Oberlandesgericht Braunschweig
Beschl. v. 31.03.2022, Az.: 8 U 96/20
Beginn der Verjährung von Schadensersatzansprüchen des Bauherrn gegen den Architekten
Bibliographie
- Gericht
- OLG Braunschweig
- Datum
- 31.03.2022
- Aktenzeichen
- 8 U 96/20
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2022, 69680
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Göttingen - 26.11.2020 - AZ: 8 O 188/18
Rechtsgrundlagen
- § 631 Abs. 1 BGB
- § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB
Redaktioneller Leitsatz
1. Maßgeblicher Zeitpunkt für den Beginn der Verjährung von Ansprüchen des Bauherrn gegen den Architekten ist der Zeitpunkt der Abnahme der Architektenleistungen.
2. Ist auch die Leistungsphase 9 beauftragt worden, so ist das Architektenwerk insgesamt erst vollendet, wenn auch diese Leistungen erbracht sind.
3. Dieser Zeitpunkt ist für den Verjährungsbeginn hinsichtlich der Leistungsphasen 1-8 jedoch nicht maßgeblich, wenn die Vertragsparteien insoweit aufgrund einer entsprechenden Vereinbarung eine Teilabnahme vorgenommen haben.
In dem Rechtsstreit
Stadt G., vertreten durch den Oberbürgermeister R.-G. K., ......,
Klägerin und Berufungsklägerin,
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwältin H. M.-E., ....,
Geschäftszeichen: ......
gegen
....... GmbH, vertreten durch die Geschäftsführer C. Sch. und A. B., .....,
Beklagte und Berufungsbeklagte,
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte K. Rechtsanwälte, ....,
Geschäftszeichen: ....
hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht X, die Richterin am Oberlandesgericht Y und die Richterin am Oberlandesgericht Z am 31. März 2022 beschlossen:
Tenor:
Der Senat weist darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Göttingen vom 26.11.2020 - Az.: 8 O 188/18 - durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 bis 4 ZPO liegen vor. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten, weil sie erkennbar nicht zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts beitragen würde.
Gründe
A.
I.
Ein etwaiger Anspruch auf Schadenersatz in Form eines Kostenvorschusses zur Beseitigung von Mängeln bei der Bauüberwachung ist verjährt.
1.
Das Landgericht ist - was auch von der Klägerin mit der Berufung nicht mehr angegriffen wird - zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass ein etwaiger Anspruch der Klägerin gemäß § 634 a Abs.1 Nr.2 BGB grundsätzlich der 5-jährigen Verjährungsfrist unterliegt.
2.
Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht weiter festgestellt, dass diese Verjährungsfrist zum Zeitpunkt der Klageerhebung im Jahr 2018 bereits abgelaufen war. Im Einzelnen:
a.
Maßgebender Zeitpunkt für den Beginn der Verjährung von Ansprüchen des Bau-herrn gegen den Architekten ist der Zeitpunkt der Abnahme der Architekten-leistungen (vgl. Werner/Pastor, Der Bauprozess, 17. Aufl. 2020, Kapitel 12, Rdn. 2851) oder der endgültigen Abnahmeverweigerung (vgl. BGH, Urteil vom 30. 09. 1999 - VII ZR 162/97 - NJW 2000, 133 f.).
Die Beklagte hat die Klägerin mit Schreiben vom 22.02.2011 unter Hinweis darauf angeschrieben, dass zugleich mit der Schlussrechnung die Leistungen gemäß Architektenvertrag vom 23.03./11.06.2009 bis einschließlich Leistungsphase 8 sowie die hierzu vereinbarten Besonderen Leistungen und Nebenleistungen abgeschlossen seien und unter Übersendung des Abnahmeformulars um Abnahme gebeten. Das Abnahmeformular ist seitens der Klägerin unter dem 01.03.2011 unterzeichnet worden. Darin heißt es u.a., dass der Auftragnehmer die Leistungen am 18.02.2011 beendet habe und keine Mängel festgestellt worden seien. Es kann im Ergebnis dahin stehen, ob die Verjährung danach - wie das Landgericht angenommen hat - am 01.03.2011 begonnen hat oder - wie in der unterzeichneten Abnahmevereinbarung ausdrücklich aufgeführt - am 19.02.2011.
Einer Abnahme steht nicht entgegen, dass auch die Leistungsphase 9 beauftragt worden ist. Zwar gehört zur abnahmefähigen Herstellung des Architektenwerks die Vollendung aller vertraglich geschuldeten Leistungen. Hat der Architekt auch die Leistungen, die in der Leistungsphase 9 des § 15 HOAI beschrieben sind, vertraglich übernommen, so ist das Architektenwerk insgesamt erst vollendet, wenn auch diese Leistungen erbracht sind (BGH, Urteil vom 10.02.1994 - VII ZR 20/93, Tz. 23 - BGHZ 125, 111). Die Parteien können aber eine (Teil-) Abnahme aufgrund einer entsprechenden Vereinbarung vornehmen (BGH, Urteil vom 10.02.1994 - VII ZR 20/93, Tz. 26 - BGHZ 125, 111; BGH, Urteil vom 11. Mai 2006 - VII ZR 300/04, Tz. 12, NJW-RR 2006, 1248-1249). Eine solche haben die Parteien hier vereinbart. Die mit der Anlage B 2 vorgelegte Teilabnahme bezieht sich ausdrücklich auf die Architektenleistungen bis zur Leistungsphase 8.
b.
Das Landgericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass eine Hemmung der Verjährung allenfalls für den Zeitraum zwischen dem 13.01.2016 (Anlage B 3) und 15.03.2016 (Anlage B 5) festgestellt werden kann.
aa.
Gemäß § 203 BGB ist die Verjährung gehemmt, wenn zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände schweben, bis der eine oder andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert.
Der Begriff der Verhandlungen im Sinne des § 203 BGB ist weit auszulegen (vgl. BGH, Urteil vom 14. 07. 2009 - XI ZR 18/08, Tz. 16 - BGHZ 182, 76). Der Gläubiger muss klarstellen, dass er einen Anspruch geltend machen und worauf er ihn im Kern stützen will. Anschließend genügt jeder Meinungsaustausch über den Anspruch oder seine tatsächlichen Grundlagen, es sei denn, dass der Schuldner sofort erkennbar (weitere) Verhandlungen ablehnt (BGH, Urteil vom 26. 10. 2006 - VII ZR 194/05, Tz. 10 - BauR 2007, 380). Nicht erforderlich ist, dass der Schuldner Vergleichsbereitschaft oder ein Entgegenkommen in Aussicht stellt (vgl. BGH, Urteil vom 14. 07. 2009 - XI ZR 18/08, Tz. 16 - BGHZ 182, 76; BGH, Urteil vom 26. 10. 2006 - VII ZR 194/05, Tz. 10 - BauR 2007, 380). Es genügt jede Erklärung, die den Gläubiger zu der Annahme berechtigt, der Schuldner lasse sich auf Erörterungen über die Berechtigung des Anspruchs ein (vgl. BGH, Urteil vom 26. 10. 2006 - VII ZR 194/05, Tz. 10 - BauR 2007, 380). Dies kann z.B. dadurch geschehen, dass der Schuldner erklärt, er werde zur Aufklärung des dem Anspruch zugrunde liegenden Sachverhaltes beitragen, falls der Gläubiger den Sachverhalt näher darlege (vgl. BGH, Urteil vom 8. 5. 2001 - VI ZR 208/00, Tz. 24 - VersR 2001, 1255).
Die Verweigerung der Fortsetzung von Verhandlungen muss wegen ihrer Bedeutung für die Durchsetzbarkeit des geltend gemachten Anspruchs grundsätzlich durch ein klares und eindeutiges Verhalten einer der Parteien zum Ausdruck kommen (vgl. BGH, Urteil vom 05.12.2018 - XII ZR 116/17, Tz. 38 - MDR 2019, 294 f.; BGH, Urteil vom 08.11.2016 - VI ZR 594/15, Tz.18 - MDR 2017, 86). Erforderlich ist in der Regel ein doppeltes "nein", nämlich die Verweigerung der Fortsetzung der Verhandlungen und eine endgültige Ablehnung der Leistung durch den Schuldner (vgl. BGH, Urteil vom 15.12.2016 - IX ZR 58/16, Tz. 15 - BGHZ 213, 213 ff.).
bb.
Gemessen daran sind die Erklärungen der Beklagten unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls dahingehend auszulegen, dass die Verhandlungen der Parteien mit Schriftsatz der Beklagten vom 15.03.2016 (Anlage B 5) beendet worden sind. In diesem hat die Beklagte das Bestehen von Ansprüchen verneint bzw. abgelehnt und mit der Formulierung "Wir betrachten die Angelegenheit damit als erledigt" klar zum Ausdruck gebracht, dass sie eine Fortsetzung der Verhandlungen verweigert und die Leistung ablehnt. Etwas anderes folgt auch nicht unter Einbeziehung und Betrachtung der weiteren vorgelegten Korrespondenz für Zeiträume nach dem vorgenannten Schreiben. Denn auch in der Folge hat die Beklagte den Anspruch stets weiter verneint. Dadurch, dass die Beklagte auf weitere klägerische Schreiben unter Hinweis auf diese Vorkorrespondenz reagiert hat, kann von neuen Verhandlungen nicht gesprochen werden. Denn die Beklagte hat den Anspruch weiterhin zurückgewiesen. Eine andere Betrachtung eines solchen Sachverhalts würde dazu führen, dass der Gläubiger eine Hemmung schon dadurch herbeiführen kann, dass er den Gläubiger anschreibt und auf seinem Anspruch beharrt.
So kann allein daraus, dass die Beklagte mit Schriftsatz vom 02.05.2016 (Anlage K 9) darauf hinweist, dass nach ihrer Auffassung, das Gutachten nicht Grundlage weiterer Verhandlungen sein könne, angesichts der vorherigen klaren Stellungnahme nicht abgeleitet werden, sie wolle damit die Verhandlungen wieder aufnehmen. Denn zuvor hatte die Beklagte klar mitgeteilt, die Angelegenheit als erledigt zu betrachten und Leistungen abgelehnt. Auch unter Berücksichtigung des weiteren Inhalts des Schreibens vom 02.05.2016 kann nicht von einer Wiederaufnahme von Verhandlungen ausgegangen werden, da die Beklagte das Bestehen von Ansprüchen darin weiterhin zurückgewiesen hat.
Dies gilt umso mehr, als die Beklagte mit nachfolgendem Schriftsatz vom 26.05.2016 (Anlage K 11) nochmals - auf einen klägerischen Schriftsatz - dahingehend reagiert hat, dass sie mitgeteilt hat, dass mit dem Schriftsatz vom 02.05.2016 mitnichten weitere Verhandlungen in Aussicht gestellt werden sollten. Es sollte vielmehr lediglich zum Ausdruck gebracht werden, dass das Gutachten in keinster Weise geeignet sei, Mängelansprüche zu begründen.
Mit dem Landgericht ist auch davon auszugehen, dass die Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens durch die Beklagte nicht dahingehend verstanden werden kann, dass die Verhandlungen zwischen den Parteien wieder aufgenommen werden. Denn die Einleitung des Verfahrens sollte nach dem Schriftsatz der Beklagten allein dazu dienen, ihre Auffassung des Nichtbestehens von Ansprüchen zu bestätigen. Es konnte daher bei der Klägerin durch die Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens gerade nicht der Eindruck erweckt werden, dass die geltend gemachten Mängel durch die Beklagte geprüft werden, da diese jede Verantwortung für die Mängel abgelehnt hat.
cc.
Durch das Betreiben des selbständigen Beweisverfahrens seitens der Beklagten ist auch keine Hemmung der Verjährung nach § 204 Abs.1 Nr.7 BGB eingetreten. Die Beklagte hat das Verfahren eingeleitet, um Mängelansprüche der Klägerin abzuwehren. Die Hemmungswirkung des selbstständigen Beweisverfahrens betrifft indes nur solche Ansprüche, für deren Nachweis die vom Gläubiger zum Gegenstand des Beweisverfahrens gemachten Tatsachenbehauptungen von Bedeutung sind. Dies ist etwa der Fall, wenn es um die Klärung der Mängelfreiheit zum Zwecke der gerichtlichen Durchsetzung des eigenen Vergütungsanspruchs geht, nicht jedoch wenn - wie hier - der Auftragnehmer die Mangelfreiheit aufklären lassen will, um Mängelrechte des Auftraggebers lediglich abzuwehren. Denn in einem solchen Fall widerspricht die Annahme einer Hemmungswirkung dem Prinzip der Verjährungshemmung in § 204 BGB, wonach der Gläubiger die Feststellung oder Durchsetzung seiner Ansprüche aktiv betreiben muss (vgl. Klein/Moufang/Koss in BauR 2009, 333 (348); vgl. zur Konstellation der negativen Feststellungsklage unter Hinweis auf § 204 Abs. 1 BGB: BGH, Urt. v. 15.8.2012 - XII ZR 86/11, Tz. 25 - NJW 2012, 3633; vgl. in der abweichenden Konstellation zur Durchsetzung des Vergütungsanspruchs: BGH, Beschl. v. 9. 2. 2012 - VII ZR 135/11, Tz. 6 f. m.w.N. - NJW 2012, 1140).
c.
Der Schadensersatzanspruch der Klägerin unterliegt auch nicht ausnahmsweise deshalb der Verjährungsfrist des § 634 a Abs. 3 Satz 1 BGB, weil die Beklagte arglistig Mängel ihres Architektenwerkes verschwiegen hat. Ein derartiges arglistiges Verhalten der Beklagten ist - auch hierin ist dem Landgericht zu folgen - nicht feststellbar.
aa.
Im Fall eines arglistigen Verhaltens der Beklagten würde die regelmäßige Verjährungsfrist des § 634 a Abs. 3 BGB gelten, die gemäß § 195 BGB drei Jahre beträgt und gemäß § 199 Abs. 1 Nr.2 BGB erst mit Schluss des Jahres zu laufen begonnen hätte, in dem der Anspruch entstanden wäre und die Klägerin zudem auch von den anspruchsbegründenden Tatsachen Kenntnis erlangt hätte bzw. ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Diese Frist wäre hier - zum Zeitpunkt der Einreichung der Klage - noch nicht abgelaufen, da eine solche Kenntniserlangung durch die Klägerin frühestens im Jahr 2015 angenommen werden kann, als ihr aufgrund der Schadensfeststellungen durch die Beklagte die Mängel bekannt geworden sind.
bb.
Ein mit der Bauüberwachung beauftragter Architekt verschweigt einen Mangel seiner Leistung arglistig, wenn er bei der Abnahme seines Werks nicht offenbart, dass er keine Bauüberwachung vorgenommen hat. Das gilt nicht nur dann, wenn er überhaupt keine Bauüberwachung vorgenommen hat, sondern auch dann, wenn er nur einzelne der überwachungspflichtigen Gewerke nicht überwacht hat und dies verschweigt (BGH, Beschluss vom 05. 8. 2010 - VII ZR 46/09, Tz. 6,7- NJW-RR 2010, 1604). Arglistiges Verhalten kann insbesondere angenommen werden, wenn der Architekt hinsichtlich eines abgrenzbaren und besonders schadensträchtigen Teils der Baumaßnahme keine Bauüberwachung vorgenommen hat oder nur völlig unzureichend und er deshalb damit rechnen muss und in Kauf nimmt, einen wesentlichen Ausführungsmangel übersehen zu haben und dieses Risiko nicht offenlegt (OLG Köln, Urteil vom 01.09.2016 - 3 U 204/13, Tz. 21- IBR 2019, 445; OLG Hamm, Urteil v. 30. 10. 2007 - 21 U 57/07, Tz. 50 - BauR 2008, 1023-1025; OLG Stuttgart, Urteil vom 21. 4. 2008 - 5 U 22/08, Tz. 33 - NJW-RR 2008, 1192).
cc.
Gemessen an diesen Maßstäben handelte die Beklagte nicht arglistig.
(1)
Im hier konkreten Fall rügt die Klägerin, die Beklagte sei ihrer Bauüberwachungspflicht bezogen auf die von der Fa. T. durchgeführten Arbeiten, die mit dem Gewerk "Wärmeverbundsystem" beauftragt war, nicht nachgekommen. Vorliegend kann indes nicht festgestellt werden, dass die Beklagte in Bezug auf die Arbeiten der Fa. T. keine bzw. nur eine gänzlich unzureichende Überwachungstätigkeit entfaltet hat und ihr deshalb die Möglichkeit, dass aufgrund dessen ein erheblicher Baumangel besteht und mangels Überwachung nicht zum Vorschein kam, bewusst gewesen ist. Das Landgericht geht zu Recht davon aus, dass nach dem Vortrag der Beklagten angesichts der danach erfolgten stichprobenartigen Bauüberwachung nicht von einer völlig unzureichenden Überwachungstätigkeit ausgegangen werden kann. Darüber hinaus fehlt es für ein entsprechendes Bewusstsein der Beklagten, diese habe eine Bauüberwachungsaufgabe nicht vertragsgerecht wahrgenommen, an entsprechenden Darlegungen der Klägerin. Für ein solches arglistiges Verhalten ist es insbesondere nicht ausreichend, dass die Mängel möglicherweise Folge unsorgfältiger Arbeit waren, selbst wenn sie grob fahrlässig herbeigeführt oder verkannt wurden (OLG Stuttgart, Urteil vom 14. 11. 2006 - 12 U 52/06, Tz. 2 - NZBau 2007, 720 m.w.N.).
(2)
Die Klägerin kann sich auch nicht auf eine Erleichterung der Darlegungs- und Beweislast zu ihren Gunsten durch die Grundsätze des Anscheinsbeweises berufen. Auf Arglist kann geschlossen werden, wenn ein Mangel derart augenfällig ist, dass nach der Lebenserfahrung der Schluss gerechtfertigt ist, dass der Auftragnehmer ihn erkannt und als Mangel eingeordnet hat (vgl. BGH, Urteil vom 10.02.2014, VII ZR 26/12, Tz. 25 - BauR 2014, 1023-1027). Einem Mangel kommt nur dann eine solche Indizwirkung zu, wenn es sich nach der Betrachtung eines objektiven Beobachters um einen so schwerwiegenden Mangel handelt, dass die Funktion oder der Bestand des Gesamtbauwerks beeinträchtigt ist (vgl. hierzu: OLG Stuttgart, Urteil vom 14.11.2006 - 12 U 52/06, Tz. 49 - IBR 2007, 243). Wenn die Art des Mangels ein so überzeugendes Indiz für eine fehlende oder unzureichende Überwachung ist, bedarf es zunächst keiner weiteren Darlegung von Seiten des Geschädigten (vgl. betr. Organisationsverschulden BGH, Urteil v. 12.03.1992 - VII ZR 5/91, Tz. 14 - BGHZ 117, 318, 321' 322).
Zwar hat der Sachverständigen Dipl.-Ing. R. in seinem in dem selbständigen Beweisverfahren 8 OH 26/16 erstatteten Gutachten Mängel im Rahmen der Ausführung der Arbeiten festgestellt. So hat er ausgeführt, dass die Anschlüsse an den Fenstern bzw. Fensterbänken und den Jalousiekästen nicht oder nicht fachgerecht eingebaut worden seien sowie Mängel in der Ausführung des Wärmedämmverbundsystems bestünden. Nach den vorgenannten Maßstäben kann jedoch unter Zugrundelegung der Ausführungen des Sachverständigen nicht festgestellt werden, dass die Mängel derart augenfällig waren, dass es sich um besonders schwere Bauwerksmängel handelte, die in ihrer Art, ihrem Ausmaß und in ihrer Erkennbarkeit weit über das Maß eines durchschnittlichen Sachmangels im Sinne von § 633 Abs. 1, Abs. 2 BGB hinausgehen und sie bei vernünftiger Betrachtungsweise nur infolge einer lückenhaften Bauüberwachung unentdeckt bleiben konnten und den Rückschluss auf eine Arglist der Beklagten zulassen. Die Schäden, die im hier zu beurteilenden Fall nach den Feststellungen des Sachverständigen vorliegen, sind für sich genommen nicht "gravierend augenfällig". Sie betreffen schon ihrer Art nach nicht den Bestand des Gebäudes als solches. Dabei ist auch zu bedenken, dass es im Bereich der festgestellten Anschlussmängel an den Fenstern und Jalousien auch fachgerechte Anschlüsse gab.
Etwas Anderes folgt auch nicht daraus, dass der Sachverständige im Hinblick auf mehrere festgestellte Mängel die Auffassung vertreten hat, dass diese bei der Größe des Objekts/der Fassadenfläche bei regelmäßigen Baustellenkontrollen hätten auffallen müssen. Denn allein auf Grundlage dessen steht nicht fest, dass dem Beklagten ein eigenes fehlerhaftes Verhalten und ein darauf beruhendes Übersehen eines möglichen Baumangels bewusst gewesen sein muss. Selbst wenn man unterstellt, dass die Beklagte weitergehende Kontrollpflichten gehabt hätte, bei deren Befolgung die mangelhafte Ausführung der Arbeiten zu erkennen gewesen wäre, lässt sich hieraus lediglich folgern, dass die Beklagte die Bauüberwachung tatsächlich unsorgfältig durchgeführt hat. Eine solche Feststellung reicht jedoch - wie ausgeführt - für die Annahme der Arglist gerade nicht aus.
d.
Schließlich kann sich die Klägerin auch nicht auf eine verlängerte Verjährungsfrist im Hinblick auf die sogenannte Sekundärhaftung des Architekten berufen. Nach den Grundsätzen der sogenannten Sekundärhaftung ist der Architekt aus seiner Stellung als Sachwalter des Bauherrn zwar verpflichtet, diesen über ihm bekannte Mängel auch insoweit aufzuklären, als er selbst für den Mangel verantwortlich ist. Rechtsfolge einer Verletzung dieser Aufklärungspflicht ist, dass sich der Architekt auf die Verjährung nicht berufen kann, wenn er bei der gebotenen Aufklärung über den Mangel hätte in Anspruch genommen werden können.
aa.
Es gehört zu den Pflichten eines Architekten, dem Bauherrn im Rahmen seines jeweils übernommenen Aufgabengebiets bei der Untersuchung und Behebung von Baumängeln zur Seite zu stehen. Als Sachwalter des Bauherrn schuldet er die unverzügliche und umfassende Aufklärung der Ursachen sichtbar gewordener Baumängel sowie die sachkundige Unterrichtung des Bauherrn vom Ergebnis der Untersuchung und von der sich daraus ergebenden Rechtslage. Das gilt auch dann, wenn die Mängel ihre Ursache auch in Planungs- oder Aufsichtsfehlern des Architekten haben. Dieser Schadensersatzanspruch geht dahin, dass die Verjährung der gegen ihn gerichteten werkvertraglichen Ansprüche als nicht eingetreten gilt (BGH, Urteil vom 26. 10. 2006 - VII ZR 133/04, Tz. 10 - NJW 2007, 365).
bb.
Die Beklagte hat die Klägerin über die ihr am 28.05.2015 - zu einem Zeitpunkt zu dem die Gewährleistungsfrist für Leistungen der Beklagten noch nicht abgelaufen war - bekannt gewordenen Mängel informiert. Soweit sie deshalb Anlass zur Überprüfung ihrer eigenen Bauüberwachungsleistung auf Mängelfreiheit hatte, war eine Informierung über eine mögliche Ursache auch in Planungs- und Aufsichtsleistungen nicht erforderlich. Denn die Klägerin hat der Beklagten ab dem 13.01.2016 - in unverjährter Zeit - selbst diesen Vorwurf gemacht. Es fehlt aus diesem Grund auch an der Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für den eingetretenen Schaden, da der mögliche Anspruch in unverjährter Zeit bekannt war.
Es kommt hinzu, dass die Klägerin zu dieser Zeit rechtlich und technisch beraten war (vgl. hierzu: OLG Brandenburg, Urt. v. 01.02.2017- 4 U 30/15, Tz. 70 - NZBau 2017, 290).
II.
Der Klägerin stehen gegen die Beklagte auch keine Ansprüche wegen Pflichtverletzungen im Rahmen der Leistungsphase 9 - Objektbetreuung und Dokumentation - zu.
Die Beklagte hatte als Architekt nach Fertigstellung bzw. Abnahme des Objekts im Rahmen der vereinbarten Leistungsphase 9 noch weitere Leistungen zu erbringen, um die dauerhafte und ordnungsgemäße Nutzung des Gebäudes zu ermöglichen. Bei der Objektbetreuung in der Leistungsphase 9 besteht u.a. die Pflicht, zumindest kurz vor Ablauf der gegenüber den einzelnen Handwerkern im Verhältnis zur Auftraggeberin bestehenden Gewährleistungsfristen von sich aus eine Objektbegehung durchzuführen (vgl. zu den Pflichten bei Objektbetreuung: OLG Braunschweig, Urteil vom 29.12.2016 - 8 U 2/16, Tz. 20 - BauR 2017, 905; OLG Hamm, Urt. v. 09.01.2003 - 17 U 91/01, Tz.73 - BauR 2003, 567). Eine Pflicht des Architekten, eine Objektbegehung durchzuführen, besteht jedoch nicht während des gesamten Gewährleistungszeitraumes, sondern grundsätzlich nur einmal kurz vor Ablauf der Gewährleistungsfrist (OLG Hamm, Urt. v. 09.01.2003 - 17 U 91/01 - BauR 2003, 567). Diese Pflicht hat die Beklagte hier verletzt, da die Gewährleistungspflicht gegenüber der Firma T. am 30.09.2014 endete und eine Objektbegehung erst danach, nämlich am 28.05.2015, stattfand. Diese Pflichtverletzung im Rahmen der Leistungsphase 9 ist aber für den eingetretenen Schaden nicht ursächlich geworden. Denn die Firma T. war bereits im Jahr 2013 insolvent, sodass Gewährleistungsansprüche nicht mehr bzw. nicht sicher durchsetzbar gewesen wären. Selbst wenn die Beklagte pflichtgemäß kurz vor Ablauf der Gewährleistungsfrist im September 2014 eine Objektbegehung durchgeführt hätte, führt dies zu keinem anderen Ergebnis.
B.
Die Klägerin erhält Gelegenheit, zu den vorstehenden Hinweisen
bis zum 03. Mai 2022
Stellung zu nehmen oder die Berufung zurückzunehmen. Es wird darauf hingewiesen, dass sich die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens im Falle einer Berufungsrücknahme von vier auf zwei Gerichtsgebühren ermäßigen. Wird die Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen, ermäßigen sich die im Berufungsverfahren entstandenen Gerichtsgebühren nicht.