Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 16.01.2020, Az.: L 8 AY 22/19 B ER
Beschwerde im Eilverfahren gegen die Ablehnung von Leistungen nach dem AsylbLG; Beeinflussung einer Aufenthaltsdauer in der Bundesrepublik; Rechtsmissbräuchliches Verhalten; Von der Rechtsordnung missbilligtes Verhalten
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 16.01.2020
- Aktenzeichen
- L 8 AY 22/19 B ER
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2020, 14542
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Stade - 09.05.2019 - AZ: S 33 AY 6/19 ER
Rechtsgrundlagen
- AsylblG § 2
- § 86b Abs. 2 SGG
- AsylblG § 1a
Redaktioneller Leitsatz
Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten im Sinne einer Beeinflussung einer Aufenthaltsdauer in der Bundesrepublik setzt in objektiver Hinsicht ein unredliches, von der Rechtsordnung missbilligtes Verhalten voraus, das in subjektiver Hinsicht vorsätzlich im Bewusstsein der objektiv möglichen Aufenthaltsbeeinflussung getragen ist.
Tenor:
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Stade vom 9. Mai 2019 aufgehoben. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vom 1.4.2019 bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die Zeiträume vom 1.1. bis 30.6.2019 (Klageverfahren - S 33 AY 9/19 -), 1.7. bis 31.12.2019 (Bescheide vom 1.8. und 10.10.2019) und 1.1. bis 30.6.2020 (Bescheid vom 20.12.2019), längstens jedoch bis zum 30.6.2020, vorläufig Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG i.V.m. dem SGB XII unter Anrechnung bereits für diesen Zeitraum bewilligter Leistungen zu gewähren. Der Antragsgegner hat die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers für beide Instanzen zu erstatten.
Gründe
I.
Der nach § 1a AsylbLG eingeschränkte Leistungen beziehende Antragsteller begehrt im Wege des Eilrechtsschutzes Leistungen nach § 2 AsylbLG.
Der am 6.3.1980 geborene Antragsteller ist somalischer Staatsangehöriger. Er reiste am 19.5.2013 aus Italien kommend nach Deutschland ein. Sein Asylverfahren blieb erfolglos (Bescheid des BAMF vom 16.12.2014; rechtskräftiges Urteil des VG Stade vom 12.2.2016 - 1 A 2259/14 -). Er ist seither vollziehbar ausreisepflichtig und verfügt über eine Duldung, zunächst gemäß § 60a Abs. 2 AufenthG und seit dem 9.9.2019 nach § 60b AufenthG in der seit dem 21.8.2019 geltenden Fassung. Der Antragsgegner - Ausländerbehörde - forderte ihn unter dem 7.7.2016 zur Ausreise bis zum 8.8.2016 auf. Mit Schreiben vom 15.5.2017 forderte er den Antragsteller auf, an der Beschaffung von Identitätspapieren mitzuwirken und alle die Identitätsfeststellung ermöglichenden Unterlagen vorzulegen. Der Antragsteller legte zwei Bescheinigungen der somalischen Botschaft in Berlin vom 6.6.2017 vor. Die eine bescheinigte ihm die somalische Staatsbürgerschaft und nach der anderen konnte die Botschaft dem Antragsteller aus Kapazitätsgründen weder einen Nationalpass noch Passersatzpapiere ausstellen. Der Antragsgegner teilte dem Antragsteller daraufhin Ende Juni 2017 mit, nach Auskunft der somalischen Botschaft würden dort unverzüglich Passersatzpapiere zum Zwecke der freiwilligen Ausreise ausgestellt. Mit E-Mail vom 5.3.2018 teilte der Antragsgegner dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers im Rahmen eines Schriftwechsels zu einer (erfolglos) beantragten Beschäftigungserlaubnis mit, da die vorgelegte Bescheinigung nicht der Praxis der somalischen Botschaft entspreche, werde davon ausgegangen, dass der Antragsteller seinen Mitwirkungspflichten nicht vollumfänglich nachkomme und somit aufenthaltsbeendende Maßnahmen aus von ihm zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden könnten.
Der Antragsgegner gewährte dem Antragsteller ab Juni 2013 Leistungen nach § 3 AsylbLG und ab März 2015 Leistungen nach § 2 AsylbLG (Bescheid vom 23.3.2015 für März 2015 und in den Folgemonaten durch konkludente Bewilligungen mittels Zahlungen, zuletzt im Dezember 2018 i.H.v. 382,94 EUR nach Abzug 32,06 EUR Haushaltsenergiepauschale). Nachdem die Beschaffung von Identitätspapieren nach Aktenlage bis dahin zwischen den Beteiligten "kein Thema" mehr war, hörte der Antragsgegner den Antragsteller mit Schreiben vom 13.12.2018 zu der beabsichtigten Einschränkung der Leistungen nach § 1a Abs. 3 AsylbLG wegen Nichterfüllung seiner Mitwirkungspflicht an. Der Antragsteller legte nochmals die beiden vorgenannten Bescheinigungen der Botschaft vor und rief schließlich am 7.1.2019 im Rahmen einer persönlichen Vorsprache bei der zuständigen Leistungs-Sachbearbeiterin des Antragsgegners die somalische Botschaft in Berlin an, die gegenüber der Sachbearbeiterin erklärte, der Antragsteller werde, wenn er erkläre, dass er freiwillig ausreisen wolle, ein Ausreisedokument erhalten. Der Antragsteller erklärte, er wolle nicht ausreisen. Daraufhin bewilligte der Antragsgegner ihm mit Bescheid vom 7.1.2019 gemäß § 1a Abs. 3 AsylbLG ab dem 1.1.2019 neben Sachleistungen für Unterkunft und Heizung nur noch eingeschränkte (Geld-) Leistungen i.H.v. 143,06 EUR (wiederum nach Abzug von 32,06 EUR für Haushaltsenergie). Den dagegen erhobenen Widerspruch wies er mit Widerspruchsbescheid vom 27.2.2019 zurück. In dem Widerspruchsbescheid holte der Antragsgegner die von § 14 Abs. 1 AsylbLG vorgesehene Befristung der Leistungseinschränkung auf 6 Monate, hier bis zum 30.6.2019, nach und führte zur Begründung im Weiteren aus, der Antragsteller habe keinen Anspruch auf Analogleistungen nach § 2 AsylbLG, weil er die Dauer seines Aufenthalts dadurch rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst habe, dass er sich unter Verstoß gegen § 48 Abs. 3 AufenthG keine Passersatzpapiere beschafft habe, obwohl ihm dies zumutbar gewesen sei. Aus dem gleichen Grund seien auch die Voraussetzungen der Leistungseinschränkung nach § 1a Abs. 3 AsylbLG erfüllt. Da der Antragsteller nicht entsprechend seinen Mitwirkungspflichten bei der Beschaffung von Passersatzpapieren mitwirke, könnten aus von ihm selbst zu vertretenen Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden.
Der Antragsteller hat am 1.4.2019 bei dem Sozialgericht (SG) Stade Klage - S 33 AY 9/19 - erhoben und zugleich beantragt, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm vorläufig bis zum Abschluss des Klageverfahrens Leistungen nach § 2 AsylbLG zu gewähren. Die schlichte Tatsache, dass er nicht freiwillig ausreisen wolle, sei kein selbst zu vertretender Grund dafür, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden könnten. Eine sogenannte Freiwilligkeitserklärung bei der Botschaft dürfe nach dem Urteil des BSG vom 30.10.2013 - B 7 AY 1/12 R - nicht verlangt werden. Ebenso wenig könne es rechtsmissbräuchlich sein, nicht freiwillig ausreisen zu wollen. Der wahre Grund, warum hier aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden könnten, liege darin, dass ohnehin überhaupt keine Abschiebungen nach Somalia stattfänden. Der Antragsgegner hat seine angegriffenen Bescheide verteidigt und nochmals betont, dass der Antragsteller dadurch, dass er erklärt habe, nicht aus der Bundesrepublik ausreisen zu wollen, seine gesetzlich statuierten Mitwirkungspflichten verletzt habe und es selbst zu vertreten habe, das aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden könnten.
Das SG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 9.5.2019 abgelehnt. Der Antragsteller habe keinen Anspruch auf Analogleistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG i. V. m. dem SGB XII, weil er die Dauer seines Aufenthalts in Deutschland rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst habe. In subjektiver Hinsicht handele er vorsätzlich, weil er wisse, dass er ausreisen müsse und könne und auch die erforderlichen Papiere erhielte, wenn er sich zur Ausreise entschlösse. Er verhalte sich auch objektiv sozialwidrig, weil er nicht ausreise und zugleich verhindere, dass die für eine zwangsweise Durchsetzung erforderlichen Papiere ausgestellt werden. Das hier zu bewertende Verhalten des Antragstellers bestehe im Grunde allein darin, dass er nicht bereit sei, freiwillig auszureisen, obwohl er dies könne, und von der Botschaft deshalb auch kein Passersatzpapier ausgestellt werde. Ob eine Nichteinreise allein schon als sozialwidrig angesehen werden könne, sei umstritten. Das BSG habe zumindest die Weigerung, eine Freiwilligkeitserklärung als Voraussetzung für eine Rückreise in das Heimatland abzugeben, nicht als rechtsmissbräuchlich angesehen (Hinweis auf BSG, Urteil vom 17.6.2008 - B 8/9b AY 1/07 R - juris Rn. 31). Dem könne gefolgt werden, soweit die Abgabe einer wahrheitswidrigen Erklärung verlangt würde. Der Auffassung des BSG könne in einer so verstandenen Pauschalität, dass nicht nur die Abgabe einer Freiwilligkeitserklärung, sondern auch die Nichtausreise generell nicht rechtsmissbräuchlich wäre, allerdings nicht zugestimmt werden. Der Antragsteller habe auch keinen Anordnungsanspruch hinsichtlich der Gewährung von Grundleistungen nach § 3 AsylbLG glaubhaft gemacht. Er erfülle nach summarischer Prüfung die Voraussetzungen für eine Leistungseinschränkung gemäß § 1a Abs. 3 AsylbLG. Er sei im Besitz einer Duldung gemäß § 60a AufenthG und damit leistungsberechtigt im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 AsylbLG. Aufenthaltsbeendende Maßnahmen könnten nicht vollzogen werden, weil die erforderlichen Passersatzpapiere nicht vorlägen. Das Fehlen von Passersatzpapieren habe der Antragsteller auch zu vertreten. Wenn eine Mitwirkungshandlung verlangt werde, sei ein Verhalten dann zu vertreten, wenn die Handlung subjektiv und objektiv zumutbar sei und in rechtmäßiger Weise von ihm gefordert werden könne. Es könne von dem Antragsteller zwar nicht verlangt werden, wahrheitswidrig gegenüber der Botschaft die Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise zu erklären, obwohl er gar nicht freiwillig ausreisen wolle. Das Vertretenmüssen knüpfe aber auch hier nicht im engeren Sinne an die Abgabe oder Nichtabgabe der Freiwilligkeitserklärung an, sondern an den fehlenden Ausreisewillen selbst, d. h. an die Motivationslage des Antragstellers.
Der Antragsteller hat am 13.5.2019 Beschwerde gegen den Beschluss eingelegt, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Er bezieht sich auf die Urteile des BSG vom 17.6.2008 - B 8/9b AY 1/07 R - und vom 30.10.2013 - B 7 AY 7/12 R. Soweit das SG meine, es sei nicht rechtsmissbräuchlich, wenn die Abgabe einer wahrheitswidrigen Erklärung verweigert würde, andererseits aber meine, die unterlassene freiwillige Ausreise sei hier als rechtsmissbräuchlich einzuordnen, so erläutere es nicht, wie er denn freiwillig ausreisen solle, ohne eine solche Erklärung abzugeben. Das eine gehe nicht ohne das andere. Dass er nicht freiwillig ausreise, könne kein selbst zu vertretender Grund dafür sein, dass aufenthaltsbeende Maßnahmen nicht vollzogen werden könnten. Denn solche Maßnahmen müssten ja überhaupt nur dann vollzogen werden, wenn jemand nicht freiwillig ausreise. Der Antragsgegner verteidigt den angegriffenen Beschluss. Da der Antragsteller das erforderliche Dokument für die freiwillige Ausreise nicht beantrage, verhindere er zugleich die Ausstellung der für eine zwangsweise Durchsetzung seiner Ausreisepflicht erforderlichen Papiere. Die Beantragung von Passersatzpapieren bei der Somalischen Botschaft in Berlin sei dem Antragsteller zumutbar. Die ausdrückliche Weigerung an der Passbeschaffung mitzuwirken sei in der Rechtsprechung als Rechtsmissbrauch im Sinne von § 2 Abs. 1 AsylbLG anerkannt. Die von ihm geforderte Mitwirkung sei rechtlich zulässig und zumutbar. Seine Rechtsauffassung werde durch die mit Wirkung vom 21.8.2019 eingefügte Vorschrift des § 60b Abs. 3 Nr. 3 AufenthG bestätigt.
Im Laufe des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsgegner dem Antragsteller mit Bescheid vom 1.8.2019 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 10.10.2019 für den Zeitraum vom 1.7. bis 31.12.2019 sowie mit Bescheid vom 20.12.2019 für den Zeitraum vom 1.1. bis 30.6.2020 erneut nach § 1a Abs. 3 AsylbLG eingeschränkte Leistungen bewilligt. Gegen die Bescheide vom 1.8. und 10.10.2019 hat der Antragsteller jeweils Widerspruch eingelegt, über die noch nicht entschieden ist.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere statthaft. Der Beschwerdeausschluss nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 i. V. m. § 144 Abs. 1 SGG greift bei einer hier bestehenden Differenz zwischen den gewährten eingeschränkten Leistungen und den begehrten Analogleistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG in Höhe von mindestens 241,00 EUR monatlich nicht ein (zur Bestimmung des Wertes des Beschwerdegegenstandes der Hauptsache bei laufenden existenzsichernden Leistungen: Senatsbeschluss vom 17.8.2017 - L 8 AY 17/17 B ER - juris Rn. 4).
Die Beschwerde ist auch begründet. Das SG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Unrecht abgelehnt.
Der Eilantrag ist - wie gestellt - als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG statthaft, weil kein Fall von § 86b Abs. 1 SGG vorliegt. Der Antragsteller kann sein Rechtsschutzziel nicht - auch nicht teilweise - durch die gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG i. V. m. § 11 Abs. 4 AsylbLG erreichen, weil der Antragsgegner ihm vor dem Beginn der einschränkten Leistungsgewährung nach § 1a Abs. 3 AsylbLG ab 1.1.2019 lediglich bis einschließlich Dezember 2018 monatsweise durch Bescheid vom 23.3.2015 für März 2015 und dann für die Folgemonate jeweils konkludent durch Überweisung Leistungen nach § 2 AsylbLG bewilligt hat.
Einstweilige Anordnungen sind nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist, dass ein geltend gemachtes Recht gegenüber dem Antragsgegner besteht (Anordnungsanspruch) und der Antragsteller ohne den Erlass der begehrten Anordnung wesentliche Nachteile erleiden würde (Anordnungsgrund). Sowohl die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Sache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs als auch die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO).
Das zwischen den Beteiligten streitige Rechtsverhältnis besteht hier in der angefochtenen Bewilligung von nach § 1a AsylbLG eingeschränkten Leistungen für die Zeit ab Januar 2019. Gegenstand der beim SG anhängigen kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (- S 33 AY 9/19 -) ist der Bescheid des Antragsgegners vom 7.1.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.2.2019 und damit die Leistungsgewährung für den Zeitraum vom 1.1. bis 30.6.2019. Der Antragsgegner hat die zunächst auf Dauer beschiedene Leistungseinschränkung durch Bescheid vom 7.1.2019 ("ab dem 01.01.2019") im Vorverfahren nachträglich auf den Zeitraum bis Ende Juni 2019 befristet. Dies dürfte - auch unter dem Gesichtspunkt des Verbots der reformatio in peius - rechtlich nicht zu beanstanden sein, weil sich die Befristung einer Leistungseinschränkung nicht nachteilig für den Antragsteller darstellt. Die abschließende Prüfung bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten. Die Bewilligung nur eingeschränkter Leistungen (§ 1a AsylbLG) ist im Weiteren durch Bescheide des Antragsgegners vom 1.8. und 10.10.2019 (Zeitraum: 1.7. bis 31.12.2019) und Bescheid vom 20.12.2019 (Zeitraum: 1.1. bis 30.6.2020) erfolgt, wobei dem Senat (nur) bekannt ist, dass der Antragsteller gegen die zuerst genannten Bescheide Widerspruch eingelegt hat. Diese Bescheide werden nach summarischer Prüfung wegen der Befristung der für das erste Halbjahr 2019 ergangenen Entscheidung (s.o.) nicht gem. § 96 SGG Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist auch für das erste Halbjahr 2020 selbst dann möglich, wenn der Antragsteller (noch) keinen Widerspruch gegen den Bescheid vom 20.12.2019 eingelegt haben sollte, weil dieser Bescheid wegen der noch nicht abgelaufenen Widerspruchsfrist noch nicht bestandskräftig ist.
Der Antragsteller hat einen (Anordnungs-) Anspruch auf Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG i. V. m. dem SGB XII glaubhaft gemacht. Er war bis Anfang September 2019 als Inhaber einer Duldung nach § 60a AufenthG gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 4 AsylbLG leistungsberechtigt nach dem AsylbLG. Seither ist er jedenfalls nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG wegen vollziehbarer Ausreisepflicht leistungsberechtigt. Ob § 1 Abs. 1 Nr. 4 AsylbLG entsprechend für Inhaber einer Duldung nach § 60b AufenthG gilt, kann hier dahinstehen.
Die Voraussetzungen einer Leistungseinschränkung nach § 1a AsylbLG liegen nicht vor. Nach § 1a Abs. 3 Satz 1 AsylbLG (in der seit 24.10.2015 geltenden Fassung vom 20.10.2015, zuvor § 1a Nr. 2 AsylbLG) erhalten Leistungsberechtigte nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 und 5 AsylbLG, also vollziehbar ausreisepflichtige Personen mit oder ohne Duldung, bei denen aus von ihnen zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können, Leistungen in entsprechender Anwendung des § 1a Abs. 2 AsylbLG, d. h. nur noch Leistungen zur Deckung ihres Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege. Das gleiche gilt ab dem 21.8.2019 gemäß § 1a Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 2 AsylbLG in der Fassung vom 15.8.2019. Ein leistungsmissbräuchliches Verhalten im Sinne des § 1a Abs. 3 Satz 1 AsylbLG stellt insbesondere der Verstoß gegen die in § 48 Abs. 3 AufenthG normierte Pflicht eines Ausländers ohne gültigen Pass oder Passersatz dar, an der Beschaffung eines Identitätspapiers und der Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit mitzuwirken (BSG, Urteil vom 12.5.2017 - B 7 AY 1/16 R - juris Rn. 15 m.w.N. zu der Vorgängervorschrift des § 1a Nr. 2 AsylbLG a.F.). Nach § 49 Abs.1 AufenthG ist jeder Ausländer verpflichtet, u. a. die von der Vertretung des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, geforderten Erklärungen im Rahmen der Beschaffung von Heimreisedokumenten abzugeben. Diese gesetzliche Mitwirkungspflicht steht allerdings unter dem ausdrücklichen Vorbehalt, dass die geforderte Erklärung mit dem Deutschen Recht in Einklang steht. Eine Anspruchseinschränkung nach § 1a Abs. 3 Satz 1 AsylbLG setzt ferner voraus, dass ein dem Ausländer vorwerfbares Verhalten vorliegt und dieses Verhalten ursächlich für die Nichtvollziehbarkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen ist. Zusätzlich muss ein ernsthaftes Bestreben der Ausländerstelle vorliegen, den Betroffenen in sein Heimatland zurückzuführen (BSG, Urteil vom 12.5.2017, a.a.O., Rn. 18 m.w.N.). Die Ausländerbehörde muss gesetzliche Mitwirkungspflichten z.B. zur Beschaffung von Identitätspapieren (§ 48 Abs. 3 AufenthG) konkret gegenüber dem Betroffenen aktualisiert haben, um aus der mangelnden Mitwirkung negative aufenthaltsrechtliche Folgen ziehen zu können (BVerwG, Urteil vom 26.10.2010 - 1 C 18/09 - juris Rn. 17). Ferner folgt aus § 82 Abs. 3 Satz 1 AufenthG eine Hinweispflicht für die Ausländerbehörde, die in aller Regel über bessere Kontakte und Kenntnisse hinsichtlich der bestehenden Möglichkeiten zur Beschaffung von Heimreisepapieren verfügt (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21.2.2017 - OVG 3 B 14.16 - juris Rn. 24 m.w.N.).
Diese Grundsätze sind auf die Beurteilung eines leistungsrechtlich nach § 1a Abs. 3 AsylbLG relevanten Verhaltens zu übertragen, allerdings mit der Maßgabe einer restriktiven Auslegung bezogen auf eindeutige und nachhaltige Verstöße gegen aufenthaltsrechtliche Mitwirkungspflichten (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 6.6.2019 - L 8 AY 17/19 B ER -; vgl. auch Oppermann, in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 1a AsylbLG, 2. Überarbeitung, Rn. 122; zur restriktiven Auslegung des § 1a AsylbLG alter Fassung schon SG Hildesheim, Beschluss vom 27.12.2012 - S 42 AY 9/12 ER - juris Rn. 4 m.w.N.; SG Hamburg, Beschluss vom 7.8.2014 - S 20 AY 111/10 - juris Rn. 51 m.w.N.).
Davon ausgehend liegen keine von dem Antragsteller zu vertretenen Gründe im Sinne des § 1a Abs. 3 Satz 1 AsylbLG vor, weshalb aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können. Die Weigerung eines Leistungsberechtigten, eine Erklärung abzugeben, er wolle freiwillig in sein Heimatland zurückkehren, erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 1a Abs. 3 Satz 1 AsylbLG (BSG, Urteil vom 30.10.2013 - B 7 AY 7/12 R - juris Rn. 26 ff. zur Vorgängervorschrift des § 1a Nr. 2 AsylbLG a.F.; vgl. auch SG Osnabrück, Beschluss vom 4.9.2019 - S 44 AY 40/19 ER - juris Rn. 37 ff. mit ausführlicher Begründung zur Erforderlichkeit einer Freiwilligkeitserklärung eines somalischen Staatsangehörigen). Die von dem Antragsteller geforderte Freiwilligkeitserklärung steht nicht wie von § 49 Abs. 2 AufenthG gefordert - mit dem Deutschen Recht im Einklang, weil sie von dem Antragsteller, der nicht ausreisen will, ein Verhalten verlangt, dass seine Intimsphäre als unantastbaren Kernbereich des Persönlichkeitsrechts des Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG berührt (vgl. BSG, Urteil vom 30.10.2013, a.a.O. Rn. 26 - 28). Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, Urteil vom 10.11.2009 - 1 C 19/08 , BVerwGE 135, 219 Rn. 14) hat die Ausstellung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG an die Abgabe einer Freiwilligkeitserklärung geknüpft. Die den Entscheidungen zugrundeliegenden Wertungen fallen insoweit auseinander (kritisch deshalb Berlit, jurisPR-SozR 22/2014 Anmerkung 3). Dies lässt sich aber mit der Ausrichtung des AsylbLG auch als Existenzsicherungssystem erklären, wonach vor dem Hintergrund der tatsächlichen Dauer des Aufenthalts andere Wertungen zum Tragen kommen müssen (Krauß in Siefert, AsylbLG, 1. Auflage 2018, § 2 Rn. 48). Soweit das SG mit dem BSG zwar davon ausgeht, dass eine Freiwilligkeitserklärung vom Antragsteller nicht gegen seinen Willen verlangt werden kann, aber (dennoch) entgegen dem Urteil des BSG die Nichtausreise des Antragstellers wegen seines fehlenden Ausreisewillens als von ihm selbst zu vertretenen - die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen hindernden - Grund im Sinne von § 1a Abs. 3 Satz 1 AsylbLG und als rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 2 Abs. 1 AsylbLG bewertet hat, kann dem nicht gefolgt werden. Denn auch dann würde leistungsrechtlich ein nichtvorhandener Wille des Antragstellers sanktioniert, obwohl der fehlende (gegenteilige) Wille verfassungsrechtlich nicht verlangt werden kann. Abgesehen davon vermag der Senat hier nicht das für die streitige Anspruchseinschränkung nach § 1a AsylbLG erforderliche ernsthafte ausländerrechtliche Bestreben des Antragsgegners zu erkennen, den Antragsteller in sein Heimatland zurückzuführen (vgl. hierzu auch BSG, Urteil vom 27.2.2019 - B 7 AY 1/17 R - juris Rn. 27). Er hat den Antragsteller zu keinem Zeitpunkt konkret aufgefordert, die zur Beschaffung von Identitätspapieren erforderliche Freiwilligkeitserklärung gegenüber der somalischen Botschaft abzugeben. Nachdem er den Antragsgegner im Mai 2017 aufgefordert hatte, an der Beschaffung von Identitätspapieren mitzuwirken und alle der Identitätsfeststellung ermöglichenden Unterlagen vorzulegen, und er die vom Antragsteller daraufhin vorgelegten Bescheinigungen der somalischen Botschaft als nicht den Tatsachen entsprechend bewertet hatte, hat er dem Antragsteller Anfang März 2018 im Rahmen eines Schriftwechsels zu einer (erfolglos) beantragten Beschäftigungserlaubnis lediglich mitgeteilt, wegen der nicht der Praxis entsprechenden Bescheinigung der somalischen Botschaft werde davon ausgegangen, dass der Antragsteller seinen Mitwirkungspflichten nicht vollumfänglich nachkomme und somit aufenthaltsbeendende Maßnahmen aus von ihm zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden könnten. Auch danach sind keine auf eine Rückführung des Antragstellers nach Somalia gerichteten ausländerrechtlichen Aktivitäten des Antragsgegners erkennbar. Leistungsrechtlich hörte der Antragsgegner den Antragsteller Mitte Dezember 2018 zu der beabsichtigten Einschränkung seiner Leistungen nach § 1a Abs. 3 AsylbLG wegen Nichterfüllung seiner Mitwirkungspflicht an. Anfang Januar 2019 wurde dann klar, dass die somalische Botschaft ein Ausreisedokument ausstellen würde, wenn der Antragsteller erklärt, freiwillig ausreisen zu wollen. Auch in der Folgezeit hat es jedoch keine ausländerrechtliche Aufforderung des Antragstellers gegeben, die erforderliche Freiwilligkeitserklärung gegenüber der somalischen Botschaft abzugeben. Es erfolgte lediglich die leistungsrechtliche Sanktionierung der Nichtabgabe dieser Erklärung. Durch die Einführung der Vorschrift des § 60b AufenthG über die Duldung für Personen mit ungeklärter Identität mit Wirkung vom 21.8.2019 ergibt sich keine entscheidungserhebliche Änderung. Gemäß § 60b Abs. 2 Satz i.V.m. Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 AufenthG ist es vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländern zur Beschaffung eines Passes oder Passersatzes in der Regel zumutbar, eine Erklärung gegenüber den Behörden des Herkunftsstaates, aus dem Bundesgebiet freiwillig im Rahmen seiner rechtlichen Verpflichtung nach dem deutschem Recht auszureisen, abzugeben, sofern hiervon die Ausstellung des Reisedokuments abhängig gemacht wird. Die in dieser ausländerrechtlichen Regelung zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Wertung ist allerdings wohl nicht entgegen dem bereits zitierten Urteil des BSG vom 30.10.2013 - B 7 AY 7/12 R - im Leistungsrecht des AsylbLG bei der in § 1a genannten Leistungseinschränkung für Leistungsberechtigte, "bei denen aus von ihnen selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können" zu berücksichtigen. Dies kann hier allerdings auch dahinstehen, weil die Nichtabgabe der Freiwilligkeitserklärung nach § 60b Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 AufenthG jedenfalls nur dann als vom Antragsteller selbst zu vertretender (die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen hindernder) Grund angesehen werden könnte, wenn der Antragsteller gemäß § 60b Abs. 3 Satz 2 AufenthG zuvor auf seine Verpflichtung zur Abgabe der Freiwilligkeitserklärung hingewiesen worden ist. Dem ist nicht so. In den die Ausstellung bzw. Verlängerung der Duldung nach § 60b AufenthG begleitenden Schreiben des Antragsgegners vom 9.9.2019 und 9.12.2019 ist der Antragsteller lediglich auf seine Mitwirkungspflichten aus § 48 Abs. 1 und 3 AufenthG hingewiesen und aufgefordert worden, bis zum 17.2.2020 einen gültigen Reisepass oder die Beantragung eines Reisepasses bei der somalischen Botschaft einzureichen. Der Antragsteller hat auch die Erfüllung der weiteren Voraussetzungen eines Anspruchs auf lebensunterhaltssichernde Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG i.V.m. §§ 27 ff. SGB XII glaubhaft gemacht.
Nach § 2 Abs. 1 AsylbLG in der vom 1.3.2015 bis zum 20.8.2019 geltenden Fassung (Gesetz zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes und des Sozialgerichtsgesetzes vom 10.12.2014 - BGBl. I 2014, 2187) ist das SGB XII abweichend von den §§ 3 und 4 sowie 6 bis 7 auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die sich seit 15 Monaten ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhalten und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Die Vorschrift ist zum 21.8.2019 dahin geändert worden, dass nunmehr ein Aufenthalt im Bundesgebiet ohne wesentliche Unterbrechung von 18 Monaten erforderlich ist (Zweites Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht vom 15.8.2019 - BGBl. I 2019, 1294), wobei hier nach § 15 AsylbLG die bisherige Fassung weiter anzuwenden ist.
Abgesehen von der Frage, ob der Antragsteller die Dauer seines Aufenthalts in Deutschland rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst hat, liegen die (sonstigen) Voraussetzungen für einen Anspruch auf lebensunterhaltssichernde Analog-Leistungen vor.
Dem Antragsteller kann nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht vorgeworfen werden, dass er die Dauer seines Aufenthalts rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 2 Abs. 1 AsylbLG selbst beeinflusst hat.
Nach der Rechtsprechung des BSG (grundlegend: Urteil vom 17.6.2008 - B 8/9b AY 1/07 R - juris Rn. 32 ff.) setzt ein rechtsmissbräuchliches Verhalten in diesem Sinne in objektiver Hinsicht ein unredliches, von der Rechtsordnung missbilligtes Verhalten voraus, das in subjektiver Hinsicht vorsätzlich im Bewusstsein der objektiv möglichen Aufenthaltsbeeinflussung getragen ist. Dabei genügt angesichts des Sanktionscharakters des § 2 AsylbLG nicht schon jedes irgendwie zu missbilligende Verhalten. Art, Ausmaß und Folgen der Pflichtverletzung wiegen für den Ausländer sowie über die Regelung des § 2 Abs. 3 AsylbLG (a.F.) für dessen minderjährige Kinder so schwer, dass auch der Pflichtverletzung im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ein erhebliches Gewicht zukommen muss. Daher kann nur ein Verhalten, das unter jeweiliger Berücksichtigung des Einzelfalls, der besonderen Situation eines Ausländers in der Bundesrepublik Deutschland und der besonderen Eigenheiten des AsylbLG unentschuldbar ist (Sozialwidrigkeit), zum Ausschluss von Analog-Leistungen führen. Die Angabe einer falschen Identität stellt einen typischen Fall des Rechtsmissbrauchs dar (BSG, a.a.O., Rn. 34). Auch kann ein Verhalten vor der Einreise in das Bundesgebiet als rechtsmissbräuchlich angesehen werden (BSG, a.a.O., Rn. 40). Eine Beeinflussung der Aufenthaltsdauer liegt regelmäßig schon dann vor, wenn bei generell-abstrakter Betrachtungsweise das rechtsmissbräuchliche Verhalten typischerweise die Aufenthaltsdauer verlängern kann. Eine Ausnahme hiervon ist zu machen, wenn eine etwaige Ausreisepflicht des betroffenen Ausländers unabhängig von seinem Verhalten ohnehin in dem gesamten Zeitraum des Rechtsmissbrauchs nicht hätte vollzogen werden können (BSG, a.a.O., Rn. 44). Die objektive Beweislast für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten trägt der Leistungsträger (Oppermann in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 2 AsylbLG 1. Überarbeitung Rn. 108).
Davon ausgehend ist es überwiegend wahrscheinlich, dass die Nichtabgabe der in Rede stehenden Freiwilligkeitserklärung aus den zuvor bereits ausgeführten Gründen unter besonderer Berücksichtigung des BSG-Urteils vom 30.10.2013 - B 7 AY 7/12 R - kein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Antragstellers im Sinne von § 2 Abs. 1 AsylbLG ist (vgl. auch Krauß, a.a.O., § 2 Rn. 48; Cantzler, Asylbewerberleistungsgesetz, 1. Aufl. 2019, § 2 Rn. 41, S. 117; a.A. Deibel in Hohm, AsylbLG, Stand: Oktober 2018, § 2 Rn. 122). Dass der Antragsteller trotz Ausreisepflicht nicht freiwillig ausreist, ist ebenfalls kein rechtsmissbräuchliches Verhalten (vgl. BSG, Urteil vom 17.6.2008 - B 8/9b AY 1/07 R - juris Rn. 32 ff.).
Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, weil es sich bei den Leistungen nach § 2 AsylbLG um existenzsichernde Leistungen handelt.
In Ausübung des ihm nach § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 938 Abs. 1 ZPO eröffneten Ermessens begrenzt der Senat die einstweilige Anordnung entsprechend dem letzten Bescheid des Antragsgegners vom 20.12.2019 zeitlich bis zum 31.6.2020. Dem Eilrechtsschutzinteresse des Antragstellers, dem aufgrund des Senatsbeschlusses rückwirkend ab dem Eingang seines Eilantrages bei dem SG am 1.4.2019 Leistungen nachzuzahlen sind, ist damit genüge getan. Der Antragsgegner wird nicht übermäßig gebunden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.