Oberlandesgericht Braunschweig
Beschl. v. 02.03.2022, Az.: 4 W 4/22
Rückabwicklung eines mit einem Kraftfahrzeugkaufvertrag verbundenen Verbraucherdarlehensvertrags nach Widerruf; Sofortige Beschwerde gegen einen Aussetzungsbeschluss; Zuwarten auf ein Ergebnis einer in einem fremden Verfahren eingeleiteten Vorlage an den EuGH
Bibliographie
- Gericht
- OLG Braunschweig
- Datum
- 02.03.2022
- Aktenzeichen
- 4 W 4/22
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2022, 13542
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGBS:2022:0302.4W4.22.00
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Braunschweig - 15.12.2021
Rechtsgrundlagen
- § 148 ZPO
- § 252 ZPO
- § 458a Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO
- § 348a Abs. 3 ZPO
- § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO
- § 568 S. 2 Nr. 2 ZPO
- Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG
- AEUV Art. 267
- § 348a Abs. 1 Nr. 2 ZPO
Fundstellen
- FA 2022, 154
- MDR 2022, 1050-1051
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Wird ein Rechtsstreit gemäß § 148 ZPO in entsprechender Anwendung ausgesetzt, um das Ergebnis einer in einem fremden Verfahren eingeleiteten EuGH-Vorlage abzuwarten, so ist diese Aussetzungsentscheidung gemäß § 252 ZPO mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar.
- 2.
In einem solchen Falle ist der Prüfungsmaßstab des Beschwerdegerichts ob der originären Sachentscheidungskompetenz des Instanzgerichts beschränkt. Er erstreckt sich grundsätzlich lediglich auf die formelle Entscheidungserheblichkeit des fremden Vorlageverfahrens für das ausgesetzte Verfahren sowie die Prüfung von Ermessensfehlern.
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Aussetzungsbeschluss des Landgerichts Braunschweig vom 15. Dezember 2021 wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Mit Klageschrift vom 7. Januar 2021 nimmt die Klägerin die Beklagte auf Rückabwicklung eines mit einem Kraftfahrzeugkaufvertrag verbundenen Verbraucherdarlehensvertrages nach Widerruf in Anspruch.
Die Klägerin als Darlehensnehmerin schloss - vermittelt durch ein Autohaus - mit der Beklagten als Darlehensgeberin am 1. Oktober 2015 einen Verbraucherdarlehensvertrag mit einer Laufzeit von 24 Monaten über einen Nettodarlehensbetrag in Höhe von 5.503,35 Euro. Das Darlehen diente der Teil-Finanzierung des Kaufs eines privat genutzten gebrauchten VW Polo zu einem Kaufpreis in Höhe von 12.280,00 Euro sowie der Finanzierung des Beitrages für eine Restschuldversicherung. Den von dem Autohaus zur Verfügung gestellten Vertragsunterlagen waren eine Widerrufsinformation sowie die Darlehensbedingungen der Beklagten beigefügt, wobei wegen der Einzelheiten auf den Darlehensantrag vom 1. Oktober 2015 (Anlage K1) Bezug genommen wird. Die Beklagte kehrte die Darlehensvaluta an das verkaufende Autohaus aus. Die Klägerin erbrachte an dieses vereinbarungsgemäß eine Anzahlung in Höhe von 7.000,00 Euro und leistete in der Folge die vereinbarten Zins- und Tilgungsraten an die Beklagte. Nach vollständiger Erfüllung des Darlehensvertrages im Oktober 2017 übertrug die Beklagte das Sicherungseigentum an dem zu finanzierenden Fahrzeug auf die Klägerin.
Mit Schreiben vom 19. Mai 2020 widerrief diese ihre auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung. Sie vertritt die Ansicht, dass ihr bei Abschluss des Darlehensvertrages nicht sämtliche Pflichtangaben ordnungsgemäß mitgeteilt worden seien, sodass die Widerrufsfrist nicht in Lauf gesetzt worden sei.
Die Beklagte meint demgegenüber, dass die Klägerin im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben über ihr Widerrufsrecht belehrt worden sei. Ein etwaiges Widerrufsrecht der Klägerin sei jedenfalls verwirkt.
Durch Beschluss vom 29. Oktober 2021 hat der Kammervorsitzende darauf hingewiesen, dass nach derzeitiger Einschätzung der Kammer fraglich sein dürfte, ob nach der Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 9. September 2021 - verbundene Rechtssachen C-33/20, C-155/20 und C-187/20 - die Annahme ausgeschlossen sei, dass die Ausübung des Widerrufsrechts eines Verbrauchers gemäß Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48 (hier: § 495 Abs. 1, § 355 BGB) durch innerstaatliches Recht (hier: § 242 BGB) beschränkt werden könne, welches - aufgrund einer umfassenden Bewertung der Umstände des Einzelfalles festgestelltes - rechtsmissbräuchliches Verhalten einer Partei (so auch eine unzulässige Rechtsausübung wegen illoyal verspäteter Geltendmachung eines Rechts) verbiete.
Zwar sei nach der Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48 dahin auszulegen, dass es dem Kreditgeber verwehrt sei, sich gegenüber der Ausübung des Widerrufsrechts auf den Einwand der Verwirkung zu berufen, wenn eine der in Art. 14 Abs. 2 dieser Richtlinie vorgesehenen zwingenden Angaben nicht richtig mitgeteilt worden sei, unabhängig davon, ob der Verbraucher von seinem Widerrufsrecht Kenntnis gehabt habe, ohne dass er diese Unkenntnis zu vertreten habe (EuGH, a.a.O., Rn. 113 ff.). Allerdings könnte - was die denkbare Eindeutigkeit der Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union in Zweifel ziehe - zu berücksichtigen sein, dass die dem Gerichtshof vorgelegten Ausgangsverfahren keine Feststellungen enthielten, die - nämlich mangels Umstandsmoments - den Tatbestand der Verwirkung im Sinne der Rechtsprechung (auch) des Bundesgerichtshofes (unter Hinweis auf BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15 -, Rn. 37 ff., juris) erfüllten. In den Entscheidungsgründen des Urteils werde unter "rechtlicher Rahmen" und "Deutsches Recht" die Norm des § 242 BGB nicht genannt.
Außerdem - dies entspreche sowohl der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts als auch des Gerichtshofes der Europäischen Union - verstoße es nicht gegen Gemeinschaftsrecht, wenn (nationale) Gerichte eine innerstaatliche (allgemeine) Rechtsvorschrift anwendeten, um zu beurteilen, ob in innerstaatliches Recht umgesetztes Gemeinschaftsrecht im Einzelfall missbräuchlich ausgeübt werde. Dass rechtsmissbräuchliches Verhalten für die so handelnde Partei keine günstigen Rechtsfolgen zeitigen könne, sei daher eine anerkannte grundlegende Wertvorstellung sowohl im Unionsrecht als auch im deutschen Zivilrecht.
Daher erwäge die Kammer, den Rechtsstreit im Hinblick auf den (Vorlage-) Beschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 12. Oktober 2021 - 6 U 715/19 -, juris, in analoger Anwendung des § 148 ZPO bis zur Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union über die - auch in dem Rechtsstreit der Parteien relevanten - Vorlagefragen auszusetzen.
Der Beschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 12. Oktober 2021 - 6 U 715/19 -, juris, enthält unter anderem folgende Vorlagefragen:
a) Ist Art. 14 der Richtlinie 2008/48 dahin auszulegen, dass das Widerrufsrecht des Verbrauchers nicht mehr besteht, wenn der Kreditvertrag von beiden Parteien vollständig erfüllt worden ist?
b) Falls Frage a) verneint wird:
Steht Art. 14 der Richtlinie 2008/48 einer Regelung im nationalen Recht eines Mitgliedstaates entgegen, die dazu führt, dass das Widerrufsrecht des Verbrauchers nicht mehr ausgeübt werden kann, wenn der Kreditvertrag von beiden Parteien vollständig erfüllt worden ist?
Das Vorabentscheidungsverfahren ist beim Gerichtshof der Europäischen Union unter dem Aktenzeichen C-630/21 anhängig.
Die Beklagte hat die in Aussicht gestellte Aussetzung des Verfahrens befürwortet, die Klägerin hat sich ihr mit Schriftsatz vom 8. Dezember 2021 mit der Begründung entgegengestellt, dass der Gerichtshof der Europäischen Union die Vorlagefragen der in Bezug genommenen Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart in seinem Urteil vom 9. September 2021 - C-33/20 u.a. - bereits beantwortet habe, was das Oberlandesgericht Stuttgart verkannt habe. Das Urteil des Gerichtshofes vom 9. September 2021 sei dahingehend eindeutig, dass Rechtsmissbrauch und Verwirkung ausscheiden müssten, solange der Darlehensgeber nicht sämtliche Pflichtangaben erteilt habe. Für eine Aussetzung des Rechtsstreites bestehe daher kein Rechtsgrund. Es läge darin sogar eine Verletzung des Beschleunigungsgrundsatzes, was zugleich einen geeigneten Umstand darstelle, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit zu rechtfertigen.
Durch Beschluss vom 15. Dezember 2021 hat die Kammer die Entscheidung des Rechtsstreits gemäß § 348a Abs. 1 ZPO auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.
Ebenfalls durch Beschluss vom 15. Dezember 2021 hat das Landgericht - der Einzelrichter - die Verhandlung bis zur Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union über das Vorabentscheidungsersuchen des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 12. Oktober 2021 - 6 U 715/19 - ausgesetzt.
Zur Begründung führt es aus, dass eine Verhandlung in entsprechender Anwendung von § 148 ZPO ausgesetzt werden könne, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von der Beantwortung derselben Frage(n) abhänge, die bereits in einem anderen Rechtsstreit dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung nach Art. 267 AEUV vorgelegt worden sei. Diese Voraussetzungen lägen hier mit Blick auf das Vorabentscheidungsersuchen des Oberlandesgerichts Stuttgart vor. Die dort gestellten Vorlagefragen seien für den vorliegenden Rechtsstreit entscheidungserheblich und - wie bereits in dem Beschluss vom 29. Oktober 2021 dargelegt - noch nicht durch die Entscheidung des Gerichtshofes vom 9. September 2021 beantwortet. Da eine Vorlage auch dieses Verfahrens an den Gerichtshof der Europäischen Union nicht zu einer schnelleren Beantwortung der maßgeblichen Rechtsfrage(n) führen würde, halte es die Kammer für angemessen, die Verhandlung bis zur Entscheidung über die Vorlagefragen des Oberlandesgerichts Stuttgart auszusetzen.
Gegen diesen ihr am 22. Dezember 2021 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 5. Januar 2022 sofortige Beschwerde eingelegt mit der Begründung, dass die Voraussetzungen des § 148 ZPO nicht vorlägen. Die in Bezug genommenen Vorlagefragen des Oberlandesgerichts Stuttgart seien durch den Gerichtshof der Europäischen Union bereits in seinem Urteil vom 9. September 2021 - C-33/20 u.a. - "unmissverständlich" beantwortet worden.
Das Landgericht Braunschweig hat der sofortigen Beschwerde durch Beschluss vom 18. Januar 2022 nicht abgeholfen und die Akten dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die zulässige Beschwerde der Klägerin vom 5. Januar 2022 gegen den Aussetzungsbeschluss des Landgerichts Braunschweig vom 15. Dezember 2021 ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
1.
Über die sofortige Beschwerde entscheidet der Senat in der nach dem Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung mit drei Berufsrichtern einschließlich des Vorsitzenden (§ 122 Abs. 1 GVG), nachdem die Berichterstatterin als originäre Einzelrichterin die Sache dem Senat durch Beschluss vom 25. Februar 2022 gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO wegen grundsätzlicher Bedeutung zur Entscheidung übertragen hat.
2.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig.
a)
Gegen den Aussetzungsbeschluss in entsprechender Anwendung des § 148 ZPO mit Blick auf ein Parallel-Vorlagefahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung gemäß Art. 267 AEUV ist die sofortige Beschwerde gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO in Verbindung mit § 252 ZPO statthaft (zum Ganzen bereits OLG Braunschweig, Beschluss vom 14. Februar 2022 - 4 W 16/21 -, Rn. 29-41, juris).
Nach § 252 ZPO findet gegen die Entscheidung, durch die auf Grund der Vorschriften des entsprechenden Titels oder auf Grund anderer gesetzlicher Bestimmungen die Aussetzung des Verfahrens angeordnet oder abgelehnt wird, die sofortige Beschwerde statt.
Zwar ist nach herrschender Auffassung § 252 ZPO einschränkend dahin auszulegen, dass eine sofortige Beschwerde nicht statthaft ist, soweit das Gericht das Verfahren in Verbindung mit einer eigenen Vorlageentscheidung an ein höheres Gericht ausgesetzt hat (OLG Köln, Beschluss vom 13. Mai 1977 - 6 W 80/76 -, Rn. 22 ff., juris; OLG Celle, Beschluss vom 10. Oktober 2008 - 9 W 78/08 -, Rn. 1, juris; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 6. Oktober 2014 - 4 W 33/14 -, Rn. 13 ff., juris; OLG Stuttgart, Beschluss vom 21. Oktober 2020 - 6 W 53/20 -, Rn. 9, juris; MüKoZPO/Stackmann, 6. Aufl. 2020, ZPO § 252 Rn. 17; BeckOK ZPO/Jaspersen, 43. Ed. 01.12.2021, ZPO § 252 Rn. 4; Zöller/Greger, Zivilprozessordnung, 34. Aufl. 2022, § 252 ZPO Rn. 2).
Begründet wird dies zum einen damit, dass die Anfechtbarkeit einer solchen Entscheidung den Sinn und Zweck des § 252 ZPO verfehlte. Denn die Möglichkeit der Überprüfbarkeit einer Aussetzungsentscheidung gemäß § 252 ZPO diene dazu, einem (unberechtigten) Verfahrensstillstand entgegenzutreten. Durch die Vorlage einer Auslegungsfrage im Vorabentscheidungsverfahren gemäß Art. 267 AEUV trete ein solcher jedoch nicht ein, da das Vorabentscheidungsverfahren - wenn auch in einem weiteren Sinne - als Teil des Zivilprozesses anzusehen sei (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 6. Oktober 2014 - 4 W 33/14 -, Rn. 14, juris; OLG Köln, Beschluss vom 13. Mai 1977 - 6 W 80/76 -, Rn. 26, juris; Musielak/Voit/Stadler, 18. Aufl. 2021, ZPO § 252 Rn. 1; kritisch: Pfeiffer, NJW 1994, 1996 [1998 ff.]). Zum anderen würde die Überprüfbarkeit einer solchen Aussetzungsentscheidung den allgemeinen prozessrechtlichen Grundsatz verletzen, dass Instanzgerichte ihre Sachentscheidung ohne Steuerung und Einflussnahme von außen treffen dürften und müssten (OLG Köln, Beschluss vom 13. Mai 1977 - 6 W 80/76 -, Rn. 31 ff., juris). Erachtete man nun jedoch eine Anfechtbarkeit als statthaft, liefe dies auf eine von der gesetzlichen Ermächtigung nicht gedeckte Überprüfung der Vorlageentscheidung und -kompetenz des aussetzenden und vorlegenden Gerichts durch das Beschwerdegericht hinaus. Denn die Aussetzungsentscheidung sei untrennbar mit der Vorlageentscheidung verbunden (BeckOK ZPO/Jaspersen, 43. Ed. 01.12.2021, ZPO § 252 Rn. 4; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 6. Oktober 2014 - 4 W 33/14 -, Rn. 14 f., juris).
Ob diese Ausnahme - wie im vorliegenden Fall - auch dann gilt, wenn das Verfahren mit Blick auf eine bereits erfolgte Vorlage in einem anderen Verfahren ausgesetzt wird, mithin die Aussetzung nicht mit einer eigenen Vorlage verbunden wird, ist streitig (vgl. dazu - offen lassend -: OLG Celle, Beschluss vom 14. März 2016 - 13 W 3/16 (Kart) -, Rn. 3 f. m.w.N., juris; dagegen: Zöller/Greger, Zivilprozessordnung, 34. Aufl. 2022, § 252 ZPO Rn. 2; BeckOK ZPO/Jaspersen, 43. Ed. 01.12.2021, ZPO § 252 Rn. 4; dafür: OLG Celle, Beschluss vom 10. Oktober 2008 - 9 W 78/08 -, Rn. 3, juris; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 6. Oktober 2014 - 4 W 33/14 -, Rn. 16 ff., juris).
Aus Sicht des Senats streiten die besseren Argumente für die Anfechtbarkeit von solchen Aussetzungsbeschlüssen, die nicht mit einer eigenen Vorlage des aussetzenden Gerichts an den Gerichtshof der Europäischen Union verbunden sind.
Weil § 252 ZPO nach seinem Wortlaut uneingeschränkt für jede Art der Aussetzungsentscheidung aufgrund gesetzlicher Bestimmungen gilt, einschließlich der Aussetzung nach § 148 ZPO in entsprechender Anwendung in Verbindung mit Art. 267 AEUV, ist gerade begründungsbedürftig, warum der Anwendungsbereich der Norm für die Aussetzung ohne eigene Vorlage teleologisch zu reduzieren sein soll (vgl. zu diesem Gedanken Pfeiffer, NJW 1994, 1996 [1998]). In diesem Lichte ist folgerichtig die Übertragbarkeit der für die Unanfechtbarkeit eines mit einem eigenen Vorlagebeschluss verbundenen Aussetzungsbeschlusses vorgebrachten Argumentation auf die hier zur Entscheidung anstehende Konstellation einer kritischen Würdigung zu unterziehen.
Einem Vergleich mit der hier gegebenen Fallgestaltung halten die dort angeführten Gesichtspunkte zur Überzeugung des Senats nicht stand.
Zwar wird gegen die Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde in der hier zur Entscheidung anstehenden Konstellation angeführt, dass sich - auch aus Sicht der Parteien - für den Verfahrensablauf kein Unterschied zu der Situation ergebe, in der das Gericht die Aussetzung mit einer eigenen - unanfechtbaren - Vorlageentscheidung verbindet (OLG Celle, Beschluss vom 10. Oktober 2008 - 9 W 78/08 -, Rn. 3, juris; dem folgend: Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 6. Oktober 2014 - 4 W 33/14 -, Rn. 18, juris). Dem stehe nicht entgegen, dass es bei der Aussetzung wegen der Vorlage eines anderen Verfahrens an der Identität mit der Vorlageentscheidung fehle (wie Greger in Zöller, Zivilprozessordnung, 34. Aufl. 2022, § 252 ZPO Rn. 2). Denn auch insoweit gehe es letztlich darum, dem Beschwerdegericht eine Überprüfungskompetenz dahingehend einzuräumen, ob das Gericht dem Gerichtshof der Europäischen Union die der Aussetzung zugrundeliegende Frage hätte vorlegen dürfen (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 6. Oktober 2014 - 4 W 33/14 -, Rn. 18, juris).
Dieser Argumentation ist noch insoweit zuzustimmen, als die Entscheidungskompetenz des aussetzenden Gerichts mit Blick auf die Erforderlichkeit einer Vorlage im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens grundsätzlich unangetastet bleiben muss. Dies führt aus Sicht des Senats jedoch nicht dazu, dass bei Anfechtbarkeit einer isolierten Aussetzungsentscheidung mit Blick auf ein fremdes Vorlageverfahren der Sinn und Zweck des § 252 ZPO verfehlt würde. Nur dies könnte aber eine teleologische Reduktion rechtfertigen.
Bei der isolierten Aussetzungsentscheidung ist es nicht so, dass das fremde Vorlageverfahren in Wahrheit Teil des auszusetzenden Zivilprozesses sei. Dies stellt sich auch für die Parteien so dar. Denn diese werden durch die isolierte Aussetzungsentscheidung vielmehr mit einem "fremden" Vorlageverfahren konfrontiert, das Auswirkungen auf die rechtliche Beurteilung des von ihnen unterbreiteten Sachverhalts zeitigen soll, gegebenenfalls sogar ohne Rücksicht darauf, ob sie sich selbst darauf berufen haben.
Richtig ist zwar, dass das aussetzende Gericht im Falle der Bezugnahme auf ein fremdes Vorlageverfahren nichts anderes zum Ausdruck bringt, als die Einschätzung, dass in dem Falle, in dem es das fremde Vorlageverfahren nicht gäbe, selbst gehalten wäre, ein Vorabentscheidungsverfahren durchzuführen (so auch Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 6. Oktober 2014 - 4 W 33/14 -, Rn. 18, juris). Jedoch ist die Entscheidung, mit einer eigenen Vorlageentscheidung hervorzutreten, mit deutlich mehr Begründungsaufwand verbunden, als diejenige, die sich lediglich auf eine andere Entscheidung beruft und so die Erkenntnisse eines fremden Vorlageverfahrens für den eigenen Prozess fruchtbar macht. Für eine Anfechtbarkeit in diesen Fällen spricht denn auch das berechtigte Rechtsschutz-Bedürfnis der Parteien, die insoweit "nur" mit einem fremden Vorlageverfahren konfrontiert werden. Ihr berechtigtes Anliegen besteht in diesen Fällen deshalb darin, überprüfen zu lassen, ob überhaupt eine entscheidungserhebliche Vorlagefrage in der "Parallelsache" vorliegt und deshalb eine Aussetzung gerechtfertigt ist (vgl. hierzu auch BeckOK ZPO/Jaspersen, 43. Ed. 01.12.2021, ZPO § 252 Rn. 4). Schließlich wird das Abwarten auf die fremde Vorlageentscheidung, auf welche die Parteien selbst keinerlei Einfluss haben, für sie absehbar mit einer nicht unerheblichen Verzögerung des eigenen Rechtsstreits verbunden sein (vgl. Pfeiffer, NJW 1994, 1996 [1999 f.]).
Die grundsätzliche Überprüfbarkeit einer so die Dispositionsfreiheit der Parteien tangierenden isolierten Aussetzungsentscheidung entspricht gerade dem Zweck des § 252 ZPO. Erst recht verbietet sich deshalb eine teleologische Reduktion dieser Norm. Dem Gebot der grundsätzlichen Nichtüberprüfbarkeit der eigenen Vorlagekompetenz des aussetzenden Gerichts (ohne eigene Vorlage) kann auch bei einer isolierten Aussetzungsentscheidung mit Blick auf eine Vorlage in einem anderen Verfahren durch Anwendung eines dies berücksichtigenden begrenzten Prüfungsmaßstabes des Beschwerdegerichts Rechnung getragen werden.
b)
Die sofortige Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere formgerecht innerhalb der Zwei-Wochen-Notfrist des § 569 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ZPO eingelegt worden.
3.
Die sofortige Beschwerde erweist sich jedoch als unbegründet.
Hierbei ist der der Prüfungsmaßstab des Beschwerdegerichts auf der Tatbestandsseite der Aussetzungsnorm umfassend (BeckOK ZPO/Jaspersen, 43. Ed. 01.12.2021, ZPO § 252 Rn. 7). Das Beschwerdegericht prüft uneingeschränkt, ob ein Aussetzungsgrund gegeben ist (BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2005 - II ZB 30/04 -, Rn. 6, juris; OLG Hamm, Beschluss vom 20. April 2021 - I-4 W 17/21 -, Rn. 5, juris) und damit die tatbestandliche Voraussetzung für die Ausübung des Ermessens vorliegt (KG Berlin, Beschluss vom 6. Dezember 2007 - 12 W 83/07 -, Rn. 7, juris).
Auf der Rechtsfolgenseite hingegen verengt sich der Prüfungsmaßstab auf die Kontrolle von Ermessensfehlern (BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2005 - II ZB 30/04 -, Rn. 6, juris). Dem Beschwerdegericht ist es daher verwehrt, sein eigenes Ermessen an die Stelle des dem Erstgericht eingeräumten Ermessens zu setzen (KG Berlin, Beschluss vom 6. Dezember 2007 - 12 W 83/07 -, Rn. 6, juris).
Auf dieser Grundlage ist unter Beachtung eines eingeschränkten Prüfungsmaßstabes des Beschwerdegerichts ein Aussetzungsgrund gegeben (a). Ermessensfehler sind nicht erkennbar (b).
Zwar ist in der Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter gemäß § 348a Abs. 1 ZPO nach dem erfolgten Hinweis auf die Möglichkeit der Aussetzung in entsprechender Anwendung von § 148 ZPO ein Verfahrensfehler zu erblicken. Dieser führt jedoch nicht zur Aufhebung der Aussetzungsentscheidung (c).
a)
Ein Aussetzungsgrund ist gegeben, weil die Voraussetzungen des § 148 ZPO in entsprechender Anwendung vorliegen.
Das Landgericht hat den bei ihm anhängigen Rechtsstreit mit Blick auf den Vorlagebeschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 12. Oktober 2021 - 6 U 715/19 - ausgesetzt, weil es der Ansicht ist, dass die Beantwortung der von dem Oberlandesgericht Stuttgart gestellten Vorlagefragen durch den Gerichtshof der Europäischen Union für den zur Entscheidung anstehenden Rechtsstreit vorgreiflich sei.
aa)
Die entsprechende Anwendung des § 148 ZPO ist in einer solchen Konstellation nach einhelliger Auffassung grundsätzlich zulässig, wenn die betreffende entscheidungserhebliche Frage bereits in einem anderen Verfahren vorgelegt wurde (BGH, Beschluss vom 24. Januar 2012 - VIII ZR 236/10 -, Rn. 9, juris; BGH, Beschluss vom 14. Mai 2014 - VII ZR 102/12 -, Rn. 7 m.w.N., juris; KG Berlin, Beschluss vom 7. November 2012 - 6 W 136/12 -, Rn. 3, juris; Zöller/Greger, Zivilprozessordnung, 34. Aufl. 2022, § 148 ZPO Rn. 3b m.w.N.).
bb)
Die Entscheidungserheblichkeit der von dem Oberlandesgericht Stuttgart gestellten Vorlagefragen für den von dem Landgericht Braunschweig zu entscheidenden Rechtsstreit ist zu bejahen.
(1)
Das Landgericht stuft den ihm zur Entscheidung unterbreiteten Sachverhalt, in dem der Widerruf erst nach vollständiger Erfüllung des Darlehensvertrages erklärt wurde, als Verwirkungsfall ein und musste sich daher die Frage stellen, ob es die aus § 242 BGB hergeleitete Rechtsfigur der Verwirkung nach dem Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 9. September 2021 - C-33/20 u.a. - noch zur Anwendung bringen kann.
Die Vorlagefragen des Oberlandesgerichts Stuttgart befassen sich mit ebendieser Konstellation, in der die Widerrufserklärung erst nach Beendigung des Darlehensvertrages erfolgt.
Mit der Vorlage des Oberlandesgerichts Stuttgart verbindet das Landgericht die Erwartung, dass trotz der Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 9. September 2021 doch noch eine Klarstellung dergestalt erfolgen könnte, dass für das Rechtsinstitut der Verwirkung im Falle von vollständig erfüllten Verbraucherdarlehensverträgen ein Anwendungsbereich verbleibt.
Dies ist nicht zu beanstanden.
Es ist dem Beschwerdegericht im Rahmen des § 252 ZPO grundsätzlich verwehrt, die Beurteilung der Sach- und Rechtslage durch das Erstgericht zu überprüfen, denn diese Prüfung ist dem Rechtsmittel gegen die spätere Sachentscheidung vorbehalten (Zöller/Greger, Zivilprozessordnung, 34. Aufl. 2022, § 252 ZPO Rn. 5, unter Hinweis u.a. auf OLG Düsseldorf, Beschluss vom 3. November 1997 - 13 W 51/97 -, Rn. 7, juris = OLGR Düsseldorf 98, 83, und OLG Celle, Beschluss vom 27. Mai 1975 - 2 W 16/75 -, NJW 1975, 2208 [2208]; a.A. MüKoZPO/Stackmann, 6. Aufl. 2020, ZPO § 252 Rn. 18, der meint, dass das Beschwerdegericht bei der rechtlichen Prüfung, ob ein Aussetzungsgrund gegeben sei, keinen Beschränkungen unterworfen sei).
Für diese eingeschränkte Prüfungsdichte des Beschwerdegerichts spricht der bereits im Rahmen der Statthaftigkeits-Prüfung erwähnte prozessrechtliche Grundsatz der Selbständigkeit des Instanzgerichtes, wonach die materiell-rechtliche Beurteilung des zur Entscheidung unterbreiteten Sachverhaltes in den originären Verantwortungsbereich des aussetzenden Gerichts fällt, in den einzugreifen dem im Wege des § 252 ZPO angerufenen Beschwerdegericht nicht ansteht (OLG Celle, Beschluss vom 27. Mai 1975 - 2 W 16/75 -, NJW 1975, 2208 [2208]).
Vor diesem Hintergrund hat der Senat "einzig und allein die formellen Voraussetzungen des § 148 ZPO [zu prüfen], also ob das ' Verfahren' auf der vom Prozeßgericht mitgeteilten materiellen Grundlage vorgreiflich ist" (OLG Celle, Beschluss vom 27. Mai 1975 - 2 W 16/75 -, NJW 1975, 2208 [2208]; ebenso: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 3. November 1997 - 13 W 51/97 -, Rn. 7, juris).
Ob darüber hinausgehend dem Beschwerdegericht gar eine Vertretbarkeitskontrolle hinsichtlich der rechtlichen Würdigung durch das aussetzende Gericht gestattet ist (so neuerdings OLG München, Beschluss vom 27. Januar 2022 - 8 W 1818/21 -, Rn. 32 ff., juris), kann vorliegend dahinstehen.
Denn selbst unter Anlage eines solchen Maßstabes wäre die rechtliche Würdigung des Landgerichts dahingehend, Verwirkungsfragen für entscheidungserheblich zu halten, keineswegs zu beanstanden.
In vorliegender Konstellation, in welcher der Widerruf von dem Verbraucher erst zu einem Zeitpunkt erklärt wird, in dem der Verbraucherdarlehensvertrag beiderseits beendet ist und die Sicherheiten zurückübertragen wurden, von der Begründetheit des von dem Darlehensgeber erhobenen Verwirkungseinwandes auszugehen, und zwar unabhängig von der etwaigen Fehlerhaftigkeit der Widerrufsinformation oder der Frage nach einer Nachbelehrung, entsprach - vorbehaltlich der Prüfung der Umstände des Einzelfalles - bis zum Ergehen der Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 9. September 2021 - C-33/20 u.a. - (zu damit verbundenen Folge-Erheblichkeitsfragen sogleich) - der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und der Obergerichte (vgl. nur BGH, Urteile vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, BGHZ 211, 105, Rn. 40, juris, und XI ZR 564/15, BGHZ 211, 123, Rn. 37, juris; BGH, Urteil vom 11. Oktober 2016 - XI ZR 482/15 -, BGHZ 212, 207, Rn. 30, juris; BGH, Urteil vom 14. März 2017 - XI ZR 442/16 -, Rn. 27, juris; BGH, Beschluss vom 23. Januar 2018 - XI ZR 298/17 -, Rn. 9, juris; BGH, Urteil vom 16. Oktober 2018 - XI ZR 69/18 -, Rn. 12, juris; BGH, Urteil vom 18. Februar 2020 - XI ZR 25/19 -, Rn. 12, juris) und ist damit vertretbar.
(2)
Mit Blick auf die von dem Landgericht zugrunde gelegte materielle Rechtslage erweist sich das von dem Oberlandesgericht Stuttgart durch Beschluss vom 12. Oktober 2021 - 6 U 715/19 - eingeleitete Vorabentscheidungsverfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Union als vorgreiflich.
(a)
Eine formelle Entscheidungserheblichkeit, die sich allein auf die Prüfung erstreckt, ob die Vorlagefragen des Parallel-Vorlageverfahrens zu der Begründung passen, die das aussetzende Gericht für seine Aussetzungsentscheidung liefert (so bereits OLG Braunschweig, Beschluss vom 14. Februar 2022 - 4 W 16/21 -, Rn. 63, juris), liegt vor.
Das Oberlandesgericht Stuttgart möchte wissen, ob sich die Frage des Widerrufsrechts bei einem von beiden Parteien vollständig erfüllten Kreditvertrag überhaupt noch stellt, und wenn ja, ob es unter Berücksichtigung der von ihm zusammengetragenen Argumente für solcherart erfüllte Darlehensverträge einen verbleibenden Anwendungsbereich für den Einwand der Verwirkung im nationalen Recht geben kann.
Das Landgericht erachtet den Einwand der Verwirkung wie dargestellt als einschlägig, sieht sich aber an einer entsprechenden Entscheidung wegen möglicherweise entgegenstehender Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union gehindert. Es erhofft sich von dem Parallel-Vorlageverfahren eine Klärung dahingehend, dass das Widerrufsrecht bei beendeten Darlehensverträgen als von vornherein ausgeschlossen oder jedenfalls verwirkbar angesehen werden kann.
(b)
Die Prüfung einer weitergehenden, in diesem Sinne materiellen Entscheidungserheblichkeit ist dem Senat ob des eingeschränkten Prüfungsmaßstabes grundsätzlich verwehrt. Die materielle Entscheidungserheblichkeit, genauer: die materielle Abhängigkeit, meint hierbei die Prüfung des Beschwerdegerichts dahingehend, ob das Parallel-Vorlageverfahren in der Sache tatsächlich dazu geeignet ist, eine Frage zu beantworten, die für das ausgesetzte Verfahren entscheidungserheblich ist (so bereits OLG Braunschweig, Beschluss vom 14. Februar 2022 - 4 W 16/21 -, Rn. 66, juris).
Zwar kann die materielle Entscheidungserheblichkeit der konkreten Vorlagefragen für das ausgesetzte Verfahren hier durchaus bezweifelt werden, nachdem der Gerichtshof die Vorlagefragen in seiner Entscheidung vom 9. September 2021 bereits erschöpfend beantwortet haben dürfte (vgl. ausführlich OLG Braunschweig, Beschluss vom 14. Februar 2022 - 4 W 16/21 -, Rn. 67 ff., juris).
Insbesondere ist auch für die hier in Rede stehende Konstellation festzustellen, dass dem Vorabentscheidungsverfahren, das zu dem Urteil des Gerichtshofes vom 9. September 2021 führte, unter anderem ein Sachverhalt zugrunde lag, der dem hier zur Entscheidung anstehenden Sachverhalt entspricht (LG Ravensburg, EuGH-Vorlage vom 5. März 2020 - 2 O 328/19, 2 O 280/19, 2 O 334/19 -, Rn. 18, juris): "Die Klägerin zahlte die vereinbarten Raten regelmäßig und löste das Darlehen mit der letzten Rate vom 03.08.2016 vollständig ab. Mit Schreiben vom 25.04.2019 widerrief die Klägerin ihre auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung [...]" (vgl. ebenso: EuGH, Urteil vom 9. September 2021 - C-33/20, C-155/20 und C-187/20 -, Rn. 42, juris).
Dennoch ist es dem Senat im vorliegenden Fall verwehrt, seine eigenen Erwägungen an die Stelle derjenigen des Ausgangsgerichts zu setzen. Denn unter Berücksichtigung eines nur eingeschränkten Prüfungsmaßstabs hinsichtlich der instanzgerichtlichen Einschätzung der Sach- und Rechtslage, welche in dessen originärem Verantwortungsbereich zu verorten ist, könnte sich eine solche Prüfung der materiellen Entscheidungserheblichkeit durch das Beschwerdegericht allenfalls auf eine Unvertretbarkeits- bzw. Willkürkontrolle beschränken (in diese Richtung bereits: OLG Celle, Beschluss vom 14. März 2016 - 13 W 3/16 (Kart) -, Rn. 20 und Rn. 31, juris).
Diese äußerste Grenze ist trotz bestehender Zweifel jedoch keinesfalls überschritten.
Der Vorlagebeschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 12. Oktober 2021 - 6 U 715/19 - stellt sich weder für sich genommen als völlig unverständlich noch in der Gesamtschau als solitäre "Ausnahme"-Entscheidung dar. So hatte selbst der Bundesgerichtshof in einer vergleichbaren Konstellation auf die Nichtzulassungsbeschwerde die Revision gegen den Beschluss des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 12. März 2021 - 6 U 553/20 -, juris, mit der Begründung zugelassen, dass eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchstabe b und Abs. 3 AEUV in Betracht komme (BGH, Beschluss vom 11. Oktober 2021 - XI ZR 196/21 -, juris). Mit Ende Februar 2022 veröffentlichtem Beschluss vom 31. Januar 2022 hat der Bundesgerichtshof nunmehr selbst dieses Verfahren sowie weitere sechs dort anhängige Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV die - wenn auch anderslautende - Frage vorgelegt, ob Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48/EG dahin auszulegen sei, dass es den nationalen Gerichten nicht verwehrt sei, im Einzelfall bei Vorliegen besonderer, über den bloßen Zeitablauf hinausgehender Umstände die Berufung des Verbrauchers auf sein wirksam ausgeübtes Widerrufsrecht als missbräuchlich oder betrügerisch zu bewerten mit der Folge, dass ihm die vorteilhaften Rechtsfolgen des Widerrufs versagt werden könnten (BGH, EuGH-Vorlage vom 31. Januar 2022 - XI ZR 113/21 -, juris, Hervorhebung durch den Senat).
b)
Ermessensfehler bei der Aussetzungsentscheidung sind nicht ersichtlich.
So hat sich das Landgericht bei der Aussetzungsentscheidung insbesondere nicht von sachfremden Erwägungen leiten lassen. Ganz im Gegenteil hat es deutlich gemacht, dass es sich angesichts der von ihm angenommenen Auslegungszweifel betreffend die Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 9. September 2021 nicht in einen Widerspruch zu dessen Rechtsprechung setzen möchte.
Bei der hier gegebenen Sachlage, in der das Landgericht daran zweifelt, den Verwirkungseinwand angesichts der möglicherweise in diesem Bereich vollharmonisierenden Wirkungen der Verbraucherkreditrichtlinie noch für durchgreifend erachten zu können, bleibt ihm letztendlich auch nichts anderes übrig, als den Gerichtshof entweder selbst im Wege der Vorabentscheidung anzurufen oder aber das Ergebnis des - aus seiner Sicht folgerichtig - einschlägigen, von dem Oberlandesgerichts Stuttgart durch Beschluss vom 12. Oktober 2021 eingeleiteten Vorabentscheidungsverfahrens abzuwarten.
Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass das Landgericht als nicht-letztinstanzliches Gericht gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht zu einer eigenen Vorlage verpflichtet wäre. Denn ohne die eigene Vorlage bzw. das Zuwarten auf das Ergebnis des aus seiner Sicht einschlägigen Parallel-Vorlageverfahrens wäre das Landgericht dazu gezwungen, die Auslegungszweifel betreffend die Entscheidung des Gerichtshofes vom 9. September 2021 auszublenden und in der Folge entweder im Sinne der Verwirkung zu entscheiden (und damit gegebenenfalls mehr oder weniger "sehenden Auges" gegen Unionsrecht zu verstoßen) oder andererseits gegen seine Überzeugung zu entscheiden, indem es die Verwirkung außer Betracht lässt. Beides kann nicht von ihm verlangt werden.
c)
Dass die Kammer die Entscheidung des Rechtsstreits bei der hier gegebenen Sachlage gemäß § 348a Abs. 1 ZPO auf den Einzelrichter übertragen hat, ist zwar verfahrensfehlerhaft. Dies hat jedoch nicht die Aufhebung der Aussetzungsentscheidung zur Folge.
aa)
Der Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter stand vorliegend die Grundsatzbedeutung der Sache entgegen.
Nach § 348a Abs. 1 ZPO kommt die Übertragung einer Kammersache auf den Einzelrichter neben anderen Voraussetzungen nur dann in Betracht, wenn die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, § 348a Abs. 1 Nr. 2 ZPO.
Dies war hier wegen der von der Kammer so beurteilten Vorlagebedürftigkeit jedoch der Fall.
In dem Moment, in dem die Kammer zu der Überzeugung gelangte, dass auch angesichts der Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 9. September 2021 noch Fragen offen seien und insofern eine eigene Vorlage bzw. ein Zuwarten auf das Ergebnis eines Parallel-Vorlageverfahrens erforderlich sei, erlangte der Rechtsstreit eine Bedeutung, die über eine Entscheidung des Einzelfalles hinausgeht (vgl. MüKoZPO/Stackmann, 6. Aufl. 2020, ZPO § 348 Rn. 15; BeckOK ZPO/Fischer, 43. Ed. 01.09.2021, ZPO § 348 Rn. 46).
So geht auch der Bundesgerichtshof davon aus, dass der Einzelrichter im Falle der Einleitung eines eigenen Vorabentscheidungsverfahrens den Weg der Kammervorlage gemäß § 348a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO beschreiten muss (BGH, Beschluss vom 11. Februar 2020 - XI ZR 648/18 -, Rn. 48, juris; BGH, Beschluss vom 31. März 2020 - XI ZR 198/19 -, Rn. 15, juris; in diese Richtung auch OLG Stuttgart, Beschluss vom 28. September 2020 - 6 W 48/20 -, Rn. 13 f., juris; a.A. Zöller/Greger, Zivilprozessordnung, 34. Aufl. 2022, § 348a ZPO Rn. 8; Piekenbrock, GPR 2020, 240 [245]).
bb)
Dieser Verfahrensfehler führt jedoch nicht zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.
Denn nach § 348a Abs. 3 ZPO kann auf die erfolgte Übertragung ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.
Eine Ausnahme von der gesetzlich vorgesehenen Unanfechtbarkeit kommt nur unter den engen Voraussetzungen der Willkür in Betracht, da in einem solchen Falle eine Verletzung des Anspruchs auf den gesetzlichen Richter und damit ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG gegeben wäre (BGH, Urteil vom 12. Dezember 2006 - VI ZR 4/06 -, BGHZ 170, 180-182, Rn. 5, juris) und erst dadurch die Grenze von einem unanfechtbaren Verstoß gegen eine Vorschrift des einfachen Rechts zur Verfassungswidrigkeit überschritten wird (BeckOK ZPO/Fischer, 43. Ed. 01.09.2021, ZPO § 348 Rn. 58).
So kommt die Annahme der Verletzung der verfassungsrechtlich verbürgten Garantie des gesetzlichen Richters dann in Betracht, "wenn das Gericht Bedeutung und Tragweite von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG grundlegend verkannt hat" (BVerfG, stattgebender Kammerbeschluss vom 2. Juni 2009 - 1 BvR 2295/08 -, Rn. 21, juris), etwa dann, wenn sich aus der Entscheidung oder aus dem Verfahrensverlauf Anhaltspunkte dafür ergeben, dass sich dem Gericht die Notwendigkeit etwa einer Vorlage, zum Beispiel wegen eines Hinweises durch eine Partei, aufdrängen musste (BVerfG, stattgebender Kammerbeschluss vom 2. Juni 2009 - 1 BvR 2295/08 -, Rn. 21, juris).
Dass die Kammer die Entscheidung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter übertragen hat, erweist sich vorliegend nicht als völlig unvertretbar und damit willkürlich.
Zum einen hat die Kammer zeitlich nach Ergehen des Hinweisbeschlusses vom 29. Oktober 2021 die Übertragung auf den Einzelrichter beschlossen, war sich also als Kollegialorgan, dem die Entscheidung von Rechtsfragen mit grundsätzlicher Bedeutung obliegt, über den zu erwartenden weiteren Verfahrensverlauf bewusst. Mit dem Erlass des Übertragungsbeschlusses vom 15. Dezember 2021 musste sich die Kammer unter anderem die Frage vorlegen, ob der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 348a Abs. 1 Nr. 2 ZPO zuwächst, und hat diese Frage offenbar verneint.
Weder dem der Übertragung vorangehenden Hinweisbeschluss noch dem angefochtenen Beschluss selbst kann jedenfalls explizit entnommen werden, dass die Kammer als Kollegialorgan und später der Einzelrichter der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beigemessen hätten.
In diesem Punkt unterscheidet sich die angefochtene Entscheidung wesentlich von den Fällen, in denen der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung wegen objektiv greifbarer Willkür eine Verletzung der Garantie des gesetzlichen Richters annimmt und in der Konsequenz die Anfechtbarkeit solcher Entscheidungen ausnahmsweise bejaht. Hierbei handelt es sich um Fälle, in denen der originäre Einzelrichter eine etwa nach § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO wegen grundsätzlicher Bedeutung gebotene Vorlage an das Kollegium unterlässt, in derselben Entscheidung jedoch die Rechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zulässt (BeckOK ZPO/Wulf, 43. Ed. 01.12.2021, ZPO § 568 Rn. 11 m.w.N.). Denn in diesen Fällen verneint und bejaht der Einzelrichter in ein- und derselben Entscheidung ein- und dieselbe Vorfrage, was sich angesichts dieser offenen Unvereinbarkeit und angesichts der Einheit der Entscheidung als objektiv willkürlich darstellt (BGH, Beschluss vom 13. März 2003 - IX ZB 134/02 -, Rn. 7, juris).
III.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
Das durch die Aussetzungsentscheidung ausgelöste Beschwerdeverfahren stellt sich als Bestandteil des Hauptverfahrens dar (BGH, Beschluss vom 9. März 2021 - II ZB 16/20 -, Rn. 23, juris; BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2005 - II ZB 30/04 -, Rn. 12, juris).
IV.
Die Rechtsbeschwerde war zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, § 574 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.