Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 05.10.2005, Az.: 3 U 28/05
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 05.10.2005
- Aktenzeichen
- 3 U 28/05
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2005, 41475
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2005:1005.3U28.05.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Stade - 27.01.2005 - AZ: 8 O 50/98
- nachfolgend
- BGH - 15.02.2006 - AZ: VIII ZR 236/05
- BGH - 18.07.2007 - AZ: VIII ZR 236/05
In dem Rechtsstreit
...
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Landgericht ... auf die mündliche Verhandlung vom 21. September 2005 für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufungen der Klägerin und der Beklagten gegen das am 27. Januar 2005 verkündete 2. Teilurteil der 8. Zivilkammer - Kammer für Handelssachen - des Landgerichts Stade werden zurückgewiesen, und zwar die Berufungen der Beklagten mit der Maßgabe, dass die Beklagten 5 % Zinsen erst seit dem 12. Mai 1998 auf 529 221,65 € zu zahlen haben.
Die Kosten des Berufungsverfahrens verteilen sich wie folgt:
Von den Gerichtskosten haben die Klägerin 41 %, die Beklagten gesamtschuldnerisch 44 % und die Beklagte zu 1 weitere 15 % zu tragen.
Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1
zu 40 %, die der Beklagten zu 2 zu 48 %.
Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Beklagten gesamtschuldnerisch 44 %, die Beklagte zu 1 weitere 16 %.
Von den durch die Nebenintervention verursachten Kosten tragen die Beklagten gesamtschuldnerisch 44 %, die Beklagte zu 1 weitere 16 %.
Im Übrigen tragen die Parteien und die Nebenintervenientin ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten können die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteiles vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Der Antrag der Klägerin, das Urteil gemäß § 710 ZPO ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar zu erklären, wird zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin nimmt die Beklagten u. a. auf Zahlung entgangenen Gewinns aus dem Export von Veterinärmedikamenten und Geflügelvakzinen (also -Impfstoffen) nach S.... in Anspruch.
Wegen des Sachverhalts wird zunächst auf das Urteil des Senats vom 19. Mai 2004, mit dem der Anspruch der Klägerin zum Teil dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt wurde, verwiesen. Das Landgericht Stade hat nunmehr mit 2. Teilurteil vom 27. Januar 2005 einen Anspruch der Klägerin in Höhe von 529 221,65 € für begründet erachtet. Die Widerklage hat es abgewiesen, da die hiermit geltend gemachte Forderung bereits durch Aufrechnung der Beklagten verbraucht sei. Das Landgericht hat durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen H.... sowie dessen mündlicher Erläuterung Beweis erhoben über die Höhe des der Klägerin entgangenen Gewinns aus importgenehmigten, nicht ausnutzbaren X-Mengen sowie aus geplanten X-Mengen, die wegen nicht mehr vollzogener Registrierung nicht mehr zum Importantragsverfahren zugelassen wurden, und zwar hinsichtlich der Positionen Geflügelvakzine und Veterinärmedikamenten für den Zeitraum vom 1. Juli 1996 bis zum 5. November 1997 (dem Datum des außergerichtlichen Vergleichs zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1). Das Landgericht hat gestützt auf das Sachverständigengutachten entgangenen Gewinn - einschließlich abzuziehender Importkosten von 16 % des Einkaufswerts der verfallenen Menge - für die Vakzine in Höhe von 1 230 286,11 DM und für die Veterinärmedikamente in Höhe von 360 098,13 DM zugrunde gelegt. Hiervon hat es die Allgemeinkosten (11,4 %) von insgesamt 181 303,79 DM sowie die zur Aufrechnung gestellte - und der Widerklage entsprechende - Forderung von 374 012,87 DM in Abzug gebracht.
Hiergegen wenden sich die Berufungen aller drei Parteien.
Die Klägerin rügt, dass das Landgericht weder Urkunds- noch Zeugenbeweise erhoben habe. Das Landgericht hätte nicht auf die Schätzungen des Sachverständigen zurückgreifen dürfen; § 287 ZPO gelte nur für das Gericht. Im Übrigen habe das Landgericht nur das schriftliche, nicht aber das mündliche Gutachten berücksichtigt. Ferner bezweifelt die Klägerin die Richtigkeit des Gutachtens. Der Sachverständige habe einen falschen Wechselkurs zugrunde gelegt sowie die Import- und Allgemeinkosten unzureichend bzw. falsch ermittelt. Ferner seien weitere Einwendungen der Klägerin aus dem Schriftsatz vom 29. Dezember 2004 zu den Veterinärmedikamenten vom Landgericht nicht beachtet worden.
Die Klägerin beantragt nach teilweiser Rücknahme der Berufung in Höhe von 19 957,48 €,
unter teilweiser Abänderung des 2. Teilurteils des Landgerichts Stade vom 27. Januar 2005 (Az: 8 O 50/98) die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung eines weiteren Betrages von 472 931,26 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % seit dem 11. Mai 1998 zu verurteilen;
hilfsweise, insoweit die Sache unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Landgericht zurückzuverweisen;
ein im vorliegenden Berufungsrechtsstreit zu Gunsten der Klägerin ergehendes betragsmäßiges Urteil für diese ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar zu erklären;
hilfsweise, einen angemessenen Teilbetrag zu Gunsten der Klägerin für diese ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar zu erklären;
die Berufung (der Beklagten) zurückzuweisen.
Die Beklagten stellen die Anträge,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen;
die Klage der Klägerin unter Abänderung des 2. Teilurteils des Landgerichts Stade vom 27. Januar 2005 abzuweisen.
Die Beklagte zu 1 beantragt im Wege der Widerklage,
die Klägerin unter Abänderung des 2. Teilurteils des Landgerichts Stade vom 27. Januar 2005 zu verurteilen, an sie 191 229,74 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten hierauf seit dem 17. April 1998 zu zahlen.
Die Beklagten vertreten die Auffassung, das Landgericht habe die - eingeschränkte - Bindungswirkung des Grundurteils des Oberlandesgerichts verkannt. Der Anspruch habe bei einer späteren Klagerweiterung dem Grunde nach neu geprüft werden müssen. Die Klägerin sei im Übrigen nicht aktivlegitimiert. Ferner habe eine Lieferverpflichtung der Beklagten zu 1 hinsichtlich der importgenehmigten nicht mehr ausnutzbaren X-Mengen sowie der bereits registrierten nicht mehr zugelassenen X-Produkten nicht bestanden. Im Übrigen rügen die Beklagten, dass der Sachverständige keine Differenzierung zwischen den Anknüpfungstatsachen für § 252 BGB und der Gewinnprognose vorgenommen habe. Die Methodik des Gutachtens sei falsch, da der Sachverständige nicht strittige Befundtatsachen habe ermitteln dürfen. Vielmehr hätte das Gericht Zeugen befragen müssen. Im übrigen hätte der Sachverständige die von ihm befragten Personen namhaft machen müssen. Darüber hinaus greifen die Beklagten das Gutachten aus den unterschiedlichsten Gründen an und legen ein Privatgutachten vor.
Wegen des weitergehenden Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils sowie diejenigen des Senatsurteils vom 19. Mai 2004 und die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 21. September 2005 Bezug genommen.
II.
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Die Rechtsmittel der Beklagten sind bis auf einen geringfügigen Teil des Zinsanspruchs ebenfalls unbegründet. Das Landgericht hat der Klägerin zutreffend einen Schadensersatzanspruch von 529 221,65 € zuerkannt. Einer Zurückverweisung an das Landgericht bedarf es ebenso wenig wie einer Anhörung des Sachverständigen durch den Senat.
A.
Für das Betragsverfahren ist im Hinblick auf die Ansprüche der Klägerin dem Grunde nach von den Feststellungen des Senats in dem Urteil vom 19. Mai 2004 gemäß § 318 ZPO auszugehen. In diesem Urteil hat der Senat unter B.I und II der Gründe u. a. Folgendes ausgeführt:
"Zu Pos. I (Schäden aus importgenehmigten, nicht ausnutzbaren X-Mengen):
Die Beklagten haben der Klägerin den Gewinn zu ersetzen, den diese bei Weiterführung des VHV bis zum Zeitpunkt der erstmals zulässigen ordentlichen Kündigung erzielt hätte (also bis zum 31. Dezember 1999). Es liegt auf der Hand, dass die Klägerin wegen des aus der Fusion folgenden Verlusts der Registrierungen keine bzw. jedenfalls weniger X-Waren in S.... veräußern konnte und ihr damit zu erwartender Gewinn entgangen ist. Die Klägerin konnte ihr Kontingent an zugelassenen Produkten nicht in vollem Umfang ausschöpfen und zwecks späteren Verkaufs importieren. Mit dem Landgericht ist davon auszugehen, dass es sich bei dem VHV nicht lediglich um einen Rahmenvertrag handelt, sondern um einen Vertrag, der die Beklagte konkret verpflichtete, die Klägerin tatsächlich auch zu beliefern. Der Vertrag setzte voraus, dass ein Anspruch der Klägerin auf Belieferung in dem Umfang bestand, in dem sie Produkte der Beklagten in S.... vermarkten wollte.
Zu Pos. II (Schäden, weil bereits registrierte X-Produkte wegen des Herstellerwechsels nicht mehr zum Importverfahren zugelassen wurden):
Im Übrigen ist offensichtlich, dass der Wechsel des Namens des Herstellers - mit dem daraus folgenden Erfordernis der Um-/Neuregistrierung - zu Umsatz- und Gewinneinbußen bei der Klägerin geführt hat. Es konnten Produkte nicht mehr eingeführt werden, die andernfalls im Rahmen am Importverfahren hätten teilnehmen können und als registrierte Produkte auch zugelassen worden wären."
B.
Der Klägerin steht der Höhe nach ein Schadensersatzanspruch von 529 221,65 € gemäß § 252 BGB als entgangener Gewinn bezüglich der Positionen I und II (entsprechend der Bezifferung wie unter A) für Geflügelvakzine und Veterinärmedikamente in dem Zeitraum vom 1. Juli 1996 bis 5. November 1997 zu. Nach Auffassung des Senats hat das Landgericht die Beweisaufnahme ordnungsgemäß durchgeführt. Durchgreifende Verfahrensfehler haben die Parteien nicht aufgezeigt. Im Einzelnen gilt Folgendes:
1. Das Landgericht hat zutreffend die Beweisaufnahme derart durchgeführt, dass es - ohne die Vernehmung von Zeugen und Beauftragung weiterer Sachverständiger - nur den Sachverständigen H.... - unter weiterer Hinzuziehung des Diplom-Kaufmanns O.... S.... - mit der Ermittlung des entgangenen Gewinns betraut hat.
a) Die durch den Sachverständigen H.... gewählte Methode für die Ermittlung des entgangenen Gewinns begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Der Sachverständige hat auch für den Senat nachvollziehbar und unter Offenlegung seiner Methodik sowie der Herkunft der Quellen angegeben, wie er zu seinen Ergebnissen gelangt ist. Er hat ferner dargelegt, dass es aufgrund der in S.... herrschenden Verhältnisse nicht ausreichend gewesen wäre, - ausschließlich - auf offizielle amtliche Quellen und Statistiken zurückzugreifen. Diese Einschätzung hat er ausführlich begründet (GA S. 14 ff.); sie wird vom Senat geteilt.
b) Es ist auch nicht zu beanstanden, dass der Sachverständige seine Erhebungen in S.... durchgeführt hat. Streitgegenstand ist die Ermittlung des entgangenen Gewinns der Klägerin hinsichtlich des Verkaufs der Impfstoffe und Medikamente in S.... an dort ansässige Großhändler. Eine diesbezügliche Erhebung zu der Frage, zu welchen Preisen die Klägerin ihre Ware in S.... verkauft hätte, kann erfolgversprechend nur vor Ort durchgeführt werden. Die Parteien müssen, da sie gewillt waren, in S.... Geschäfte zu tätigen - für die Beklagte gilt dies jedenfalls mittelbar - mit den dort herrschenden Unwägbarkeiten rechnen und sich nunmehr damit abfinden, dass diese Ausfluss auf die Ermittlung des entgangenen Gewinns haben. Dies bedeutet nicht, dass sich die Parteien ihrer Rechte begeben. Die Anforderungen für die Ermittlung der erforderlichen Feststellungen bleiben weiterhin dem hier geltenden Recht unterworfen.
Selbstverständlich scheidet auch eine Überprüfung der gefundenen Ergebnisse anhand und unter Heranziehung der bei der Klägerin vorhandenen Daten aus. Diese Daten sollten ihrerseits erst - soweit erforderlich - einer unabhängigen Prüfung durch den Sachverständigen unterzogen werden.
c) Es bedarf nicht der Vernehmung von Zeugen zur Ermittlung des entgangenen Gewinns.
aa) Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung der von den Beklagten herangezogenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts. Abgesehen davon, dass die diesen Entscheidungen zugrunde liegenden Sachverhalte mit dem Vorliegenden nicht vergleichbar sind (dort ging es um die Erstellung von Gutachten zur Frage einer Vergleichsmiete in Deutschland), hat das Bundesverfassungsgericht in dem Beschluss vom 11. Oktober 1994 ( NJW 1995, 40, 41 [BVerfG 11.10.1994 - 1 BvR 1398/93]) ausgeführt, dass Abstriche an dem Offenlegungsanspruch der Parteien gerechtfertigt sein können, wenn das Schweigen des Sachverständigen auf anerkennenswerten Gründen beruht und die Nichtverwertung eines Gutachtens zum materiellen Rechtsverlust eines Beteiligten führen würde. Das Gericht könne daher im Interesse eines beweisbelasteten Prozessbeteiligten geringere Anforderungen an die Offenlegung durch den Sachverständigen stellen, wenn die von diesem dafür vorgebrachten Gründe hinreichend gewichtig sind. Allein der Umstand, dass Dritte eine Bekanntgabe von Tatsachen aus ihrer Privatsphäre nicht wünschen und sich der Sachverständige daran gebunden fühle, sei freilich kein ausreichender Grund dafür, das Urteil auf ein solches Gutachten zu stützen. Soweit eine vollständige Offenlegung von Tatsachen aus anerkennenswerten Gründen unterbleibe und auf eine Verwertung des Gutachtens aus überwiegenden Interessen der beweispflichtigen Partei dennoch nicht verzichtet werden könne, müsse das Gericht versuchen, sich Gewissheit zu verschaffen, in welcher Weise der Sachverständige seine Daten erhoben habe. Dies könne im einzelnen Fall für die richterliche Überzeugungsbildung ausreichen.
So liegt der Fall hier. Gemessen an den oben genannten Maßstäben ist der Senat der Auffassung, dass aufgrund der vom Sachverständigen mitgeteilten Tatsachen über die s... Verhältnisse und die Beweggründe der von ihm befragten Personen (ungefähr sechzig) es ausreicht, wenn das Landgericht seine Überzeugungsbildung einzig auf die schriftlichen und mündlichen Ausführungen des Sachverständigen gestützt hat. Der Sachverständige hat in der mündlichen Verhandlung vom 25. November 2004 ausgeführt, dass er den befragten Personen - die teilweise Kontakte mit beiden Seiten gehabt hätten - zugesagt habe, deren Namen nicht preiszugeben. Andernfalls hätte er keine Informationen erhalten. Eine Vielzahl von Personen habe von sich aus erklärt, nicht in ein Gerichtsverfahren verwickelt werden zu wollen. Er - der Sachverständige - habe deswegen, um Vertrauen zu schaffen, die Anonymität der Datenerfassung zugesichert. Einige Probanden seien sogar - nur - zur Preisgabe von Informationen bereit gewesen, wenn ihnen absolute Verschwiegenheit gewährleistet werden würde.
Es kommt hinzu - ohne dass es entscheidend darauf ankäme -, dass die Parteien vor Beginn der Beweisaufnahme auf eine - ihnen angebotene - Begleitung des Sachverständigen verzichtet haben.
bb) Die Situation ist im Übrigen nach Ansicht des Senats vergleichbar mit der einer empirischen Erfassung in Deutschland, bei der sich der Sachverständige in welcher Form auch immer Kenntnisse über den Markt verschafft und das gefundene Ergebnis dem Gericht mitteilt. Unter Umständen verfügt der Sachverständige bereits über die erforderlichen Informationen und muss weitere Ermittlungen nicht mehr durchführen. Vorliegend besaß H.... bei Auftragserteilung noch nicht die erforderlichen Marktkenntnisse. Diese hat er sich durch die Befragungen in S.... verschafft.
d) Der vom Sachverständigen gewählte ganzheitliche Bewertungsansatz ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Der Sachverständige hat nachvollziehbar und mit umfassender Begründung ausgeführt, warum ein monokausaler Ansatz unzweckmäßig ist: Die Beantwortung würde einem zu großen Unsicherheitsfaktor unterliegen. Dies ergebe sich aus den Besonderheiten der Mentalität der Bewohner und den eigenen Strukturen in S....
e) Es ist auch nicht zu beanstanden, dass der Sachverständige den entgangenen Gewinn geschätzt hat. Diese Vorgehensweise bedeutet nicht, dass der Sachverständige sich im Rahmen von § 287 ZPO die Kompetenz des Gerichts anmaßt. Im Übrigen muss nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ( NJW 2001, 1640, 1641 [BGH 06.02.2001 - VI ZR 339/99]) den Prognoseschwierigkeiten, die der Schädiger den Geschädigten gebracht hat, nach den Grundsätzen der §§ 252 BGB, 287 ZPO Rechnung getragen werden.
aa) Bei der Ermittlung des entgangenen Gewinns ergibt sich gerade die Problematik, dass ein solcher nicht mit Sicherheit festzustellen ist. Insoweit bedarf es bei einem selbständig tätigen Geschädigten zwingend einer Schätzung, da nie genau festgestellt werden kann, in welcher Höhe und in welchem Umfang dieser seine Geschäfte, insbesondere mit welchem Erfolg fortgeführt hätte. Zwar geht die Rechtsprechung (BGH a. a. O.) in der Regel davon aus, dass bei der Ermittlung des entgangenen Gewinns von Selbständigen an die zurückliegenden Geschäftsjahre anzuknüpfen sei. Dies trifft aber auf die vorliegende Ausnahmesituation nur bedingt zu. Der Sachverständige hat festgestellt, dass sich das Geschäft in S.... dynamisch entwickelte. Insoweit war es zutreffend, sich auf die unstete und von mehreren Faktoren beeinflusste Marktentwicklung im fraglichen Zeitraum zu stützen, ohne dabei starr an die vorherigen Jahre anzuknüpfen.
bb) Die Kritik der Beklagten hinsichtlich vom Sachverständigen für bestimmte Impfstoffe und Medikamente festgestellten Verkaufspreise (z. B. X....) geht fehl. Der Sachverständige hat im Wesentlichen darauf abgehoben, ob den von der Klägerin gebildeten Verkaufspreisen Glaubwürdigkeit zukommt. Dies hat er durch eine Prüfung sämtlicher Verkaufspreise und ihren Vergleich mit Verkaufspreisen anderer Händler bejaht. Dies ist auch unter Berücksichtigung dessen, dass für einzelne Produkte nur eine geringe Anzahl von Vergleichswerten ermittelt werden konnte (GA S. 145 f., Tab. 8.1), nicht zu beanstanden. Bei Abweichungen zur Konkurrenz, die niedrigere Verkaufspreise angegeben haben, hat H.... diese nachvollziehbar mit der höheren Qualität der von der Klägerin verkauften Produkte erklärt.
f) Der Senat geht - wie bereits das Landgericht - davon aus, dass der Sachverständige ausreichende Anknüpfungstatsachen für die Ermittlung des entgangenen Gewinns ermittelt hat. Dabei dürfte es sich von selbst verstehen, dass für die Ermittlung des entgangenen Gewinns nicht lediglich auf die von der Klägerin erbrachten Planungen oder die bereits vorliegenden Bestellungen Bezug genommen werden kann. Dies würde eine unzureichende Grundlage für die Ermittlung des tatsächlich entgangenen Gewinns bedeuten.
2. Die Einwendungen der Parteien sind zum Teil rechtlich unerheblich.
a) Die Beklagten irren mit ihrer Auffassung, die Feststellungen des Grundurteils würden für den hier streitgegenständlichen Schaden keine Bindungswirkung mehr entfalten. Zwar ist es richtig, dass eine Bindungswirkung nur in dem und für den anhängigen Umfang besteht. Bei einer späteren Klagerweiterung ist der Anspruch dem Grunde nach neu zu prüfen. Die von der Klägerin vorgenommene Erweiterung der Klage bezieht sich jedoch nicht auf die hier streitgegenständlichen Positionen, jedenfalls nicht, soweit eine Erweiterung der Klage nach Verkündung des Grundurteils des Landgerichts Stade am 14. April 2000 vorgenommen worden ist. Mit der Klage wurden für den Zeitraum vom 1. Juli 1996 bis 31. Dezember 1997 (Schriftsatz vom 29. Oktober 1998, Bl. 16 II) für die Pos. I 2 465 867,18 DM sowie für die Pos. II 1 392 200,48 DM und 345 521,71 DM geltend gemacht. Hiervon sind wegen der erklärten Aufrechnung 374 012,87 DM in Abzug gebracht worden. Die mit Schriftsatz vom 30. April 1999, Seite 114 Bd. III vorgenommene Klagerhöhung bezieht sich nicht auf die Positionen I und II. Die Erweiterung mit Schriftsatz vom 18. Oktober 2004, Seite 2 Bd. X, bezieht sich auf den Zeitraum, nämlich nunmehr nicht nur bis zum 31. Dezember 1997, sondern bis zum 31. Dezember 1999.
b) Die Rüge der Aktivlegitimation durch die Beklagten ist unerheblich. Die Aktivlegitimation betrifft den Grund des Anspruchs und ist von der Bindungswirkung umfasst. Mittlerweile hat die Klägerin im übrigen - ohne dass es entscheidend darauf ankäme - eine vom 20. April 1998 datierende, zwischen A.... und ihr getroffene Abtretungsvereinbarung vorgelegt (Bl. 433 XIV).
c) Die Rüge der Klägerin hinsichtlich der von ihr als mangelhaft empfundenen Erörterung der Beweisaufnahme geht fehl.
aa) Zwar hat gem. § 279 Abs. 3 ZPO nach der Beweisaufnahme eine erneute Erörterung des Sach- und Streitstands durch das Gericht zu erfolgen. Die Vorschrift zwingt das Gericht jedoch nicht dazu, das Ergebnis der Beweisaufnahme mit den Parteien zu erörtern. Vielmehr ist es bei dem komplexen Streitstoff vertretbar, wenn das Gericht eine Erörterung nicht unmittelbar durchführen kann. Selbst wenn das Landgericht diese Regelung verletzt hätte, würde es jedenfalls an der Kausalität scheitern. Die Klägerin trägt nicht vor, was sie bei entsprechenden Hinweisen der Kammer über das bereits in dem nachgelassenen Schriftsatz Ausgeführte hinaus noch vorgetragen hätte.
bb) Soweit die Klägerin meint, das Landgericht hätte die streitigen Positionen im Einzelnen noch einmal dahin durchgehen müssen, dass das Gericht erläutern müsse, warum und wo es dem Sachverständigen zu folgen gedenke, welche Beweise die Parteien für ihren Vortrag zu bringen haben bzw. ob es die erbrachten Beweisangebote für zweckmäßig hielte, ist dazu - überspitzt - zu bemerken, dass ein Gericht nicht gehalten ist, das Urteil vor Abfassung und Verkündung mit den Parteien im Einzelnen zu besprechen. Ferner ist nicht ersichtlich, dass es noch irgendwo an einem Beweisantritt gefehlt hätte, da das Landgericht ohnehin (nur) Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens erhoben hat.
cc) Der Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör ist nicht verletzt. Die Klägerin hatte Gelegenheit zur Stellungnahme durch nachgelassenem Schriftsatz, von der sie umfangreich Gebrauch gemacht hat. Auch hier ist nicht vorgetragen, welche Konsequenzen der angebliche Verstoß haben soll.
d) Der Einwand der Klägerin zur Dauer einer Importlizenz ist unbehelflich. Es kann letztlich dahinstehen, ob die Annahme des Sachverständigen, eine Import-lizenz habe auch für insgesamt 18 Monate bewilligt werden können, richtig ist. Selbst wenn sie falsch sein sollte, fehlt es an der erforderlichen Kausalität. Die Klägerin hat eine für sie günstige Konsequenz nicht aufgezeigt. Der Sachverständige bezieht sich bei der Schadensberechnung auf einen Zeitraum von 16,17 Monaten (vgl. GA S. 102, 160).
Eine Relevanz für die Referenzgröße ist nicht ersichtlich. Die Referenzgröße beruht nicht auf der Annahme, dass die Importlizenz für 18 Monate Gültigkeit beansprucht (vgl. GA S. 63, 64).
e) Soweit die Klägerin rügt, der Sachverständige habe im schriftlichen Gutachten die in der mündlichen Verhandlung getätigte Aussage, die Klägerin habe eine lang angelegte Marktstrategie bzgl. der Impfstoffe verfolgt, nicht aufgestellt, ist eine Kausalität nicht gegeben. Eine für die Klägerin günstige Konsequenz ist weder aufgezeigt noch ersichtlich.
f) Es mag sein, dass der Sachverständige nach eigenem Vortrag vereinzelt nur lückenhaft Feststellungen getroffen hat. Es wäre dennoch nicht zu beanstanden, dass das Landgericht dem gefolgt ist. Konsequenzen hat die Klägerin nicht aufgezeigt. Zudem hat sich der Sachverständige trotzdem in der Lage gesehen, eine - fundierte - Schätzung abzugeben.
g) Der von der Klägerin scheinbar aufgezeigte Widerspruch des Sachverständigen bezüglich des Importbedarfs ist von ihm so nicht vorgetragen bzw. nicht protokolliert worden.
h) Das von der Beklagten angesprochene Problem der Umetikettierung und des damit verbundenen Verfälschens von Verfalldaten spielt keine Rolle. Jedenfalls haben die Beklagten relevante Konsequenzen nicht aufgezeigt.
i) Der Hinweis der Beklagten auf die Umregistrierung im September 1997 ist unbehelflich. Welche Konsequenzen hieraus zu ziehen wären im Hinblick auf den bei der Klägerin bis zum 5. November 1997 entgangenen Gewinn, wird von den Beklagten nicht dargestellt. Ob die Waren nach Umregistrierung in diesem Zeitraum noch hätten verkauft werden können, ist nicht mit Substanz dargetan.
j) Die Stellungnahme der Beklagten zu den Inaktivaten wegen des Verlusts der deutschen Registrierungen betrifft nicht den Gegenstand der Berufung.
k) Es kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin im fraglichen Zeitraum an einer mangelnden Zahlungsfähigkeit litt. Jedenfalls behaupten die Beklagten nicht, sie hätten aufgrund dessen den Vertrag gekündigt bzw. eine Belieferung eingestellt. Sie behaupten lediglich, es habe keine Lieferpflicht bestanden. Auch wird eine Kündigung des Vertrages nicht vorgetragen. Zwar äußern die Beklagten, sie hätten einer weiteren Erhöhung der Kreditlinie nicht zugestimmt. Die Bezugnahme auf das Schreiben der Beklagten zu 1 vom 7. August 1997 stützt dies aber gerade nicht. Hiernach war das für die Klägerin gegebene Akkreditiv sicher. Dass es an diesem Akkreditiv Änderungen gegeben hätte oder die Klägerin kein Akkreditiv mehr bei einem weiteren Geschäftsverlauf hätte stellen können, wird von den Beklagten nicht behauptet.
l) Der Einwand der Beklagten bzgl. ihrer Lieferverpflichtung und Lieferfähigkeit ist unbegründet.
Die Beklagte zu 1 war zur Lieferung verpflichtet. Dies gilt unabhängig von den von ihr geschilderten Lieferproblemen. Die Beklagten haben auch nicht aufgezeigt, jedenfalls nicht mit Substanz, dass die vom Sachverständigen angenommenen Mengen von der Beklagten zu 1 in dem streitgegenständlichen Zeitraum nicht hätten hergestellt und geliefert werden können.
Darüber hinaus dürfte dieser Einwand ohnehin den von der Bindungswirkung (s. A) umfassten Grund des Anspruchs betreffen.
m) Der von den Beklagten angesprochene Verlust der T....-Zulassungen betrifft nicht den Gegenstand der Berufung. Die Zulassungen der Inaktivate sind erst lt. Bekanntmachung Nr. 202 PEI vom 6. Juli 1998 erloschen (Replik vom 24. Oktober 1998, S 103, Bd. II).
n) Der Verweis der Beklagten auf die von der Klägerin erhobene Marge von 56 % ist jedenfalls für diese Berufung unerheblich. Ausweislich der Klageschrift hat die Klägerin diese Marge für den - hier nicht streitgegenständlichen - Zeitraum vom 1. Januar 1998 bis 31. Dezember 1999 veranschlagt.
3. Die noch verbleibenden Einwendungen der Parteien sind auch inhaltlich unbegründet. Hierzu gilt - soweit erforderlich - folgendes:
a) Die vom Sachverständigen angenommene Referenzgröße von 35 % begegnet keinen Bedenken. Die Ermittlung der Referenzgröße hat er anschaulich und nachvollziehbar dargestellt. Der Sachverständige hat diese Größe immer wieder beachtet und gegebenenfalls bei wesentlichen Überschreitungen überprüft, so z. B. bei der Annahme einer 1,5 Jahre andauernden Importlizenz. Erhebliche Einwendungen hiergegen sind nicht vorgebracht.
b) Der Einwand der Beklagten zur angeblichen Bevorratung ist unerheblich.
Anhaltspunkte für eine Bevorratung sind vom Sachverständigen nicht festgestellt worden.
c) Dem Sachverständigen ist nicht vorzuwerfen, von zu hohen Tierzahlen ausgegangen zu sein. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Ermittlung des entgangenen Gewinns ist der der letzten mündlichen Verhandlung (Palandt-Heinrichs, BGB, 62. Aufl., § 252 Rn. 6). Es ist gerade bei der Ermittlung des entgangenen Gewinns gem. § 252 BGB möglich, aus einer ex post-Betrachtung heraus die Gegebenheiten besser beurteilen zu können als im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses.
d) Ein Widerspruch des Sachverständigen hinsichtlich der linearen Abnahme des Marktanteils und des sich dynamisch entwickelnden Marktes liegt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht vor. Marktanteil und Markt sind zwei unterschiedliche Größen. Auswirkungen auf die Referenzmenge, die sich auf den Marktanteil, nicht auf den Markt selbst bezieht, sind nicht ersichtlich. Für die Klägerin nachteilige Folgen werden zudem nicht mit Substanz aufgezeigt.
e) Die Rüge der Klägerin in Bezug auf die Feststellung des Sachverständigen, bzgl. der Medikamente habe es sich lediglich um ein Bedarfsgeschäft der Klägerin gehandelt, ist unbegründet. Die hiergegen gerichtete Argumentation baut u. a. darauf auf, dass eine bessere Vorbereitung des Geschäfts an den schwierigen Schmuggelmöglichkeiten gescheitert sei. Dies ist für die Ermittlung legal entgangenen Gewinns irrelevant. Im Übrigen hat der Sachverständige auch insoweit seine Einschätzung eines Marktanteils begründet. Fehler dahin, dass der Sachverständige erhebliche Aspekte nicht berücksichtigt hätte, hat die Klägerin nicht aufgezeigt.
f) Der Einwand der Beklagten, die Klägerin habe Verkaufspreise an Endabnehmer geltend gemacht, ist unbegründet. Die Klägerin hat klargestellt, dass sie die Differenz zwischen den Einkaufspreisen bei der Beklagten und den Verkaufspreisen in S.... bei ihren Kunden/ Großhändlern geltend macht. Ferner hat der Sachverständige in seinem Gutachten (Ziffer 8.2.1., S.139 ff.) deutlich gemacht, dass seine Ermittlungen auf die Erfassung von Großhandelspreisen ausgerichtet waren.
g) Die Klägerin muss sich an ihrer eigenen Einschätzung der Importkosten mit 16 % des Einkaufwertes festhalten lassen. Sie hat in der ersten Instanz auch nach Vorlage des Gutachtens mit Importkosten in dieser Höhe gerechnet. Die Klägerin hat diese - im übrigen zu Gunsten der Beklagten getroffene - Feststellung des Sachverständigen unbeanstandet gelassen (vgl. Bl. 183, Ss vom 25. Oktober 2004, S. 42, Bl. 230 Bd. X). Sie kann sich nunmehr nicht mehr die vom Sachverständigen erwogenen 12 % zu Eigen machen.
h) Die Kritik der Klägerin hinsichtlich der vom Sachverständigen errechneten Prozentzahl der Allgemeinkosten von 11,4 % (Schriftsatz vom 5. September 2005, S.11, Bl. 386 XIV) geht fehl. Soweit die Klägerin die Berechnungsweise des Sachverständigen angreift, die von ihr für einen Zeitraum von 18 Monaten angegebenen Allgemeinkosten nicht auf den Schadenszeitraum von 16,17 Monaten gekürzt zu haben, übersieht sie, dass dann auch der geltend gemachte entgangene Gewinn auf den Schadenszeitraum gekürzt werden müsste, um zu einem sachgerechten Ergebnis zu kommen. Dies hätte aber allenfalls Auswirkung auf die absoluten Zahlen, nicht auf die - gleichbleibende - Relation.
i) Das Landgericht hat dem Sachverständigen zutreffend aufgegeben, den entgangenen Gewinn vor Steuern zu berechnen. Der entgangene Gewinn ist zu versteuern. Dies ergibt sich aus § 24 Ziffer 1 lit. a EStG. Hiernach gehören zu den Einkünften i. S. d. § 2 Abs. 1 EStG Entschädigungen, die als Ersatz für entgangene Einnahmen gewährt werden. Entschädigungen für Wegfall von Einnahmen sind so zu versteuern, wie die Einnahmen zu versteuern gewesen wären (Schmidt-Heinicke, EStG, 23. Aufl., § 4 Rn. 460 Stichwort "Abfindungen"). Auf eventuell in S.... zu zahlende Steuern kommt es nicht an.
j) Der vom Sachverständigen zugrunde gelegte Wechselkurs ist nicht zu beanstanden. Der Sachverständige hat den Kaufkurs (Buying) für jeden innerhalb des Schadenszeitraums liegenden Monat ermittelt und hieraus den Mittelwert gebildet. Sofern die Klägerin auf das gegenüber dem Verkauf zeitlich später liegende Zahlungsziel ihrer Kunden verweist, sagt dies nichts über den tatsächlichen Zeitpunkt der Bezahlung aus.
k) Das von den Beklagten vorgelegte Privatgutachten der P.... vom 18. März 2005 steht dem gerichtlichen Gutachten des Sachverständigen H.... nicht entscheidend entgegen. Das Privatgutachten legt einen anderen, unzutreffenden Ausgangspunkt zugrunde. Es berechnet den entgangenen Gewinn der Klägerin in M...., ohne auf die Eigentümlichkeiten des s.... Marktes abzuheben. Dies ist allerdings, wie sich aus den nachvollziehbaren Ausführungen von H.... ergibt, unbedingte Voraussetzung. Es kann deswegen offen bleiben, ob das Privatgutachten verspätet ist, was allerdings nicht der Fall sein dürfte (vgl. BGH NJW 2003, 1400, 1401 [BGH 19.02.2003 - IV ZR 321/02]).
l) Der den Beklagten nicht nachgelassene Schriftsatz vom 27. September 2005 nach Schluss der mündlichen Verhandlung bietet dem Senat keinen Anlass zur beantragten Wiedereröffnung der Verhandlung gem. § 156 ZPO. Die hierfür erforderlichen Voraussetzungen liegen nicht vor. Im Einzelnen gilt Folgendes:
aa) Die tatsächlich importierte Menge ist vom Sachverständigen bereits berücksichtigt worden. Dies ergibt sich aus einem Vergleich der Anlagen K 18 und 31 mit der vom Sachverständigen eingestellten Anzahl der Impfstoffe bzw. Medikamente. Der Sachverständige hat nur die von der Klägerin als verfallen bezeichnete Menge berücksichtigt (GA S. 156 - 160, Tabellen 8.3 bis 8.8).
bb) Bruttomarge, Zahlungsfähigkeit und Aktivlegitimation sind bereits erschöpfend unter II B 2 n, k und b erörtert.
cc) Die Berechnung der Allgemeinkosten, die relativ zur Höhe des entgangenen Gewinns ansteigen, gereicht den Beklagten jedenfalls nicht zum Nachteil.
dd) Der Einwand zum Schwarzmarktkurs übersieht zunächst, dass sich die vorgetragenen Ausführungen auf US-Dollar und nicht auf D-Mark beziehen. Eine Vergleichbarkeit ist nicht ohne weiteres ersichtlich. Im übrigen zielt der Vortrag der Beklagten zur Abwicklung der Geschäfte auf "offiziellem Weg" ersichtlich ins Blaue und ist überdies auch substanzlos.
ee) Auch die weiteren nicht nachgelassenen Schriftsätze der Klägerin vom 23. und 29. September 2005 und der Beklagten vom 29. September 2005 geben dem Senat keinen Anlass, erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten.
C.
Der Zinsanspruch der Klägerin ist aus den §§ 284 Abs. 1, 286 Abs. 1 BGB a. F., 352 Abs. 1 Satz 1 HGB a. F. begründet, jedoch erst seit dem 12. Mai 1998. Die Klägerin begehrt Zinsen seit Rechtshängigkeit. Da die Klage am 11. Mai 1998 zugestellt wurde, sind Zinsen gemäß § 187 Abs. 1 BGB erst seit dem 12. Mai 1998 zuzusprechen.
D.
Haupt- und Hilfsantrag der Klägerin gemäß § 710 ZPO sind zulässig, jedoch unbegründet.
Voraussetzungen für die Anwendung des § 710 ZPO sind in objektiver Hinsicht ein Leistungshindernis (Unvermögen einer Leistungsfähigkeit oder Leistung nur unter erheblichen Schwierigkeiten) und in subjektiver Hinsicht die Unbilligkeit einer Vollstreckungsaussetzung. Hierfür hat die Klägerin auch im Hinblick auf den letzten Halbsatz des § 710, wonach die Leistung für seine Lebenshaltung oder ihre Erwerbstätigkeit dringend benötigt würde, keinen ausreichenden Vortrag gehalten. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des ohnehin nicht nachgelassenen Schriftsatzes der Klägerin vom 23. September 2005.
Es erschließt sich dem Senat schon nicht, wieso der den Prozess finanzierende und bei einem Erfolg hiervon auch profitierende Finanzierungsagent, die
J.... zur Leistung einer Sicherheit - über den eigenen Erlösanteil hinaus - nicht bereit sein kann. Eine Abklärung der rechtlichen Situation und ggfls. Einholung einer behördlichen Genehmigung kann zumindest versucht werden. Darüber hinaus ist im Hinblick auf die von der Klägerin angeführte beabsichtigte Fortführung der Erwerbstätigkeit nichts Konkretes dargetan. Es werden weder einzelne Geschäfte noch bestimmte Vertriebspartner dargelegt, mit denen bereits zum jetzigen Zeitpunkt oder in der Zukunft näher zum Aufbau der Vertriebszweige verhandelt wird bzw. werden soll.
E.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 97 Abs. 1, 100 Abs. 4, 101 ZPO. Dabei war zu berücksichtigen, dass für das Teilurteil des Senats vom 30. März 2005 weder Gerichts- noch Anwaltsgebühren angefallen sind (vgl.
Gerold/Schmidt/v.Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 16. Aufl., VV 3328 Rn 8).
Die Regelung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO lagen nicht vor.