Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 19.05.1999, Az.: II 479/95
Wirksamkeit eines Gewerbesteuermessbescheids; Vorliegen von Einkünften aus gewerblicher Tätigkeit (Tätigkeit als Treuhänderin); "Abfärberegelung"
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 19.05.1999
- Aktenzeichen
- II 479/95
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1999, 20521
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:1999:0519.II479.95.0A
Rechtsgrundlagen
- § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG
- § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG
Fundstellen
- NWB DokSt 1999, 1238
- SteuerBriefe 1999, 1293-1294
Verfahrensgegenstand
Gewerbesteuermessbetrag 1989
Amtlicher Leitsatz
Abfärberegelung (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG)
Eine Freiberuflersozietät erzielt gewerbliche Einkünfte erst mit dem Beginn der Sachlichen Gewerbesteuerpflicht; die im gleichen Veranlagungszeitraum zuvor erzielten freiberuflichen Einkünfte sind nicht in die Bemessung des Gewerbeertrages einzubeziehen.
In dem Rechtsstreit
hat der II. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts
nach mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 19. Mai 1999,
an der mitgewirkt haben:
Vorsitzender Richter ... am Finanzgericht ...
Richter am Finanzgericht ...
Richter am Finanzgericht ...
ehrenamtlicher Richter ...
ehrenamtlicher Richter ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Der Bescheid über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag 1989 in Gestalt des Einspruchsbescheides wird geändert und der einheitliche Gewerbesteuermessbetrag auf ... festgesetzt. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin und der Beklagte je zur Hälfte zu tragen.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird Vollstreckungsnachlass gegen Sicherheitsleistung gewährt.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Beklagte (das beklagte Finanzamt - FA -) die Einkünfte der Klägerin nach der sogenannten "Abfärberegelung" (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG) insgesamt als gewerbliche Einkünfte erfassen und einen entsprechenden Gewerbesteuermessbescheid erlassen durfte.
Die Klägerin betrieb in A und betreibt jetzt noch in B ein Steuerberatungsbüro. An der Klägerin (Gesellschaft bürgerlichen Rechts) sind als Gesellschafter zu gleichen Teilen zwei Steuerberater beteiligt.
Im Streitjahr 1989 war die Klägerin für eine Bauherrengemeinschaft tätig. Die Mitwirkung der Klägerin beruhte auf der Initiative eines befreundeten Architekten, der die Sanierung eines Altbaus geplant, Sanierungsmittel der Stadt A beschafft und Interessenten für die Bauherrengemeinschaft geworben hatte. Für diesen Architekten übernahm die Klägerin ab Juli 1989 verschiedene Tätigkeiten im Interesse der Bauherrengemeinschaft.
Die einzelnen an der Bauherrensgemeinschaft beteiligten Bauherren erteilten der Klägerin unter der Bezeichnung "Steuerbüro X und Y" (im folgenden: Steuerbüro) zunächst in notariellen Urkunden Vollmachten u.a. zum Abschluss von GrundstückskaufundÜbertragungsverträgen, zur Errichtung und Durchführung der Teilungserklärung zur Bildung von Wohnungs- und Teileigentum und der übrigen nach dem Wohnungseigentumsgesetz (- WEG -) erforderlichen Regelungen. Wegen der Einzelheiten wird auf die notarielle Urkunde vom 7. Juli 1989 der Eheleute Z als Bauherren Bezug genommen (Bl. 5 - 10 der Gewerbesteuerakte).
Anfang Juli 1989 schloss die Klägerin, vertreten durch einen ihrer Gesellschafter, als Vertreter für die Bauherren den notariellen Kaufvertrag über das Grundstück "C-Straße" und gab sofort anschließend für die Bauherren die vorbereiteten Teilungserklärungen nebst Auflassung ab (Urkundenrollen 366 und 367/1989 des Notars W in D). Wegen der Einzelheiten wird auf die notarielle Urkunde Bezug genommen (Bl. 7 - 31 der Einspruchsheftung).
Anschließend schlossen die Bauherren noch im Juli 1989 gleichlautende Steuerberatungsverträge mit dem Steuerbüro ab. Dafürwurde ein Honorar in Höhe von 3,62 % des kalkulierten Gesamtbauaufwandes vereinbart. Wegen der Einzelheiten wird - beispielhaft - auf den Vertrag der Eheleute Z mit der Klägerin verwiesen (Bl. 2 - 4 der Gewerbesteuerakte).
Außerdem führte das Steuerbüro bis in den Dezember 1989 für die Bauherrengemeinschaft die Bankkonten und wickelte den Zahlungsverkehr ab.
Alle Arbeiten wurden noch im Streitjahr 1989 abgeschlossen. Insgesamt nahm das Steuerbüro von den Bauherren einen Betrag in Höhe von ... DM zuzüglich 14 % Umsatzsteuer, mithin insgesamt ... DM ein.
Das FA erfuhr zunächst nichts von dieser Tätigkeit. Die Einkünfte der Gesellschaft aus dem Betrieb des Steuerberatungsbüros für das Streitjahr 1989 wurden vom FA als Einkünfte aus selbständiger Arbeit gesondert und einheitlich festgestellt (Bl. 12/89 der Feststellungsakte).
Erst im November 1990 erlangte das FA Kenntnis von der Tätigkeit des Steuerbüros für die Bauherrengemeinschaft "C-Straße". DasFA vertrat daraufhin die Auffassung, die Klägerin sei als Treuhänderin für die Bauherrengemeinschaft gewerblich tätig gewesen. Das FA sah nunmehr die gesamten Einkünfte der Klägerin im Streitjahr als gewerbliche Einkünfte an und erließ am 7. März 1995 einen (erstmaligen) Gewerbesteuermessbescheid. Der Einspruch blieb insoweit ohne Erfolg (Einspruchsbescheid vom 31. Juli 1995, Bl. 12 ff. der Gerichtsakte). Dagegen richtet sich die Klage.
Die Klägerin ist der Ansicht, ein Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag habe gar nicht mehr ergehen dürfen. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides im Jahre 1995 sei die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen gewesen. Die Klägerin sei nicht verpflichtet gewesen, eine Gewerbesteuererklärung abzugeben. Außerdem sei für die Bauherrengemeinschaft ausschließlich der Steuerberater X tätig geworden und dies auch nur für wenige Stunden. Die notariellen Verträge habe der Notar erarbeitet, derhierfür verantwortlich gewesen sei. Nach der sogenannten Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG habe daher höchstens der Steuerberater X, nicht aber die Klägerin gewerbliche Einkünfte erzielt.
Vor allem aber seien Einnahmen aus einer gewerblichen Tätigkeit gar nicht angefallen. Für die Mitwirkung an den Grundstücksverträgen habe die Klägerin kein Entgelt erhalten. Lediglich für die Leistungen aus dem Steuerberatervertrag habe sie ein Entgelt erhalten. Selbst wenn demgegenüber ein Teil des Entgelts für außersteuerliche Leistungen gezahlt worden sei, so könne dieser Teil jedenfalls nur ganz gering sein. Dieser Teil ließe sich - eventuell durch Schätzung - aufteilen (BFH-Urteil vom 21. April 1994 IV R 99/93, BStBl II 1994, 650).
Für die Bauherrengemeinschaft sei der Gesellschafter X zudem nur während der zweiten Jahreshälfte des Streitjahres tätig gewesen. Deshalb könnten allenfalls die in dieser Zeit erzielten übrigen Einnahmen des Steuerberatungsbüros nach der Abfärberegelung als gewerbliche Einkünfte - unstreitig ingesamt ... DM (siehe Protokoll vom 19. Mai 1999, GA Bl. 49) - umzuqualifiziert werden. Die in der ersten Jahreshälfte erzielten Einkünfte aus freiberuflicher Arbeit seien nicht betroffen.
Die Klägerin beantragt,
den Gewerbesteuermessbescheid 1989 vom 7. März 1995 in Gestalt des Einspruchsbescheides aufzuheben.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das FA ist der Ansicht, die gesamten Einkünfte der Klägerin im Streitjahr seien gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG gewerbliche Einkünfte, da die Treuhandtätigkeit der Klägerin für die Bauherrengemeinschaft zu gewerblichen Einkünften geführt habe. Die Klägerin habe diese Tätigkeiten tatsächlich nicht unentgeltlich erbracht. Dagegen spreche schon das hohe im sogenannten Steuerberatungsvertrag vereinbarte Entgelt (rund ... DM). Für bloße Buchführungs- und Abschlussarbeiten sei - entgegen dem Wortlautdes Vertrages - nach der Steuerberatergebührenverordnung (StBGebV) bei weitem nicht ein solch hohes Honorar zu erzielen. Tatsächlich sei durch das vereinbarte Entgelt sogar überwiegend die Treuhandtätigkeit abgegolten worden. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Beklagten Bezug genommen (Bl. 29 ff. der Gerichtsakte).
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nur zum Teil begründet.
Die Klägerin hat in der ersten Jahreshälfte 1989 keine gewerblichen Einkünfte erzielt, so dass die Einkünfte des ersten Halbjahres nicht gemäß §§ 5, 14 GewStG i.V.m. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG in den Bescheid über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag einbezogen werden durften. Im übrigen ist die Klage unbegründet, denn gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG gelten die gesamten Einkünfte der Klägerin in der zweiten Jahreshälte des Streitjahres als gewerbliche Einkünfte, für die gemäß §§ 5, 14 GewStG ein einheitlicher Gewerbesteuermessbetrag vom FA festgesetzt werden durfte.
1.)
Die Klägerin war aufgrund ihrer Treuhandtätigkeit für die Bauherrengemeinschaft in der zweiten Jahreshälfte (ab dem 1. Juli) auch gewerblich tätig, so dass sie nach der sogenannten Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 1 Nr. 1 EStG ab diesem Zeitpunkt in vollem Umfang gewerbliche Einkünfte erzielte.
Ein Steuerberater, der im Rahmen eines Bauherrenmodells Treuhandaufgaben wahrnimmt, zu denen u.a. der Abschluss von Grundstückskaufverträgen, die Kontenführung für die Bauherren, der Abschluss von Finanzierungen einschließlich der Bestellung von Sicherheiten gehören können, ist gewerblich tätig (ständige Rechtsprechung; vgl. BFH-Urteil vom 10. August 1994 I R 133/93, BStBl II 1995, 171 m.w.N.). Ist der Gesellschafter einer Steuerberatersozietät für diese (auch) gewerblich tätig, so gilt die gesamte Tätigkeit der Sozietät als Gewerbebetrieb (BFH, a.a.O.). So verhält es sich auch im Streitfall für das zweite Halbjahr.Der Sozietät sind Vollmachten zum Abschluss des Grundstückskaufvertrages, der Aufteilung des Grundstücks in Wohnungseigentum, der Verwalterbestellung und der Kontoführung und Abrechnung für die Bauherrengemeinschaft erteilt worden, von denen die Gesellschafter sodann auch Gebrauch gemacht haben.
a) Die gewerbliche Tätigkeit als Treuhänderin hat die Klägerin selbst und nicht etwa der Gesellschafter X ausgeübt. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der erteilten Vollmachten. Die Bauherren haben danach die notariellen Vollmachten jeweils ausdrücklich dem "Steuerbüro X und Y", nicht deren Gesellschaftern persönlich, erteilt (§ 2 Abs. 1 Satz 1 der Urkunden). Die Vollmachtgeber haben in § 2 Abs. 2 der Urkunden dies sogar noch weiter präzisiert: Zur Vertretung des "Steuerbüros" seinerseits, also der Klägerin, war für die Mehrzahl der Fälle dann der Steuerberater X alleine (dort Ziff. 1, 2 und 4 bis 6) bevollmächtigt; die Klägerin musste daneben aber für die Eröffnung und Führung der Bankkonten (Ziff. 3) durch beide Gesellschafter gemeinschaftlich handelnd vertreten werden. Von diesen Vollmachten hat die Klägerin in der Folgezeit auch Gebrauch gemacht unddamit die Treuhandtätigkeit selbst, vertreten durch ihre Gesellschafter, ausgeübt. So hat der Steuerberater X die Grundstücksverträge als Vertreter der Klägerin geschlossen. Auch hat die Klägerin, vertreten durch ihre gemeinschaftlich handelnden Gesellschafter, die Bankkonten für die Bauherrengemeinschaft eröffnet. Die gewerbliche Tätigkeit der Klägerin selbst ist auch nach außen in Erscheinung getreten, da später die Klägerin auch die Honorare selbst in Rechnung gestellt hat.
Dem steht nicht entgegen, dass der Steuerberater X im Innenverhältnis den überwiegenden Teil der Arbeiten erledigt haben mag. Hätte nicht die Klägerin, sondern nur der Steuerberater X allein die gewerbliche Tätigkeit ausüben sollen, wären dazu andere ausdrückliche Regelungen u.a. bei den Bevollmächtigungenund beim Vollzug der Tätigkeit erforderlich gewesen, die eine Beteiligung der Sozietät ausgeschlossen haben müssten. Die Arbeiten hätten dann u.a. auf eigene Rechnung eines Gesellschafters getätigt werden müssen. Dies ist aber nicht geschehen.
Auch lässt sich nicht feststellen, dass die Treuhandtätigkeit etwa durch eine zweite (personenidentische) GbR ausgeübt worden wäre. Eine solche Gestaltung ist zwar zulässig, sie muss aber nach außen erkennbar sein (BFH-Urteil vom 11. Mai 1989 IV R 43/88, BStBl II 1989, 797; vgl. Schmidt, EStG, § 15 Rn. 193). Als Indiz für eine solche Trennung in zwei Gesellschaften kann u.a. eine getrennte Ergebnisermittlung dienen (Schmidt a.a.O., m.w.N.). Von alledem kann im Streitfall jedoch nicht die Rede sein. Die Klägerin ist - wie in allen Steuerangelegenheiten - einheitlich tätig geworden, stellte ihre Rechnung unter dem gleichen Briefkopf aus und berücksichtigte die Einnahmen aus der Treuhandtätigkeit in der einheitlichen Gewinnermittlung fürdas Streitjahr.
b) Eine Umqualifizierung der Einkünfte der Klägerin nach § 15 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 1 Nr. 1 EStG in gewerbliche Einkünfte scheidet auch nicht etwa deshalb aus, weil es hinsichtlich der gewerblichen Tätigkeit an einer Gewinnerzielungsabsicht gefehlthätte (vgl. BFH-Urteil vom 18. Mai 1995 IV R 31/94, BStBl II 1995, 718 [Tanzschule]). Soweit die Klägerin behauptet, aus der Treuhandtätigkeit gar keine Einnahmen erzielt und daher auch keine Einkünfteerzielungsabsicht gehabt zu haben, kann dem bei der Würdigung aller Umstände des Falles nicht gefolgt werden.
- Entgegen der Ansicht der Klägerin ist bereits ein Teil des Honorars der gewerblichen Treuhandtätigkeit und nicht der freiberuflichen Tätigkeit als Steuerberatersozietät zuzuordnen. Leistungen, die grundsätzlich zwar der freiberuflichen Tätigkeit zugerechnet werden könnten, dürfen jedoch - wie der BFH entschieden hat - in Verbindung mit einer Treuhandtätigkeit nichtvon dieser Treuhandtätigkeit getrennt betrachtet werden. In solchen Fällen steht die steuerliche Anerkennung eines Bauherrenmodells im Vordergrund, wird diese Anerkennung primär angestrebt und steht dieser Teil der Tätigkeit deshalb in erster Linie mit der Treuhandtätigkeit in Verbindung (BFH-Urteil vom 21. April 1994 IV R 99/93, BStBl II 1994, 650).
Dies gilt auch hier. Ein Teil der im "Steuerberatungsvertrag" aufgeführten Leistungen betraf nämlich bereits die Treuhandtätigkeit und führten insoweit unmittelbar zu gewerblichen Einkünften der Klägerin. Nach dem Wortlaut des "Steuerberatungsvertrages" waren durch das Honorar auch folgende Leistungen abgegolten: (1) Klärung aller zur Verwirklichung des Bauvorhabens erforderlichen steuerlichen Fragen, (2) Verhandlungen über die steuerliche Anerkennung des Vertragsmodells mit der zuständigen Finanzbehörde und (3) Klärung und ggf. Führung von Verhandlungen zu während des Bauvorhabens auftretenden Steuerrechtsfragen. Diese Leistungen betreffen primär die Treuhandtätigkeit selbst und sind deshalb nicht der freiberuflichen Betätigung der Klägerin zuzurechnen. Zwar kann und darf die Klägerin entsprechende Beratungsleistungen auch freiberuflich erbringen. Hier stehen sie jedoch in erster Linie im Zusammenhang mit der Treuhandtätigkeit und sind dieser zuzuordnen.
- Gewerbliche Einnahmen hat die Klägerin zudem allein dadurch erzielt, dass das vereinbarte Honorar für die reinen buchhalterischen Arbeiten nach Ziff. 4 des "Steuerberatungsvertrages" nicht angemessen gewesen wäre und auch nicht dem wahren Inhalt der vertraglichen Vereinbarungen entsprach. Nach dem Wortlaut des Vertrages war zwar das Honorar ausschließlich für die vier dort benannten Leistungen (Ziff. 1 bis 4) zu zahlen, tatsächlich wurden aber entgegen dem Wortlaut dieser Vertragsgestaltung weitere Leistungen - nämlich die Treuhandtätigkeit - abgegolten und die darauf entfallenden Entgelte verdeckt. Um diee einzelnen abgegoltenen Leistungen im Streitfall abzugrenzen, kann nicht allein auf den Vertragstext selbst abgestellt werden. Der Vertrag selbst ist durch das im Vorhinein festgelegte - an der Gesamtbausumme orientierte - Honorar entweder gemäß § 125 BGB i.V.m. § 14 StBGebV als "Pauschalhonorar" unwirksam, weil eine Pauschalvergütung nach der StBGebV nicht hätte vereinbart werden dürfen, oder doch gemäß § 4 StBGebV angreifbar, weil die vereinbarte Vergütung für die beschriebenen Leistungen jedenfalls unangemessen hoch war. Für die buchhalterischen Arbeiten und die einmalige Fertigung der Einnahmne- Überschussrechnung für die Bauherrengemeinschaft - auch soweit diese auf die einzelnen Bauherren entfällt - ist jedenfalls nach §§ 6, 27, 32 ff. StBGebV kein Honorar in Höhe von rund ... DM zu zahlen. Da mit dem "Pauschalhonorar" bei wirtschaftlicher Betrachtung Leistungen steuerberatender Art und sonstige (gewerbliche) Leistungen abgegolten wurden, muss das Honoraraufgeteilt werden (vgl. BFH-Urteil vom 21. April 1994 (a.a.O.)). Dabei geht der Nachteil verbleibender Unsicherheit der Trennung zu Lasten des Steuerpflichtigen (BFH, a.a.O.). Gewichtet man die einzelnen Leistungen, dann entfielen jedenfalls in weit höherem Umfang als von der Klägerin angegeben Leistungen auf die Treuhandtätigkeit. Es lassen sich nämlich nur die vorgenannten buchhalterischen Arbeiten und die Ermittlung des Überschusses der Einnahmen über die Werbungskosten eindeutig und ausschließlichfreiberuflichen Leistungen der Klägerin aus dem Steuerberatungsvertrag zuordnen. Die restlichen Honorarteile sind als Entgelt der gewerblichen Betätigung der Klägerin zuzuordnen.
c) Die gesamten - unstreitigen - Einkünfte der Klägerin im zweiten Halbjahr 1989 in Höhe von ... DM waren daher in die Berechnung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrages einzubeziehen und der Messbetrag wie erkannt festzusetzen. Von dem Gewinn aus Gewerbebetrieb war der Freibetrag nach § 11 Abs. 1 GewStG in Höhe von 36.000 DM abzuziehen. Aus dem verbleibenden Betrag in Höhe von ... DM ergibt sich dann mit einem Wert von 5 % der Steuermessbetrag nach dem Gewerbeertrag in Höhe von ... Da kein anzusetzendes Gewerbekapital vorhanden war, entspricht dieser Messbetrag nach dem Gewerbeertrag nach dem einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag insgesamt.
2.)
In den Gewerbesteuermessbetrag waren jedoch nicht auch die Einkünfte der Klägerin im ersten Halbjahr 1989 einzubeziehen, da die Klägerin ihre gewerbliche Tätigkeit erst - entsprechend der Einigung der Parteien in der mündlichen Verhandlung (vgl. Protokoll der Sitzung, Bl. 49 ff. der Gerichtsakte) - zum 1. Juli des Streitjahres aufgenommen hatte und auch nach §§ 15 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 1 EStG ein Rückbezug auf den Beginn des Wirtschaftsjahres nicht möglich ist.
Nach § 15 Abs. 2 EStG - früher § 2 Abs. 1 GewStG - beginnt diesachliche Gewerbesteuerpflicht erst, wenn alle tatbestandlichen Voraussetzungen eines Gewerbebetriebes erfüllt sind und der Gewerbebetrieb in Gang gesetzt ist. Die Voraussetzungen für eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr müssen tatsächlich erfüllt sein. Das Unternehmen muss sich mit eigenen gewerblichen Leistungen am wirtschaftlichen Verkehr beteiligen können. Der Zeitpunkt des Beginns bzw. der Einstellung der werbenden Tätigkeit ist unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles und zwar gleichermaßen für Einzelgewerbetreibende wie für Personengesellschaften und unabhängig von der Rechtsform der Gesellschafter zu ermitteln (BFH-Urteil vom 5. März 1998 IV R 23/97, BStBl II 1998, 745; vom 22. November 1994 VII R 44/92, BStBl II 1995, 900 jeweils m.w.N.). Sofern eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht fortwährend bzw. nicht das ganze Jahr gewerblich tätig ist, sind deren Einkünfte ebenso erst ab dem Zeiptunkt des Beginns der sachlichen Gewerbesteuerpflicht gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG als gewerbliche Einkünfte zu behandeln (ebenso Korn, DStR 1995, 1250 [1254]; zustimmend Schmidt - Seeger, § 18 Rn. 50). Auch wenn der BFH bisher keine Gelegenheit hatte, die Rechtsfrage zu entscheiden, müssen aber die gleichen Grundsätze wie in Fällen der Geprägeregelung des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG und bei der Betriebsaufspaltung gelten. Auch dort wird eine sachliche Gewerbesteuerpflicht erst ab dem Zeiptunkt - auch innerhalb eines Wirtschaftsjahres - angenommen, ab dem in Fällen einer Betriebsaufspaltung die sachliche und personelle Verflechtung vorliegt (BFH-Urteil vom 13. Dezember 1983 VIII R 90/81, BStBl II 1984, 474).
Etwas anderes lässt sich auch nicht aus dem Wortlaut des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG ableiten. Soweit demnach als Gewerbebetrieb "in vollem Umfang" die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit gilt, wenn die Gesellschaft "auch" eine Tätigkeitim Sinne des Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ausübt, ist darin keine von § 15 Abs. 2 EStG abweichende Regelung des Beginns bzw. des Endes der sachlichen Gewerbesteuerpflicht zu erkennen. Es wäre auch mit dem Wortlaut des § 15 Abs. 3 EStG nicht zu vereinbaren, wollte man in den Fällen der Abfärberegelung (Abs. 3 Nr. 1) einen anderen Zeiptunkt für den Beginn der Gewerbesteuerpflicht als in den Fällen der Geprägeregelung (Abs. 3 Nr. 2) oder der Betriebsaufspaltung (vgl. BFH-Urteile, a.a.O.) annehmen. Ein Rückbezug der gesetzlichen Fiktion der Gewerblichkeit auf den jeweiligen Beginn des Wirtschafts- oder Veranlagungsjahres ist im Gesetzeswortlaut nicht angelegt. Dazu hätte es einer ausdrücklichen Regelung bedurft, da der Beginn der sachlichen Gewerbesteuerpflicht auch erst die Gewerbesteuerpflicht entstehen lässt und nach § 38 AO die Leistungspflicht erst entsteht, sobald der Tatbestand erfüllt ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft. Der gesetzliche Tatbestand des Gewerbesteuergesetzes wird aber in diesen Fällen immer erst mit dem Beginn der gewerblichen Tätigkeit erfüllt. Ob eine abweichende gesetzliche Regelung mit Rückwirkung auf den jeweiligen Beginn des Wirtschaftsjahres verfassungsrechtlich überhaupt durch den Gesetzgeber für die Zukunft vorgesehen werden könnte, kann dabei im Streitfall dahinstehen.
Auch in den Fällen der Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG ist daher im Einzelfall der Beginn der Beteiligung am wirtschaftlichen Verkehr festzustellen. Nur die Einkünfte einer solchen Personengesellschaft, die zwischen dem Beginn und der Aufgabe der gewerblichen Tätigkeit anfallen, gelten dann in vollem Umfang als gewerbliche Einkünfte und können für die Bestimmung des Messbetrages nach dem Gewerbeertrag herangezogen werden.
Für den Streitfall bedeutet dies, dass sowohl nach den Feststellungen des Gerichts als auch nach den übereinstimmenden Angaben der Parteien in der mündlichen Verhandlung die gewerbliche Tätigkeit der Klägerin erst nach dem 1. Juli 1989 aufgenommen worden ist. Die Treuhandtätigkeit der Klägerin für die Bauherrengemeinschaft konnte nämlich erst aufgenommen werden, nachdem alle beteiligten Bauherren der Klägerin die entsprechenden Vollmachten erteilt hatten. Die letzte Vollmacht ist ausweislich des notariellen Vertrages vom 14. Juli 1989 (UR 367/1989 des Notars) erst am 7. Juli 1989 erteilt worden. Auch liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Klägerin entgegen ihren Angaben bereits vor diesem Zeiptunkt werbend tätig geworden ist. Die Pläne für die Sanierung des Gebäudes und alle damit zusammenhängenden Arbeiten sind nicht von der Klägerin, sondern von dem planenden Architekten erstellt worden, der auch die Interessenten für das Vorhaben geworben hat. Lediglich die Abwicklung des notariellen Kaufvertrages für das Grundstück, die Aufteilung in Wohnungseigentum, die Bestellung des planenden Architekten als Verwalter der WEG fallen in die Zeit der Tätigkeit der Klägerin.
3.)
Das FA war schließlich auch noch im Jahre 1995 berechtigt, einen Gewerbesteuermessbescheid zu erlassen. In diesem Zeitpunkt war noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten. Insoweit wird gemäß § 105 Abs. 5 FGO auf die zutreffenden Ausführungen des FA im Einspruchsbescheid verwiesen (dort S. 6). Insbesondere kommtes nicht darauf an, ob der Steuerpflichtige selbst von einer Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung ausgeht.
4.)
Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitsache zugelassen. Klärungsbedürftig ist die Rechtsfrage, ob auch nach der Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG der vom Beginn des Veranlagungszeitraums abweichende Beginn der gewerblichen Betätigung durch Aufteilung der Einkünfte zu berücksichtigen ist.
5.)
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlagein § 151 Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.