Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 19.05.2011, Az.: 32 Ss 32/11
Auswirkungen des Fehlens von Feststellungen zum Wirkstoffgehalt eines Betäubungsmittels im Zusammenhang mit einer Betäubungsmittelstraftat hinsichtlich des Bestands des Schuldspruchs
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 19.05.2011
- Aktenzeichen
- 32 Ss 32/11
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2011, 29757
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2011:0519.32SS32.11.0A
Rechtsgrundlagen
- § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG
- § 29 Abs. 5 BtMG
Fundstelle
- NStZ-RR 2012, 59
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Das Fehlen von Feststellungen zum Wirkstoffgehalt gefährdet den Bestand des Schuldspruchs dann nicht, wenn festgestellt ist, dass es sich tatsächlich um Betäubungsmittel handelt und nach ihrem Bruttogewicht ausgeschlossen werden kann, dass die Grenze zur nicht geringen Menge i.S.d. § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG überschritten ist oder ein Fall des § 29 Abs. 5 BtMG vorliegt.
- 2.
Ist aufgrund des Fehlens von Feststellungen zum Wirkstoffgehalt lediglich der Schuldumfang nicht erkennbar, kann sich dies allein auf den Bestand des Rechtsfolgenausspruchs auswirken. (Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung)
In der Strafsache gegen N. G. , geboren am ... 1986 in C., wohnhaft V. Straße, W., wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte u.a. hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil der 13. kleinen Strafkammer des Landgerichts Verden vom 3. November 2010 in der Sitzung vom 19. Mai 2011, an der teilgenommen haben: Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht ... als Vorsitzender, Richter am Oberlandesgericht ..., Richter am Landgericht ... als beisitzende Richter, Staatsanwalt ... als Beamter der Generalstaatsanwaltschaft, Rechtsanwalt M., W., als Verteidiger, Justizamtsinspektorin ... als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, fürRecht erkannt:
Tenor:
Das angefochtene Urteil wird im Hinblick auf den Freispruch des Angeklagten und im Rechtsfolgenausspruch mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben. In diesem Umfang wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Verden zurückverwiesen.
Gründe
I.
1.
Das Amtsgericht Walsrode verurteilte den Angeklagten am 06.01.2010 wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis sowie wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln und wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.
Das Amtsgericht Walsrode verurteilte den Angeklagten weiter mit Urteil vom 03.03.2010 wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten. Das Amtsgericht hat hierzu festgestellt, dass der Angeklagte im Zeitraum vom 01.01.2009 bis zum 31.05.2009 in drei Fällen Kokain zu jeweils 1 bis 2 g für 75 EUR pro Gramm und in einem weiteren Fall 10 g Marihuana für 100 EUR an den Zeugen P. verkauft hat.
Gegen das Urteil vom 06.01.2010 legte die Staatsanwaltschaft Berufung ein, die sie auf den Rechtsfolgenausspruch mit dem Ziel beschränkte, die Aussetzung der Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung in Wegfall zu bringen.
Gegen das Urteil vom 03.03.2010 hat der Angeklagte Berufung eingelegt. Ziel seines Rechtsmittels war ein Freispruch.
Mit Beschluss vom 29.06.2010 hat das Landgericht beide Berufungsverfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Mit dem angefochtenen Urteil verwarf die 13. kleine Strafkammer des Landgerichts Verden die Revision der Staatsanwaltschaft. Auf die Berufung des Angeklagten hob sie das Urteil vom 03.03.2010 auf und sprach den Angeklagten vom Vorwurf des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in vier Fällen frei.
2.
a) Nach den Feststellungen des Landgerichts lebt der heute 25 Jahre alte Angeklagte, der in Deutschland geboren ist, mit seinen Eltern und vier Geschwistern in W. Der Angeklagte, welcher sowohl über die deutsche als auch über die türkische Staatsangehörigkeit verfügt, hat keinen Schulabschluss erlangt. Von 2007 bis Mitte 2008 arbeitete der Angeklagte als Lagerist, nach zwischenzeitlicher Arbeitslosigkeit arbeitet er seit Mitte 2009 wieder in diesem Beruf. Er verfügt über ein Einkommen von monatlich 900 EUR netto.
b) Der Angeklagte ist seit dem Jahre 2001 mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten. Am 02.08.2001 verurteilte ihn das Amtsgericht Walsrode wegen gemeinschaftlicher räuberischer Erpressung in Tateinheit mit versuchter gemeinschaftlicher räuberischer Erpressung in zwei Fällen und wegen Diebstahls zu vier Wochen Jugendarrest. Im Jahr 2003 wurden zwei Ermittlungsverfahren wegen Bedrohung und wegen Körperverletzung nach§ 45 Abs. 1 JGG eingestellt. Das Amtsgericht Walsrode stellte am 02.06.2003 ein Strafverfahren gegen ihn wegen Bedrohung nach§ 47 JGG ein und legte ihm die Erbringung von Arbeitsleistungen auf. Am 22.07.2004 verurteilte ihn das Amtsgericht Walsrode wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in zwei Fällen zur Erbringung von Arbeitsleistungen. Am 27.01.2005 verurteilte ihn das Amtsgericht Walsrode wegen gefährlicher Körperverletzung, Beleidigung sowie wegen Betruges zu vier Tagen Jugendarrest und belegte ihn mit einer richterlichen Weisung. Am 20.10.2005 verurteilte ihn das Amtsgerichts Walsrode wegen Diebstahls, Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Beleidigung in zwei Fällen, Bedrohung und vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis in drei Fällen zu sechs Monaten Jugendstrafe, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Bewährungszeit musste zweimal, nämlich bis zum 19.04.2010, verlängert werden. Am 01.02.2007 verurteilte ihn das Amtsgericht Walsrode wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen zur Erbringung von Arbeitsleistungen. Am 12.07.2007 verurteilte ihn das Amtsgericht Walsrode wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Bewährungszeit wurde auf vier Jahre festgesetzt.
3.
a) Das Landgericht erachtete die Beschränkung der Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil vom 06.01.2010 auf den Rechtsfolgenausspruch als wirksam und hat daher keine eigenen Feststellungen getroffen, sondern hat seiner Entscheidung die von dem Amtsgericht getroffenen Feststellungen zugrunde gelegt. Diese lauten wie folgt:
"a)
Der Angeklagte ist nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen. Dennoch befuhr der Angeklagte am 22. Juni 2008 gegen 01:18 Uhr mit dem Personenkraftwagen mit dem amtlichen Kennzeichen xxxxxxxxxx die BAB A 7 in Fahrtrichtung Norden und überschritt bei Kilometer 290,840 die Geschwindigkeitsbegrenzung von 100 km/h um 42 km/h. Der Angeklagte führte das Fahrzeug, obwohl ihm bewusst war, dass er die zum Führen von Kraftfahrzeugen benötigte Fahrerlaubnis nicht hatte.
b)
Am 14. November 2008 hielt der Angeklagte sich am Abend gegen 22:15 Uhr in der Spielhalle "L.-P." in der M.straße in W. auf. Die Polizeibeamten S. und Sch. hatten einen Hinweis bekommen, dass der Angeklagte im Besitz von Betäubungsmitteln sei. Sie begaben sich daher in die Spielhalle, sprachen den Angeklagten an und eröffneten ihm den Tatverdacht, im Besitz von Betäubungsmitteln zu sein. Daraufhin begann der Angeklagte zu schreien. Der daraufhin von den Beamten begonnenen körperlichen Durchsuchung widersetzte sich der Angeklagte, sodass die Beamten körperlichen Zwang anwenden mussten. Der Angeklagte schlug mit Händen und Füßen um sich, während der Polizeibeamte S. hinter dem Stuhl des Angeklagten stand und diesen letztendlich von hinten umfasste. Der Angeklagte rückte daraufhin mit diesem Stuhl so heftig nach hinten, dass er den Polizeibeamten S. mit Macht gegen einen an der Wand befindlichen Heizkörper drückte. Hierdurch wurde der Polizeibeamte S. verletzt und erlitt eine Rippenprellung. Nachdem die Polizeibeamten Verstärkung angefordert hatten, gelang es letztendlich dem Angeklagten Handfesseln anzulegen. Der Angeklagte wurde durchsucht und in seiner linken Hosentasche wurden zwei Folienpäckchen in Kugelform mit einmal 2,3 g Marihuana und einmal 2,2 g Marihuana gefunden und sichergestellt."
4.
Das Landgericht hat seiner rechtlichen Würdigung den in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch des Amtsgerichts zugrunde gelegt. Hiernach wurde das festgestellte Verhalten des Angeklagten als vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG, als unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG und als Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung gemäß §§ 113 Abs. 1, 223 Abs. 1, 52 StGB gewertet.
5.
a) Im Rahmen der Strafzumessung hat die Strafkammer hinsichtlich des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis den Strafrahmen aus§ 21 Abs.1 StVG - Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe - und diejenige für den unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln dem Strafrahmen aus § 29 BtMG - Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe - entnommen. Für den Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung ist das Landgericht von dem Strafrahmen des§ 223 StGB - Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe - ausgegangen. Bei der Strafzumessung hat das Landgericht zugunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass dieser die Taten bereits in der ersten Instanz gestanden habe und er sich bei dem verletzten Polizeibeamten entschuldigt und zwischenzeitlich das vereinbarte Schmerzensgeld in Höhe von 250 EUR an diesen auch gezahlt habe. Weiter ist zugunsten des Angeklagten die lange Verfahrensdauer und der Umstand berücksichtigt worden, dass in den letzten zwei Jahren vor der Hauptverhandlung keine neuen Ermittlungsverfahren gegen ihn bekannt geworden sind. Zu Lasten des Angeklagten hat die Strafkammer berücksichtigt, dass dieser bereits mehrfach, darunter auch einschlägig, strafrechtlich in Erscheinung getreten ist und mehrfach wegen Körperverletzungen verurteilt worden ist, wobei das Landgericht ausdrücklich nur die letzte Verurteilung aus dem Jahre 2007 zu einem Jahr Freiheitsstrafe mit Strafaussetzung zur Bewährung erwähnt.
Das Landgericht hat auf Grundlage dieser Strafzumessungserwägungen für das vorsätzliche Fahren ohne Fahrerlaubnis eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen, für den unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen und für den Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten für tat- und schuldangemessen gehalten. Die Höhe eines Tagessatzes hat das Landgericht nicht bestimmt. Aus diesen Einzelstrafen hat die Strafkammer auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten erkannt.
b) Die dem Angeklagten gewährte Aussetzung der Vollstreckung dieser Gesamtfreiheitsstrafe ist von der Strafkammer u.a. damit begründet worden, dass der Angeklagte das Unrecht seines Tuns eingesehen, sich bei dem verletzten Polizeibeamten entschuldigt und an diesen ein Schmerzensgeld gezahlt habe. Da der Angeklagte seit Mitte 2009 ununterbrochen in einem Arbeitsverhältnis stehe, er damit seinen Lebensunterhalt selber verdiene und eine positive Entwicklung des Angeklagten in das Erwachsenenalter zu sehen sei, sei zu erwarten, dass er künftig keine Straftaten mehr begehen werde.
6.
Soweit das Landgericht den Angeklagten vom Vorwurf des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in vier Fällen freigesprochen hat, hat es in seiner dieser Entscheidung zugrunde liegenden Beweiswürdigung ausgeführt, der Angeklagte habe die Tatvorwürfe bereits von Beginn des Ermittlungsverfahrens an bestritten und angegeben, zu keinem Zeitpunkt mit dem Zeugen P. "Geschäfte" gemacht zu haben, insbesondere habe er diesem niemals Betäubungsmittel verkauft. Diese Einlassung habe der Angeklagte auch in der Berufungshauptverhandlung aufrechterhalten. Die Strafkammer vermochte nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Gewissheit festzustellen, dass der Angeklagte die ihm zur Last gelegten Taten tatsächlich begangen hat. Seine bestreitende Einlassung sei dem Angeklagten aufgrund der Angaben des Zeugen P. nicht zu widerlegen. Dieser habe zwar bei seiner Vernehmung im Ermittlungsverfahren noch angegeben, im Zeitraum von Anfang 2009 bis Mitte 2009 von dem Angeklagten im Mai 2009 für 250 EUR 10 g Marihuana und 2 g Kokain bestellt, jedoch lediglich 10 g Marihuana und kein Kokain erhalten zu haben. Im Vorfeld dieses Geschäftes habe er - der Zeuge P. - von dem Angeklagten jedoch etwa drei- bis viermal 1 bis 2 g Kokain für jeweils 75 EUR gekauft. In der Hauptverhandlung habe sich der Zeuge P. jedoch nicht mehr an die Einzelheiten der Betäubungsmittelgeschäfte mit dem Angeklagten erinnern können und hierzu angegeben, er habe wohl "vier- bis sechsmal oder auch zwei- bis dreimal bei dem Angeklagten gekauft". Genau könne er sich aber daran erinnern, dass er dem Angeklagten 250 EUR gegeben und dafür nur 10 g Marihuana bekommen habe. Zur Würdigung der Aussage des Zeugen P. hat die Strafkammer ausgeführt, sie könne insbesondere nicht ausschließen, dass dieser aus Verärgerung den Angeklagten wegen des von diesem für die Kokainlieferung erhaltenen, aber dafür nicht verwendeten und auch nicht zurückgegebenen Geldes zu Unrecht belastet habe. Ob und gegebenenfalls welche weiteren Zeugen zu diesem Tatkomplex in der Berufungshauptverhandlung vernommen worden sind, teilt das angefochtene Urteil nicht mit.
Die Kammer hat auf Grundlage des so festgestellten Beweisergebnisses in Anwendung des Zweifelsgrundsatzes den Angeklagten freigesprochen.
7.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Staatsanwaltschaft, mit der u.a. die Verletzung des § 261 StPO beanstandet wird.
II.
1.
Die Beschränkung der Revision der Staatsanwaltschaft auf den Rechtsfolgenausspruch insgesamt ist zulässig.
Zwar hat das Amtsgericht keine Feststellungen zur Qualität und zum Wirkstoffgehalt des sichergestellten Rauschgiftes getroffen. Auf konkrete Feststellungen zum Wirkstoffgehalt kann bei Verurteilungen von Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz regelmäßig nicht verzichtet werden. Der Wirkstoffgehalt der Drogen hat entscheidenden Einfluss u.a. auf die Beurteilung der Schwere der Tat und den Schuldumfang (vgl. Senat, Beschluss vom 09.09.2010 - 32 Ss 110/10 -; BGH, Urteil vom 03.04.2008 - 3 StR 60/08 -juris; OLG Köln StV 1999, 440 f. -juris). Das Fehlen von Feststellungen zum Wirkstoffgehalt gefährdet jedoch den Bestand des Schuldspruchs dann nicht, wenn - wie hier - festgestellt ist, dass es sich tatsächlich um Betäubungsmittel handelt und nach ihrem Bruttogewicht ausgeschlossen werden kann, dass die Grenze zur nicht geringen Menge i.S.d. § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG überschritten ist oder ein Fall des § 29 Abs. 5 BtMG vorliegt.
Ist aufgrund des Fehlens von Feststellungen zum Wirkstoffgehalt lediglich der Schuldumfang nicht erkennbar, kann sich dies allein auf den Bestand des Rechtsfolgenausspruchs auswirken. Soweit der Senat dies in der Vergangenheit auch anders gesehen hat, hält er daran nicht fest.
2.
Die Begründung des Landgerichts zur Rechtsfolgenentscheidung hält allerdings sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand.
a) Die Erwägungen des Landgerichts zur Strafzumessung sind unvollständig. Zwar ist die Strafzumessung grundsätzlich Sache des Tatrichters. Das Revisionsgericht kann nur eingreifen, wenn die Strafzumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstoßen oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein, so weit löst, dass sie nicht mehr innerhalb des dem Tatrichter eingeräumten Spielraums liegt; eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ist ausgeschlossen (vgl. BGH StraFo 2006, 383 -juris). In Zweifelsfällen muss die Strafzumessung des Tatrichters hingenommen werden. Dies setzt indes voraus, dass die wesentlichen Strafzumessungstatsachen in die Strafzumessung eingestellt und bei der Strafzumessung berücksichtigt worden sind. Dies ist hier insgesamt nicht ausreichend der Fall.
aa) Für die Strafzumessung hinsichtlich des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln hätte es ergänzender Feststellungen zu deren Wirkstoffgehalt bedurft. Bei fehlenden Qualitätsangaben erschließen sich in der Regel weder der objektive Unrechtsgehalt der Tat noch das Maß der persönlichen Schuld des Täters (vgl. BayObLG NStZ-RR 1998, 55 [BayObLG 09.06.1997 - 4 St RR 137/97] -juris). Von genaueren Feststellungen zu dem für den Schuldumfang maßgeblichen Wirkstoffgehalt darf ausnahmsweise nur dann abgesehen werden, wenn auszuschließen ist, dass eine genaue Angabe des Wirkstoffgehalts das Strafmaß beeinflusst (vgl. Körner, BtMG, 6. Aufl., § 29 a Rdnr. 94). Dies kann z.B. der Fall sein, wenn das Gericht lediglich die Mindeststrafe verhängt hat (Körner, § 29 Rdnr. 734 und § 29 a Rdnr. 94). Hier hat das Landgericht allerdings auf eine Einzelstrafe von 90 Tagessätzen erkannt, die oberhalb der Mindeststrafe aus dem Strafrahmen des § 29 Abs. 1 BtMG liegt.
bb) Zudem hat das Landgericht einen weiteren wesentlichen Strafzumessungsgrund unberücksichtigt gelassen. Zwar wertet das angefochtene Urteil zu Lasten des Angeklagten dessen - teilweise auch einschlägige - Vorverurteilungen. Das Urteil gibt auch wieder, dass der Angeklagte im Jahr 2005 wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und anderer Delikte zu einer Jugendstrafe verurteilt worden ist und er im Jahr 2007 wegen gefährlicher Körperverletzung zu einem Jahr Freiheitsstrafe mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt wurde. Die Strafkammer teilt im Rahmen der Feststellungen zu den strafrechtlichen Vorbelastungen mit, dass die Jugendstrafe aus der Verurteilung im Jahr 2005 zur Bewährung ausgesetzt worden und die Bewährungszeit bis zum 19.04.2010 verlängert worden ist. Aus den Erwägungen zur Strafzumessung ist jedoch nicht erkennbar, dass der Umstand, dass der Angeklagte zur Tatzeit auch aufgrund dieses Urteils unter Bewährung stand, bei der Strafzumessung berücksichtigt worden wäre. Die in den Strafzumessungserwägungen enthaltene Formulierung, der Angeklagte sei "durch die laufende Bewährungszeit" beeindruckt, lässt vielmehr besorgen, die Strafkammer habe ihrer Strafzumessung zugrunde gelegt, dass der Angeklagte lediglich aufgrund der Verurteilung aus dem Jahre 2007 unter laufender Bewährung stand und im übrigen aus dem Blick verloren, dass er wegen der Verurteilung aus dem Jahre 2005 und der dort gewährten Strafaussetzung ebenfalls unter Bewährung stand.
cc) Die Kammer hat zudem nicht erwogen, ob bei der Strafzumessung hinsichtlich des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung der Strafrahmen aus § 223 StGB gemäß § 46 a Nr. 1 i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB zu mildern war. Dies wäre indes erforderlich gewesen, weil das Urteil feststellt, dass sich der Angeklagte gegenüber dem Zeugen S., der durch die Tat verletzt worden war, bereiterklärt hat, diesem 250 EUR Schmerzensgeld zu zahlen und dieses Geld auch inzwischen gezahlt hat. Zwar hat die Strafkammer diese Zahlung bei ihrer Strafzumessung zugunsten des Angeklagten berücksichtigt. Indem die Strafkammer es aber unterlassen hat, eine Strafrahmenverschiebung zu prüfen, setzt sie sich nicht mit der vorrangig zu prüfenden (Fischer, StGB, 58. Aufl. § 56 a Rdnr. 6, 12; OLG Nürnberg, Beschluss vom 30.07.2009 - 2 St OLG Ss 121/09 -juris) Regelung in § 46 a StGB auseinander. Der Senat kann hiernach nicht beurteilen, ob die Strafkammer die Voraussetzungen des § 46 a Nr. 1 StGB trotz der erfolgten Zahlung von Schmerzensgeld nicht für erfüllt angesehen oder zu hohe Anforderungen an die Milderungsmöglichkeit nach §§ 46 a Nr. 1, 49 Abs. 1 StGB gestellt hat (vgl. BGH NStZ-RR 2002, 329 -juris).
b) Auch die Erwägungen im Hinblick auf die Aussetzung der Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung sind unvollständig.
Dem Tatrichter kommt bei der Beantwortung der Frage, ob eine Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen ist, weil erwartet werden kann, dass der Angeklagte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzuges keine Straftaten mehr begehen wird (§ 56 Abs. 1 StGB), ein weiter Beurteilungsspielraum zu, in dessen Rahmen das Revisionsgericht jede rechtsfehlerfrei begründete Entscheidung hinzunehmen hat. Ein Eingreifen kommt nur bei Rechts- und Ermessensfehlern in Betracht (vgl. OLG Karlsruhe NStZ-RR 2005, 200 f. -juris).
Die Erwägungen des Landgerichts zur Strafaussetzung sind jedoch - worauf die Staatsanwaltschaft in ihrer Revisionsbegründung zutreffend hinweist - unvollständig, weil die Strafkammer nicht alle für die Prognoseentscheidung bedeutsamen Gesichtspunkte gegeneinander abgewogen hat.
aa) Die die Strafaussetzung tragenden Gründe stellen darauf ab, dass der zur Tatzeit noch 22 Jahre alte Angeklagte das Unrecht seines Tuns eingesehen und zwischenzeitlich bis zum Termin der Berufungshauptverhandlung erkennbar einen Reifeprozess durchlaufen habe. Er sei seit Mitte 2009 ununterbrochen in Arbeit und verdiene seinen Lebensunterhalt selber, diese positive Entwicklung trage die positive Sozialprognose. Die Kammer teilt jedoch nicht mit, auf welche konkreten Tatsachen sie die Annahme der Nachreifung des Angeklagten stützt. Auch der Hinweis der Strafkammer auf den von dem Angeklagten in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindruck trägt die Feststellung dessen Nachreifung nicht, weil nicht mitgeteilt wird, auf welchen konkreten Umständen dieser Eindruck beruht.
bb) Die Strafkammer hat sich zudem bei der Entscheidung über die Strafaussetzung nicht mit den Vorbelastungen des Angeklagten und mit dem Umstand, dass er zur Tatzeit zweifach unter Bewährung stand, auseinandergesetzt. Die fehlende Erörterung dieser gewichtigen Prognosefaktoren stellt einen sachlich-rechtlichen Mangel dar (vgl. Schönke/Schröder-Stree/Kinzig, § 56 Rdnr. 50 m.w.N.).
Bei einem mehrfach und einschlägig vorbestraften Angeklagten setzt eine Strafaussetzung zur Bewährung insbesondere dann eine eingehende Begründung voraus, wenn der Angeklagte zur Tatzeit unter Bewährung gestanden hat. Es sind die Umstände darzulegen, aus denen das Gericht trotz der mit dem Täter bislang gemachten schlechten Erfahrungen die positive Erwartung herleitet (vgl. KG Berlin, Urteil vom 13.12.2006 - 1 Ss 305/06 -juris; Fischer, StGB, 58. Aufl. § 56 Rdnr. 6). Hieran fehlt es.
3.
Auch soweit das Landgericht den Angeklagten vom Vorwurf des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in vier Fällen freigesprochen hat, hält das Urteil sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Die Anforderungen an die Beweiswürdigung sind auch bei einem freisprechenden Urteil nicht geringer als im Falle eines Schuldspruches. Spricht das Tatgericht einen Angeklagten frei, weil es - wie hier - Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist dies durch das Revisionsgericht in der Regel hinzunehmen. Das Revisionsgericht hat insoweit nur zu prüfen, ob die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist bzw. gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 16 m.w.N.; NStZ-RR 2010, 182 f. [BGH 03.03.2010 - 2 StR 427/09] -juris). Hierbei sind die Beweise erschöpfend zu würdigen (vgl. BGHSt 29, 18 ff. -juris).
Diesen Anforderungen wird die dem Freispruch zugrundeliegende Beweiswürdigung nicht gerecht. Die Strafkammer hat nicht sämtliche Umstände, die geeignet sind, die Entscheidung zu Ungunsten des Angeklagten zu beeinflussen, in ihre Überlegungen eingestellt.
a) Das Landgericht hat seine Entscheidung maßgeblich mit der Inkonsistenz der Aussage des Belastungszeugen P. begründet, welcher sich in der Hauptverhandlung nicht mehr genau an die Einzelheiten der Betäubungsmittelgeschäfte mit dem Angeklagten erinnern konnte. Das Landgericht gibt in diesem Zusammenhang die Äußerungen des Zeugen P. in dessen Beschuldigtenvernehmung, mit denen er die dem Angeklagten zur Last gelegten Taten im Einzelnen bekundet hat, wieder und teilt in diesem Zusammenhang mit, der Zeuge P. habe in seiner Beschuldigtenvernehmung den Angeklagten als Verkäufer der Betäubungsmittel bei einer Lichtbildvorlage wiedererkannt. Dem Urteil ist weiter zu entnehmen, dass der dort als "Zeuge" bezeichnete PK Sch. den Zeugen P. am 20.08.2009 als Beschuldigten vernommen hat, und der Zeuge P. im Rahmen dieser Vernehmung den Angeklagten belastet hat.
Das Landgericht teilt jedoch den Inhalt der Bekundungen des offenbar in der Berufungshauptverhandlung vernommenen Zeugen PK Sch. nicht mit. Dies wäre jedoch - wie die Revision zu Recht geltend macht - erforderlich gewesen, weil der Aussage des Zeugen Sch. als Vernehmungsbeamten des Zeugen P. im Hinblick auf die Glaubhaftigkeit von dessen Angaben während seiner damaligen Beschuldigtenvernehmung und etwaige auf die Bekundungen dieses Zeugen gestützte Ermittlungserfolge der Polizei besondere Bedeutung zukommt. Die Strafkammer hätte insbesondere erörtern müssen, ob die Unsicherheit des Zeugen P. hinsichtlich der Anzahl und der zeitlichen Einordnung der Betäubungsmittelkäufe von dem Angeklagten nicht allein auf die seit den Taten verstrichene Zeit bis zur Berufungshauptverhandlung zurückzuführen ist.
b) Darüber hinaus ist die Beweiswürdigung deshalb lückenhaft, weil das Landgericht nicht erörtert, ob die Tatsache, dass bei dem Angeklagten am 14.11.2008 und damit nur 1 1/2 Monate vor dem Beginn des hier in Rede stehenden Tatzeitraumes (01.01.2009 bis 31.05.2009) zwei Folienpäckchen mit 2,3 g und 2,2 g Marihuana aufgefunden und sichergestellt worden sind, als ein Indiz für ein mögliches Handeltreiben des Angeklagten am Tattag gewertet werden kann.
c) Bedenken begegnet schließlich die Argumentation des Landgerichts, der Zeuge P. könne den Angeklagten aus Verärgerung über das von diesem trotz Vorauszahlung nicht gelieferte Kokain zu Unrecht belastet haben. Die Strafkammer setzt sich hiermit nämlich in Widerspruch zu der von ihr nicht in Frage gestellten Einlassung des Angeklagten, er habe mit dem Zeugen P. nie etwas zu tun gehabt, denn die von ihr unterstellte Verärgerung des Zeugen P. setzt gerade einen solchen Kontakt zu dem Angeklagten voraus.
d) Die Strafkammer hätte zudem für eine umfassende Würdigung der Glaubhaftigkeit der Angaben des Zeugen P. Anlass gehabt, dessen Aussageverhalten in der ersten Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht im Urteil darzustellen und zu würdigen. Zudem hätte es sich zur Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Angaben des Zeugen P., der - wie das angefochtene Urteil mitteilt - wegen seiner Beteiligung an den dem Angeklagten zur Last gelegten Taten bereits rechtkräftig verurteilt worden ist, aufgedrängt, nach Beiziehung der diesbezüglichen Strafakten das dortige Aussageverhalten des Zeugen festzustellen und zu würdigen.
e) Die Beweiswürdigung ist darüber hinaus unklar, soweit mitgeteilt wird, dass der Zeuge P. in Übereinstimmung mit seinen Angaben in seiner Beschuldigtenvernehmung auch in der Berufungshauptverhandlung bekundet hat, er könne sich ganz genau daran erinnern, dass er dem Angeklagten 250 EUR gegeben habe und dafür nur 10 g Marihuana zurückbekommen habe. Weshalb die Strafkammer auch diese - hinreichend konkrete - Bekundung des Zeugen P. nicht für glaubhaft erachtet hat, lässt sich der Beweiswürdigung nicht entnehmen.
f) Schließlich lässt das Urteil die - auch bei einem freisprechenden Urteil erforderliche - Gesamtwürdigung der erhobenen Beweise vermissen.
4.
Das Urteil unterlag daher der Aufhebung, soweit der Angeklagte freigesprochen worden ist und, soweit er verurteilt wurde, im Rechtfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen.