebrachten Einwendungen gegen die allein streitige Üblichkeit einer dritten Veranstaltung in einem Jahr neben einem Betriebsausflug und einer Weihnachtsfeier greifen nicht durch. Zwar hat der BFH entschieden, dass die Annahme einer betrieblich unüblichen Vorteilszuwendung gerechtfertigt sein könne, wenn ein Arbeitgeber jährlich mehr als zwei Betriebsveranstaltungen mit Vorteilszuwendungen durchführt (BFH-Urteil vom 18. März 1986 VI R 49/84, BFHE 146, 262, BStBl II 1986, 575). Dementsprechend zu Recht hat das FA deshalb in den jährlich durchgeführten Karnevalsfeiern im Betrieb des Klägers unübliche, lohnsteuerpflichtige Zuwendungen gesehen.

16

Anders verhält es sich aber mit der Jubiläumsfeier des Klägers. Nach den Umständen des Falles ist diese Feier auch neben einem Betriebsausflug und einer Weihnachtsfeier als üblich anzusehen.

17

Zum einen ist es üblich, betriebliche Jubiläen im Rahmen einer Betriebsveranstaltung zu feiern. Das gilt nach der Auffassung des erkennenden Senats auch für das zehnjährige Bestehen einer Steuerberaterpraxis. Der Kläger hat zu Recht darauf hingewiesen, dass gerade für einen Freiberufler mit einer Einzelpraxis, der sich oft erst mit 35 oder 40 Lebensjahren selbständig macht, zehn Jahre des Praxisbestehens schon eine beachtliche Zeitspanne darstellen. Der Zeitraum von 25 Jahren, bei dem das FA gemäß § 3 Abs. 2 Lohnsteuerdurchführungsverordnung (LStDV) die Steuerbefreiung der Zuwendung angenommen hätte, würde von einem Einzelberater oft gar nicht erreicht.

18

Zum anderen ist es aber auch üblich, dass in Jahren, in denen Betriebsjubiläen gefeiert werden, nicht deswegen andere übliche Betriebsveranstaltungen gestrichen werden. Denn sonst würde das Anliegen, durch eine gemeinsame Feuer das Betriebsklima zu verbessern, leicht ins Gegenteil verkehrt.

19

Demzufolge kann die Jubiläumsfeier des Klägers auch neben den beiden weiteren, vom FA als üblich angesehenen Veranstaltungen Betriebsausflug und Weihnachtsfeier nicht als unüblich angesehen werden. Bei den in diesem Zusammenhang an die Arbeitnehmer erbrachten Vorteilen handelt es sich daher um übliche, ganz überwiegend betrieblich veranlasste Zuwendungen, die nicht der Lohnsteuerpflicht unterliegen.

20

Dem kann auch nicht entgegen gehalten werden, dass § 3 Abs. 2 LStDV eine Steuerbefreiung erst für Leistungen anlässlich des 25jährigen Geschäftsjubiläums oder eines Mehrfachen davon vorsieht. Der Umkehrschluss, Zuwendungen anlässlich aller früheren Geschäftsjubiläen seien steuerpflichtig, ist unzulässig. Er übersieht, dass auch in den Fällen, in denen eine Steuerbefreiung nicht greift, Arbeitslohn gegeben sein muss, damit die Lohnsteuerpflicht entsteht. Daran fehlt es aber im vorliegenden Fall.

21

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

22

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 3 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

23

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich. Insbesondere weicht das Urteil nach dem oben Gesagten nicht von dem o. g. BFH-Urteil vom 18. März 1986 ab. In dem o. g. BFH-Urteil vom 25. Mai 1992 hat zwar der VI. Senat des BFH dieses Urteil bestätigt und dabei apodiktisch festgestellt, mehr als zwei Betriebsveranstaltungen mit Vorteilszuwendungen seien unüblich, er hat aber zur Begründung auf sein o. g. Urteil vom 18. März 1986 verwiesen, sodass auch insoweit keine Abweichung besteht.