Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 10.10.2005, Az.: 7 U 155/05
Einhaltung der Sicherheitsanforderungen für Gerberei-Walzenmaschinen; Ansprüche aus Produzentenhaftung wegen des Abschleifens einer Hand und eines Unterarms durch eine Schleifwalze
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 10.10.2005
- Aktenzeichen
- 7 U 155/05
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2005, 36406
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2005:1010.7U155.05.0A
Verfahrensgang
Fundstelle
- VersR 2007, 253-254 (Volltext mit amtl. LS)
In dem Rechtsstreit
...
hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht K.,
die Richterin am Oberlandesgericht K. und
den Richter am Oberlandesgericht K.
am 10. Oktober 2005
einstimmig gemäß § 522 Abs. 2 ZPO
beschlossen:
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das End- und Teilurteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim vom 26. Mai 2005 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Gründe
Zur Begründung wird uneingeschränkt auf die Ausführungen gemäß Senatsbeschluss vom 9. September 2004 (Bl. 496 f. d.A.) Bezug genommen.
Der Inhalt des Schriftsatzes der Beklagten vom 6. Oktober 2005 gibt Anlass zu folgenden Ergänzungen und Klarstellungen:
a)
Die Tatsache, dass Schleifmaschinen in Ziff. 5.3.1 nicht ausdrücklich aufgelistet sind, hindert nicht die Anwendung der Sicherheitsvorschriften gemäß Ziff. 5.3.1 der Sicherheitsanforderungen für Gerberei-Walzenmaschinen (DIN EN 972) auf die streitgegenständliche Maschine. Gerade weil dort nur andere Lederwalzmaschinen, wie z.B. Abwelkmaschinen aufgelistet sind, besteht ja der Streit zwischen den Parteien über die Anwendbarkeit dieser Sicherheitsbestimmungen.
Anspruchsgrundlage ist Produzentenhaftung, nicht ein Verstoß gegen ausdrückliche Vorschriften der DIN EN 972. Ebenso wie im Baurecht, sind auch im Haftungsrecht DIN-Normen nicht sklavisch nach ihrem Wortlaut anzuwenden. Entscheidend ist der sicherheitstechnische Zweck dieser Vorschriften. Ohnehin wird die Beklagte als italienische Herstellerin bei der Produktion die deutsche DIN EN 172 (Sicherheitsanforderungen für Gerberei-Walzenmaschinen) nicht in italienischer Übersetzung zur Verfügung gehabt haben. Entscheidend ist, dass die vorliegende Schleifmaschine genauso wie Enthaar- und Abwelkmaschinen zu Reib- und Schabgefährdungen gemäß Ziff. 5.3.1 der DIN-Norm führen kann, wie gerade der streitgegenständliche Unfall zeigt, bei dem die Schleifwalze Hand und Unterarm der Klägerin abgeschliffen hat. Da die Maschine keine trennende Schutzeinrichtung vor der Arbeitswalze hat, muss gemäß dem letzten Absatz von Ziff. 5.3.1 eine andere Konstruktionslösung vorhanden sein, die bei einer Störung den Arbeitszylinder stoppt. Das haben das Landgericht und der Sachverständige mit Recht so bewertet.
b)
Die Versicherungsnehmerin der Klägerin hat bei ihrer Zeugenaussage nicht bekundet, dass sie die Arbeitswalze innerhalb der Maschine ständig sehen könne. Steht der jeweilige Arbeitnehmer beim Einführen der Spalthäute weitgehend aufrecht auf dem Holzpodest gemäß Lichtbild 3, ist er so weit außer Augenhöhe, dass er auch dann nicht in den Einfuhrschlitz sehen kann, wenn der Einfuhrschlitz auf mehr als 12 mm über der Lederhaut erweitert war.
Im Übrigen ist, worauf die Klägerin erstinstanzlich hingewiesen hatte, Folgendes festzuhalten: Lässt die Maschine die Erweiterung des Einzugspaltes aus Bequemlichkeitsgründen zu, ohne dass die Arbeitsqualität der Maschine leidet, muss mit einem solchen Verhalten des Kunden gerechnet werden. Die Sicherheitseinrichtungen sind dann entsprechend darauf auszurichten. Sie fordern ja auch, dass die Arbeitswalze bei einer Betriebsstörung stoppt, und zwar unabhängig von der Breite des Einzugsspaltes.